Wie es scheint, hat die Ampelkoalition die Kritik am Heizungsgesetz aufgenommen und eine Lösung gefunden. Ihre Änderungen am Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) umfassen vor allem die kommunale Wärmeplanung. Am Donnerstag sollen die Pläne im Bundestag zwar besprochen werden – bislang verwirren sie aber noch einige Verbraucher. Was tun, wenn die Gasheizung jetzt kaputt gegangen ist und nicht reparabel ist? Und was bedeutet die Verlängerung der Übergangsfrist bis 2028?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beantwortete Ende Mai die Frage, ob das Gesetz noch vor der Sommerpause ins Parlament eingebracht werde, wie folgt: „Alle Beteiligten haben diesen Ehrgeiz; und haben versichert, die offenen Fragen sehr zügig miteinander zu besprechen.“ Dass es schnell gehen soll, ist klar. Bei dieser Geschwindigkeit sollten aber vor allem die Hauseigentümer abgeholt werden. Die Berliner Zeitung hat das Bundeswirtschaftsministerium und die Berliner Senatsverwaltung mit konkreten Fragen konfrontiert.
Kommunale Wärmeplanung: Aufschub bis Ende 2028 – und dazwischen?
Die Eckpunkte der Koalition sehen zwar vor, dass eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung bis spätestens 2028 eingeführt werden soll – doch was bedeutet das genau für den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen? Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, müssen beim Heizungsaustausch die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes, also die 65-Prozent-EE-Vorgabe, noch nicht gelten. Das heißt: Neue Gasheizungen, nicht aber Ölheizungen, dürfen ab 2024 bis spätestens 2028 sehr wohl weiter eingebaut werden – wenn diese später auf Wasserstoff umrüstbar sind. Das soll laut Leitplanken der Ampel-Fraktionen zur weiteren Beratung des GEG sowohl für Bestands- als auch Neubauten gelten. In sogenannten Neubaugebieten jedoch treten die Regelungen für den Neubau wie geplant ab 1. Januar 2024 in Kraft.
Die Frage der verwirrten Hauseigentümer in einem Mehrfamilienhaus, die jetzt schon nach einer Alternative zur kaputten oder 30 Jahre alten Gasheizung suchen müssen, könnte man daher wie folgt beantworten: Wird die neue Gasheizung noch in diesem Jahr vor dem Inkrafttreten des Gesetzes eingebaut, darf sie offensichtlich noch sehr lange, spätestens bis 2045 fossil betrieben werden. Sollte ein Ersatz für die kaputte Heizung erst im nächsten Jahr installiert werden und liegt noch keine kommunale Wärmeplanung vor – sprich, wird noch kein Fernwärmeanschluss geplant –, darf eine neue Gasheizung bis 2028 eingebaut werden, die auf Wasserstoff umrüstbar ist. Liegt die kommunale Wärmeplanung bereits vor, hat man bei einer Heizungshavarie ab dem 1. Januar 2024 eine Übergangsfrist für die Fernwärme von drei Jahren. Bis dahin darf ebenfalls eine neue oder gebrauchte Gasheizung als Übergangslösung installiert werden.
Liest man aber zwischen den Zeilen, stellt sich die Frage: Investieren die Hauseigentümer, die für die maximal vier Jahre noch eine Überbrückung zum Heizen brauchen, eventuell umsonst in eine Gasheizung? Immerhin müssten sie auf dieses Heizgerät entsprechend verzichten, sollte das Haus etwa bis Ende 2028 einen Fernwärmeanschluss bekommen. Das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck merkt auf Anfrage an: Wenn vor dem Vorliegen der kommunalen Wärmeplanung ein Austausch aufgrund eines irreparablen Schadens anstehe, könnten die Hauseigentümer selbst entscheiden, welche Heizungsform sie wählen. „Übergangsweise können sie sich zum Beispiel auch für eine Mietheizung entscheiden.“
Berliner Randbezirke: Dezentrale Wärmeerzeugung mittels Wärmepumpe
„Berlin hat bereits im vorigen Jahr den gesamtstädtischen Wärmeplanungsprozess begonnen und avisiert die Fertigstellung des Wärmeplans im Jahr 2026“, teilt ein Sprecher der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt der Berliner Zeitung mit. So scheint der Kompromiss der Ampelkoalition für Berlin keinen entscheidenden Einfluss zu haben: „Das Land Berlin wird unabhängig von der Bundesgesetzgebung den eigenen gesamtstädtischen Wärmeplanungsprozess fortführen und den Wärmeplan in circa drei Jahren vorlegen.“
Generell verfolge das Land Berlin gemäß der Wärmestrategie unterschiedliche Lösungen je nach Siedlungsstruktur: Im (hoch-)verdichteten Raum werde der Ausbau beziehungsweise die Nachverdichtung von Wärmenetzen und die Umsetzung von Quartierslösungen, sogenannte Nahwärme, angestrebt. In weniger dicht besiedelten Randbezirken der Stadt solle die dezentrale Wärmeerzeugung durch erneuerbare und strombasierte Systeme, vor allem Wärmepumpen, die fossile Technik ersetzen, wie der Sprecher der Klimaschutzverwaltung weiter mitteilt.
Aktuell werden offenbar Bestands- und Potenzialanalysen durchgeführt. Dazu gehöre die Ermittlung der Abwärme- und Biomassepotenziale sowie der thermischen Nutzungspotenziale von Oberflächengewässern. Ergebnisse dazu sollen bis Ende dieses Jahres vorliegen.
Wärmeplan zeigt, wo sich welche klimafreundliche Wärmeversorgung anbietet
Die Daten werden entsprechend in das Wärmekataster – ein kartografisches Verzeichnis von Wärmequellen und Wärmesenken – einfließen, das stufenweise ab 2024 in Betrieb genommen werde, so der Sprecher. Für erste Analysen sei bereits ein „Wärmekataster light“ im Energieatlas, der den Istzustand der Energieversorgungsstrukturen Berlins abbildet, eingerichtet.
Der Kataster diene als Basis für die Identifizierung sogenannter Eignungsgebiete mit klimafreundlichen Wärmeversorgungsoptionen – die dann im gesamtstädtischen Wärmeplan zusammengefasst und ausgewiesen werden würden. Mit anderen Worten: „Der Wärmeplan zeigt am Ende, wo sich in Berlin welche klimafreundliche Wärmeversorgung anbietet“, schätzt der Verwaltungssprecher ein. Aber welche Verbindlichkeiten hat das Wärmekataster für die Eigentümer?
Es sei nicht verbindlich für die Eigentümer – zunächst würden nur die Daten und Informationen aus den Analysen einfließen. „Das auf Bundesebene geplante Gesetz zur Wärmeplanung wird dann den rechtlichen Rahmen definieren, woraus sich auch die Verbindlichkeit dieses Wärmeplans ableiten lässt“, antwortet der Sprecher der Klimaschutzverwaltung auf die Frage der Verbindlichkeit.
Grundversorger Vattenfall Wärme: Fernwärmeanschlüsse für Einfamilienhäuser weniger wahrscheinlich
Dass das Gebäudeenergiegesetz an das sogenannte Wärmeplanungsgesetz gekoppelt werden soll, wirft aber gleich die nächste Frage auf: Gelten die Änderungen der Novelle ausschließlich für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern? Immerhin sollen Länder und Kommunen im Rahmen des Wärmeplanungsgesetzes in den kommenden vier Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen – etwa über den Ausbau der Fernwärme.
Dass Fernwärmeanschlüsse für Einfamilienhäuser weniger wahrscheinlich sind, bestätigt der Energiekonzern Vattenfall. „Grundsätzlich ist es richtig, dass sich ein Fernwärmeanschluss am ehesten in Mehrfamilienhäusern dicht besiedelter Stadtgebiete realisieren lässt – abhängig vom aktuellen Netzausbau“, teilte der Vattenfall-Sprecher Christian Jekat der Berliner Zeitung mit. Aufgrund der spezifisch höheren Erschließungskosten lohne sich ein Anschluss für Ein- bis Zweifamilienhäuser in der Regel nicht.
Ausnahmen könnten sich aber bei der Erschließung ganzer Quartiere ergeben. Ob ein Anschluss auch für kleinere Wohnhäuser möglich sei, hänge im Einzelfall stark von der jeweiligen Situation vor Ort ab, erklärte Jekat weiter. „Für den weiteren Ausbau des Fernwärmenetzes sei es für Vattenfall wichtig zu wissen, in welchen Gebieten die Nachfrage seitens der Wohneigentümer besonders hoch sei.“
Das Bundeskabinett hat die GEG-Novelle bereits im April dieses Jahres beschlossen. Das parlamentarische Verfahren im Bundestag und im Bundesrat steht allerdings noch aus, das umstrittene Heizungsgesetz soll dort aber noch vor der Sommerpause durchkommen. Bis zum 7. Juli bleibt also Zeit, denn dann tagen Bundestag und Bundesrat zum letzten Mal vor der Pause.






