„Klimbim“ war innovativ, mitunter sogar provokant. Die frech sexualisierte Nummernrevue zeigte auf der Bühne gespielte Sketche und eingespielte Filme. Jede Folge zur Hauptsendezeit dienstags um 20.15 Uhr in der ARD und dem ORF dauerte 45 Minuten. Sechs Jahre lang war das Programm aus deutschen Wohnzimmern nicht wegzudenken, inklusive Nonsens, Gags und der Nackedei- und Horror-Tochter Gaby mit Zahnlücke.
Der Regisseur und Fernsehproduzent Michael Pfleghar hatte sich für die Sketchsendung bewusst Schauspielerinnen wie Elisabeth Volkmann und Ingrid Steeger ausgesucht, die zuvor schon in harmlosen Sexfilmchen mitwirkten. Sie waren genau die Richtigen, um die teilweise frivolen Sketche noch anrüchiger wirken zu lassen. Die Provokation gehörte zum Konzept der Sendung – mit erstaunlichem Erfolg. Der Ausdruck „Klimbim“ bedeutet laut Duden umgangssprachlich übrigens so viel wie „überflüssiger, unnützer Kram“.
Unglaubliche Schnelligkeit
Zur bizarren „Klimbim“-Familie mit völlig überdrehten Charakteren stieß Peer Augustinski in der dritten Staffel. Er gab neben schriller Mutter Jolante (Volkmann), dümmlicher Tochter Gaby (Steeger), arbeitsscheuem Liebhaber Adolar von Scheußlich (Horst Jüssen) und kriegslüsternem Opa Benedikt (Wichart von Roëll) den untergebutterten Familienvater Max. Auch der vom Stuhl fallende Mann (Helmut Holger), der gleichzeitig als Kostümbildner fungierte, war Teil des Stammpersonals. Zum Showkonzept zählten ebenso Gastauftritte nationaler und internationaler Stars wie Jerry Lewis, Curd Jürgens, Karin Dor, Horst Buchholz, Gilbert Bécaud, Udo Jürgens, Barbara Valentin oder Günter Netzer.
„Das Besondere an ‚Klimbim‘ war diese unglaubliche Schnelligkeit, dieser stakkatierte Humor“, erinnerte sich Augustinski 2003 in der „Johannes B. Kerner Show“. Obwohl lediglich sechs Folgen pro Jahr ausgestrahlt wurden, erfreuten sich die Schauspielerinnen und Schauspieler einer enormen Popularität. Der Zuschauerrekord lag bei 17 Millionen. Die Comedyserie war in den 1970er-Jahren ein absolutes Muss im Abendprogramm.
Musikalisches Markenzeichen von „Klimbim“ wurde das von Heinz Kiessling komponierte Erkennungslied. „Klimbim ist unser Leben, Klimbim hat montags zu. Klimbim schmeckt nach Vanille und spielt gern Blindekuh.“ So sinnfrei wie das Titellied war die gesamte Show – Sketche, Gags und Steegers Brüste sowie spaßige Lieder reihten sich in Absurdität und Anrüchigkeit aneinander. Der Nonsens-Song endete mit Steegers gehauchten Worten aus einem Schlager von Evelyn Künneke aus dem Jahr 1961: „… dann mach ich mir ’nen Schlitz ins Kleid (und find es wunderbar).“
Steegers nackter Busen blieb irgendwie familientauglich. „Als Ausziehfräulein der Nation hat sie Verblüffendes geschafft: Lüsterne Männer finden ihren zarten Körper ebenso niedlich wie biedere Hausfrauen. Niemanden stört’s, wenn die süße Naive schon zur Hauptsendezeit nach der ‚Tagesschau‘ ihre Hüllen fallen lässt“, schrieb der Stern 1974. „Klimbim“ avancierte quasi zur Peepshow des kleinen Mannes.
Von 1973 bis 1979 wurden fünf Staffeln mit insgesamt 30 Folgen ausgestrahlt. Das grundlegende Konzept von „Klimbim“ basierte auf dem amerikanischen Format „Rowan & Martin’s Laugh-In“. Die Comedyserie lief von 1967 bis 1973 in 140 Episoden auf dem amerikanischen Fernsehsender NBC. Die Idee zur deutschen Adaption stammte von Hans Joachim Hüttenrauch und Pfleghar, die Folgen wurden in den Studios des Westdeutschen Rundfunks aufgezeichnet.
Anti-prüde Ausrichtung führte zum Erfolg
Pfleghar ergänzte das Programm um einige Elemente wie die chaotische Familie. Zahlreiche Einspielfilme waren stilistisch den Stummfilmen der 1920er-Jahre nachempfunden. Daneben gehörten auch erotische Anspielungen, aufreizende Kleidung der Darstellerinnen und offen gezeigte Nacktheit zum Konzept, ebenso wie die Auswahl der bis dahin eher unbekannten Stammschauspieler. In jeder Folge gab es etliche Running Gags. „Pfleghars geniale Ader war dieses Timing auf den Punkt genau, und das kann man nicht lernen, entweder man hat es oder man hat es nicht“, sagte Jüssen, „das war ein großer Teil des Erfolgs von ‚Klimbim‘.“
Als Ableger, heute würden sie als Spin-offs bezeichnet, entstanden außerdem die Serien „Zwei himmlische Töchter“ mit Steeger und Iris Berben sowie „Die Gimmicks“. Ab Juni 2004 gingen Jüssen, Volkmann, Steeger, von Roëll und Augustinski als Chaosfamilie in der Originalbesetzung mit dem Theaterstück „Die Klimbim-Familie lebt“ auf eine zweijährige Bühnentournee. Das von Jüssen inszenierte Stück wurde in der bayerischen Landeshauptstadt uraufgeführt und in Gastspielen in München, Düsseldorf und Hamburg gespielt. Obwohl der in den 1970er-Jahren stehen gebliebene Humor in der Kritik nicht sonderlich gut wegkam, wurden die Aufführungen ein Erfolg. Wegen des großen Zuspruchs wurde sogar eine zweite Tournee drangehängt.
Pfleghar galt als genialer Ideengeber von „Klimbim“. 1991 beging er Selbstmord und erschoss sich. Volkmann lieh bis zu ihrem Tod im Jahr 2006 der Figur Marge aus der Zeichentrickserie „Die Simpsons“ ihre Stimme, Jüssen starb 2008 an Lungenkrebs. Augustinski erlitt 2005 einen Schlaganfall, seitdem war er pflegebedürftig und starb 2014. Der inzwischen 86-jährige von Roëll genießt seinen Ruhestand. Steeger konnte nach „Klimbim“ nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen, mittlerweile soll die 76-Jährige in einem Pflegeheim wohnen.






