Eine gute Nachricht für U-Bahn-Fahrgäste in Mitte: Die Chancen stehen gut, dass sie unmittelbar nach den Berliner Sommerferien unter dem Alexanderplatz deutlich zügiger vorankommen als derzeit. „Jetzt können wir es offiziell bestätigen: Ab dem 28. August soll die U2 wieder wie früher verkehren“, kündigte Rolf Erfurt, Betriebsvorstand der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), am Montagmorgen bei einer Baustellenbegehung an. „Das ist der Termin, den wir anstreben.“
Geplant ist, dass der im vergangenen Oktober eingerichtete Pendelverkehr zwischen den U-Bahnhöfen Senefelderplatz und Klosterstraße am Abend des 27. August endet. „Am darauffolgenden Morgen oder Vormittag soll das Gleis in Richtung Pankow wieder in Betrieb gehen“, so Erfurt. Der Fahrplan, der bis zur Sperrung auf der wichtigen Ost-West-Linie U2 galt, tritt dann wieder in Kraft.
Im U-Bahnhof Alexanderplatz ist eine Hälfte des U2-Bahnsteigs hinter Bauzäunen verborgen. Hinter den blauen Kunststoffplanen geht es laut zu. „Unsere Gleisbauer-Azubis haben damit begonnen, das Gleis in Richtung Pankow abzubauen“, erklärte der BVG-Manager. „In der kommenden Woche gehen sie daran, neue Schienen und neue Schwellen zu verlegen“ - ebenfalls aus getränktem Kiefernholz.

Das Gleis nach Pankow verläuft zu nahe an der Bahnsteigkante
Weil das jetzige Gleis um rund zwei Zentimeter zu dicht an der Bahnsteigkante verläuft, wird auf dem rund 100 Meter langem Abschnitt zudem die Lage der Trasse angepasst, erklärte Uwe Kutscher, Bauchef der Berliner U-Bahn. „Dagegen muss die Stromschiene nicht ausgetauscht werden. Diese Anlagenteile sind unverwüstlich.“ Im U-Bahn-Netz der BVG gebe es Stromschienen, die zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg installiert worden sind, und die Züge auch heute noch zuverlässig mit Strom versorgen.
Die Berliner Zeitung hatte bereits berichtet, dass die BVG die Wiederinbetriebnahme des Gleises in Richtung Pankow für den 28. August plant. Am Montagmorgen wurde dieser Termin nun vom Management des Landesunternehmens bestätigt. Damit ist das oft Zeit raubende Umsteigen auf den Pendelzug, der auf dem einzigen verbliebenen Gleis nur alle 15 Minuten verkehren kann, in wenigen Wochen endlich Vergangenheit.
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Nässe drang in den U-Bahnhof ein, und im Beton brachen Risse auf
Das Gleis war gesperrt worden, nachdem ein Teil des U2-Bahnhofs stärker als vorhergesagt abgesackt war. Betroffen ist ein Abschnitt des Gleisbereichs in Richtung Pankow, zwischen den Werbetafelbereichen 5 und 6 gelegen. „Wir hatten erwartet, dass sich das Bahnhofsbauwerk unter dem Alexanderplatz um bis zu drei Zentimeter setzt. Als die Setzung diesen Wert überschritt und in diesem Bereich schließlich rund vier Zentimeter erreichte, mussten wir reagieren“, so Kutscher. „Die Technische Aufsichtsbehörde und wir entschieden, das Gleis in Richtung Pankow zu sperren. Zu dieser Entscheidung trug bei, dass außer Feuchtigkeit auch Risse im Beton festgestellt worden waren.“
„In einen rund 40 Meter langen Bereich ist im vergangenen Jahr Nässe eingedrungen, die Tunnelsohle wurde feucht“, so der Bauingenieur. „Groß waren die Mengen nicht, aber zur Vorsicht haben wir trotzdem Wassersperren eingerichtet und Pumpen installiert – die aber nicht tätig werden mussten.“ Bei der Baustellenbegehung am Montag ist wieder Feuchtigkeit unter den Kiefernholzschwellen zu sehen. Doch diese Nässe habe nichts mit der Havarie zu tun, betonte Uwe Kutscher: „Damit es bei den Gleisbauarbeiten nicht so staubt, wird Wasser gesprüht. Darum handelt es sich.“
Feuchte Stellen in der U5 - haben sie etwas mit anderen Bauarbeiten zu tun?
Die Schadstelle befindet sich neben der 17 Meter tiefen Baugrube auf dem Grundstück Alexanderplatz 7. Nur zwei Meter vom Bahnhof der Linie U2 entfernt möchte das französische Immobilienunternehmen Covivio zwei rund 130 Meter hohe Hochhäuser errichten. Der Druck des Grundwassers hatte dazu beigetragen, dass sich die ein Meter dicke Baugrubenwand eindellte. Im Untergrund geriet Erdreich ins Rutschen.

Inzwischen ist die Bewegung gestoppt, und das unterirdische Bauwerk von 1913 steht nicht mehr unter Stress, so der BVG-Bauexperte. „Der Boden unter dem betroffenen Bereich ist mit Zementinjektionen erfolgreich stabilisiert worden, er befindet sich nun in einer sicheren Lage. Die installierten Messsysteme haben keine Bewegung mehr festgestellt, die Setzung ist bei rund vier Zentimetern zum Stillstand gekommen.“ Dem Vernehmen nach erstellen externe Gutachter Prüfnachweise, die diesen Befund final bestätigen sollen. Der U5-Tunnel, der sich unter der U2 befindet, verhinderte ein weiteres Absacken. Dort gibt es heute noch feuchte Stellen. Deren Ursache ist noch nicht geklärt – vielleicht hängen sie mit der Sanierung der Straßenbahntrasse zusammen.
Durch die Injektionen ist der U2-Bahnhof um fünf Millimeter angehoben worden. „Die verbliebenen Unterschiede werden während des Gleisbaus mit Hilfe von Schotter ausgeglichen“, so Kutscher. Die Arbeiten sind vielleicht noch nicht zu Ende: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass es eine weitere geringfügige Tunnelanhebung geben wird.“
Selbstverständlich bleibe der Tunnel unter Beobachtung, die Sensoren und Messsysteme arbeiten weiter, sagte der U-Bahn-Bauchef. Der U5-Tunnel unter der U2 wird ebenfalls weiterhin technisch überwacht. Kutscher: „Sensoren gibt es auch in der U8 unter dem Alexanderplatz und im Bereich der Jannowitzbrücke, aber dort handelt es sich um andere Bauprojekte.“
BVG erwartet weitere Setzungen - aber nicht so große wie bisher
Wie berichtet kommt Covivio für die Kosten auf, die sich bereits auf einen zweistelligen Millionenbetrag summieren. Als Ausgleich für entgangene Fahrgeldeinnahmen zahlt der Investor der landeseigenen BVG pro Tag einen fünftstelligen Betrag – bislang dem Vernehmen nach rund vier Millionen Euro. Das Verkehrsunternehmen äußert sich dazu nicht. Nur so viel: „Dem Land Berlin sind bislang keine finanziellen Belastungen entstanden“, teilte Rolf Erfurt am Montag mit.
Die BVG schließt nicht aus, dass der Untergrund unter dem Alexanderplatz wieder in Bewegung gerät – aber in einem deutlich geringeren Ausmaß als bisher. „Erwartet wird, dass es im Zuge des Hochhausbaus zu weiteren kleinen Setzungen kommen wird, die sich aber auf maximal einen Zentimeter summieren werden“, teilte Uwe Kutscher mit. „Wir gehen davon aus, dass keine weiteren Einschränkungen des U-Bahn-Betriebs auf der U2 erforderlich werden.“
Die Zusage steht, versichert Rolf Erfurt: „Wir haben versprochen, dass wir uns bei den Fahrgästen, die so lange längere Reisezeiten in Kauf nehmen mussten, für ihre Geduld bedanken werden“, so der Betriebsvorstand. „Dieses Versprechen werden wir einhalten.“
Grüne: Alle Hochhausbaupläne am Alexanderplatz auf den Prüfstand
Unterdessen lenken die Grünen erneut den Blick auf die Bauprojekte, die für die Infrastruktur am Alexanderplatz offensichtlich Risiken mit sich bringen. Die Abgeordneten Julian Schwarze und Antje Kapek fragten den Senat, wie er die Situation einschätzt und möglichen Gefahren begegnet. „Der Berliner Baugrund in der Mitte von Berlin unterscheidet sich nicht wesentlich vom übrigen Baugrund in Berlin“, teilte die neue Verkehrs-Staatssekretärin Claudia Elif Stutz in ihrer Antwort mit. Die Rücknahme einer Baugenehmigung, wie sie die Grünen angesprochen haben, wäre schwierig.
„Die Antworten machen deutlich, dass der Senat noch immer keine Konsequenzen gezogen hat aus den Schäden am U-Bahntunnel durch den Hochhausbau“, kommentierte Schwarze. „Damit sich solche Schäden nicht wiederholen, müssen jetzt alle Hochhauspläne am Alexanderplatz auf den Prüfstand. Zum Schutz der öffentlichen Infrastruktur brauchen wir ein Moratorium, bis alle Fragen geklärt sind. Sollte es zu weiteren Setzungen kommen, muss sofort die Reißleine gezogen werden. Außerdem müssen wir nachbarschaftliche Vereinbarungen mit der BVG verpflichtend zum Standard machen.“
















