Friedrich Dieckmann wuchs als Sohn des Politikers und Präsidenten der Volkskammer Johannes Dieckmann in Dresden und in Birkenwerder bei Berlin auf. Er studierte Germanistik, Philosophie und Physik in Leipzig, lebt seit 1963 als freier Schriftsteller und Essayist in Berlin. Von 1972 bis 1976 war er Dramaturg am Berliner Ensemble. Er ist unter anderem Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, der Akademie der Künste und des Willy-Brandt-Kreises. 

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Vom Erbe des Ordensstaates DDR: Rückblick auf eine monarchische Republik

Friedrich Dieckmann: Die Bedeutung der Existenz der DDR ist im Westen nicht vermittelbar

Der in der sowjetischen Abhängigkeit festgeklemmten <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/ddr">DDR</a> ist niemals ein mit der chinesischen Reform des Deng Xiao-ping auch nur von weitem vergleichbarer Versuch erlaubt worden. Dies festzustellen erübrigt nicht die Frage nach den Leistungen einer Bevölkerung in der ihr auferlegten gesellschaftlichen Ordnung in einem Zeitraum von fünfundvierzig Jahren.

Es geht nicht nur um Polikliniken, Frauenrechte, Bildung und die Altstoffe. Auch die politische Leistung des DDR-Staats hätte eine Prüfung verdient. Die Folgen sehen wir jetzt.

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Kultur

Politik

Was, wenn überhaupt etwas, demokratisch und sozialistisch in der <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/ddr">DDR</a> oder der <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/sowjetunion">Sowjetunion</a> gewesen sei, fragen mich aufgeschlossene junge <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/karl-marx">Marxisten</a> westlicher Prägung. Und sie wollen wissen, was die Möglichkeit zur Nutzung dieses Potenzials verhindert habe. Es ist die Frage nach dem positiven Erbe der DDR-Gesellschaft, nach ihren Errungenschaften, wie man einstmals sagte. Zu ihrer Beantwortung könnte es nützlich sein, sich über die gewohnten Zuschreibungen hinaus über das Wesen dieser höchst eigentümlichen Gesellschaftsordnung klar zu werden. Mir fallen zwei früher gefundene Benennungen ein, sie lauteten „plebejische Ordensmonarchie“&nbsp;und „nationalökonomisch begrenzter Megakonzern mit hypertrophierendem Betriebsschutz“. Diesen Charakter nahm die <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/sed">SED</a> an, als sie sich nach der Grenzschließung 1961 und verstärkt in der Ära <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/erich-honecker">Honecker</a> aus einer politischen Partei mit Monopolanspruch mehr und mehr in einen Gesamtunternehmer mit riesigem Eigenbesitz verwandelte; ich kann das hier nur skizzieren.

Ein auserwähltes Volk, Propheten und kanonische Schriften – der Parteikommunismus funktionierte wie eine Religion und scheiterte daran. Was hat China anders gemacht?

Vom Erbe des Ordensstaats Teil 1: Das Wesen der eigentümlichen Gesellschaftsordnung der DDR

Ostdeutschland

Debatte

Berlin

Russland

China

Über die Deutschen: Warum ihr negatives Selbstbild so gefährlich ist

Vor dem Untergang des Abendlandes müssen wir sie noch stellen: Die Frage nach der Nationalkultur

Wenn die Abschaffung des Menschen durch den Menschen in eine neue Phase eintritt und jene exponentiell ansteigende Kurve, die die Naturbemächtigung des Menschen in Stoffverbrauch und Produktionsaufwuchs charakterisiert, immer steiler gen Himmel strebt, dann ist es naheliegend, dass das Bedürfnis der Völker und Staaten wächst, sich ihrer Wurzeln zu versichern. Dies umso mehr, als jene Form des Zusammenlebens, die wir Nationalstaat nennen, immer noch und trotz weitgehender Zusammenschlüsse die Grundgestalt unserer gesellschaftlichen Existenz bildet; <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/egon-bahr">Egon Bahr</a> hat das einmal präzis beschrieben.

Friedrich Dieckmann beschäftigt sich mit der komplexbeladenen und erodierenden Identität der Deutschen. Nationalstaatliche Selbstachtung hält er für unerlässlich.

Ukraine

Europa

Frankreich

Frank Walter Steinmeier

Mit schweren Vorwürfen hat der Architekt <a href="https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/architekt-philipp-oswalt-berlin-stadtschloss-rechte-spender-humboldt-stiftung-luegt-li.2205932">Philipp Oswalt in einem Interview mit der Berliner Zeitung</a> die Stiftung Humboldt-Forum konfrontiert und ihr vorgeworfen, Nebelkerzen zu zünden und zu lügen. Oswalt, seit jeher Gegner des neu gebauten <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/stadtschloss">Berliner Stadtschlosses</a>, kritisiert in seinem neuen Buch „Bauen am nationalen Haus“ die Intransparenz hinsichtlich der Spender. <a href="https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/debatte/stiftung-humboldt-forum-reagiert-auf-philipp-oswalt-wir-widersprechen-mit-allem-nachdruck-li.2207460">Daraufhin wehrten sich Hartmut Dorgerloh, der Präsident der Stiftung Humboldt-Forum</a>, und der Stadtschloss-Architekt Franco Stella und widersprachen in der Berliner Zeitung vehement, Oswalts Behauptung, rechte Spender hätten Einfluss auf die Rekonstruktion der historischen Fassade des Stadtschlosses genommen.&nbsp;Nun meldet sich der Schriftsteller Friedrich Dieckmann zu Wort. Er war Mitglied der im Jahr 2000 eingesetzten Internationalen Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“, die im Auftrag der Bundesregierung und des Berliner Senats Empfehlungen für die Nutzung und Gestaltung des Berliner Schossplatzes entwickelte.

Der Schriftsteller Friedrich Dieckmann war Mitglied der Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“. Er präzisiert die Darstellung der Stiftung Humboldt-Forum in einem Punkt.

Berliner Stadtschloss-Debatte: Nun meldet sich Friedrich Dieckmann zu Wort

Bundesregierung

Berliner Senat

Es ist elf Monate her, dass Adam Tooze, der in New York lehrende britische Wirtschaftshistoriker, <a target="_blank" rel="nofollow" href="https://www.sueddeutsche.de/kultur/tooze-ukraine-interview-1.5774735?reduced=true">in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 25. März</a> mit Blick auf den Ukraine-Krieg eine Diagnose abgab; sie betraf die Möglichkeit, dass der ukrainische Präsident Selenskyj ein Übereinkommen mit <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/russland">Russlands</a> Putin schließen könne, um zu einem Waffenstillstand zu kommen. „Jeder Kompromiss wird dreckig sein“, äußerte Tooze, es werde „für keine Seite einen Sieg zu vermelden geben, der das Opfer Zehntausender rechtfertigt. Wenn ein Verhandlungsergebnis in jedem Fall eine moralische Erniedrigung sein wird, ist Weiterkämpfen die gesichtswahrende Option.“

Wie kann der Friedensplan für die Ukraine aussehen? Unser Autor meint, dass ein Waffenstillstand die Voraussetzung sei und lenkt den Blick auf vergangene konstruktive Roadmaps.

Ukraine-Krieg: Zeit für Waffenruhe?

Internationales

Israel

Senat und Präsidentin der Akademie der Künste (Berlin) wären gut beraten, wenn sie es nicht bei der Äußerung der Präsidialsekretärin, Frau <a target="_blank" href="https://www.adk.de/de/presse/pressemitteilungen.htm?we_objectID=58013">Bettina Huber</a>, bewenden ließen, die laut Ulrich Seidler erklärte: „Die Akademie reagiert nicht auf die Beschädigung des <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/brandenburger-tor">Brandenburger Tors</a>.“ Sie ist zu einem unmissverständlichen Protest gegen die massive Schändung – das Wort Beschädigung reicht nicht aus – eines Baudenkmals vor ihrer Haustür herausgefordert, dessen Bedeutung für Deutschland und seine Hauptstadt nicht zu überschätzen ist. Der Angriff von Aktivisten der sogenannten „<a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/aufstand-der-letzten-generation">Letzten Generation</a>“ auf dieses mit enormen Kosten nach 1990 wiederhergestellten „Berliner Wahrzeichens und deutsche Nationalsymbols“ (so der völlig zutreffende Wikipedia-Eintrag) ist eine Untat, die aufs Schärfste zurückzuweisen ist.

Der Schriftsteller Friedrich Dieckmann ist schockiert darüber, dass die Akademie der Künste die Farbattacke auf das Brandenburger Tor nicht klar verurteilt. Ein Gastbeitrag.

Letzte Generation und Attacke auf das Brandenburger Tor: Akademie der Künste muss protestieren!

Bürgerrechte

Aufstand  der letzten Generation

Die unter dem Titel „Macht Raum Gewalt. Planen und Bauen im <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/nationalsozialismus">Nationalsozialismus</a>“ in der Akademie der Künste präsentierte Ausstellung, die in den Händen einer von der Bundesbauministerin Klara Geywitz berufenen siebenköpfigen Historikerkommission und dreier spezieller Kuratoren lag, neigt sich dem Ende zu. Mit Interesse schloss ich mich Mitte Mai einem geführten Rundgang an. Ich glaubte die Präsentation von Baudokumenten des Schreckens und der Überhebung bereits durchmessen zu haben, bis ich in ihrem letzten Raum eines Phänomens innewurde, das meine Fassungskraft nachgerade überstieg. Es geht um die bizarre Erscheinung, dass an den Wänden dieses Raums in zwei Reihen und alphabetischer Abfolge 150 mit Porträtfotos bebilderte Kurzbiografien von „Akteuren“ (so das Begleitbuch) erscheinen, die auch Menschen umfassen, die entweder während der Nazizeit im Exil waren wie der nach Schanghai emigrierte Architekt Richard Paulick und der nach Moskau emigrierte Rechtsanwalt Lothar Bolz oder aber die Nazizeit im Gefängnis beziehungsweise im KZ verbrachten, wie der gelernte Bergmann und nachmalige Landtags- und Reichstagsabgeordnete Fritz Selbmann.

Bloß ein Versehen? In einer Ausstellung der Akademie der Künste tauchen in einer Art Ahnengalerie Täter neben Opfern auf. Was steckt dahinter?

Akademie der Künste: Wie der Architekt Richard Paulick in die Nähe von NS-Größen geriet

Nationalsozialismus

Als die Volksbewegung, die wir die deutsche demokratische Revolution nennen können, im November 1989 politisch durchdrang, war ihr das möglich geworden, weil sie aus dem Scheitern des 17. Juni 1953 eine entscheidende Lehre gezogen hatte, zusammengefasst in der Parole: „Keine Gewalt!“

Im Juni 1953 gewann die sowjetische Armee die Übermacht gegenüber einem nach friedlichen Lösungen tastenden Sicherheitsminister. Gibt es Parallelen zu heute? Und ist die Krim das neue Kuba?

Volksaufstand am 17. Juni in der DDR: Die Parallelen zwischen Krim und Kuba

Ungarn

Ein Berliner erhält den Berliner Literaturpreis, das ist, wenn man auf die lange Reihe der Preisträger blickt, keine Selbstverständlichkeit, es ist geradezu eine Sensation. Man könnte Steffen Mensching sogar einen Urberliner nennen, nicht nur im genetischen, sondern im intellektuellen und charakterologischen Sinn. Er versammelt alle Eigenschaften, die den echten, den exemplarischen Berliner seit alters kennzeichnen, er ist trocken, fix, witzig, herzlich, unsentimental, gesprächsfreudig, sofern es übers Palaver hinausgeht, wirkungsbewußt, aber keineswegs selbstverliebt, zupackend, unmittelbar, kein Esoteriker.

Am Mittwoch hat der Dichter, Clown, Romancier und Theaterleiter Steffen Mensching den Berliner Literaturpreis erhalten. Die Laudatio in gekürzter Form.

Steffen Mensching: Aufklärung mit den Mitteln der Kunst

Bei dem Wettbewerb, der 2008 der architektonischen Realisierung dieser Vorgaben galt, traten zahlreiche mehr oder minder geistreiche Varianten der geforderten Kuppel zutage. Franco Stella, der ihn mit dem großartigen Einfall gewann, zwei innere Barocktore durch einen langgezogenen Innenhof wiederzugewinnen, war klug genug zu begreifen, dass nur die Stüler-Kuppel an dieser Stelle in Frage kam. Denn diese Kuppel von 1850 mit ihrem achteckigen Tambour, der abgeflachten Wölbung und einer prägnanten Laterne war ein Meisterwerk eigenständiger Zuordnung zu einem von ganz andern stilistischen Voraussetzungen geprägten Bau. Sie war nichts weniger als barock, aber mit dem Hauptbau vollkommen verträglich und bildete einen markanten städtebaulichen Akzent.

Die Diskussion über die Schlossfassade und die Kuppel des Humboldt-Forums reißt nicht ab. Dabei werden einige wichtige Aspekte übersehen.

Zur Schlossdebatte: Die unsichtbare Inschrift

Palast der Republik

Antje Vollmer, erklärt er, „klappert heftig mit dem Schreckgespenst des entfesselten Finanzkapitalismus, der unter der Flagge unbegrenzter Freiheit segele“. Das ist die Entstellung einer bedachten und ganz konkreten Äußerung; Vollmer konstatiert, dass gerade auch in den Staaten und Regionen, die sich der westlichen Welt hoffnungsvoll in die Arme geworfen hätten, Zweifel aufgekommen seien, „ob Privatisierung und Deregulierung des Wirtschaftslebens und unbegrenzte Allmacht des internationalen Finanzkapitals wirklich die Garanten des Wohlstands für alle wären“.

Politik zu treiben, ohne die besonderen Bedingungen fremder Länder allseitig ins Auge zu fassen, ist Dilettantismus. Ein Essay.

Schreckgespenst Provinzialismus: Gefragt sind Konzepte

Brasilien

Gesundheit & Wohlbefinden

Wohnen

Dass die DDR ein Eldorado des Kulturplakats war, ist heute sichtbarer noch als zu der Zeit ihres Bestehens.Es war die positive Kehrseite des Umstands, dass es aus Mangel an Waren und an Warenkonkurrenz Industriewerbung schon in den Sechzigerjahren kaum noch gab, wohl aber Theater-, Film-, Ausstellungsplakate in gro&szlig;er Zahl. Ihre grafische Gestalt war frei von der Beeinflussung durch Elemente der Warenwerbung; so konnten sich hier in sp&auml;teren Jahren k&uuml;nstlerische Individualit&auml;ten auf breiter Front und mit einer F&uuml;lle von Handschriften entfalten.Unter den vielen Grafikern, die auf diesem Feld unersch&ouml;pflich t&auml;tig waren, nahm der 1936 im schlesischen Riesengebirge geborene und nach dem Krieg in Th&uuml;ringen aufgewachsene Karl-Heinz Drescher eine besondere Rolle ein. Er tat es einmal durch seine 37 Berufsjahre umfassende Bindung an ein Theater, das Berliner Ensemble, als dessen Hausgrafiker er nicht nur f&uuml;r Programmhefte, S-Bahn-Anschl&auml;ge und vieles andere zust&auml;ndig war, sondern auch mit eigener Hand die Lettern der t&auml;glich ausgeh&auml;ngten Auff&uuml;hrungs-Fahnen auf gro&szlig;e T&uuml;cher schrieb.Er tat es zum andern durch eine typographische Kompetenz, die sich in zahlreichen reinen Schriftplakaten bekundete, nicht nur f&uuml;r das eigene Haus, sondern auch f&uuml;r andere Theater, so die Studentenb&uuml;hne BAT, der er 16 Jahre lang die Affichen lieferte. &quot;Gestalterisch bedeutete das f&uuml;r mich&quot;, schrieb er in dem Bildband, der seine Lebensarbeit dokumentiert (&quot;Trommeln f&uuml;r Brecht&quot;, Edition Pentagraph), &quot;dem St&uuml;cktitel den gr&ouml;&szlig;tm&ouml;glichen Raum zu geben und die Auff&uuml;hrungsdaten in lesbarer Gr&ouml;&szlig;e anzubieten, bei jedem Plakat ein zirzensischer Akt.&quot;Lesbarkeit, Deutlichkeit, Pr&auml;gnanz des Sachlichen, Vorrang des Einfachen - das waren die Maximen, aus denen sich ein Plakat-&Aring;'uvre speiste, das kraft seiner Kontinuit&auml;t wie kaum ein anderes Zeugnis von einer Kulturepoche gibt, die von Brechts Werk entscheidende Impulse empfangen hatte.Als Drescher 1962 von der Hallenser Hochschule Burg Giebichenstein zum Berliner Ensemble kam, war seine erste Arbeit ein Plakat, das man auf der B&uuml;hne f&uuml;r Brechts &quot;Tage der Commune&quot; brauchte: ELISEZ LA COMMUNE stand da in Grotesk-Versalien auf dunkelrotem Grund. Sein Theaterplakat f&uuml;r dieselbe Auff&uuml;hrung wandelte diese L&ouml;sung ab, es stand am Anfang einer exemplarischen Reihe. Auch, wenn Drescher daf&uuml;r mit Foto-Collagen operierte, gelangen ihm immer wieder schlagende Bildfindungen; ber&uuml;hmt wurde ein &quot;Fatzer&quot;-Plakat, das den Autor, Brecht also, im dunklen Ledermantel mit einem schwarzen Balken &uuml;ber den Augen zeigte.Erlaubt der Band von 2007 Einblick in Dreschers Arbeit, so gibt ein zuvor erschienenes Erinnerungsbuch, &quot;Pinselknecht bei Brecht&quot;, nicht nur die arglos-humoristische Innenansicht des Theaters, dem er zeitlebens gedient hatte, sondern mittelbar auch des Autors, eines Mannes, dem es gegeben war, &uuml;berall Freunde zu gewinnen, durch eine Mischung von Beharrlichkeit und Zut&auml;tigkeit, von Liebensw&uuml;rdigkeit und Humor, die auf einen gro&szlig;en Freundeskreis ausstrahlte.Am 19. Mai ist Karl-Heinz Drescher nach langer Krankheit in Berlin gestorben.------------------------------Foto: Karl-Heinz Drescher 1936-2011

Zum Tod des Grafikers Karl-Heinz Drescher: Trommeln an den Wänden Berlins

Berliner Ensemble

Dass die DDR ein Eldorado des Kulturplakats war, ist heute sichtbarer noch als zu der Zeit ihres Bestehens.Es war die positive Kehrseite des Umstands, dass es aus Mangel an Waren und an Warenkonkurrenz Industriewerbung schon in den Sechzigerjahren kaum noch gab, wohl aber Theater-, Film-, Ausstellungsplakate in gro&szlig;er Zahl. Ihre grafische Gestalt war frei von der Beeinflussung durch Elemente der Warenwerbung; so konnten sich hier in sp&auml;teren Jahren k&uuml;nstlerische Individualit&auml;ten auf breiter Front und mit einer F&uuml;lle von Handschriften entfalten.Unter den vielen Grafikern, die auf diesem Feld unersch&ouml;pflich t&auml;tig waren, nahm der 1936 im schlesischen Riesengebirge geborene und nach dem Krieg in Th&uuml;ringen aufgewachsene Karl-Heinz Drescher eine besondere Rolle ein. Er tat es einmal durch seine 37 Berufsjahre umfassende Bindung an ein Theater, das Berliner Ensemble, als dessen Hausgrafiker er nicht nur f&uuml;r Programmhefte, S-Bahn-Anschl&auml;ge und vieles andere zust&auml;ndig war, sondern auch mit eigener Hand die Lettern der t&auml;glich ausgeh&auml;ngten Auff&uuml;hrungs-Fahnen auf gro&szlig;e T&uuml;cher schrieb.Er tat es zum andern durch eine typographische Kompetenz, die sich in zahlreichen reinen Schriftplakaten bekundete, nicht nur f&uuml;r das eigene Haus, sondern auch f&uuml;r andere Theater, so die Studentenb&uuml;hne BAT, der er 16 Jahre lang die Affichen lieferte. &quot;Gestalterisch bedeutete das f&uuml;r mich&quot;, schrieb er in dem Bildband, der seine Lebensarbeit dokumentiert (&quot;Trommeln f&uuml;r Brecht&quot;, Edition Pentagraph), &quot;dem St&uuml;cktitel den gr&ouml;&szlig;tm&ouml;glichen Raum zu geben und die Auff&uuml;hrungsdaten in lesbarer Gr&ouml;&szlig;e anzubieten, bei jedem Plakat ein zirzensischer Akt.&quot;Lesbarkeit, Deutlichkeit, Pr&auml;gnanz des Sachlichen, Vorrang des Einfachen - das waren die Maximen, aus denen sich ein Plakat-&Aring;'uvre speiste, das kraft seiner Kontinuit&auml;t wie kaum ein anderes Zeugnis von einer Kulturepoche gibt, die von Brechts Werk entscheidende Impulse empfangen hatte.Als Drescher 1962 von der Hallenser Hochschule Burg Giebichenstein zum Berliner Ensemble kam, war seine erste Arbeit ein Plakat, das man auf der B&uuml;hne f&uuml;r Brechts &quot;Tage der Commune&quot; brauchte: ELISEZ LA COMMUNE stand da in Grotesk-Versalien auf dunkelrotem Grund. Sein Theaterplakat f&uuml;r dieselbe Auff&uuml;hrung wandelte diese L&ouml;sung ab, es stand am Anfang einer exemplarischen Reihe. Auch, wenn Drescher daf&uuml;r mit Foto-Collagen operierte, gelangen ihm immer wieder schlagende Bildfindungen; ber&uuml;hmt wurde ein &quot;Fatzer&quot;-Plakat, das den Autor, Brecht also, im dunklen Ledermantel mit einem schwarzen Balken &uuml;ber den Augen zeigte.Gab der Band von 2007 umfassenden Einblick in Dreschers Arbeit, so gab ein zuvor erschienenes Erinnerungsbuch, &quot;Pinselknecht bei Brecht&quot;, nicht nur die arglos-humoristische Innenansicht des Theaters, dem er zeitlebens gedient hatte, sondern mittelbar auch des Autors, eines Mannes, dem es gegeben war, &uuml;berall Freunde zu gewinnen, durch eine Mischung von Beharrlichkeit und Zut&auml;tigkeit, von Liebensw&uuml;rdigkeit und Humor, die auf einen gro&szlig;en Freundeskreis ausstrahlte.Am 19. Mai ist Karl-Heinz Drescher nach langer Krankheit in Berlin gestorben.------------------------------Der Hausgrafiker des Berliner Ensembles schrieb sogar mit eigener Hand die Lettern der t&auml;glich ausgeh&auml;ngten Auff&uuml;hrungs-Fahnen auf gro&szlig;e T&uuml;cher.Foto: Brechts &quot;Fatzer&quot;, interpretiert von Karl-Heinz Drescher (1936-2011)

Er war ein Meister des Kulturplakats: Zum Tod des Berliner Grafikers Karl-Heinz Drescher: Die Lust am Deutlichen

Die Entscheidung ist gefallen: Im Rahmen der Fundamentalsanierung der Berliner Staatsoper, die dringlich vor allem angesichts unterirdischer Gefahrenlagen ist, wird die von Richard Paulick beim Wiederaufbau des Hauses geschaffene Innenarchitektur unter Aufsicht des Denkmalschutzes rekonstruiert. Dass eine solche Ma&szlig;nahme Verbesserungen der Akustik nicht ausschlie&szlig;t, hat in den Jahren 1985 bis 1987 die damalige Rekonstruktion des Hauses gezeigt; sie erh&ouml;hte wirksam den mittleren Nachhall des gro&szlig;en Saals und korrigierte die zu starke Neigung des Proszeniums-plafonds. Es gibt also Erfahrungen, auf denen der anstehende Erneuerungsprozess aufbauen kann.Aber es gibt nicht nur Erfahrungen, es gibt immer wieder auch Irrt&uuml;mer: &uuml;ber das Haus selbst in Geschichte und Gegenwart und &uuml;ber die, welche die Werturteile der Denkmalschutzbeh&ouml;rde aus eigener Einsicht bekr&auml;ftigen. Manche dieser Irrt&uuml;mer werden ganz neu erfunden, so die Behauptung, der Autor dieser Zeilen habe der Senatsbaudirektorin Regula L&uuml;scher vorgeworfen, &quot;dass sie aus der Schweiz stamme und sich in der Jury nicht dem Urteil des Kulturstaatssekret&auml;rs angeschlossen habe&quot;. So, durchaus ohne Quellenangabe, Nikolaus Bernau am 18. Juli in dieser Zeitung. In Wahrheit hatte ich geschrieben: &quot;Regula L&uuml;schers Verh&auml;ltnis zu Berlin ist durch keine mit der Situation dieser Stadt vergleichbare Erfahrung ihres bisherigen beruflichen Lebens fundiert.&quot; So steht es unter der &Uuml;berschrift &quot;Eine Z&uuml;rcherin denkt an Luzern / Regula L&uuml;schers Berliner Opernwettbewerb&quot; in dem am 2. Juli erschienenen Sonderheft der Zeitschrift &quot;Theater der Zeit&quot; (&quot;Sanieren oder demolieren? / Berlins Opernalternative&quot;). Der Satz spricht eine Tatsache, keinen Vorwurf aus, denn Frau L&uuml;scher hat sich ja nicht selbst auf den Berliner Amtsstuhl gesetzt. Der in demselben Aufsatz dargelegte Vorwurf bezog sich auf etwas anderes. L&uuml;scher hatte es bei der Er&ouml;ffnung der Ausstellung, die den Architektenentw&uuml;rfen zum Umbau der Staatsoper galt, fertiggebracht zu erkl&auml;ren, dass ein Luzerner Konzertsaalneubau das Vorbild gewesen sei, das sie betreffs der Staatsoper in sich getragen habe. Der Nouvel'sche Neubau ist hohen Ranges, aber wie kam die Senatsbaudirektorin dazu, in ihm ein Vorbild dessen zu sehen, was ihr betreffs der vollst&auml;ndig unter Denkmalschutz stehenden Staatsoper aufgetragen war?Was in der Ausschreibung stehtWas die beil&auml;ufige &Auml;u&szlig;erung zu bedeuten hatte, zeigte sich nicht nur an den Ergebnissen, sondern auch an dem Ausschreibungstext des von L&uuml;scher verantworteten Wettbewerbs. Gerwin Zohlen hat sich am 8. Juli in der SZ gefragt, &quot;durch welches Schlupfloch der Ausschreibung Roths Entwurf &uuml;berhaupt in die engere Wahl der Jury&quot; habe kommen k&ouml;nnen. &quot;Eine Arbeit, die gef&auml;llt, aber den Ausschreibungskriterien zuwiderl&auml;uft&quot;, k&ouml;nne &quot;nach den bestehenden Regeln&quot; doch nur einen Sonderpreis bzw. einen Ankauf erhalten.Dieses Schlupfloch ist in meinem von Nikolaus Bernau ungenannt diffamierten Aufsatz deutlich bezeichnet; es liegt in der Formulierungsdifferenz zwischen der Pr&auml;ambel der Ausschreibung (&quot;Anlass und Ziel&quot;) und den im Innern anzutreffenden S&auml;tzen &uuml;ber &quot;Planungsumfang&quot; und &quot;architektonische Zielsetzung&quot;. Diese inwendigen Ma&szlig;gaben dementieren das in der Pr&auml;ambel bekundete &quot;Erhaltungsinteresse der Denkmalpflege&quot;; sie geben einen Freibrief f&uuml;r das, was Klaus Roth, der mit dem 1. Preis des Wettbewerbs bedachte Architekt, und die Jury-Mehrheit beabsichtigten: die von funktioneller Optimierung bestimmte gestalterische Neuinterpretation aller R&auml;ume. Allerdings im Rahmen &quot;der denkmalgesch&uuml;tzten Bausubstanz&quot;, also der Au&szlig;enw&auml;nde.Dieses inwendige Selbstdementi ist ein starkes St&uuml;ck, und es geht prim&auml;r zu Lasten der Senatsbaudirektorin, falls diese den Text &uuml;berhaupt gelesen hat. Wenn nicht, geht es ebenfalls zu ihren Lasten.

Regula Lüscher und der Opernstreit / Entgegnung auf Nikolaus Bernau: Das Schlupfloch

1968, das war nicht nur in westlichen Breiten ein Schicksalsjahr, es war das auch und erst recht &ouml;stlich von jener vermauerten Demarkationslinie, die Hitlers Krieg Europa hinterlassen hatte. Prager Fr&uuml;hling hie&szlig; das Stichwort, das die Gener&auml;le und ihre Sekret&auml;re am Roten Platz zum Erschauern brachte; wie einer Bewegung Herr werden, die den Monopolsozialismus f&uuml;r reformierbar hielt und so den cordon sanitaire bedrohte, mit dem sich die siegreiche Sowjetunion umg&uuml;rtet hatte? Walter Ulbricht, dessen eigene, keineswegs oberfl&auml;chliche Reform schon Ende 1965 an dem Einspruch der Vor- und &Uuml;bermacht gescheitert war, zitterte mit, und er beschloss, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Die eine Fliege waren jene b&uuml;rgerlichen Kr&auml;fte, die sich in den christlichen Kirchen und den sogenannten Blockparteien, aber auch in der Wirtschaft bestimmte Spielr&auml;ume bewahrt hatte. Die andere Fliege war das Bildungsinstitut, das dem mittellosen Arbeiterjungen einst den Weg ins Innere versperrt hatte: die alte s&auml;chsische Universit&auml;t mit ihrer v&ouml;llig unversehrten gotischen Kirche.Nun konnte man eins mit dem andern verbinden: den Kr&auml;ften, die in dem politischen Fr&uuml;hling des Nachbarlandes eine Liberalisierungschance auch f&uuml;r die deutsche Ostrepublik erhofften, zeigen, wo die Macht war und dass sie keine R&uuml;cksichten, auch keine gegebenen Versprechen kannte, und zugleich Baufreiheit f&uuml;r jene Pl&auml;ne schaffen, die der Berliner Architekt Hermann Henselmann schon gezeichnet hatte - radikaler Neubau f&uuml;r die sozialistische Kaderschmiede. Die alte, 1894 umgestaltete Universit&auml;t war im Krieg nur teilweise zerst&ouml;rt worden, und ein in ihrem Innern neuerbauter H&ouml;rsaal war eine geistige Brutst&auml;tte besonderen Ranges gewesen; dort hatten Ernst Bloch, Hans Mayer und viele andere bedeutende Professoren H&ouml;rer aus allen Fakult&auml;ten angezogen. Auch dieser Lokalit&auml;t konnte man nun den Garaus machen; die Sprengminen, die gelegt und gez&uuml;ndet wurden (Absperrketten aus feurigen FDJlern hielten eine emp&ouml;rte Bev&ouml;lkerung in Schach), richteten sich gegen alles, was die &ouml;stliche Republik in ihrer Fr&uuml;hgeschichte kulturell und politisch fundiert hatte. Aber nicht nur die sozialistische, auch die architektonische Moderne zeigte das Gesicht einer grimassierenden Aggressivit&auml;t; mit einem monstr&ouml;sen Betonturm erwies sie sich f&uuml;r die Sprengung erkenntlich.Es war ein Vorgang von beispielloser Brutalit&auml;t. Eine Orgel, die, von Johann Scheibe erbaut, durch den jungen Bach 1717 gepr&uuml;ft worden war, wurde ebenso geopfert wie die alten Grabsteine, unter denen man vorher noch schnell nach Sch&auml;tzen gegraben hatte. Auch die gr&uuml;nderzeitliche Universit&auml;t war ein bedeutendes Bauwerk; die auf das 13. Jahrhundert zur&uuml;ckgehende Dominikanerkirche, die, in der Reformation der Universit&auml;t zugeeignet, von Luther selbst dem neuen Bekenntnis geweiht worden war, geh&ouml;rte zu den Hauptwerken jener s&auml;chsischen Sp&auml;tgotik, die in vielen St&auml;dten Wunderwerke einer filigran gew&ouml;lbten Raumkunst hinterlassen hatte. Im Innern der Paulinerkirche hatte sie zu einer besonders k&uuml;hnen L&ouml;sung gefunden.Vor einigen Jahren erhielt die Leipziger Universit&auml;t, die nun nicht mehr nach Karl Marx hei&szlig;t, durch eine weitsichtige Landesregierung und gro&szlig;herzige F&ouml;rderer die wunderbare M&ouml;glichkeit, diese vandalisch preisgegebene Raumkomposition von neuem erstehen zu lassen, als eine getreue Wiedererrichtung mit s&auml;kular erweiterter Zweckbestimmung; als festliche Aula und als gottesdienstlicher Raum f&uuml;r beide Konfessionen sollte der Bau sich erneuern. Die Universit&auml;t verspielte diese Gelegenheit; tat sie es aus Dummheit, Indoktrination, Geschichtslosigkeit einer weithin stadtfremden Professorenschaft? Wer eine m&ouml;gliche Wiederherstellung ausschl&auml;gt, beglaubigt die einstige Zerst&ouml;rung; er leistet nicht dem Neuen einen Dienst (das hat Raum genug auf der sozialistisch bereinigten Fl&auml;che), sondern macht sich zum postumen Komplizen der Vernichtung. Auch daran muss man denken, wenn man auf den Schreckenstag vor vierzig Jahren zur&uuml;ckblickt.------------------------------Foto: 30. Mai 1968. Die Paulinerkirche sackt in sich zusammen. Die Orgel ist noch darin, Grabplatten aus dem 15. Jahrhundert und etliche Kunstwerke.

Vor vierzig Jahren wurde die Leipziger Universität gesprengt. Und mit ihr die Paulinerkirche: Vandalismus in Aktion

Andreas Reinhardt, der aus Mei&szlig;en stammte und an den Dresdner Theaterwerkst&auml;tten eine Ausbildung als Theatermaler erhalten hatte, war dem Berliner Theaterleben in mehr als einer Hinsicht verbunden. An der Deutschen Akademie der K&uuml;nste im Ostteil der Stadt wurde er in den sechziger Jahren Meistersch&uuml;ler Karl von Appens, des Chefb&uuml;hnenbildners des Berliner Ensembles, und hatte mit O'Caseys Kom&ouml;die &quot;Purpurstaub&quot; an diesem Theater 1966 ein aufsehenerregendes Deb&uuml;t; seine feinlinig-manieristische Zeichenweise, dem Phantastischen und Grotesken zugeneigt, gab der Bilderscheinung dieser B&uuml;hne einen neuen Akzent.Zwei Jahre sp&auml;ter zeigte sich Reinhardt in Adolf Dresens epochaler &quot;Faust&quot;-Inszenierung am Deutschen Theater mit einer K&uuml;hnheit und Sensibilit&auml;t der Raum- und Bildfindung, die ihn als einen Hauptmeister der jungen Generation kenntlich machte. Die folgenden Jahre zeigten ihn vor allem an der Seite der Regisseurin Ruth Berghaus, die 1972 Intendantin eines sich neu formierenden Berliner Ensembles wurde; Reinhardt, mit dem sie an der Deutschen Staatsoper 1970 einen grandiosen &quot;Freisch&uuml;tz&quot; und im Folgejahr Brechts &quot;Im Dickicht der St&auml;dte&quot; machte, war in Oper und Schauspiel ihre st&auml;rkste St&uuml;tze. &quot;Die Mutter&quot;, in deutlichem Gegensatz zu Brechts lang zur&uuml;ckliegender Modellinszenierung, wurde zum Krisenpunkt zwischen der Intendantin und der Brecht-Rechte-Besitzerin; Reinhardt, der mit der Berghaus auf einer fertig entworfenen &quot;Dreigroschenoper&quot;-Ausstattung sitzen blieb, entzog sich dem unfruchtbaren Konflikt, indem er 1975 im Westen blieb. An der Seite Hans Lietzaus begann er am Schiller-Theater eine zweite Laufbahn, die international weit ausgriff. Fast alle bedeutenden Opernh&auml;user im westlichen Europa und in den USA haben von seiner dramaturgisch bedachten, zeichnerisch originellen, von einer subtilen Phantastik bestimmten Entwurfskunst profitiert, die meistens auch die Kost&uuml;me einbezog. Sie erf&uuml;llte sich in der langj&auml;hrigen Zusammenarbeit mit bestimmten Regisseuren, vor allem G&ouml;tz Friedrich und G&uuml;nther Kr&auml;mer. Diese Kooperation blieb nicht auf Berlin beschr&auml;nkt, aber sie hatte hier ihren Schwerpunkt: an der Deutschen Oper an der Bismarckstra&szlig;e erhielten im Lauf der Jahre acht Friedrich-Inszenierungen und f&uuml;nf von Kr&auml;mer durch Reinhardt ihr bildnerisches Gesicht.Andreas Reinhardt, der B&uuml;hnenbild-Professuren in M&uuml;nchen und Dresden innehatte und 1996 Mitglied der S&auml;chsischen Akademie der K&uuml;nste wurde, war ein Mann von stiller, fast scheuer Eindringlichkeit. Im August 2007 beging er noch seinen 70. Geburtstag. Am 24. Dezember ist er - wie erst jetzt bekannt wurde, mitten in einer neuen Arbeit, nach einer Herzattacke, in M&uuml;nchen verstorben.

Zum Tode des Bühnenbildners Andreas Reinhardt: Phantastik des Sachlichen

Als Martin Luther im August 1543 die vom s&auml;chsischen Kurf&uuml;rsten der Universit&auml;t &uuml;bereignete Leipziger Dominikanerkirche als evangelischen Gottesdienstraum weihte, hatte der Senat der Stadt den Altar der sp&auml;tgotischen Kirche bereits entfernen und durch einfache Schrifttafeln ersetzen lassen. Er blieb durch die Zeiten erhalten.Wie aber h&auml;tte Luther reagiert, wenn er in der umgewidmeten Kirche eine Abendmahlsszene von - sagen wir: Tizian vorgefunden h&auml;tte, in deren Hintergrund Papst Leo X. zu erkennen gewesen w&auml;re, sein Widersacher aus der Zeit des Thesenanschlags? Luther hatte das Papsttum mit begr&uuml;ndeter Polemik &uuml;berzogen; h&auml;tte er, eines solchen Bildes ansichtig werdend, vom Leder gezogen wie Erich Loest wider ein Monumentalbild Werner T&uuml;bkes, in dessen Hintergrund der Wissende - und nur dieser - Paul Fr&ouml;hlich erkennt: den Leipziger Bezirksparteichef von 1952 bis 1970, einen sonderlich verh&auml;ngnisvollen Mann?Fr&ouml;hlichs Konterfei und das zweier anderer Regionalpolitiker befindet sich hinter einer Gruppe stumm-beredter Bauarbeiter auf der rechten Seite eines Gem&auml;ldes, dessen Auftraggeber der Bezirksgewaltige gewesen war. T&uuml;bke hatte es nach einer Vorbereitungszeit von zwei Jahren und in einj&auml;hriger Arbeit auf eine 13,80 m lange und 2,70 m hohe Holzfl&auml;che gemalt, die im Rektoratsfoyer des Universit&auml;tsneubaus vom Boden bis an die Decke reichte. Um Platz f&uuml;r den belanglosen Betonbau zu schaffen, hatte der Bezirkssekret&auml;r auf Weisung seines Oberherrn, des Staats- und Parteichefs Ulbricht, nicht nur die nur halbzerst&ouml;rte Ruine des alten Universit&auml;tsgeb&auml;udes in die Luft jagen lassen, sondern auch die unversehrte Universit&auml;tskirche, den sp&auml;tgotisch erneuerten Wunderbau mit der von Bach gepr&uuml;ften Orgel. Die vandalische Machtdemonstration stand auf dem Hintergrund des Prager Fr&uuml;hlings, jener in Prag ausgebrochenen reformsozialistischen Bewegung, deren &Uuml;bergreifen auf die DDR die SED-F&uuml;hrung offenbar bef&uuml;rchtete. Die Sprengung dieser im Zentrum s&auml;chsischer Kultur- und Kirchengeschichte stehenden Kirche 1968 war ein Terrorakt - brutale Abschreckung aller b&uuml;rgerlichen Kr&auml;fte in der DDR, auch jener, die im blockpolitischen Zusammengehen mit der SED ein Mittel gesellschaftlichen &Uuml;berdauerns gesehen hatten.T&uuml;bkes Bild folgte auf k&uuml;nstlerisch autonome Weise einer thematischen Vorgabe, die nicht kurzgefasst war: &quot;Arbeiterklasse und Intelligenz sind im Sozialismus unter der F&uuml;hrung der marxistisch-leninistischen Partei untrennbar verbunden&quot;. Er hatte den Zuschlag 1970 im Zuge eines Wettbewerbs erhalten; was der Maler unter den Auspizien einer kulturpolitischen Lockerung aus der scholastischen Vorgabe machte, entsprach ihr und spottete ihrer durch eine malerische Exaltation, die sich durch die portr&auml;thafte Akribie gruppendynamisch verkn&uuml;pfter Einzelfiguren zu erm&ouml;glichen suchte. Was sich zeigte, war nicht Uniformit&auml;t, sondern eine Masse aus lauter Individuen; sie bildeten sechs Gruppen, die der Maler den Themen Gedankenaustausch, Forschung, Lehre, Lebensfreude, Repr&auml;sentation und Arbeit unterstellt hatte. Die f&uuml;hrende Rolle der Partei war darauf beschr&auml;nkt, die drei Regionalfunktion&auml;re ins Statisch-Hintergr&uuml;ndige zu setzen: die Stifter als Hinterm&auml;nner disputierend-planerf&uuml;llender Werkt&auml;tiger.Im Zentrum des Riesenbildes, dem Ingeborg Ruthe mit Recht vielfache &quot;Metaebenen&quot; attestiert hat (Berliner Zeitung vom 12. Mai 2007), bekundete ein tanzendes junges M&auml;dchen eine gespenstische Art Lebensfreude, ganz links aber sah man Georg Mayer, den langj&auml;hrigen fr&uuml;heren Rektor, einen bei den Studenten beliebten, &uuml;beraus b&uuml;rgerlichen Mann, der, bis 1963 im Amt, der Zwangsemeritierung Ernst Blochs und der Vergraulung Hans Mayers ohnm&auml;chtig-parteidiszipliniert hatte zusehen m&uuml;ssen. Die erkaltete Zigarre in der Hand, sitzt er, ein Stumm-Geschlagener, im Kreis der Jungen, die keine Verbindung zu ihm aufnehmen. Nicht eine der portr&auml;tgenauen Figuren des gigantischen Get&uuml;mmels befindet sich zu einer andern in einem wirklichen Gespr&auml;ch, sie spielen alle Theater. Die Arbeiter tun es in den Posen einer Sacra conversazione, eines Heiligen Gespr&auml;chs, wie es die Renaissance-Meister mit der Madonna im Mittelpunkt gemalt hatten. Der Brigadier nimmt ihre Stelle ein: &quot;Christus im Sturzhelm&quot;, wunderte sich damals ein Betrachter.Erich Loest hat vollkommen recht: Paul Fr&ouml;hlich, der kommunistische Bergmann, Vertrauensmann und Handlanger seines F&ouml;rderers Ulbricht, &quot;schaffte es, die b&uuml;rgerlich-humanistische Universit&auml;t zu zerschlagen&quot;, die es, antifaschistisch erneuert, in den F&uuml;nfziger Jahren noch gegeben hatte. Es war die Universit&auml;t, an der das Zwickauer Arbeiterkind ebenso wenig wie der Leipziger Walter Ulbricht jemals die Chance gehabt hatte, sich Bildung anzueignen. Fr&ouml;hlich war eine finstere Figur, T&uuml;bke hat ihn so wenig wie seine Nebenleute - Kresse, den Oberb&uuml;rgermeister, und Gr&uuml;tzner, den Vorsitzenden des Rates des Bezirks - ins Lichte ger&uuml;ckt. Fr&ouml;hlich kommt nur eben vor. Entwertet dies das Bild mit dem bizarren Titel, diesen exzentrischen Versuch, dem sozialistischen Realismus Pathos und Kunsth&ouml;he eines fr&uuml;heren Absolutismus, desjenigen der gegenreformatorischen P&auml;pste, einzuhauchen?T&uuml;bkes Monumentalbild ist ein Malerei gewordener Glaubenskrampf, gegenreformatorisch wie die Vernichtung der lutherischen Kirche, deren Sprengung die Voraussetzung seiner Entstehung war. Nicht sein k&uuml;nstlerischer Wert steht in Frage, wohl aber sein Standort, die nun auch im architektonischen Umbau befindliche Universit&auml;t.Erich Loest hat sich im vorigen Jahr Gedanken dar&uuml;ber gemacht, wie man Paul Fr&ouml;hlich malerisch darstellen k&ouml;nnte; er kam darauf, &quot;ihn als klassenk&auml;mpferische Krake darzustellen, vielarmig, wie er K&ouml;pfe widerborstiger Studenten und Professoren abbei&szlig;t&quot; (LVZ vom 1. 9. 2006). Das lief auf eine Karikatur hinaus; inzwischen ist Loest auf den gener&ouml;sen Gedanken gekommen, seinerseits ein Gem&auml;lde mit politischer Thematik in Auftrag zu geben, eines, das ins Bild bringen soll, was T&uuml;bke mit Flei&szlig; ausgeblendet hat: die Verluste, die Opfer, die Katastrophen, bis hin zu Wolfgang Natonek, dem oppositionellen Studentenratsvorsitzenden, der 1948 von der Besatzungsmacht verhaftet und f&uuml;r viele Jahre in ein sibirisches Straflager verbracht wurde.Loest ist so wenig ein Bilderst&uuml;rmer wie Martin Luther. Sein erster Vorschlag wollte das Monsterbild dem neuen st&auml;dtischen Museum &uuml;bertragen, in dessen hochragenden Leerr&auml;umen viel Platz daf&uuml;r w&auml;re. Nun also ein dem 14-Meter-Bild gegen&uuml;berzustellender malerischer Einspruch gegen die Sch&ouml;n-F&auml;rberei des perfekten Manieristen, virtuosen Imaginators dessen, was der Staatssozialismus nicht war, aber h&auml;tte sein m&ouml;gen. Ist es der rechte Weg? Zusammen mit Erich Loest sollte die Universit&auml;t &uuml;berlegen, ob es noch andere Alternativen zu T&uuml;bkes Monumentalbild gibt. Der k&uuml;nstlerische Gegenpol zu dessen verzweifelt-hingebungsvollem Figurentheater w&auml;re nicht eine andre Figuration, sondern auch formal unabh&auml;ngige Malerei.------------------------------Foto: Denkw&uuml;rdige Szene im T&uuml;bke-Bild: einsamer Rektor Georg Mayer, bis 1963 im Amt.

Anmerkungen zum Leipziger Bildstreit: Wohin mit dem Monstrum?

Kaum neun Monate ist es her, dass das gro&szlig;artige Kulturerbe, das sich trotz aller Kriegsverluste mit dem Dresdner Elbtal verbindet, durch einen Wunderbau bereichert wurde, dessen Einweihung die Blicke der Welt auf Dresden richtete: die neuerbaute Frauenkirche. Und wieder geht es um Weltkulturerbe in Dresden, diesmal um seinen Schutz vor einem Bauwerk, f&uuml;r das sich nicht, wie man in diesen Tagen zuweilen liest, die Mehrheit der Dresdner Einwohner ausgesprochen hat, sondern nur ein Drittel von ihnen: eine riesige Br&uuml;cke, die, zwei Kilometer von der Innenstadt entfernt, die an dieser Stelle besonders breite Elbe mit ihren Auwiesen &uuml;berspannen soll. Sie soll die dichtbesiedelten s&uuml;dlichen Stadtteile Johannstadt und Striesen mit der n&ouml;rdlichen Radeberger Vorstadt verbinden, die an der M&uuml;ndungsstelle aber nur 600 Meter breit ist; dahinter beginnt die Dresdner Heide, ein gro&szlig;es Naherholungsgebiet. Die westlich davon gelegene &auml;u&szlig;ere Neustadt ist durch drei Br&uuml;cken mit der Altstadt verbunden.Diese n&ouml;rdliche Br&uuml;ckenm&uuml;ndung an einer Stelle, von der aus man einen ber&uuml;hmt sch&ouml;nen Blick auf die Silhouette der Altstadt hat, erh&auml;lt ihr Gepr&auml;ge durch die alte Waldschl&ouml;&szlig;chenbrauerei; daher der Name Waldschl&ouml;&szlig;chenbr&uuml;cke f&uuml;r das geplante und fertig projektierte Bauwerk, das einer staugeplagten Stadtbev&ouml;lkerung vor einem durch ein B&uuml;rgerbegehen erzwungenen Volksentscheid nur aus verf&auml;lschenden Modellfotos bekannt war: Die Abstimmung galt einer Br&uuml;cke, von deren monstr&ouml;ser H&auml;&szlig;lichkeit sich die Einwohner nur ungef&auml;hr ein Bild machen konnten. Auch gab ihnen das Entweder-Oder der Wahlzettel keinerlei Alternative an die Hand, in Gestalt der Tunnell&ouml;sung, die lange Zeit erwogen worden war, oder einer landschaftlich kompatiblen Br&uuml;ckenkonstruktion, wie sie zu DDR-Zeiten (der Entwurf ist gerade in einer Ausstellung zu besichtigen) nahe der Realisierung gewesen war und heute noch besser zu machen w&auml;re. Dass man stadtkompatible neue Br&uuml;cken sogar in der Altstadt bauen kann, zeigte im Dresden der siebziger Jahre der flache, diskrete Betonbau der neuen Carola-Br&uuml;cke.Was den Dresdnern, wenn &uuml;berhaupt, nur in verharmlosenden Darstellungen bekannt wurde, hatte mit seinen wiesen&uuml;berspannenden V-Tr&auml;gern die &Auml;sthetik einer Panzersperre; ein die Fahrbahnen noch &uuml;berragender Tr&auml;gerbogen schien keine andere Absicht zu verfolgen, als jenen ber&uuml;hmten Talblick zu zerschneiden, zu dessen Schutz nun die Unesco ihre Stimme erhoben hat. Es ist ein R&auml;tsel, wie die destruktive Monstrosit&auml;t dieses Entwurfs von einer Wettbewerbsjury auf den Schild gehoben und danach von dem Bauherrn akzeptiert werden konnte. Beides liegt sieben Jahre zur&uuml;ck, es begab sich lange vor dem Amtsantritt des aus Mainz nach Dresden berufenen Baub&uuml;rgermeisters Fe&szlig;enmayr, der sich &uuml;ber die Situation t&auml;uscht, wenn er erkl&auml;rt, &quot;die Mehrheit der Dresdner hat sich 2005 in einem B&uuml;rgerentscheid f&uuml;r die Br&uuml;cke entschieden&quot; . Fast die H&auml;lfte der abstimmungsberechtigten Einwohner war nicht zu dieser unter falschen, teilweise demagogischen Voraussetzungen stehenden Entweder-oder-Wahl gegangen; nur 50,7 Prozent hatten das getan, von denen 67,93 Prozent f&uuml;r die Br&uuml;cke votierten, 34,4 Prozent der erwachsenen Einwohnerschaft. Das war hinl&auml;nglich viel f&uuml;r die Rechtsg&uuml;ltigkeit des Votums, aber die Mehrheit der Einwohner war es nicht; zwei Drittel hatten entweder dagegen gestimmt oder Wahl-, also Stimmenthaltung ge&uuml;bt.Nicht nur die in Vilnius tagende Unesco-Kommission, die vor einigen Jahren falsche Angaben &uuml;ber das Br&uuml;ckenprojekt erhalten hatte, hat dessen Unvertr&auml;glichkeit mit den Anforderungen eines &auml;sthetisch verantwortlichen St&auml;dtebaus festgestellt; dies hat vorher mehr als einmal schon die &uuml;beraus kompetent besetzte Klasse Baukunst der S&auml;chsischen Akademie der K&uuml;nste getan. Ihre Mitglieder haben im Juni erkl&auml;rt, &quot;dass die Stadt Dresden mit dem Bau. einen schweren st&auml;dtebaulichen und kulturellen Fehler begehen w&uuml;rde&quot;, und hinzugef&uuml;gt: &quot;Mit dem jetzigen Entwurf f&uuml;r die neue Br&uuml;cke w&uuml;rde Dresden nicht nur sein Stadtbild an einer empfindlichen Stelle zerst&ouml;ren, es w&uuml;rde sich auch als Kunststadt nachhaltig blamieren.&quot; Die Unesco-Kommission hat diesen Befund best&auml;tigt - wird sich der Stadtrat, in dem CDU und FDP eine den Bau bef&uuml;rwortende Mehrheit innehaben, diesen Befunden entziehen wollen? Die L&ouml;sung liegt auf der Hand: Ausschreibung einer neuen B&uuml;rgerbefragung mit einer F&uuml;r und Wider objektiv bezeichnenden Fragestellung. Es bedarf dessen auch, weil die enormen Kosten des Projekts (sie liegen mit 157 Millionen Euro weit &uuml;ber denen der Frauenkirche) nur zu einem Teil von Dresden getragen werden; der Freistaat Sachsen und die Bundesrepublik zahlen das meiste. Diese nicht eben mit &Uuml;bersch&uuml;ssen gesegneten Geldgeber durch einen auf legale Weise, aber unter fragw&uuml;rdigen Voraussetzungen zustande gekommenen Entscheid eines Drittels der Einwohnerschaft zu binden und nicht nur Dresden, sondern auch Sachsen und dem ganzen Land dergestalt weltkulturellen Schaden zuzuf&uuml;gen - es w&auml;re ein Schildb&uuml;rgerstreich.Dies festzustellen hei&szlig;t nicht, die Verkehrsprobleme der Dresdner gering zu sch&auml;tzen, denen ein &uuml;ber die gegebene Stra&szlig;enstruktur weit hinausgewachsener Verkehr schwer zu schaffen macht. Indessen: der Neubau einer gro&szlig;en Autobahnbr&uuml;cke im Westen der Stadt hat f&uuml;r den Fernverkehr bereits eine betr&auml;chtliche Entlastung gebracht; auch ist zu bedenken, dass die unerbittlich aufziehende Bev&ouml;lkerungsschrumpfung das Verkehrsaufkommen in den n&auml;chsten beiden Jahrzehnten drastisch vermindern wird; dazu wird auch ein weiter steigender Benzinpreis beitragen. Die N&uuml;tzlichkeit dieser fabelhaft h&auml;sslichen und aberwitzig teuren Br&uuml;cke ist auf eine Gegenwart berechnet, deren Konditionen sich bald &auml;ndern werden, ihre st&auml;dtebauliche Verfehltheit aber w&uuml;rde die Stadt auf Jahrhunderte belasten.Der Schriftsteller und Publizist Friedrich Dieckmann ist Mitglied der Akademien der K&uuml;nste in Berlin, Dresden und Leipzig sowie der Deutschen Akademie f&uuml;r Sprache und Dichtung.------------------------------T&auml;uschungDie obere, von der Dresdner Stadtverwaltung benutzte Modelldarstellung t&auml;uscht &uuml;ber die Ausma&szlig;e der geplanten Br&uuml;cke hinweg. Die V-St&uuml;tzen erscheinen kleiner, die H&ouml;he der Br&uuml;cke &uuml;ber den Wiesen weit geringer als im unteren Modell aus einem Gutachten der TU Aachen. Den dort dargestellten Tunnelmund und die Rampe lie&szlig; die Stadtverwaltung weg.------------------------------Foto: Diesen weltber&uuml;hmten Blick auf Dresden w&uuml;rde die geplante Br&uuml;cke zerschneiden. Hinter der Albertbr&uuml;cke die neuerbaute Frauenkirche.

Heute berät der Dresdner Stadtrat über den Bau der Waldschlößchenbrücke und die Zukunft des Welterbetitels: Traumplatz für ein Monstrum

Ein investigativer Journalismus ist vorgeprellt, am gleichen Tag hat sich Berlins Kultur- und Wissenschaftssenator erkl&auml;rt: Thomas Flierl, h&ouml;ren wir, f&uuml;hrt mit Christoph Hein &quot;seit einiger Zeit Gespr&auml;che zur &Uuml;bernahme der Intendanz des Deutschen Theaters ab der Spielzeit 2006/07&quot;; diese Gespr&auml;che und Heins Sondierungen innerhalb der deutschen Theaterlandschaft seien inzwischen so weit gediehen, dass das Stadium von Vertragsverhandlungen erreicht sei. An dieser Stelle muss man der deutschen Theaterlandschaft das Lob der Verschwiegenheit aussprechen; das Ausma&szlig; der Diskretion, das die Angesprochenen an den Tag gelegt haben, ist beeindruckend. Es gelte, f&uuml;gt Flierl hinzu, &quot;das Deutsche Theater wieder zu einem f&uuml;hrenden deutschsprachigen Schauspieltheater zu machen&quot;; er findet in Hein alle Eigenschaften, derer es dazu bedarf: &quot;intellektuelle &Uuml;bersicht, Unabh&auml;ngigkeit, Unbestechlichkeit, theatralischen Sinn f&uuml;r Tradition und Erneuerung&quot; und noch andere gute Dinge.Es ist ein sch&ouml;ner roter Teppich, den der f&uuml;r die Berufung zust&auml;ndige Landesminister hier einem Mann ausrollt, den er als &quot;Seiteneinsteiger par excellence&quot; bezeichnet, nicht ohne darauf zu verweisen, dass Christoph Hein, der dem deutschen Publikum heute vor allem als Romanautor im Bewusstsein ist, eine vitale Theatervergangenheit hat.Wie manch einem, der von den Wirrnissen und Gewaltstreichen der deutschen Nachkriegsgeschichte hin und her geschleudert wurde, hat auch der junge Hein am Zentralberliner Theater zum ersten Mal den Platz gefunden, der ihm eine berufliche Perspektive er&ouml;ffnete: Als Assistent Benno Bessons an jenem Deutschen Theater der Sechzigerjahre, das sich - Wolfgang Langhoff, Wolfgang Heinz, Adolf Dresen, Friedo Solter und andere mehr hie&szlig;en die Regisseure - auf einer einzigartigen Leistungsh&ouml;he befand, tat er seine ers ten k&uuml;nstlerischen Schritte. Der siebzehnj&auml;hrige Pastorensohn, der in der DDR nicht zur Oberschule zugelassen worden war und darum von Ostberlin aus ein Westberliner Elitegymnasium besuchte, wurde durch die Grenzschlie&szlig;ung von 1961 in ein Abseits geworfen, das er als Montagearbeiter, Kellner und Buchh&auml;ndler &uuml;berbr&uuml;ckte, ehe Besson ihn an seine Seite zog; auf der Abendschule konnte er das Abitur machen und studierte danach in Leipzig und Berlin Philosophie. Der frischgebackene Diplom-Philosoph fand dann abermals zu Besson, der inzwischen die Volksb&uuml;hne am Luxemburgplatz leitete; als Assistent engagiert und bald zum Dramaturgen mutierend, avancierte er 1974 zum Hausautor; &quot;Schl&ouml;tel&quot;, &quot;Cromwell&quot;, &quot;Lassalle&quot; hie&szlig;en einige der St&uuml;cke, die der Gegenwart mit dem Thermometer der Geschichte das Fieber ma&szlig;en, was nicht zu ihrer Verbreitung beitrug; immerhin wurden sie gedruckt.1983 - und inzwischen am Deutschen Theater - folgte in der Inszenierung Alexander Langs ein St&uuml;ck mit dem R&auml;tseltitel &quot;Die wahre Geschichte des Ah Q&quot;. Die altchinesische Gegend, in der es spielte, erwies sich als nicht entlegen genug, um den Leipziger Professor, der die Auff&uuml;hrung als Intendant riskiert hatte, vor der Absetzung zu sch&uuml;tzen. In Dieter Mann fand er einen Nachfolger, dessen au&szlig;erordentliche Leistung k&uuml;rzlich wieder ins Licht gesetzt worden ist; gerade, weil dieses Theater der Schauspieler den Schauspieler-Intendanten brauchte und behalten wollte, kamen Heins St&uuml;cke dort lange nicht mehr vor. Es waren zwei Altgediente des Deutschen Theaters, Gerhard Wolfram und Horst Sch&ouml;nemann, die in Dresden sein K&ouml;nig-Artus-St&uuml;ck riskierten, das von der Realgeschichte &uuml;berholt wurde, ehe es &ouml;ffentlich aufgef&uuml;hrt war; die Bev&ouml;lkerung schickt die &quot;Ritter der Tafelrunde&quot; pl&ouml;tzlich in Pension.Zu dieser Zeit war Christoph Hein als Prosaautor l&auml;ngst einer der wichtigsten des deutschen Sprachraums geworden; mit einem Kurzroman namens &quot;Der fremde Freund&quot;, der im westlichen Deutschland &quot;Drachenblut&quot; hei&szlig;t, war 1982 seine erz&auml;hlerische Begabung wie mit einem Schlag durchgedrungen. Da war er achtunddrei&szlig;ig und hatte es wie der 37-j&auml;hrige Henry Fielding in London gemacht, dem in Old England die Zensur das St&uuml;ckeschreiben in einer Weise verk&uuml;mmelt hatte, dass er sich aufs Romaneschreiben verlegte und damit in ganz Europa bekannt wurde. Allerdings: Christoph Hein hat das St&uuml;ckeschreiben und damit die Verbindung zum Theater niemals aufgegeben, und wenn auch die &quot;Tafelrunde&quot; aufgehoben war (zwei Jahre vorher hatte er in der DDR &ouml;ffentlich die Aufhebung der Buchzensur gefordert und war damit durchgedrungen), so fehlte es auch in der neuen Zeit nicht an Theaterstoffen. &quot;Randow&quot; behandelte die Realit&auml;t des vom Kopf auf zu schwache F&uuml;&szlig;e gestellten &ouml;stlichen Deutschlands aus der Dorfperspektive, &quot;Bruch&quot; nahm es mit einer historischen Gestalt, dem Chirurgen Sauerbruch, auf.Mit seiner Bereitschaft, als Nachfolger von Bernd Wilms ab 2006 die Leitung des Deutschen Theaters zu &uuml;bernehmen, kehrt Christoph Hein in seine angestammte Sph&auml;re zur&uuml;ck. Seine Pers&ouml;nlichkeit und sein k&uuml;nstlerischer Rang bieten die Gew&auml;hr daf&uuml;r, dass diese B&uuml;hne die zentrale Bedeutung nicht nur innerhalb Berlins, sondern im gesamten deutschen Sprachraum wiedergewinnt, &uuml;ber die sich Flierls Vorvorvorg&auml;nger, er hie&szlig; Radunski, geflissentlich hinwegt&auml;uschte, als er ein Interesse, ein Angebot ausschlug, von dem wir gerade erst wieder lesen konnten: die &Uuml;bernahme des Deutschen Theaters durch ein aus Friedrich Schirmer und den Regisseuren Luc Bondy und Peter Stein gebildetes Team. Luc Bondy nannte bei dieser Gelegenheit (Berliner Zeitung vom 7. 10.) den Namen noch einer anderen nach Wien verschlagenen Berliner Regisseurin: Andrea Breth; alle drei, Bondy, Breth und Stein, sollten zu dem Kreis derer geh&ouml;ren, mit denen der k&uuml;nftige Intendant Gespr&auml;che &uuml;ber eine feste Bindung an das gloriose Haus f&uuml;hrt.Der Dramaturgen-Intendanz soll eine Autoren-Intendanz folgen; dass sie schon in der Vorbereitungsphase einen so ungeschm&auml;lerten Einsatz des k&uuml;nftigen Chefs verlangt, dass ihm f&uuml;r das Romaneschreiben kaum noch Raum bleibt, wird niemandem klarer sein als ihm selber. Das derzeitige Deutsche Theater krankt nicht am Spielplan, seine Problemstellen liegen auf dem Regiefeld; Ensemble als einen differenzierten, kontrastierend-harmonischen Organismus aus Schauspielern und Regisseuren wiederherzustellen, wird die vornehmste Aufgabe des k&uuml;nftigen Direktors sein. Luc Bondy hat den Weg daf&uuml;r vorgezeichnet: &quot;Man muss Leute binden. Drei, vier Leute, die regelm&auml;&szlig;ig da arbeiten&quot; (er meinte Regisseure), und: &quot;Man muss zum Ensemble zur&uuml;ck.&quot; Der Intendant, f&uuml;gte er hinzu, &quot;muss Kraft geben k&ouml;nnen, das ist schwer, wenn er selber inszeniert&quot;. An Thomas Langhoff, dem bedeutenden Regisseur, war zu erkennen, wie schwer es ein Regisseur-Intendant hat, ihm ebenb&uuml;rtige oder wom&ouml;glich &uuml;berlegene Begabungen an dem eigenen Theater zuzulassen. Christoph Hein wird nicht selber inszenieren, er wird heranholen und zusammenhalten m&uuml;ssen, in einer Rolle, f&uuml;r die er als PEN-Pr&auml;sident nur ansatzweise Erfahrungen sammeln konnte: der des Prinzipals, wohl gar des Patriarchen? Er ist sechzig geworden, da hat man noch Lust f&uuml;r neue Rollen. Wir k&ouml;nnen ihm und uns f&uuml;r diese nur Gl&uuml;ck w&uuml;nschen.------------------------------Er wird heranholen und zusammenhalten m&uuml;ssen.------------------------------Foto: Der Autoren-Intendant: Christoph Hein.

Christoph Hein soll Nachfolger von Bernd Wilms am Deutschen Theater werden: Der Überraschungskandidat

Der Palast ist nicht die Zukunft. Aber er ist die Gegenwart, neuerdings eine sehr lebendige. Man sollte ihn in dieser theatralisch verlebendigten Gegenwart, die sich an die sonderbar anziehende Gestalt einer Rohbau-Ruine heftet, so lange festhalten, bis die Zukunft - das Humboldt-Forum in den Ma&szlig;en und mit den Fassaden des Schl&uuml;ter-Eosander-Schlosses - vollst&auml;ndig gesichert ist, so vollst&auml;ndig, dass unmittelbar nach dem Abriss der Neubau beginnen kann. Jedes andere Verfahren verspielt die Gegenwart ebenso wie die Zukunft. Was man bekommt, wenn man den auch und gerade in dieser Rohbauruinengestalt nutzbaren und gro&szlig;artigen Bau ohne unmittelbar anschlie&szlig;ende Nachfolge vernichtet, ist eine gr&uuml;ne Wiese mit kleinen B&auml;umen darauf, die mit der Zeit gr&ouml;&szlig;er werden - es ist, mit einem Wort, das Projekt Ingenhoven, das sich in weiten Kreisen vor allem des westlichen Deutschlands und des westlichen Berlins gro&szlig;er Beliebtheit erfreut.Statt der Graufl&auml;che, die dem Abriss der Schlossruine f&uuml;r zweieinhalb Jahrzehnte folgte, bekommt man eine Gr&uuml;nfl&auml;che, der Stein des Ansto&szlig;es ist dann beseitigt, und da Gelder f&uuml;r das vom Bundestag mit starker Mehrheit beschlossene Humboldt-Forum nirgendwo in Sicht sind (soeben hat der Bundesfinanzminister, nachdem es ihm nicht gelungen war, die Funktionsverteilung des Humboldt-Forums auszuhebeln, die Anschubfinanzierung von 65 Millionen Euro auf null Euro heruntergefahren), wird es dabei bleiben, f&uuml;r ein, zwei Jahrzehnte, nach denen dann Banken und Industrie ein Kommerz-Schloss oder einen Spektakel-Neubau finanzieren.In vier Punkten gleicht die Palastsituation von 2004 der Schlosssituation von 1950: 1. es handelt sich um eine Ruine; 2. die Ruine ist au&szlig;erordentlich nutzbar; 3. sie bezieht sich auf ein Staatsbauwerk auf der &auml;sthetischen H&ouml;he der Entstehungszeit; 4. dieses Bauwerk wird trotz staatsferner Nutzungen mit einem prononciert missliebigen Staat identifiziert.Versteht sich: Der Schl&uuml;ter-Eosander-Bau ist das &uuml;berragende Bauwerk, es verdient nicht nur, es erfordert seine Wiedererrichtung aus vier Gr&uuml;nden: 1. es ist ein St&uuml;ck Weltarchitektur, insbesondere kraft der von Schl&uuml;ter gestalteten und von Eosander fortgef&uuml;hrten &auml;u&szlig;eren und inneren Fassaden; 2. das Schloss, urspr&uuml;nglich als Bastion gegen die B&uuml;rgerschaft errichtet, ist in seiner barocken Gestalt zu einem Kernbauwerk der Stadtentwicklung und Stadtarchitektur geworden, dessen Widerhall sich noch in den Wohns tra&szlig;en des sp&auml;ten 19. Jahrhunderts zeigt; 3. seine stadtr&auml;umliche Position ist durch die Entwicklung beglaubigt worden und hat sich, anders als die des Palastes, als die einzig richtige erwiesen; 4. das auf dem Grundriss einer rechtwinkligen Acht errichtete Bauwerk ist funktionsneutral, wie fast alle Geb&auml;ude der Moderne, und wird damit den vielen im Humboldt-Forum vereinigten Funktionen umfassend gerecht.Aber wir bekommen dieses gro&szlig;artige Bauwerk nur, wenn wir die Palastruine so lange nutzen, erhalten, verteidigen, bis dieser Nachfolgebau, der die einzige Rechtfertigung f&uuml;r den Abriss bietet, in jeder Hinsicht - funktional, finanziell, architektonisch - gesichert ist. Ob Parlamentsbeschl&uuml;sse in Deutschland eine konstruktive Bedeutung haben, wird sich daran zeigen. Zerlegt man den zwei Jahre alten Bundestagsbeschluss in die Demolierung, die das Land Berlin bezahlt, und einen Neubau, den der deutsche Finanzminister entschlossen ist nicht zu bezahlen, so wird man beides verloren haben, den Palast und das Schloss.Friedrich Dieckmann, Schriftsteller und Publizist, ist Vizepr&auml;sident der S&auml;chsischen Akademie der K&uuml;nste.------------------------------Foto: &Auml;hnliche Situation wie heute: die Stadtschlossruine bei der Sprengung 1950.

Die Ruine muss so lange wie nötig erhalten bleiben

Bundespolitik

Aber dann w&auml;ren nat&uuml;rlich die enormen Profite nicht erzielbar gewesen, die dieses lange Zeit staatsmonopolistisch privilegierte Verlagsunternehmen im Zuge einer Reform einstreichen konnte, die dazu f&uuml;hrte, da&szlig; auf jeder W&ouml;rterbuchseite in leuchtendem Rotdruck die Neuschreibungen hervorgehoben werden konnten. Der DDR-Duden hatte seine Monopolstellung als Edition eines Staatsverlags innegehabt, der Mannheimer Duden-Verlag besa&szlig; sie als Privatunternehmen; diese Position war nach der deutschen Staatsvereinigung nicht mehr aufrechtzuerhalten. Das Ende des amtlichen Duden-Monopols d&auml;mmerte herauf; in dieser Situation galt es, noch einmal kr&auml;ftig zuzulangen, nun schon in Konkurrenz mit anderen Verlagen, die ihren Beteiligungsanspruch angemeldet hatten. Und das Vorhaben gelang; jedem deutsch Schreibenden und Lernenden wurde klargemacht, er m&uuml;sse ein neues W&ouml;rterbuch haben. An der Schwelle des In-Kraft-Tretens der sogenannten Reform wurde zu Lasten der deutschen Sprache fabelhaft abgesahnt.II Das ganze Vorhaben hatte von Anfang an die Z&uuml;ge einer Verschw&ouml;rung.Als im Dezember 1994 an die deutschen Leser und Schreiber in Gestalt einer F&uuml;nf-Mark-Brosch&uuml;re des Duden-Verlags erste Verlautbarungen &uuml;ber die auf einer Drei-L&auml;nder-Konferenz get&auml;tigten Beschl&uuml;sse ergingen, war das Ganze bereits im Topf; die einige Monate sp&auml;ter in einem T&uuml;binger Fachverlag erscheinende offizielle &quot;Vorlage f&uuml;r die amtliche Regelung&quot; lie&szlig; keinen Zweifel daran, da&szlig; zwischen der Staatsb&uuml;rokratie dreier deutschsprachiger L&auml;nder und einer Gruppe linguistischer Spezialisten bindende Abmachungen getroffen worden waren. Nur in Deutschland, gab die Verlautbarung bekannt, bed&uuml;rfe das Reformpaket noch der politischen Legitimierung; dessen Ver&ouml;ffentlichung solle &quot;allen Interessierten die M&ouml;glichkeit&quot; geben, &quot;sich eingehend mit der k&uuml;nftigen Regelung vertraut zu machen&quot;. Diese Vorlage war nicht als Vorschlag, als Grundlage einer umfassenden &ouml;ffentlichen Er&ouml;rterung gedacht, sondern sie war das Edikt, das den Untertanen zum Studium anempfohlen wurde, ehe das Staatssiegel darunterkam. Wenn G&uuml;nther Drosdowski, der Leiter der Duden-Redaktion, in seiner Werbebrosch&uuml;re darauf hingewiesen hatte, da&szlig; au&szlig;erhalb der Amts- und Schulstuben jeder Schreibende und jeder in Druck Gebende die Freiheit behalte, zu schreiben, wie er es f&uuml;r richtig halte, so war das Augenauswischerei. Denn es war abzusehen, da&szlig; weder Buch- noch Zeitungsverlage noch Nachrichtenagenturen sich Regeln w&uuml;rden entziehen k&ouml;nnen, die f&uuml;r die Heranwachsenden verbindlich w&auml;ren.Die Wiener Konferenz vom November 1994 war ein Staats-Streich insofern, als die selbstverliebten Konstruktionen eines Kreises von Wissenschaftlern, die weder die Bl&uuml;te noch die Breite ihres Fachs verk&ouml;rperten, nicht ohne staatliche Sanktionierung ins Leben treten konnten. Diese Sanktionierung wurde mit einer Leichtfertigkeit angegangen, der sich der bayerische Kultusminister Zehetmair im letzten Moment entzog; er hatte sich angesehen, was er beschlie&szlig;en sollte, und zog im September 1995 bei einer Reihe von Wort-Neuschreibungen die Notbremse. &quot;Die breite &Ouml;ffentlichkeit&quot;, bekannte er in einem Interview, &quot;ist so gut wie gar nicht informiert. Man wird uns, die Kultusminister, fragen: Was habt ihr denn da angestellt?&quot; (Der Spiegel 37/1995, S. 227) An dem perfekt eingef&auml;delten &Uuml;berrumpelungswerk zeigten sich drei ineinanderspielende - nicht: ineinander spielende - Faktoren: die Indolenz einer spezialistenh&ouml;rigen B&uuml;rokratie, die Betriebsamkeit eines autopoietisch um sich selbst kreisenden Spezialistentums und das handfeste Profitinteresse kommerzieller Nutznie&szlig;er. Aus diesen drei Ingrendienzien war der Trank gebraut, der dem Volk, dem gro&szlig;en L&uuml;mmel, eingetrichtert werden sollte; man wu&szlig;te, da&szlig; er sich f&uuml;r das, was ihm bevorsteht, erst interessiert, wenn es eingetreten ist.Ein hervorragender Bestandteil des so beschaffenen Volkes war jene Spezies, die man, einigerma&szlig;en unscharf, die Intellektuellen nennt, also die, deren Handwerkszeug die Rechtschreibung ist: Journalisten, Schriftsteller, Lektoren, Verleger. Sie wurden in Unkenntnis gewiegt und sie lie&szlig;en sich wiegen; im ersten Halbjahr 1995, als die amtliche Vorlage schon da war, aber der formelle Beschlu&szlig; noch ausstand, war es so gut wie unm&ouml;glich, kritisches Interesse f&uuml;r das neue Regelwerk zu wecken. Auch bei Marcel Reich-Ranicki ist es mir damals nicht gelungen, er nahm den drohenden Unfug nicht ernst. &quot;Das kommt sowieso nicht!&quot; beruhigte er mich am Telefon.Erst in letzter Stunde wurde ein Teil der deutschen Presse wach, sehr viel sp&auml;ter die deutschen Schriftsteller. Doch h&auml;tten sie sich (Fortsetzung auf Seite 14) fr&uuml;her ger&uuml;hrt, so w&auml;re es auf das Gleiche hinausgelaufen. Der Staats-Streich gegen die deutsche Rechtschreibung war nicht nur konventikelhaft, sondern geradezu generalstabsm&auml;&szlig;ig organisiert worden; gezielt hatte man die Er&ouml;rterung des Vorhabens in einem engbegrenzten Linguisten- und Ministerialkreis gehalten. Sieht man sich die Liste derer an, die den deutschen Sprachbereich auf der entscheidenden Wiener Konferenz vertraten, so findet man nicht einen Schriftsteller, Journalisten, Lektor oder Verleger darunter. Vom Ministerialdirigenten Niehl bis zu der Verwaltungsangestellten Pella umfa&szlig;te die bundesdeutsche Delegation zehn Ministerialbeamte; sechs Professoren kamen im Beraterstatus hinzu.III Aber wie geht es weiter, nachdem der zivile Ungehorsam gegen&uuml;ber einem Schreib-Diktat, das zugleich Sprach-Diktat war, durch das Beispiel einer bedeutenden Tageszeitung best&auml;rkt worden ist? Ende August steht eine Duden-Neuauflage bevor, die offenbar betr&auml;chtliche Revisionen enth&auml;lt; von Auflage zu Auflage werden so in Zukunft einige unhaltbare Positionen ger&auml;umt werden. Anla&szlig; zur Hoffnung gibt der Umstand, da&szlig; die W&ouml;rterbuchverlage damit wieder ein fabelhaftes Gesch&auml;ft machen k&ouml;nnen; jeder schreibende Deutsche darf allj&auml;hrlich dem neuesten Duden oder Bertelsmann entgegenfiebern. Falls er es nicht einfach vorzieht, jenen Teil der Reform zu adaptieren, der f&uuml;r sinnvoll gelten kann, und den weit gr&ouml;&szlig;eren Teil, der die sinnlosen und die &uuml;berfl&uuml;ssigen Ma&szlig;gaben umfa&szlig;t, auf sich beruhen zu lassen.Doch wie halten es alle jene Institutionen, die einen Korrektor besch&auml;ftigen, der nicht umhin kann, manchmal ins Handbuch zu sehen? Er braucht ein Handbuch, kein Zweifel, und wenn er sich an das alte h&auml;lt und den Autoren zugleich in Zweifels- und Nuancierungsf&auml;llen die Freiheit zur eigenen Version zugesteht, so wird er am besten, am sprachfreundlichsten fahren. Am besten - oder am Besten? Eben darauf sollte es hinfort nicht mehr ankommen. Wohl aber auf den Unterschied von heilig sprechen und heiligsprechen.Wenn dieses ganze Reformkuddelmuddel dazu helfen w&uuml;rde, eine vern&uuml;nftige Freiheit im Umgang mit der Schriftsprache zu bef&ouml;rdern, dergestalt, da&szlig; kein Sch&uuml;ler mehr zu gr&uuml;beln braucht, ob er &quot;im Stillen&quot; oder &quot;im stillen&quot; schreibt, und kein Korrektor mehr dem Autor verwehrt, nach einem Doppelpunkt auch dann klein zu beginnen, wenn ein vollst&auml;ndiger Satz folgt, so w&auml;re viel gewonnen in einem Volk, das eins der Mitte nur in geographischer Hinsicht ist; statt die rechte Mitte zu suchen und zu finden, neigt es dazu, zwischen der starren Regel und schrankenloser Willk&uuml;r hinundherzutaumeln. Ma&szlig;volle Freiheit - das ist fast schon die Definition von Kultur. Diese ganze teure und t&ouml;richte Aff&auml;re namens Rechtschreibreform h&auml;tte sich vermeiden lassen, wenn die unbefugten Bevollm&auml;chtigten der deutschsprachigen L&auml;nder vor ihrem scheinrationalen Unterfangen einmal auf den Umgang der Engl&auml;nder, Franzosen, Spanier mit ihrer ungemein komplizierten Schriftsprache geblickt h&auml;tten. Sie h&auml;tten von ihnen lernen k&ouml;nnen, was auch sonst hilfreich w&auml;re: Gelassenheit im Umgang mit dem Herk&ouml;mmlichen, auch und gerade dort, wo es Widerspr&uuml;che aufweist.BERLINER ZEITUNG/MARKUS W&Auml;CHTER Ohne Z&ouml;gern fehlerfrei schreiben nach Walzendiktat: Schreibautomat aus dem 18. Jahrhundert in der Berliner Ausstellung &quot;Sieben H&uuml;gel&quot;.

Das Rechtschreibkuddelmuddel - woher es kommt und wohin es führt: Umgang mit einem Staats-Streich

Die Fehl- und Mi&szlig;griffe der sowjetischen Besatzungsmacht auf dem Gebiet ihrer Zone, erst recht die Schrecknisse der Haftbedingungen, unterlagen zu DDR-Zeiten der Tabuisierung. &quot;Die Freunde&quot; durften nicht als jene Feinde erscheinen, als die Hitlers Krieg sie ins Land gebracht hatte - ein Krieg, der f&uuml;r sie eine ganz andere Gestalt gehabt hatte als f&uuml;r die westlichen Sieger einschlie&szlig;lich der Franzosen.Erst Ende der achtziger Jahre begann der Bann sich zu lockern. Aus der 1989 erschienenen T&uuml;bke-Monographie von G&uuml;nter Mei&szlig;ner konnte man erstmals von dem Jugendschicksal des Malers erfahren, der in Sch&ouml;nebeck an der Elbe im Dezember 1945 in den Verdacht der Werwolf-Beteiligung geraten war (das waren hitlergl&auml;ubige Guerilleros, die den Krieg auf eigene Faust fortsetzten) und von der Besatzungsmacht zehn Monate lang inhaftiert wurde. Der Bildhauer Wieland F&ouml;rster ist 1946 durch die Denunziation eines Deutschen, den er durch Widerspruch und Furchtlosigkeit gereizt hatte (der Mann setzte sich wenig sp&auml;ter in den Westen ab), in die Strafmaschinerie der Milit&auml;radministration geraten, die in allen, die in ihre F&auml;nge gerieten, Schuldige und Mitschuldige der in ihrem Land begangenen Kriegsverbrechen erblickte.Nach einer Aburteilung wegen angeblichen Waffenbesitzes verbrachte er dreieinhalb Schreckensjahre in dem der Besatzungsmacht unterstehenden Zuchthaus Bautzen. Beschreibbar ist ihm dieser Lebensstoff erst mit dem Umbruch des Jahres 1990 geworden; in der ihm fremdesten und distanzierendsten aller literarischen Formen, der szenisch-dramatischen, ent&auml;u&szlig;erte er sich eines Erlebens, das ihn von jeher k&uuml;nstlerisch bewegt und durchdrungen hatte. Ein gro&szlig;er Teil seines skulpturalen Werks gilt der Gestaltwerdung dessen, was ihm in jungen Jahren schreckensvoll nahegetreten war, der Darstellung des verletzten und gemarterten Menschen; er fa&szlig;te ihn in einem die eigene Erfahrung zeichenhaft-&uuml;berschreitenden Sinn.Das bekannteste dieser Werke ist jener gro&szlig;e Trauernde, der dem Gedenken an die Opfer der Zerst&ouml;rung Dresdens gewidmet ist, eine hockend in sich verkr&uuml;mmte Figur, die 1985 in Dresden auf einer Rasenfl&auml;che zwischen Albertinum und Kunstakademie Aufstellung fand - an einem stillen, eingezogenen Platz, den sich alle die ansehen sollten, welche vermeinen, da&szlig; Mahn- und Gedenkzeichen sich den Gestus des Ausladenden und Repr&auml;sentativen beilegen d&uuml;rften.Es gibt zu denken, da&szlig; F&ouml;rster, der den Dresdner Angriff und das Zuchthaus Bautzen erlebte und wie kein anderer zeitgen&ouml;ssischer Bildhauer au&szlig;er Alfred Hrdlicka Erfahrungen auf dem schwierigen Feld der Gedenk-Plastik gesammelt hat, bei den sich in den letzten Jahren stellenden Aufgaben nicht zu Rate gezogen worden ist. Immer wieder hat er die schmerzhafte Spannung zwischen der Menschenfigur in ihrer unverbr&uuml;chlichen W&uuml;rde und der ihr von Menschen angetanen Gewalt in Stein und in Bronze ausgetragen; von den sp&auml;ten f&uuml;nfziger Jahren an, als er, siebenundzwanzig Jahre alt, die Dresdner Kunsthochschule absolvierte, ist das Ecce-Homo-Thema das seine.Denn ebensowenig wie Werner T&uuml;bke hat Wieland F&ouml;rster nach seinem Freikommen im Jahre 1950 (er verlie&szlig; Bautzen als ein gesundheitlich Schwerbesch&auml;digter) das Land verlassen, auf dessen Gebiet ihm so Verletzendes widerfahren war. Die DDR gab dem technischen Zeichner die M&ouml;glichkeit, Bildhauer zu werden, und so widrig die Behinderungen waren, die seine Arbeit in der sp&auml;ten Ulbricht-&Auml;ra und noch &uuml;ber die Z&auml;sur von 1971 hinaus erfuhr (Konrad Wolf &ouml;ffnete ihm dann die Tore der Akademie der K&uuml;nste), so haben sie doch nicht vermocht, ihn seinem Wurzelboden zu entfremden, dem jenes Deutschlands, in welchem die Geschichte sich um soviel dr&uuml;ckender und sp&uuml;rbarer, in dem zugleich von lastend und gewichtig, darstellte. Die Kunst braucht Anforderungen und Widerst&auml;nde. Beides fand er hier in immer neuer Gegenbewegung.Was sich bis 1990 in der transponierten Gestalt nicht nur von Bildwerken, sondern auch von Erz&auml;hlungen dargestellt hatte, war nun in seiner Unmittelbarkeit beschreibbar, aber es war das nicht sogleich und von Anfang an. Die Objektivierungsform des Dramas machte f&uuml;r F&ouml;rster den &Uuml;bergang vom einen zum andern, von der skulptural-&uuml;berh&ouml;henden zur empirisch-berichtenden Form, wie sie sich ihm 1993 vermittels der Filmkamera ergab. &quot;Protokoll einer Gefangenschaft&quot; hei&szlig;t der Film von Peter Voigt; er h&auml;tte ohne den vorausgegangenen Dialog-Text kaum entstehen k&ouml;nnen. Dieser ist k&uuml;rzlich im Verlag Volk und Welt erschienen, unter einem Doppeltitel (&quot;Die Ungleichen/In der Nacht der Verh&ouml;re&quot;) und zusammen mit einer im M&auml;rz 1989 in der Zeitschrift &quot;Sinn und Form&quot; erschienenen Erz&auml;hlung, die &quot;Notizen vom Weiterleben&quot; hei&szlig;t. Sie gipfelt in den Alptr&auml;umen eines Mannes, der scheinbar einem Verkehrsunfall entronnen ist; in Wahrheit hat er das Nachkriegsgeschick seines Autors erlitten.Ein Nachwort von Walter Jens, das dem Werk und der Erscheinung dieses mit der Literatur verschwisterten Bildhauers kenntnisreich und eindringlich nachsp&uuml;rt, macht den Beschlu&szlig; des sch&ouml;n gedruckten und gewandeten Bandes, der sich der Reihe &quot;Zur Lage der Nation&quot; zuordnet; zu dieser Lage geh&ouml;rt auch und gerade die hier in dramatischer Form niedergelegte Erfahrung.Der Text, der seine antifaschistische und antistalinistische Intention in der Figur eines dem Todesurteil entgegensehenden Wlassow-Majors b&uuml;ndelt, ist von Anklage fern; er besteht auf dem, was war, damit es vergangen sein kann. Das Recht, das er in Anspruch nimmt, ist das der umfassenden Erinnerung; der Friedensschlu&szlig; von 1990 hat sie in einem mehr als empirischen Sinn freigegeben.F&ouml;rster ist &uuml;ber dem dialogischen Text nicht zum Dramatiker geworden, und er hat das auch nicht pr&auml;tendiert; eine - wie immer k&uuml;rzende und umformende - Auff&uuml;hrung allerdings w&auml;re seit langem am Platz. Der Gewinn, den er selbst aus der Unternehmung zog, lag auf dem Gebiet des Epischen. Er zeigt sich in einer durch ein Filmprojekt angeregten Erz&auml;hlung, die &quot;Unser t&auml;glich Brot&quot; hei&szlig;t und 1993 in der Zeitschrift &quot;Sinn und Form&quot; erschienen ist; in ihr befreit sich der Gegenstand von allen Komplikationen dramatischer Realismus-Konstruktion und erweist auf vier Seiten konzentriertester Prosa seine wahre Kunst-Natur.Doch ist das Ende des Umgangs mit diesem Lebensthema damit vermutlich noch nicht erreicht. Wieland F&ouml;rster, der in zwei und mehr Kunstsph&auml;ren beheimatete K&uuml;nstler, ist auf dem Punkt angelangt, da Autobiographie ansteht, das selbsterz&auml;hlte Leben; seine Erfahrung umfa&szlig;t drei deutsche Staaten und ein schreckenvolles Dazwischen. Goethe hat im Alter darauf hingewiesen, da&szlig; man mit der eigenen Lebensbeschreibung nicht zu sp&auml;t anfangen d&uuml;rfe. Als er dies schrieb, war &quot;Dichtung und Wahrheit&quot; schon drei B&auml;nde stark; der wohldotierte Minister hatte gut Dinge schreiben, die kaum etwas einbrachten.Die &Ouml;ffentlichkeit, welche Erwartungen in den K&uuml;nstler setzt, vergi&szlig;t nur zu schnell, welcher Art die Bedingungen sind, unter denen dieser lebt und arbeitet: die ungesichertsten. Dabei ist es seine Arbeit, die allen denen, die mit den Privilegien einer Beamtenexistenz die Sicherung, Aufbewahrung, Deutung von Kunstwerken betreiben, erst Basis und Gegenstand gibt. In Zeiten, wo sich widerspenstige Romanwerke nur dann tragen, wenn ein Rezensent auf den Gedanken kommt, sie in effigie zu zerrei&szlig;en, - in so verwirrten Zeiten hat die Aufforderung an einen f&uuml;nfundsechzigj&auml;hrigen Bildhauer, Lebenserinnerungen zu schreiben, geradezu etwas Frivoles. Wieland F&ouml;rster: Grenzg&auml;nge. Erz&auml;hlung/ Parabel. Verlag Volk und Welt Berlin 1995. 160 Seiten, 24,80 Mark. +++

Zu einem autobiographischen Buch des Bildhauers, Grafikers und Schriftstellers Wieland Förster: Die freigegebene Erinnerung

Meine Erfahrungen mit dem Kulturbund sind schnell aufgez&auml;hlt: Viele sch&ouml;ne Konzerte in einem Berliner Vorort; merkw&uuml;rdige Erlebnisse bei mehr als einen Versuch, f&uuml;r den &quot;Sonntag&quot; zu schreiben; die sch&ouml;ne Bibliothek im Club der Kulturschaffenden und ihr freundlicher Leiter; die diesem Lese- und Vortragsraum vorgelagerte Buchhandlung. Dem hektographierten Protokoll einer Pr&auml;sidialratstagung vom 13. Dezember 1957 entnehme ich, da&szlig; man sich im Kulturbund mit Bundesfreund/Bundesfreundin anredete; auf dieser Tagung im Haus Berlin sah sich der Bundesfreund Ernst Bloch von dem Bundesfreund Alexander Abusch attackiert, weil er &quot;noch keine wirkliche Gewissenspr&uuml;fung vorgenommen&quot; und sich &quot;einer klaren Stellungnahme zur Aburteilung Harichs und Jankas&quot; entzogen habe. Auch die Bundesfreunde Wendt, Gysi und Hager griffen Bloch, der eine Verteidigungsrede gehalten hatte, an; der Gr&uuml;nder des Bundes, Bundesfreund J. R. Becher, sagte zu dem Mann, dem man elf Monate vorher Lehramt und Institut genommen hatte, wegen dessen Schweigen zu jenen Aburteilungen: &quot;Aber ich f&uuml;rchte, Bloch, ich wei&szlig; nicht, kokettieren Sie damit, sozusagen ein innerer Emigrant in der Deutschen Demokratischen Republik zu sein?&quot; - eine Haltung, die er als &quot;provokativ&quot; brandmarkte. Vermutlich war dies das letzte Mal, da&szlig; im Kulturbund eine wesentliche Debatte (aber es war keine Debatte, es war eine Zurechtweisung) stattfand. Es blieb dann bei Numismatik, Ornithologie und dem &quot;sammler expre&szlig;&quot;. Erst k&uuml;rzlich ist herausgekommen, da&szlig; der Kulturbund den Verlag, den er 1945 gegr&uuml;ndet hatte, 1990 immer noch besa&szlig;, es wu&szlig;te blo&szlig; keiner: den Aufbau-Verlag.

Friedrich Dieckmann