Mobilität

Manja Schreiner gibt grünes Licht: Diese Radwege werden jetzt gebaut

Hauptstraße, Grunewaldstraße, Siegfriedstraße: Auch diese Radverkehrsprojekte dürfen nun verwirklicht werden. In 16 Fällen ist der Radwegestopp vorbei.

Radfahrer in Berlin unterwegs. Die Radverkehrsanlagen, die nun in Berlin gebaut werden dürfen, werden zusätzlich mit Pollern oder anderen Elementen geschützt.
Radfahrer in Berlin unterwegs. Die Radverkehrsanlagen, die nun in Berlin gebaut werden dürfen, werden zusätzlich mit Pollern oder anderen Elementen geschützt.dpa

Im Konflikt um die Radverkehrspolitik in Berlin zeichnet sich Entspannung ab. Am Donnerstag gab die neue Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) bekannt, dass drei weitere zunächst gestoppte Radverkehrsprojekte verwirklicht werden dürfen. Es handelt sich um die geplanten Umgestaltungen der Haupt- und Grunewaldstraße in Schöneberg sowie der Siegfriedstraße in Lichtenberg. Die dort vorgesehenen Radfahrstreifen können nun gebaut werden. Ebenfalls am Donnerstag teilte die Senatorin mit, dass sie keine weiteren Radverkehrsprojekte mehr überprüfen lässt. Ihre Taskforce hatte sich mit 19 Vorhaben befasst, von denen 16 zum Teil mit Anpassungen freigegeben worden sind.

In ihrem Tweet, den sie am Donnerstagmittag ins Netz stellte, machte Saskia Ellenbeck aus ihrer Freude keinen Hehl: „Yeah – Hauptstraße und Grunewaldstraße können gebaut werden!“, postete die Grünen-Politikerin, die als Bezirksstadträtin für die Straßen in Tempelhof-Schöneberg zuständig ist. „Das ist eine gute Nachricht für die Verkehrssicherheit von Fuß- und Radverkehr, für den ÖPNV und nicht zuletzt den Wirtschaftsverkehr! Ich danke allen, die dazu beigetragen haben!“

Kurz zuvor hatte sich bereits Ellenbecks Amtskollegin Filiz Keküllüoğlu, die zuständige Stadträtin des Bezirksamts Lichtenberg, bei Twitter zu Wort gemeldet. „Heute Morgen habe ich die Nachricht von der Verkehrssenatorin erhalten, dass es grünes Licht für die Radwege in der Siegfriedstraße gibt“, so die Bezirkspolitikerin, die ebenfalls den Grünen angehört. „Wir bekommen noch Post zu ‚betrieblichen Anpassungen‘, die wir im Bezirk sehr gerne prüfen werden. Gemeinsam für Verkehrssicherheit.“

Bund trägt drei Viertel der Baukosten

Drei wichtige Projekte, die über Jahre hinweg diskutiert, vorbereitet und geplant worden sind, können nun offenbar realisiert werden. Die neue Verkehrssenatorin hatte die Vorhaben angehalten, um sie wie andere zu überprüfen. Dabei sollte es darum gehen, wie sich die Umbauten auf die einzelnen Verkehrsarten auswirken. Der Projektstopp hatte zu Protesten geführt. Auf der Hauptstraße in Schöneberg wurde wöchentlich demonstriert.

Auf dem Abschnitt der Bundesstraße 1 soll der Fahrbahnraum auf den 1,2 Kilometern zwischen dem Kleistpark und der Dominicusstraße anders aufgeteilt werden. Dort sieht die Planung des Bezirks vor, am rechten Fahrbahnrand geschützte Radfahrstreifen einzurichten. Die Busspuren, die heute noch dort verlaufen und bis 14 Uhr auch für Lieferungen benutzt werden dürfen, sollen auf den jeweils mittleren Fahrstreifen  verlegt werden. Dem übrigen Kraftfahrzeugverkehr steht künftig die jeweils linke Fahrspur zur Verfügung, heute stehen ihm jeweils zwei Fahrstreifen zur Verfügung. 

Die von Manja Schreiner eingerichtete Taskforce sieht in der Hauptstraße unter anderem noch Handlungsbedarf bei der Ampelschaltung. „Hier muss nachgebessert werden“, erklärte die Senatsverwaltung am Donnerstag. „Die Ampelanlagen werden modernisiert, sodass die Verkehrsflüsse optimiert, ein sicheres Miteinander von Fußgängern, Radfahrern, ÖPNV und Autos gewährleistet wird.“ Außerdem soll es eine Evaluation geben. Beobachtet werde, ob der Wegfall von einem Autofahrstreifen pro Richtung „zu überstauten Knotenpunkten, Rückstauungen des fließenden Verkehrs und einer Verdrängung in die Nebenstraßen führt“, ließ die Senatorin mitteilen.

Industrie- und Handelskammer begrüßt Entscheidung der Senatorin

„Auch der Radweg in der Grunewaldstraße kann mit geringfügigen Anpassungen gebaut werden“, hieß es am Donnerstag. Dort hatten die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Berlin, die Senatsverwaltung sowie andere Beteiligte gemeinsam Vorschläge entwickelt, wie eine gerechte Neu-Aufteilung des Straßenraums gelingen kann. „Wir begrüßen die Entscheidung, das Projekt Grunewaldstraße weiterzuführen“, sagte IHK-Vizepräsident Robert Rückel am Donnerstag.

„Der Umbau des Straßenraums, der auch den Anforderungen einer Millionenmetropole mit Blick auf den Wirtschaftsverkehr gerecht wird, ist eine der großen Transformationsaufgaben der Stadt und sorgt naturgemäß für Konflikte“, teilte Rückel mit. „Nun kommt es darauf an, dass das geplante Konzept auch konsequent umgesetzt wird. Nur wenn markierte Lieferzonen auch von Falschparkern geräumt werden, nutzen sie dem Wirtschaftsverkehr.“

Saskia Ellenbeck begrüßte es, dass die beiden großen Radverkehrsprojekte in Schöneberg nun verwirklicht werden können. Für die Hauptstraße stünden rund eine Million Euro bereit, für die Grunewaldstraße 1,1 Millionen Euro. Für beide Fälle hat der Bund zugesagt, aus dem Sonderprogramm Stadt und Land jeweils drei Viertel der Baukosten zu finanzieren. Dazu müssten die Arbeiten aber bis Ende Dezember 2023 fertiggestellt und die Gelder bis dahin abgerufen werden. „Wir müssen uns jetzt sehr beeilen“, sagte die Stadträtin. Aber es werde klappen, versicherte sie.

Knapp 60 Autostellplätze fallen in der Siegfriedstraße weg

Ein weiteres Projekt, für das der Senat jetzt grünes Licht gab, betrifft einen Abschnitt der Siegfriedstraße in Lichtenberg. Vorgesehen ist, dass sie auf dem 495 Meter langen Abschnitt zwischen der Bornitz- und der Rüdigerstraße mit Pollern geschützte Radfahrstreifen bekommt. 2015 begannen die ersten Überlegungen, seit 2017 wird das Projekt von der Abteilung IV der für Senatsverkehrsverwaltung in Abstimmung mit dem Bezirksamt geplant. Als im November 2020 auf diesem Abschnitt ein 83-jähriger Radfahrer durch einen Lastwagen getötet wurde, wuchs der Druck, es umzusetzen. Inzwischen stehen 1.038.000 Euro bereit, im Oktober könnten die Arbeiten beginnen.

Knapp 60 Autostellplätze müssten in der Siegfriedstraße wegfallen. Allerdings soll dies laut Bezirksamt teilweise dadurch ausgeglichen werden, indem in der benachbarten Rüdigerstraße die Parkplätze quer angeordnet werden. Heute gilt dort Längsparken.

„Damit ist die Überprüfung der Planungen für Radwege im Hauptverkehrsnetz beendet“, teilte die Senatsverwaltung am Donnerstag abschließend mit. „Die temporäre, kurzfristige Aussetzung der Mittelzusagen ist aufgehoben. Alle betroffenen Planungen und Haushaltsmittel sind damit wieder freigegeben.“

„Nach nur gut vier Wochen haben wir es geschafft, die ‚Überprüfungen‘ abzuschließen. Es war ein Kraftakt, den meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hochmotiviert und solide gemeistert haben. Die erfolgte ganzheitliche Betrachtung des Verkehrsgeschehens durch die eingesetzte Task Force wird auch Grundlage unserer künftigen Arbeit sein“, sagte Manja Schreiner.

Projekte für fast vier Kilometer Straße in Berlin bleiben vorerst angehalten

So sieht die Bilanz der Überprüfungen aus: In zehn Fällen werden Projekte mit Anpassungen freigegeben. Dazu zählen außer der Haupt-, Grunewald- und Siegfriedstraße sieben Vorhaben. Dabei handelt es sich um die Hansa- und Grellstraße in Pankow, die Köpenicker Landstraße und das Adlergestell in Treptow-Köpenick, die Hermannstraße und die Sonnenallee in Neukölln, die Hellersdorfer Straße in Marzahn-Hellersdorf.

Sechs Radverkehrsprojekte wurden ohne Änderung freigegeben. Es geht um die so genannte Opernroute in Charlottenburg-Wilmersdorf, die Michaelbrücke, Scharnweberstraße und Schlesische Straße in Friedrichshain-Kreuzberg, die Scheffelstraße in Lichtenberg sowie die Gülzower Straße in Marzahn-Hellersdorf. 

Drei der 19 geprüften Vorhaben bleiben angehalten. Für die Projekte in der Stubenrauchstraße in Neukölln, die Roedernallee in Reinickendorf sowie die Blankenfelder Chaussee in Pankow sei eine „Nachbetrachtung der Planungen notwendig“, so die Verwaltung. Die Strecken summieren sich auf 3,9 Kilometer.

Kritik an „Alibiprojekt“ in der Hauptstraße

Der Protest habe sich gelohnt, hieß es in der Rad-Szene. Auch die Drohungen der Umwelthilfe, dass Projekte notfalls mit Klagen vor dem Verwaltungsgericht erstritten werden, könnte Wirkung gezeigt haben. Trotzdem gab es Kritik. So wurde gefragt, wo das Projekt Beusselstraße geblieben sei. Andreas Schwiede aus Marienfelde, der viel mit dem Fahrrad unterwegs ist, hält den geplanten Umbau der Hauptstraße für unnötig.

„Auf der heutigen Busspur lässt sich entspannt Rad fahren“, sagte er der Berliner Zeitung. Wenn das Ordnungsamt dafür sorgen würde, dass Abschleppwagen den Bussonderfahrstreifen konsequent von Falschparkern befreien, würde das mehr bringen als das jetzt vorgesehene „Alibiprojekt“, das neue Konflikte schafft.