Er ist fast fertig, doch das Bezirksamt ließ die Markierungen mit gelber Folie ungültig machen. Jetzt hat die Verwaltung im Streit um den Radfahrstreifen in der Reinickendorfer Ollenhauerstraße nach heftigen Protesten eingelenkt. Die Radverkehrsanlage werde nach „nach intensiven Prüfungen der Senatsverwaltung für Verkehr zeitnah freigegeben“, teilte die Behörde am Montagmittag mit. Außerdem gab sie bekannt, dass in fünf Straßen in Berlin Radverkehrsprojekte verwirklicht werden. Dazu gehört die Hermannstraße in Neukölln, die als unfallträchtig gilt. Dagegen werden zwei andere Radwegevorhaben überarbeitet, so Senatorin Manja Schreiner (CDU).
Eigentlich war alles klar. Das Bezirksamt Reinickendorf hatte den Radfahrstreifen in der Ollenhauerstraße im vergangenen August angeordnet. Bislang wurden rund 180.000 Euro ausgegeben, wovon der Bund 75 Prozent trägt. Inzwischen aber wurde die zuständige Bezirksstadträtin Korinna Stephan (Grüne) von Julia Schrod-Thiel abgelöst. Die CDU-Politikerin ordnete an, dass der Radfahrstreifen vorerst nicht freigegeben wird.
Gelbe Folien machen die weißen Fahrradmarkierungen und den Trennstrich unwirksam, weiterhin dürfen Kraftfahrzeuge am Fahrbahnrand abgestellt werden. Schrod-Thiel argumentierte, dass für die geplanten Lieferzonen eine Lösung gefunden werden müsse. Befürchtet wurde allerdings auch, dass Anwohner den Wegfall der Autostellplätze am Rand kritisieren werden. Dass eine fast fertige Radverkehrsanlage nicht freigegeben wird, führte zu Protesten – und mittlerweile auch zu einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin, das von der Deutschen Umwelthilfe unterstützt wird.
Mit der am Montag verkündeten Entscheidung möchte die neue Verkehrssenatorin den Streit offenbar entschärfen. Umgesetzt wird nun ein Plan, der unter der Grünen-Politikerin Stephan für die Ollenhauerstraße erarbeitet worden war.
In einigen Jahren soll die Ollenhauerstraße umgebaut werden
„Gemeinsam mit dem Bezirk konnte ein Konsens gefunden werden. In Ruhezeiten, also am Abend und in der Nacht, kann dort beispielsweise neben dem Radstreifen geparkt werden“, teilte die Senatsverwaltung mit. „Die Ollenhauerstraße wird voraussichtlich 2026/27 baulich verändert, bis dahin wird der nun vorhandene Weg mit kleinen Änderungen für den Radverkehr freigegeben.“
„Die Ollenhauerstraße ist ein gutes Beispiel für sachorientierte Verkehrsplanung“, teilte Schreiner mit. „Nur wer genau hinschaut, kann gute Lösungen für den Großstadtverkehr erreichen. Wir müssen endlich die Schärfe aus der Diskussion um die Radwege nehmen. Es geht uns um Verkehrssicherheit für alle und darum, dass die Geschäftstreibenden in der Stadt nicht durch falsche Planungen in Schwierigkeiten geraten.“
Wie berichtet lässt die Senatorin Radverkehrsprojekte in Berlin überprüfen. Am Montag gab ihre Verwaltung weitere Ergebnisse bekannt. Danach können fünf Vorhaben verwirklicht werden. Dabei handelt es sich um die geplanten Anlagen in der Hansastraße (2,16 Kilometer), in der Grellstraße in Pankow (2,47 Kilometer), im nördlichen Teil der Köpenicker Landstraße in Treptow-Köpenick zwischen Baumschulenweg und Bulgarische Straße (3,6 Kilometer) sowie in der Hermannstraße in Neukölln (1,42 Kilometer). Die vorgesehene rund 50 Meter lange Querung der Hellersdorfer Straße in Marzahn-Hellersdorf kann ebenfalls gebaut werden, gab die Senatorin bekannt.
Dagegen seien für die Roedernallee in Reinickendorf und die Blankenfelder Chaussee in Pankow neue Planungen notwendig, so die Senatsverwaltung. Für das erste Projekt gebe es „erhebliche Bedenken hinsichtlich des Lkw- und Busverkehrs sowie der Ampelschaltungen im genannten Straßenabschnitt“. Beim zweiten Vorhaben habe die Taskforce des Senats erhebliche Zweifel an der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit des Straßenverkehrs.
„Ich freue mich sehr, dass wir in guter Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung einen tragfähigen Kompromiss für Radfahrer, Anlieger und Anwohner gefunden haben“, sagte Reinickendorfs Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner zur Ollenhauerstraße. „Nur durch ein gleichberechtigtes Miteinander kommen wir zu guten Lösungen. Was bleibt, ist die Notwendigkeit der Einbindung der Anwohnerinnen und Anwohner und der Gewerbegebiete. Zum einen gilt es, den Radweg mit Änderungen zügig fertig zu stellen. Zum anderen werden wir die Belange der Anwohnerschaft in die Planungen des anstehenden Neu- beziehungsweise Umbaus der Ollenhauerstraße berücksichtigen“, so die CDU-Bezirkspolitikerin.
Fahrraddemonstration am Montagnachmittag findet trotzdem statt
Wie berichtet war eine Mitarbeiterin der Umwelthilfe dagegen vorgegangen, dass das Bezirksamt die im August erlassene Anordnung zurückgenommen hat. Sie ist regelmäßig mit dem Fahrrad in der Ollenhauerstraße unterwegs. Nachdem ihre im Juni eingereichten Bedenken ohne Reaktion blieben, reichte sie Widerspruch ein. Mittlerweile ist ein Eilverfahren vor der 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin anhängig. Das Gericht setzte der Senats- und Bezirksverwaltung die Frist, Einsicht in den Verwaltungsvorgang zu gewähren. Diese Frist läuft am 18. Juli aus. Offenbar lenkte der Senat auch deshalb ein, damit die Verwaltung keine Unterlagen offenlegen musste.
Für den heutigen Montag haben der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der Allgemeine Deutsche Fahrradclub Reinickendorf und Respect Cyclists zu einer Demonstration in der Ollenhauerstraße aufgerufen. Sie soll um 17 Uhr in Höhe des S- und U-Bahnhofs Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik beginnen. „Die Fahrraddemo wird auf jeden Fall stattfinden“, sagte der VCD-Landesvorsitzende Heiner von Marschall der Berliner Zeitung.
Geht es bald auch um die Grunewaldstraße in Schöneberg?
Bereits am Morgen hatte es eine Fahrraddemonstration in Friedrichshain gegeben. Mehre Hundert Radler fuhren vom Frankfurter Tor zum Ostkreuz und zurück. Changing Cities und andere Organisationen hatten dazu aufgerufen.
Die Umwelthilfe unterstützt auch einen Mann aus Schöneberg, der häufig mit dem Rad die Hauptstraße benutzt. Er will erreichen, dass der geplante Umbau des Abschnitts zwischen Kleistpark und der Dominicusstraße vollzogen wird. Dort ist unter anderem vorgesehen, geschützte Radfahrstreifen einzurichten, doch Manja Schreiner ließ dieses und andere Radverkehrsprojekte anhalten. Der Schöneberger hat die Senatsverwaltung nun am Donnerstag dazu aufgefordert, die straßenverkehrsrechtliche Anordnung für den geplanten Radfahrstreifen zu vollziehen. Wenn dies nicht innerhalb von vier Wochen geschieht, könne es zu einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht kommen.










