Die Fernwärme gilt künftig als Alternative zur Wärmepumpe – so regelt es zumindest das geplante neue Gebäudeenergiegesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Dennoch scheint auch das Wärmenetz nicht von Kritik verschont zu bleiben.
Jedes Fernwärmenetz ist ein unreguliertes Monopol. So befürchten viele Hausbesitzer bei einem Anschluss an das Fernwärmenetz, ihrem Energieversorger ausgeliefert zu sein. In Berlin sorgt die Wärme-Tochter des schwedischen Energieunternehmens Vattenfall für die Stadtwärme, die Vattenfall Wärme. Seitens des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hagelt es Kritik.
Erfolgreiche Wärmewende? – Nur bei „verbraucherfreundlichem Fernwärmemarkt“
„Wärmenetze-Anbieter müssen mit fairen Preisen und transparenten Preiserhöhungen überzeugen“, forderte die vzbv-Vorständin Ramona Pop (Grüne) am Freitag in einer Mitteilung des Verbandes. Der Ausbau der Fernwärme sei ein essenzieller Baustein der Wärmewende, dennoch müssten gleichzeitig auch die Rechte der Kunden gegenüber ihrem Versorger gestärkt werden – immerhin heizen in Deutschland bereits Millionen Haushalte mit Fernwärme, schätzte Pop ein.
Was fordert der Bundesverband? „Der Fernwärmemarkt muss endlich verbraucherfreundlicher gestaltet werden“, so die Vorständin. Die Beschwerden bei den Verbraucherzentralen über intransparente Preise und nicht nachvollziehbare Preiserhöhungen würden zeigen, dass es bei der Fernwärme große Unklarheiten und Probleme gebe.
Fernwärmeanschluss: Verbraucherzentrale fordert Abschaffung des Anschlusszwangs
„Gelingt die Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung, wäre das ein großer Schritt in Richtung Wärmewende“, sagte Pop weiter. Intransparenz und nicht nachvollziehbare Preiserhöhungen würden zu Skepsis oder sogar Ablehnung gegenüber der Fernwärme führen. „Hier muss der Gesetzgeber ran“, fordert sie.
Entscheidend für die Akzeptanz der Fernwärme ist nach Angaben der Vorständin des Bundesverbandes aber auch die Abschaffung des Anschluss- und Benutzungszwanges. „Wärmenetze sollten durch Qualität ihres Angebots überzeugen und sich nicht auf einen behördlichen Zwang berufen können“, erklärt sie und appelliert für Wahlfreiheit am Markt. Was hat der Berliner Grundversorger Vattenfall Wärme der Kritik zu entgegnen?
„In Berlin gibt es keinen Anschlusszwang an die Fernwärme und derzeit ist uns auch keine Diskussion hierzu bekannt“, erwidert Susanne Huneke, Leiterin Sales und Business Solutions der Vattenfall Wärme, auf Anfrage der Berliner Zeitung. Dort, wo das Berliner Fernwärmenetz nicht hinreiche, biete der Konzern dezentrale Lösungen oder kleinere Quartiersnetze an.
Kritik an Fernwärmepreisen: Das sagt der Grundversorger Vattenfall Wärme
Die Fernwärme wird in Berlin allein schon durch die eng bebauten Wohnviertel und die rund 3,6 Millionen Einwohner die wahrscheinlichere Lösung der Wärmewende sein. Bieten sich für den Grundversorger Vattenfall Wärme hier hohe Profite an? Um hohe Preise zu verhindern, schlägt die vzbv-Vorständin und die ehemalige Wirtschaftssenatorin in Berlin, Ramona Pop, eine bundeseinheitliche, systematische Preisaufsicht vor, wodurch der Wärmemarkt und die Preisgestaltung der Versorger besser in den Blick genommen werden könnten.
Vattenfall allerdings bietet dem Vorschlag die Stirn. Zur Forderung nach einer strengeren Preisaufsicht erwidert Susanne Huneke wie folgt: „Unsere Preise werden über vertraglich vereinbarte Preisänderungsklauseln geregelt, die sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Energie- und Wärmemarkt berücksichtigen.“
Die Preisgleitklauseln würden einen festen Pfad ohne Spielraum für den Wärmeversorger in der Preisgestaltung vorgeben – und würden damit die notwendige Transparenz, wie genau die Preisentwicklung zustande komme, gewährleisten. „Wir legen Wert auf eine transparente Preisgestaltung, die für unsere Kunden nachvollziehbar ist“, sagt Huneke. Die Gestaltung der Preise sei zudem im Internet für alle öffentlich zugänglich.
Habecks Wärmewende: Wird sie ein Erfolg in Berlin?
Am kommenden Montag lädt Habecks Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bundesbauministerium von Ministerin Klara Geywitz (SPD) zu einem Fernwärmegipfel in Berlin ein. Welche Intention haben die Politiker mit dem Zusammentreffen von Vertretern der Wirtschaft, Gewerkschaften und Kommunen sowie des Verbraucher- und Umweltschutzes?
Die zentralen Ziele und Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus und der Dekarbonisierung der Wärmenetze sollen bei dem Gipfel diskutiert werden. Es solle damit ein „deutliches Aufbruchssignal“ für den klimaneutralen Um- und Ausbau der Fernwärmeversorgung gesendet werden, hieß es bereits am Dienstag aus Kreisen der Ministerien.
Die Koalition plant zudem eine Reform der kommunalen Wärmeplanung. So sollen laut Gesetzesentwurf Länder und Kommunen in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen. „Zweck der kommunalen Wärmeplanung ist die Schaffung von Handlungssicherheit für alle Akteure: Kommune, Gebäudeeigentümer und Versorger sowie Netzbetreiber“, erklärt Huneke.
Die Pläne sollen den Bürgern generell eine Orientierung geben, ob ihr Haus künftig an ein Fern- oder Nahwärmenetz angeschlossen wird. Auf diese Weise können sie sich darauf einstellen, ob sie in absehbarer Zeit in eine Wärmepumpe investieren müssten oder eben nicht.
„Handlungssicherheit bedeutet Investitionssicherheit und diese ist unbedingt notwendig, wenn wir die Wärmewende in Berlin und damit den größten notwendigen Beitrag zur Erreichung der Berliner Klimaschutzziele erreichen möchten“, sagt sie zum Schluss.






