Kommentar

Wiederholungen und null Ideen: Schafft endlich das deutsche Fernsehen ab!

„Babylon“, Gottschalk, „Glücksrad“-Folter: Deutsche Unterhaltung traut sich nichts und hält den Gebührenzahler für eine Amöbe.

Wo für immer die bayrische Sonne auf komplette Handlungsarmut scheint: Dauerbrenner „Rosenheim-Cops“ mit dem mittlerweile verstorbenen Joseph Hannesschläger (l.), Max Müller und Igor Jeftic (r.) aus dem Jahr 2009. Die Serie läuft immer noch und wird das wohl noch sehr lange tun. 
Wo für immer die bayrische Sonne auf komplette Handlungsarmut scheint: Dauerbrenner „Rosenheim-Cops“ mit dem mittlerweile verstorbenen Joseph Hannesschläger (l.), Max Müller und Igor Jeftic (r.) aus dem Jahr 2009. Die Serie läuft immer noch und wird das wohl noch sehr lange tun. Imago

Berlin ist eine Stadt, die sicherlich reich an Geschichte ist. Allein in den vergangenen hundert Jahren hat diese Metropole mehr erlebt als so manch andere europäische Großstadt. Das Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg, aufregende Jahre nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung auch dieser Stadt, in der man die Wunde der Teilung immer vor Augen hatte, zu beiden Seiten der Mauer.

Schaler Wiedergänger

Und natürlich schreckliche Jahre während der dunkelsten Zeit der Nazi-Diktatur. Davor und wirklich hinlänglich bekannt, tanzte die Stadt auf dem recht erkalteten Vulkan, alle spürten angeblich die brutale Zeitenwende, die dieses Land und die Welt verändern würden. Alles rosig in der Weimarer Republik: Schiebermützencharme und Zeitungsjungen-Schnauze, queere Liebe und Kartoffelsuppen-Nostalgie.

Daraus lässt sich natürlich ganz wunderbar was stricken, wie die famose Serie „Babylon Berlin“ in  den ersten beiden Staffeln bewiesen hat. In der dritten zeigten sich schon ein paar Ermüdungserscheinungen, nun hat noch in diesem Frühjahr die vierte Premiere im Free-TV und zwar bei der ARD.

Dann reicht es aber auch mit den Goldenen Zwanzigern und dem Vorabend der Hitler-Machtübernahme. War „Babylon Berlin“ noch aufregend und auf internationalem Niveau unterhaltsam, so funktionierte diese Ära als Kulisse in der Kaufhaus-Serie „Eldorado KaDeWe – Jetzt ist unsere Zeit“ nur noch sehr bedingt. Was nicht zuletzt an der seltsam konstruierten (Familien-)Geschichte gelegen haben mag.

Aber so ist es eben mit deutscher Stream- und Fernsehunterhaltung: Einer wagt was und hat Erfolg und dann wird der Lappen ausgewrungen bis auch der letzte Tropfen raus ist. Geht dann gar nichts mehr, werden die Granden der Vergangenheit reanimiert wie zuletzt bei „Wetten, dass ..?“ mit Thomas Gottschalk.

Das Revival war ein Erfolg, das Revival vom Revival ein schaler Wiedergänger ohne jeglichen Überraschungseffekt, außer dem einen, dass man plötzlich wieder wusste, warum man den Unterhaltungssaurier „Wetten, dass ..?“ nicht mehr vermisste.

Es gibt viele Beispiele wie dieses: Das Glücksrad oder die richtende Nervensäge Barbara Salesch. Endlosserien wie die glücklicherweise mittlerweile abgerissene „Lindenstraße“. Hafenkanten, bayrische Cops in Rosenheim und stets heitere Krankenschwestern in Aachen, blonde Bergdoktoren, Sokos ohne Hoffnung auf Hirn in der Handlung, ewige Tatort-Fortsetzungen und grausige Rosamunde-Pilcher-Schwarten (die übrigens keine deutsche Schriftstellerin war und sich in ihrem Cornwall’schen Grab sicherlich dauerhaft um die eigene Achse drehen muss). Der deutschen Unterhaltung fehlen nicht nur Mut und Lust zum Risiko.

Nein, der deutschen linearen Fernseh-Unterhaltung mangelt es vor allen Dingen an Respekt vor den Gebührenzahlern, denn die werden ganz offenbar für stumpf und unterkomplex gehalten. Nicht anders ist es zu erklären, dass einem mit Ausnahmen immer derselbe lauwarme Eintopf serviert wird und die wirklich guten Stoffe zumeist in der Nachtversendet werden, oder ohnehin nur in den Mediatheken zu finden sind.


Empfehlungen aus dem Ticketshop: