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Heimliche Absprache bei Weidels Sommerinterview? Polizei bezieht erneut Stellung

Nach einer Störaktion während ARD-Sommerinterviews mit Alice Weidel behauptete ein Aktivist, die Berliner Polizei hätte mitgeholfen. Hier lesen Sie das Statement der Polizei im Wortlaut.

Alice Weidel (AfD) im Gespräch mit Markus Preiß während des Sommerinterviews.
Alice Weidel (AfD) im Gespräch mit Markus Preiß während des Sommerinterviews.dts/imago

Am vergangenen Sonntag wurde das ARD-Sommerinterview mit Alice Weidel von lautem Protest begleitet. Kurz darauf behauptete der Initiator der Störaktion, Philipp Ruch, in einem Interview mit Bild-Vizechefredakteur Paul Ronzheimer, die Aktion sei in Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei durchgeführt worden. In einer Pressemitteilung – der inzwischen zweiten im Zusammenhang mit dem Sommerinterview – legt die Berliner Polizei nun detailliert dar, was tatsächlich geschehen ist.

Hier lesen Sie die Stellungnahme der Polizei im Wortlaut:

Sehr geehrte Medienvertretende,

uns haben zahlreiche Anfragen im Zusammenhang mit den Störaktionen anlässlich des Sommerinterviews der AfD-Vorsitzenden, Alice Weidel, am 20. Juli 2025 erreicht. Ergänzend zu unserer bereits veröffentlichten Pressemeldung Nr. 1890 vom 21. Juli 2025 gehen wir auf die wichtigsten angefragten Aspekte des Sachverhalts noch einmal ausführlicher ein:

Zu den Nachfragen nach Absprachen zwischen der Polizei Berlin und dem Veranstalter der Störaktion gegen das Sommerinterview nimmt die Polizei Berlin wie folgt Stellung: Gegen 15.10 Uhr stellten Einsatzkräfte einen Reisebus mit der Aufschrift „Adenauer SRP+“ fest, der im Halteverbot in der Wendeschleife der Paul-Löbe-Allee abgestellt war. Der Fahrer des Busses hatte das Fahrzeug zügig verlassen und abgeschlossen und sich vom Ort entfernt. Über eine fest installierte Lautsprecheranlage wurde fortlaufend ein musikalischer Beitrag abgespielt, der sich inhaltlich gegen die AfD richtete.

Im Bus war ein Hinweis auf eine Kontaktperson angebracht. Der namentlich genannte 39-jährige Verantwortliche wurde von Einsatzkräften telefonisch zum Fahrzeug gebeten und traf um 15.20 Uhr ein. Er gab an, nicht der Fahrer zu sein und den Bus nicht bewegen zu können. Laut seiner Aussage handle es sich nicht um eine Teilnahme an der parallel dazu stattfinden Kundgebung, sondern um eine eigenständige spontane Kunstdarbietung im öffentlichen Raum, die das lautstarke Abspielen des genannten Chorgesanges sowie das Anschalten zweier LED-Anzeigetafeln an den Längsseiten des Busses mit dem durchlaufenden Schriftzug „AFD VERBOT STATT SENDEZEIT“ beinhaltete.

Die Polizei wies ihn an, die Schallemissionen umgehend zu beenden, da diese sowohl den Verkehr als auch die öffentliche Ordnung beeinträchtigten. Dieser Aufforderung kam der Mann um 15.30 Uhr nach und stellte die Sounddarbietungen ein. Darüber hinausgehende Absprachen oder Genehmigungen seitens der Polizei Berlin gab es nicht.

Bezüglich der Nachfragen, warum die Versammlungen an diesem Ort nicht grundsätzlich unterbunden wurden, teilt die Polizei Berlin Folgendes mit:

Gemäß § 3 Abs. 1 BefBezG sind öffentliche Versammlungen im befriedeten Bezirk zuzulassen, wenn eine Beeinträchtigung der Tätigkeit des Deutschen Bundestages und seiner Fraktionen, des Bundesrates oder des Bundesverfassungsgerichts sowie ihrer Organe und Gremien und eine Behinderung des freien Zugangs zu ihren in dem befriedeten Bezirk gelegenen Gebäuden nicht zu besorgen ist. Davon ist im Falle des Deutschen Bundestages und des Bundesrates in der Regel dann auszugehen, wenn die Versammlung an einem Tag durchgeführt werden soll, an dem Sitzungen nicht stattfinden.

Nach Kenntnis der Polizei Berlin lag der 20.07.2025 nicht innerhalb einer Sitzungswoche des Bundestages. Weiterhin obliegt die Entscheidung zur Zulassung einer Versammlung im befriedeten Bezirk bei Sofortlagen dem zuständigen Polizeiführer. Die Versammlung wurde gegenüber den eingesetzten Dienstkräften als Spontankundgebung mit dem Thema „Keine Bühne für die AfD“ angezeigt. Insofern unterlag auch diese nicht angezeigte Spontanversammlung dem Schutz des Art. 8 GG (BVerfGE 69, 315). Die Anzeigepflicht und ihre Verletzung führen nicht automatisch zur Auflösung der Versammlung.

Zur Frage, warum das Parken des Busses im Halteverbot nicht umgehend geahndet wurde: Die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) genießt im Rahmen ihres Schutzbereichs Vorrang gegenüber einfachgesetzlichen Regelungen, wie denen der Straßenverkehrsordnung. Die höchstrichterliche Rechtsprechung – insbesondere die des Bundesverfassungsgerichts – stellt regelmäßig klar, dass Eingriffe in den öffentlichen Verkehrsraum durch eine Versammlung zulässig sind, sofern der demonstrative Charakter der Handlung im Vordergrund steht und diese Ausdruck kollektiver Meinungsäußerung ist. Verhaltensweisen, die diesem Zweck unmittelbar dienen – etwa das Mitführen oder Abspielen themenbezogener Inhalte mittels Lautsprecher oder das Halten im Bereich von Halteverboten –, unterliegen dem Schutzbereich des Art. 8 GG und dürfen nicht ohne Weiteres als Verkehrsverstöße sanktioniert werden. Verkehrsrechtlich relevantes Verhalten, das nicht in einem erkennbaren Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit steht, bleibt demgegenüber straf- oder ordnungswidrig und ist entsprechend zu ahnden.

Außerdem teilt die Polizei Berlin mit, dass im Zusammenhang mit den Versammlungen zwei Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin (VersFG), eine Anzeige wegen Verstoßes gegen die Verordnung zur Bekämpfung des Lärms (LärmVO) sowie eine wegen ordnungswidrigen Parkens gefertigt wurden. Das ordnungswidrige Parken wurde als weiterer Tatvorwurf zum Verstoß VersFG und der nicht abschließenden gerichtsfesten Prüfung des Vorliegens einer Versammlungslage vor Ort (Bestätigung des Vorliegens einer Spontankundgebung) mit aufgenommen.


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