Wohnungsnot

„Wir suchen 3 Zimmer für max. 900 Euro“: Das steckt wirklich hinter dem Plakat

Ein junges Paar sucht mit einer Plakat-Aktion eine Wohnung zu unmöglichen Konditionen. Das finden viele naiv. Doch ist das Ganze überhaupt eine echte Wohnungssuche?

Bitte bis max. 900 Euro Warmmiete ...
Bitte bis max. 900 Euro Warmmiete ...BLZ

Jeder weiß: Die Wohnungsnot in Berlin ist dramatisch. Lange Schlangen bilden sich bei Wohnungsbesichtigungen, oft gehen Videos davon viral. Wie weit gehen oder wie lange stehen Menschen, um eine Wohnung zu einem erschwinglichen Preis zu finden – am besten innerhalb des S-Bahn-Rings?

In der vergangenen Woche war ein Plakat in den Straßen der Stadt zu sehen: Ein gut aussehendes Paar, Jenny und Phil, 29 und 32 Jahre alt, sucht dringend eine Wohnung. „3 Zimmer, idealerweise PrenzlBerg, Kreuzberg oder Schöneberg. Balkon oder Terrasse wäre toll, kein Muss“, war darauf zu lesen. Das Beste kam zum Schluss: Bitte bis max. 900 Euro Warmmiete. „Du hast oder kennst jemanden, der jemanden kennt ... ? Dann schick uns eine E-Mail an ...“ – und dann noch die Belohnung: „Ewiger Dank + die Einladung zur Einweihungsparty sind dir sicher!“

Es dauerte nicht lange, bis das Plakat in den sozialen Medien die Runde machte. „Drei Zimmer mit Balkon in der Berliner Innenstadt für MAX 900 € WARM. Ich mag gute Witze“, schreibt ein Twitter-Nutzer. „Man hätte jetzt die Gesichter nicht unbedingt mit posten müssen ...“, antwortet ein anderer, offensichtlich nicht begeistert von der Aktion. „Ich finde die Idee der Suche innovativ. Habe selber mal über eine Zeitungsannonce gesucht“, fügt ein dritter Nutzer hinzu, der zu verstehen scheint, dass verzweifelte Zeiten verzweifelte Maßnahmen erfordern.

Die Berliner Zeitung wollte mehr über Jenny und Phil wissen – oder vielmehr, ob es sich um einen tatsächlichen Hilferuf oder eine Werbeaktion handelt. Zwei Tage später kam die Antwort auf die E-Mail-Anfrage. Am anderen Ende der Telefonleitung eine freundliche Frauenstimme. Könnte es Jenny sein?

Wie sich Sekunden später herausstellt, handelt es sich um eine Sprecherin des Immobilienportals ImmoScout24. Mit der Plakat-Aktion wolle man auf die Wohnungsnot und auf das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage aufmerksam machen, so die Sprecherin.

Das Rätsel ist gelöst, die Mieten- und Wohnungskrise hingegen bleibt bestehen. Vorigen Monat veröffentliche das Portal Zahlen zu den Angebotsmieten im zweiten Quartal des Jahres: Nachdem die Angebotsmieten in Berlin in den ersten drei Monaten 2023 im Bestand bereits um 5,3 Prozent und im Neubau um 8,8 Prozent gestiegen waren, zogen sie im zweiten Quartal im Bestand um weitere 2,2 Prozent und im Neubau um 1,9 Prozent an.