Fragen und Antworten

Megastreik heute: Was Fahrgäste in Berlin jetzt unbedingt wissen sollten

Der Arbeitskampf trifft die Region härter als erwartet. Nicht nur für S-Bahn und DB stehen alle Signale auf Rot. Wer fährt trotzdem? Ist Fliegen eine Alternative? 

Nichts geht mehr: Bahnunternehmen, Nahverkehrsbetriebe und zwei Flughäfen werden am Montag bestreikt. Auch Berlin und Brandenburg sind mehrfach betroffen.
Nichts geht mehr: Bahnunternehmen, Nahverkehrsbetriebe und zwei Flughäfen werden am Montag bestreikt. Auch Berlin und Brandenburg sind mehrfach betroffen.Oliver Berg/dpa

Großstreik, Super-Streiktag, Megastreik: Der Arbeitskampf, zu dem die Gewerkschaften EVG und Verdi mehrere hunderttausend Beschäftigte in ganz Deutschland aufgerufen haben, wird ein Warnstreik der Superlative. Womit müssen Fahrgäste rechnen? Welche Alternativen stehen ihnen zur Verfügung? Sind außer der S-Bahn Berlin und der Deutschen Bahn (DB) weitere Zugbetreiber betroffen? Antworten auf wichtige Fragen.  

Wann wird gestreikt? Der bundesweite Warnstreik findet am Montag, 27. März, von 0 bis 24 Uhr statt - hieß es bisher. Nun ist davon die Rede, dass er bis 15 Uhr dauert. Es wird danach aber noch einige Zeit dauern, bis sich der Verkehr wieder normalisiert.

Welche Unternehmen werden bestreikt? Die EVG hat die Beschäftigten von mehreren Unternehmen dazu aufgerufen, am Montag die Arbeit niederzulegen. Dazu gehören die bundeseigene Deutsche Bahn sowie außerhalb von Berlin und Brandenburg die Zugbetreiber Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, Eurobahn sowie die Länderbahn. Indirekt wird der Warnstreik aber auch andere Unternehmen  treffen, obwohl sie in diesen Tarifkonflikt gar nicht einbezogen sind. Dazu gehören die Ostdeutsche Eisenbahn (Odeg) und die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB), die in Berlin und Brandenburg unterwegs sind.

Was ist das Besondere an diesem Eisenbahnerstreik? In der EVG ist nur ein Teil des Fahrpersonals organisiert, im Osten Deutschlands sind die meisten Triebfahrzeugführer Mitglied der GDL. Anders als die Konkurrenzgewerkschaft vertritt die EVG die Bahnbeschäftigten jedoch in der gesamten Breite, wie sie mitteilt. Dazu gehören Fahrdienstleiter, Stellwerker sowie Personal in den Bereichen Sicherheit, Service, Reinigung und Verwaltung. Auch wenn ein Zugbetreiber wie die Odeg nicht unmittelbar bestreikt wird: Sobald in den Betriebszentralen der S-Bahn (Halensee) und DB Netz (DB Netz) kein Fahrdienstleiter arbeitet, springen die Signale automatisch auf Rot. Dann können keine Züge rollen, selbst wenn das nötige Personal an Bord ist.

Lieber gleich nach Alternativen zur S-Bahn umschauen

Worauf müssen sich die Fahrgäste einstellen? Am Montag findet bei der Deutschen Bahn (DB) bundesweit kein Fernverkehr statt. Er wird komplett eingestellt, in ganz Deutschland bleiben ICE-, Intercity- und Eurocity-Züge in den Abstellanlagen. Auch die von der DB betriebenen S-Bahnen sind betroffen, die S-Bahn Berlin gehört dazu. Die roten Regionalverkehrszüge des Bundesunternehmens bleiben ebenfalls in den Depots.

Betrifft der Warnstreik auch die S-Bahn Berlin? So ist es angekündigt. „Alle Signale werden am Montag auf Rot stehen“, sagte Robert Seifert, Vorsitzender der Betriebsgruppe der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bei der S-Bahn Berlin. In den Werkstätten, der Verwaltung und beim Aufsichtspersonal gebe es viele EVG-Mitglieder. Entscheidend sei, dass auch viele Beschäftigte der Betriebszentrale und zahlreiche Fahrdienstleiter, die für DB Netz den Betrieb steuern, dort organisiert sind. Die Bahn rät den Fahrgästen, sich nach Alternativen zur S-Bahn umzuschauen.

Was geschieht bei der Odeg und der NEB? Wie gesagt: Auch Zugbetreiber, die nicht direkt betroffen sind, stellen ihren Betrieb am 27. März ein. „Wir fahren nicht“, bestätigt Dietmute Graf, Sprecherin der Odeg. Betroffen sind alle 14 Linien. Mit täglich rund 100 Fahrten pro Tag allein auf der RE1 ist das Unternehmen ein großer Player in der Region. „Es wird kein Ersatzverkehr mit Bussen gestellt, da auch Busunternehmen bestreikt werden“, hieß es. Auch die NEB nimmt nicht an diesem Tarifstreit teil. „Der Verkehr kann aber trotzdem beeinträchtigt sein, wenn entsprechende Personale bei DB Netz oder DB Station & Service streiken“, so das Unternehmen. Nur auf der Linie RB27, der Heidekrautbahn nordöstlich von Berlin, ist uneingeschränkt Zugbetrieb möglich. Die Infrastruktur gehört der NEB, DB-Leute haben dort nichts zu sagen.

U-Bahnen, Straßenbahnen, Busse und Fähren der BVG sollen planmäßig verkehren

Wer fährt am Montag überhaupt noch? Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) werden am 27. März nicht bestreikt, obwohl viele Beschäftigte Verdi-Mitglieder sind. Für die Beschäftigten des Landesunternehmens gelten aber andere Tarifverträge, damit herrscht dort bis Ende des Jahres Friedenspflicht. U-Bahnen, Straßenbahnen, Busse und Fähren sollen verkehren, bekräftigt die BVG. Auch der kommunale Nahverkehr im Land Brandenburg ist in diesen Tarifkonflikt nicht einbezogen. Busse und Straßenbahnen in den Landkreisen und kreisfreien Städten sollen fahrplanmäßig verkehren.

Was erwartet die BVG-Nutzer am Montag? Sie sollten sich während des Streiks auf vollere Fahrzeuge und möglicherweise längere Wartezeiten einstellen, so die BVG. „Wir geben alles, um die Auswirkungen so gut es geht abzufedern“, sagt BVG-Betriebsvorstand Dr. Rolf Erfurt. „Dafür geht schon jetzt ein großes Dankeschön an alle Kolleg:innen. Wir werden die maximal mögliche Zahl und Größe von Fahrzeugen auf die Straßen und Schienen bringen. Auch die Leitstellen sind vorbereitet, um die erwartbar größere Nachfrage bestmöglich zu managen. Natürlich können wir auch bei vollem Einsatz größere Ausfälle bei der S-Bahn nicht in vollem Umfang kompensieren.“

Womit rechnet das BVG-Fahrpersonal? „Mit Chaos“, sagte ein Busfahrer. Zum einen wird es in den Bussen voller als sonst sein. „Größere Fahrzeuge werden kaum zur Verfügung stehen“, gab er zu bedenken. Zum anderen werden die Busse vielerorts langsamer als sonst vorankommen. „Weil viele Pendler auf das Auto umsteigen werden, dürfte es auf den Straßen voll werden“, so der BVG-Mitarbeiter. Betriebsvorstand Rolf Erfurt ruft die Fahrgäste dazu auf, ihren Ärger nicht am Personal auszulassen. „Ich bitte sie um ihr Verständnis – vor allem aber um ihre Rücksichtnahme und etwas Geduld.“

Auch am Dienstag sind Einschränkungen zu erwarten

Muss am Montag wirklich der gesamte Fernverkehr der DB eingestellt werden? Es wird Lokführer geben, die regulär zu ihrer Dienstschicht erscheinen. Einige Züge könnten also durchaus verkehren. Doch es wäre fahrlässig, Fahrgäste einsteigen zu lassen und loszufahren, warnte ein Bahnsprecher. „Die Gefahr, dass die Reise vor dem Ziel plötzlich und unplanmäßig zu Ende geht, schätzen wir als hoch ein.“ Wenn Personal von DB Netz unterwegs Signale auf Rot stellt, stranden die Fahrgäste. Außerdem würden die Züge kreuz und quer im gesamten Netz herumstehen, was es sehr schwierig machen würde, nach dem Warnstreik am Dienstag wieder mit dem regulären Verkehr zu beginnen.

Wäre Flixtrain eine Alternative? „Nach aktuellem Stand werden Flixtrain-Fahrten an diesem Tag fahrplanmäßig stattfinden. Bitte plant aber gegebenenfalls längere Reisezeiten ein“, teilt das Unternehmen auf der Website mit. Beobachter gehen davon aus, dass die Reisenden ein Risiko eingehen. Vielleicht fährt der Flixtrain regulär los. Doch wenn unterwegs Mitarbeiter von DB Netz die Fahrt beenden, haben die Passagiere nicht viel gewonnen – außer Ärger. Flixbusse sind vom Warnstreik nicht betroffen.

Ich habe für den 27. März eine Bahnreise gebucht. Was kann ich jetzt unternehmen? Dazu die DB: „Alle Fahrgäste, die ihre für den Zeitraum vom 27. bis zum 28. März 2023 geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können ihr bis einschließlich heute (23. März) gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich Dienstag, 4. April flexibel nutzen. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Weitere Informationen dazu unter www.bahn.de/sonderkulanz. Zudem gelten bei Verspätung oder Zugausfall die allgemeinen Fahrgastrechte. Weitere Informationen: www.bahn.de/fahrgastrechte.“

Wie lange müssen Bahnnutzer mit Beeinträchtigungen rechnen? Bei der DB hofft man, dass in einzelnen Fällen ab Montagnachmittag wieder Zug- und S-Bahnverkehr möglich ist. Das hängt vom Streikverlauf ab, teilte ein Bahnsprecher mit. „Allerdings ist auch nach dem Wiederanlaufen weiterhin mit Einschränkungen zu rechnen, sowohl bei der S-Bahn als auch im Regionalverkehr. Insbesondere für langlaufende Linien stehen die Züge erst verzögert für einen regulären Betrieb zur Verfügung.“

Könnte es auch am Dienstag noch Störungen geben? „Ziel ist es, ab Dienstag früh möglichst wieder das volle Fahrplanangebot bereitzustellen“, so der Bahnsprecher.„Doch es ist möglich, dass es auch am 28. März noch zu Einschränkungen kommt.“ Ihr Umfang hänge unter anderem davon ab, ob das Personal rechtzeitig zur Arbeit kommt. „Wir geben alles, dass die Züge ab Dienstag wieder normal fahren“, hieß es bei der DB. „Garantieren können wir das derzeit aber nicht.“

Keine Sperrungen von Autobahntunneln zu erwarten

Und wenn ich am Montag vom Flughafen BER abfliegen möchte? Der Hauptstadt-Flughafen wird von Verdi nicht bestreikt. Doch die S-Bahnen und die Regionalzüge zum BER werden nicht fahren. Und es ist damit zu rechnen, dass Flüge ausfallen und Umsteigeverbindungen nicht funktionieren. Die Gewerkschaft hat an den Flughäfen Frankfurt am Main und München zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Damit werden viele Langstrecken-Passagiere ebenfalls vom Warnstreik betroffen sein.

Und der Straßenverkehr? Werden Autobahntunnel gesperrt? Damit ist nicht zu rechnen, sagte Julia Ball von der bundeseigenen Autobahn GmbH. „Die Niederlassung Nordost hat alle notwendigen Vorbereitungen getroffen, um die Auswirkungen des Streiks auf den Autobahn-Verkehr in Berlin und Brandenburg so gering wie möglich zu halten. Der Betriebsdienst wird aufrechterhalten, die Wahrung der Verkehrssicherungspflicht ist gewährleistet“, teilte sie am Freitag mit. Da mit Verkehr gerechnet wird, werden mögliche Behinderungen, zum Beispiel Straßensperrungen für betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen, auf ein Minimum reduziert. „Der Betriebsdienst auf den Bundesfernstraßen ist aufrechtzuerhalten. Hierzu werden Notdienstvereinbarungen geschlossen, um zum Beispiel Tunnelschließungen zu vermeiden“, so die Sprecherin.


Empfehlungen aus dem Ticketshop: