Meinung

Letzte Generation und Attacke auf das Brandenburger Tor: Akademie der Künste muss protestieren!

Der Schriftsteller Friedrich Dieckmann ist schockiert darüber, dass die Akademie der Künste die Farbattacke auf das Brandenburger Tor nicht klar verurteilt. Ein Gastbeitrag.

Orange gefärbt sind die Säulen des Brandenburger Tores.
Orange gefärbt sind die Säulen des Brandenburger Tores.Paul Zinken/dpa

Senat und Präsidentin der Akademie der Künste (Berlin) wären gut beraten, wenn sie es nicht bei der Äußerung der Präsidialsekretärin, Frau Bettina Huber, bewenden ließen, die laut Ulrich Seidler erklärte: „Die Akademie reagiert nicht auf die Beschädigung des Brandenburger Tors.“ Sie ist zu einem unmissverständlichen Protest gegen die massive Schändung – das Wort Beschädigung reicht nicht aus – eines Baudenkmals vor ihrer Haustür herausgefordert, dessen Bedeutung für Deutschland und seine Hauptstadt nicht zu überschätzen ist.

Der Angriff von Aktivisten der sogenannten „Letzten Generation“ auf dieses mit enormen Kosten nach 1990 wiederhergestellten „Berliner Wahrzeichens und deutsche Nationalsymbols“ (so der völlig zutreffende Wikipedia-Eintrag) ist eine Untat, die aufs Schärfste zurückzuweisen ist.


Bildstrecke

Hauptwerk Johann Gottfrieds Schadows

Das architektonisch einzigartige Tor wurde 1789 von dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. als ein Friedenstor zu Ehren seiner Schwester Wilhelmine von Oranien bei dem Architekten Carl Gotthard Langhans in Auftrag gegeben, der mit diesem Werk dem Berliner Klassizismus den Weg bahnte.

Die krönende Quadriga ist das Hauptwerk Johann Gottfrieds Schadows, auch er, wie Langhans, eins der berühmtesten Mitglieder der Preußischen Akademie der Künste, als deren Nachfolgerin sich die jetzige Akademie der Künste betrachtet.

Nutznießer wird es geben

Wie kein anderes Bauwerk ist dieser auch im europäischen Maßstab singuläre Torbau mit den Höhe- wie den Tiefpunkten deutscher Geschichte verbunden. Seine Wiederherstellung in den fünfziger Jahren in einer gemeinsamen Anstrengung der beiden entzweiten Teilstädte, seine spätere Funktion als faktischer Bestandteil der Berliner Grenzmauer und seine Rolle bei deren spektakulärer Öffnung geben ihm eine Bedeutung, deren offensive Herabwürdigung durch keine vorgeschobene Begründungen gerechtfertigt werden kann.

Die globale Klimakrise durch Wecksignale in Gestalt des Angriffs auf symbolträchtige Kunstwerke aufhalten zu wollen, ist ein Widersinn, dessen Vorwändigkeit zutage liegt. Er verschleiert den Umstand, dass die ebenso symbolische wie konkrete Attacke auf das Monument zugleich ein Angriff auf den deutschen Staat in seiner 1990 gefundenen Gestalt ist.

Die Akademie der Künste darf sich einer klaren Äußerung zu dieser Schandtat nicht entziehen; sie würde sonst zum Komplizen einer intentionalen Staatsdekonstruktion, deren Nutznießer, wie wir aus der Geschichte wissen, immer die Kräfte nationalistischer Besinnungslosigkeit sind.

Ein Wort der Akademie muss folgen

Gerade um der antifaschistischen Tradition der Akademie willen ist hier ein deutliches Gegenwort gefordert, das auch auf die unbegreifliche Schutzlosigkeit des Denkmals seitens der Berliner Behörden eingehen sollte.

Wird der Pariser Platz – ein, wenn nicht der Hauptplatz der Stadt – nicht von Kameras überwacht? Müssten dort nicht zur Nacht Polizeistreifen patrouillieren? Auch dazu wäre ein Wort der Akademie gefordert; es sollte, um Missverständnissen vorzubeugen, bald erfolgen.

Friedrich Dieckmann ist Schriftsteller. Er wurde am 25. Mai 1937 in Landsberg an der Warthe geboren. Er ist Mitglied der Berliner Akademie der Künste.

Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de