Der Anstieg der Energiepreise rollt an der S-Bahn Berlin nicht vorbei. Nun zieht das Tochterunternehmen der Bahn die Bremse. Um Strom zu sparen, werden abends Züge verkürzt. Sie fahren von diesem Freitag (14. Oktober) an mit weniger Wagen als bisher, teilte S-Bahn-Chef Peter Buchner während des Fahrgastsprechtags im Rahmen der Berliner Schienenverkehrswochen mit.
2020 standen auf der Stromrechnung des nach der BVG zweitgrößten Nahverkehrsunternehmens in der Stadt noch rund 50 Millionen Euro. Ein Jahr später waren es schon um die 100 Millionen Euro. Für dieses Jahr erwartet die Berliner S-Bahn Stromkosten von rund 150 Millionen Euro. Deshalb sei es wichtig, Energie zu sparen.
Es geht um „nachfrageorientierten energiesparenden Ressourceneinsatz“
Das trifft nun ab sofort auch die Fahrgäste der S-Bahn. Betroffen sind die Nutzer der S1 zwischen Wannsee und Oranienburg sowie der S2 zwischen Bernau und Lichtenrade. Gegen 21 Uhr, sonnabends und sonntags bereits gegen 20 Uhr, sollen die dort verkehrenden Züge in allen Umläufen auf vier Wagen „geschwächt“ werden, hieß es. Montags bis freitags zwischen 4 und 5.30 Uhr sollen die S-Bahnen zum Teil ebenfalls nur noch als so genannte Halbzüge verkehren. Bislang waren auf den beiden Nord-Süd-Strecken auch am Abend, nachts und frühmorgens längere S-Bahnen unterwegs. Nun müsse es einen „nachfrageorientierten energiesparenden Ressourceneinsatz“ geben.
Abends werden schon seit jeher -Bahn-Züge verkürzt, auch auf den Nord-Süd-Linien. Doch während dies bislang vor allem deshalb geschah, um das Wagenangebot der Nachfrage anzupassen (also aus allgemeinen wirtschaftlichen Gründen), wird nun das Energiesparen in den Vordergrund gestellt.
„Wir werden beobachten, wie sich die Situation entwickelt“
Die S-Bahner hatten auch darüber nachgedacht, ob auf den Ost-West-Linien der Stadtbahn ebenfalls Züge aus diesem Grund verkürzt werden sollten. Doch davon habe man abgesehen, weil es immer wieder vorkommt, dass nach Veranstaltungen im Olympiastadion oder an anderen Orten entlang der Strecke abends das Fahrgastaufkommen sprunghaft steigt.
Allerdings seien auch die S1 und S2 abends gut genutzt, entgegnete Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband IGEB am Freitag. „Wir werden beobachten, wie sich die Situation abends auf diesen Strecken entwickelt“, kündigte er an. Zwischen Mahlsdorf und Strausberg Nord auf der S5 verkehren abends seit Jahren nur kurze Züge. „Dort funktioniert es“, so Wieseke. Doch zum Beispiel auf der S1 sei der Verkehr zu später Stunde deutlich reger, gab der IGEB-Sprecher zu bedenken. An schönen Sommerabenden nutzen viele Ausflügler auch abends noch die S-Bahn.
Stahlplatten mit Spitzen sollen Unbefugte fernhalten
„Jeder von uns ist aufgefordert, Strom und Gas zu sparen, wo es ohne allzu große Schmerzen geht“, entgegnete Buchner. „Die Botschaft ist: Wir schauen uns das selbstverständlich in unserer Verantwortung als großer Verbraucher an, unternehmen aber nichts, was den Fahrgästen wehtut.“ Die S-Bahn Berlin werde genau beobachten, ob es zu Kapazitätsengpässen kommt und dann natürlich sofort gegensteuern.
Eine weitere Neuerung betrifft die Infrastruktur, auf der die Berliner S-Bahn unterwegs ist. Wenn bekannt wird, dass auf den Schienen oder dicht nebenan Fußgänger unterwegs sind, muss der S-Bahn-Betrieb eingestellt werden. Weil immer wieder „Gleislatscher“ den Betrieb stören, kündigte S-Bahn-Chef Buchner an, dass einige Teilstücke 2023 eingezäunt werden. Er nannte den Bereich zwischen Wedding und Gesundbrunnen sowie die Abschnitte zwischen Gesundbrunnen und Blankenburg sowie Schönholz und Tegel.

Außerdem werden am Ostbahnhof Strailgrid-Platten verlegt - Stahlplatten mit pyramidenförmigen Spitzen. Sie sollen verhindern, dass Menschen von den Bahnsteigen aus in Richtung Warschauer Straße die Gleisanlagen laufen. Bei der Münchener S-Bahn hat die Deutsche Bahn gute Erfahrungen mit solchen Platten gemacht, hieß es.
Auch auf der S8 fahren keine „Coladosen“ mehr
Sang- und klanglos, aber von der Fanszene nicht unbemerkt, ist auf einer weiteren S-Bahn-Linie der Einsatz der Baureihe 485 zu Ende gegangen. Auf der 59 Kilometer langen Nord-Süd-Linie S8 sind die Fahrzeuge, die zu DDR-Zeiten entwickelt und wegen ihrer zeitweise roten Lackierung „Coladosen“ genannt wurden, nicht mehr im Einsatz. Im kommenden Frühjahr sollen sie auch aus dem letzten Einsatzbereich, der S85, verschwinden. Als letzter Betriebstag wird der 13. April 2023 angepeilt.
Auf der S8 rollen nun stattdessen Wagen der neuesten Baureihen 483/484 von Stadler und Siemens. Am Freitag steuerte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) einen dieser Züge während einer Sonderfahrt nach Treptower Park über die Gleise – natürlich unter Aufsicht.
Die modernen S-Bahnen mit der flachen Front sind nun schon auf drei Linien im Einsatz. Die täglich rund 60.000 Fahrgäste der S8 profitieren nun ebenfalls von besserer Information, Kameras und mehr Platz, so das Unternehmen. Anstatt mit bisher vier Wagen sind die Züge auf dieser Route nun mit sechs Wagen unterwegs. „Darüber hinaus wird die Linie S8 in den Hauptverkehrszeiten von Birkenwerder über Zeuthen hinaus bis nach Wildau verlängert. Damit sorgen mit der S8 und der S46 jetzt zwei Linien für eine umweltfreundliche Anbindung der Studentenstadt“, so die S-Bahn.




