Mobilität

Die 420-Millionen-Euro-Frage: Wird der Bahnhof Köpenick pünktlich fertig?

Der Startschuss zu einem der größten Berliner Verkehrsprojekte der nächsten Jahre ist gefallen. Auf Fahrgäste warten Verbesserungen. Bis dahin: Geduld!

Sperren, Umleitungen, Schienenersatzverkehr: Der S-Bahnhof Köpenick ist Teil einer Baustellenlandschaft geworden. Er wird es mehr als vier Jahre bleiben – wenn alles klappt.
Sperren, Umleitungen, Schienenersatzverkehr: Der S-Bahnhof Köpenick ist Teil einer Baustellenlandschaft geworden. Er wird es mehr als vier Jahre bleiben – wenn alles klappt.Matthias Koch/imago

Jahrelang wurde gestritten, gerechnet und geplant. Nun geht es endlich los. Am Mittwoch hat eines der größten Berliner Infrastrukturprojekte der kommenden Jahre offiziell begonnen: der Ausbau des Bahnhofs Köpenick. Wo heute ausschließlich S-Bahnen halten, sollen künftig auch Regionalzüge stoppen und schnellere Verbindungen schaffen. Und auch 4,2 Kilometer Lärmschutzwand entstehen, außerdem ein weiteres Gleis, Treppen, Aufzüge, eine Überführung und ein Personentunnel. Vor den Augen überraschter Fahrgäste gaben Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und Berthold Huber, Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, am Vormittag einem Baggerfahrer das Signal loszulegen. Unterdessen bekommen Autofahrer und Fahrgäste einen Vorgeschmack darauf, was auf sie in Köpenick zukommt.

Ein rot-weißes Flatterband teilte den einzigen Bahnsteig des S-Bahnhofs Köpenick. Rechts davon harrten Fahrgäste der S3. Jenseits der Absperrung warteten Politiker, Planer, Bahnleute sowie andere Beteiligte bei Filterkaffee, Wasser und Quarkkeulchen auf den großen Moment. Der Ausbau des Bahnhofs, schon heute eine der wichtigsten Stationen im Berliner Osten, beginnt. Endlich, denn über das heute auf 420 Millionen Euro taxierte Projekt wurde lange debattiert. Oft sah es so aus, als ob nichts daraus wird.

Franziska Giffey erinnerte sich. Anfang der Nullerjahre hat sie im Bezirksamt Köpenick gearbeitet. „Schon damals hieß es im Rathaus: Wäre doch schön, wenn der Regionalexpress RE1 nicht nur durchkacheln, sondern auch in Köpenick halten würde“, sagte die Sozialdemokratin. Doch die Bahn zeigte sich lange hartleibig. Das Bundesunternehmen sah keine Notwendigkeit, den RE1 aufzuhalten. Schließlich verkehre nebenan doch die S3. Zudem bestehe die Gefahr, dass der Güterzugverkehr ausgebremst würde, hieß es weiter. Der Senat mühte sich, aber es half lange Zeit nichts.

In weniger als einer halben Stunde im Regionalexpress zum Zoo

Erst im Oktober 2015 gelang die Einigung. Der Bund, die Bahn und das Land Berlin kamen überein, mit dem Bau eines durchgehenden dritten Hauptgleises zwischen dem alten Köpenicker Güterbahnhof und dem Abzweig Stadtforst, wo die meisten Güterzüge auf den Berliner Außenring abbiegen, die Kapazität zu erhöhen. Dadurch wird es möglich, südlich vom S-Bahnsteig einen Haltepunkt für Regionalzüge anzulegen. Der geplante Bahnsteig wird 220 Meter lang, 76 Zentimeter hoch und auf einer Länge von 150 Meter überdacht. Zwei Treppen und ein Aufzug werden dorthin führen.

Thomas Dill vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) rechnete vor, wie viel Zeit die Fahrgäste künftig sparen werden. „Zum Ostbahnhof wird die Fahrt mit dem Regionalzug künftig rund zehn Minuten dauern“ – mit der S-Bahn sind es derzeit 17 Minuten. Zum Bahnhof Zoo in der City West werden die Köpenicker in Zukunft in weniger als eine halbe Stunde gelangen. Auch nach Potsdam oder Fürstenwalde verkürzt sich die Fahrzeit – ebenso nach Frankfurt (Oder), wo Franziska Giffey geboren wurde.

Die Köpenicker wollten die Eisenbahn weit weg von ihrer Stadt

Der RE1 verkehrt alle 30 Minuten, während der Hauptverkehrszeit sogar alle 20 Minuten, warb Berthold Huber. Dank des dritten Gleises, das Zugüberholungen erlaubt, lasse sich der Betrieb flexibel und zuverlässig gestalten, hoffte der DB-Manager. Auch der 1. FC Union, dessen Stadion Alte Försterei in Laufnähe liegt, und dessen Fans profitieren. Wenn gespielt wird, steigt die Zahl der Bahnhofsnutzer in Köpenick, normalerweise rund 5000 pro Tag, deutlich an. „Wenn mein Hausverein Borussia Mönchengladbach hierher kommt, werde ich mit dem Regionalzug zum Match fahren“, so Huber.

Huber schickte die Gäste auf eine kurze historische Reise. Schon seit 1842 würden Züge in Köpenick halten, erzählte er. Allerdings hätten Grundbesitzer darauf gedrungen, dass die Bahnstrecke weit vor der damals selbstständigen Stadt entsteht. Ländereien und ein Heuplatz sollten durch die Frankfurter Bahn nicht zerschnitten werden.

Fototermin auf dem S-Bahnsteig: Berthold Huber von der Bahn (l.), Berlins Regierende Franziska Giffey und Oliver Igel, Bezirksbürgermeister in Treptow-Köpenick (ebenfalls SPD).
Fototermin auf dem S-Bahnsteig: Berthold Huber von der Bahn (l.), Berlins Regierende Franziska Giffey und Oliver Igel, Bezirksbürgermeister in Treptow-Köpenick (ebenfalls SPD).Wolfgang Kumm/dpa

Mit zwölf Zügen pro Tag, die bis Berlin 25 Minuten brauchten, ging es einst los. Schon bald wurde der Verkehr dichter. Ein Fahrgast, der später als Hauptmann von Köpenick berühmt wurde, war Wilhelm Voigt. Der arbeitslose Schuhmacher zog sich 1906 eine Uniform an und forderte einen Trupp Gardefüsiliere auf, ihn ins Rathaus Köpenick zu begleiten. Dort beschlagnahmte er die Stadtkasse mit 3557,45 Mark (heute 25.000 Euro).

Arbeiten am Bahnhof Schöneweide sind seit langem im Verzug

Zurück zum Bahnhof Köpenick. „Jetzt kommt der schöne Teil“, sagte Franziska Giffey am Mittwoch. Nach langer Planungszeit werde nun gebaut. „Wir hoffen, dass 2027 alles fertig wird“ – so ist es angekündigt. Bewohner des Bezirks Treptow-Köpenick hoffen, dass dieses Bahnprojekt planmäßiger verläuft als der Umbau des Bahnhofs Schöneweide. Dort sollten die Arbeiten 2018 enden – möglicherweise klappt das in diesem Jahr.

„Doch zur Wahrheit gehört auch, dass es bis dahin Einschränkungen geben wird“, sagte Berthold Huber. Die S3 ist bereits im Rahmen dieses Projekts unterbrochen worden, in den nächsten Jahren wird es öfter mal Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen geben.

Die Brückendurchfahrt im Verlauf der Bahnhofstraße ist gesperrt

Auch andere Verkehrsteilnehmer haben die Folgen des Bauvorhabens bereits zu spüren bekommen. Noch bis Sonnabend ist die Brückendurchfahrt im Verlauf der Bahnhofstraße gesperrt. Am Mittwochmorgen meldete der Verkehrsfunk bis zu 30 Minuten Verzögerungen auf der weiträumigen Umleitung, die Autos auf einen Umweg über die Lindenstraße, die Rudolf-Rühl-Allee und die Köpenicker Straße führt. Kunden der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) müssen in vielen Fällen laufen oder SEV-Busse nutzen. Die Straßenbahnlinien 62, 63 und 68 sind noch bis Freitagabend unterbrochen.

In der Brückendurchfahrt waren BVG-Mitarbeiter damit beschäftigt, den Abbau der Fahrleitung vorzubereiten. Die Strippen stören, wenn ein Kran in der Nacht zu Freitag, voraussichtlich ab 22 Uhr, eine S-Bahnbrücke heraushebt. Die Großbaustelle in Köpenick wird noch viele Menschen nerven. Aber manchmal gibt es dort auch etwas Spektakuläres zu sehen.