Brics

„Lassen uns nicht länger von den G7 regieren“ – Brics beraten über neue Weltordnung

Die Brics-Staaten diskutieren über Frieden in der Ukraine und eine Alternative zum US-Dollar. Die deutsche Außenministerin will nichts von einer Zusammenarbeit mit Putin hören.

Brasiliens Staatschef Lula da Silva bei der Ankunft in Johannesburg
Brasiliens Staatschef Lula da Silva bei der Ankunft in JohannesburgBrazilian Presidency/AFP

Es ist ein Treffen, bei dem die großen Fragen der Weltpolitik erörtert werden. Am ersten Tag des Brics-Gipfels bekräftigten zunächst die Staatschefs Südafrikas und Chinas die Wichtigkeit von Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland: „Wir waren uns einig, wie wichtig der Dialog und die Verhandlungen zwischen beiden Seiten sind“, sagte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa am Dienstag auf einer Pressekonferenz nach einem Gespräch mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping in Johannesburg.

Entwicklungsbank soll Alternativen zum US-Dollar anbieten

Neben geopolitischen Konflikten steht die Umgestaltung des Weltwirtschaftssystems auf der Tagesordnung des Gipfels, der noch bis zum 24. August in Südafrika stattfindet. Die Präsidentin der von den Brics-Staaten finanzierten Neuen Entwicklungsbank, die frühere Staatschefin Brasiliens Dilma Roussef, erläuterte die Ziele: „Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr zwischen acht und zehn Milliarden US-Dollar an Krediten vergeben werden“, sagte Rousseff der Financial Times in einem Interview. „Unser Ziel ist es, etwa 30 Prozent unserer Kredite zu erreichen – in Landeswährung.“ So werde die Neue Entwicklungsbank Schuldtitel in Südafrika in Rand ausgeben und „dasselbe in Brasilien mit dem Real machen“. Die Bank vergibt bereits Kredite in chinesischen Yuan (Renminbi). Die Ausweitung der Kreditvergabe in lokaler Währung unterstützt ein von den Brics-Staaten vereinbartes umfassenderes Ziel, die Nutzung von Alternativen zum Dollar bei Handels- und Finanztransaktionen zu fördern.

Rousseff sagte, Kredite in lokaler Währung würden es Kreditnehmern in den Mitgliedsländern ermöglichen, Wechselkursrisiken und Schwankungen der US-Zinssätze zu vermeiden. „Lokale Währungen sind keine Alternative zum Dollar“, sagte sie. „Sie sind Alternativen zu einem System.“ Bisher sei dieses unipolar, es werde aber durch ein multipolares System ersetzt.

Trotz ihrer Absicht, eine Alternative zur in den USA ansässigen Finanzordnung anzubieten, war die Neue Entwicklungsbank jedoch gezwungen, alle Aktivitäten im Mitgliedsland Russland einzustellen, um Sanktionen der USA zu entgehen. Man könne nicht leugnen, dass das internationale Finanzsystem existiere, gab Rousseff zu. „Man muss damit leben.“

Annalena Baerbock: Keine Zusammenarbeit mit Putin

Wenig begeistert äußerte sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu dem Treffen der Schwellenländer. Jedes Land müsse sich fragen: „Welche Partnerschaft passt am besten zu den eigenen Werten und Interessen? Welche nutzen langfristig am meisten?“, sagte die Ministerin am Dienstag in Berlin. Gerade die Debatte innerhalb der Brics-Länder habe in den vergangenen eineinhalb Jahren „dazu geführt, dass alte Reflexe vielleicht nicht immer die Antworten für morgen sind“. Es nutze nichts, wenn es bricsintern eine enge Zusammenarbeit mit Putin gebe, „der zugleich das Getreideabkommen im wahrsten Sinne des Wortes bombardiert, wo dann Länder wie Brasilien oder auch Südafrika mit darunter leiden“.

Baerbock dürfte die Tatsache Kopfschmerzen bereiten, dass zahlreiche Staaten einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Brics-Gemeinschaft gestellt haben. Der „Erfinder“ des Akronyms Brics, der frühere Goldman-Sachs-Analyst Jim O’Neill, hob in einem Interview mit Bloomberg TV hervor, dass die Aufnahme weiterer Staaten wirtschaftlich von Bedeutung sein werde, wenn Saudi-Arabien den Brics beitrete. Schließlich würden die traditionell engen Beziehungen Riads zu den USA und die Rolle als großer Ölproduzent dem Klub mehr Gewicht verleihen. „Die erste Frage ist, ob sie dann anfangen, das Öl tatsächlich in all diesen lokalen Währungen und nicht in Dollar zu bepreisen.“ 

Das Interesse so vieler Länder zeige die zunehmende Komplexität der Weltordnung, sagte Celso Amorim, Brasiliens Botschafter bei den Brics und langjähriger Berater von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Die aufkommende Stärke des Blocks weise auch darauf hin, dass die Weltordnung nicht länger von den G7 diktiert werden könne.