Der Brics-Gipfel in Südafrika ist noch in vollem Gange, schon steht die nächste Tagung fest. Im kommenden Jahr werde das Treffen der größten Schwellenländer in Kasan stattfinden, teilte Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch während des Gipfels mit. Putin ist nicht in Johannesburg vor Ort, weil gegen ihn ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs verhängt wurde. Er ließ sich in Südafrika nur per Video zuschalten.
Durchbruch in den Verhandlungen: Brics sollen wachsen
Putin wolle sich dafür einsetzen, den globalen Einfluss der Brics zu stärken. Er sprach sich dafür aus, dass sich mehr Länder dem Staatenbündnis anschließen sollten. Bislang liegen offizielle Interessenbekundungen von Argentinien, Saudi-Arabien, Indonesien und 20 weiteren Ländern vor.
Während neben Russland vor allem China auf eine schnelle Expansion der Brics-Mitglieder dringt, zeigte sich besonders Indien in der Vergangenheit skeptisch. „Indien unterstützt voll und ganz die Ausweitung der Brics-Mitgliedschaft und wir begrüßen ein Vorgehen auf der Grundlage eines Konsenses“, sagte Indiens Ministerpräsident Narendra Modi am Mittwoch. Der Rhetorikwechsel Modis wurde von Beobachtern als Zugeständnis an den Rivalen Chinas gewertet. Chinas Präsident Xi Jinping fügte kurz danach hinzu, dass ein erweitertes Brics-System „die globale Regierungsführung gerechter machen würde“. Nun wird erwartet, dass die Brics-Staaten konkrete Aufnahmekriterien für neue Mitglieder beschließen.
Friedensverhandlungen in der Ukraine
Die Präsidenten von Brasilien und Südafrika nahmen das Treffen zum Anlass, sich für Friedenverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine auszusprechen. Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva forderte ein schnelles Ende der Kämpfe. Der Krieg habe globale Auswirkungen, die nicht ignoriert werden könnten, sagte Lula. „Wir sehen es als positiv, dass eine wachsende Zahl von Ländern, darunter auch Brics-Länder, in direktem Kontakt mit Moskau und Kiew stehen“, fügte er hinzu. „Wir unterschätzen nicht die Schwierigkeiten, Frieden zu erreichen, aber wir können auch nicht gleichgültig gegenüber dem Tod und der Zerstörung sein, die jeden Tag geschehen.“
Auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa plädierte dafür, den Ukraine-Krieg durch Verhandlungen zu lösen. „Die Brics-Länder werden die Bemühungen unterstützen, diesen Konflikt durch Dialog, Vermittlung und Verhandlungen zu beenden.“ Ramaphosa leitet eine afrikanische Friedensinitiative für ein Ende des Kriegs, mit Vermittlungsbemühungen in Moskau und Kiew. Auch Lula hatte zu Beginn des Jahres für eine internationale Vermittlungsinitiative zur Beilegung des Konflikts geworben. Beide Initiativen blieben allerdings bislang ohne erkennbaren Erfolg.
Putin schob in seiner Rede dem Westen die Schuld zu, den russischen Einmarsch in der Ukraine provoziert zu haben: „Das Bestreben einiger Länder, ihre Vorherrschaft in der Welt zu bewahren, hat zu der schweren Krise in der Ukraine geführt“, sagte er.
Reform der Weltwirtschaft
Auf dem Gipfel sollen außerdem weitere Schritte angekündigt werden, mit denen die Volkswirtschaften der Brics-Staaten den Handel untereinander nicht mehr über den US-Dollar, sondern über ihre eigenen Währungen abwickeln sollen. „Wir werden die Diskussionen über praktische Maßnahmen zur Erleichterung des Handels- und Investitionsflusses durch die verstärkte Verwendung lokaler Währungen fortsetzen“, sagte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa.
Experten sind skeptisch, ob diese Pläne von Erfolg gekrönt sein werden. Der Ökonom Rolf J. Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft Kiel, Analyst für internationalen Handel sowie Schwellen- und Entwicklungsländer, sagte im Gespräch mit der Berliner Zeitung, man könne die Motive der Brics durchaus nachvollziehen. Schließlich hätten die EU und die USA stets ihre eigenen wirtschaftspolitischen Interessen gegenüber den Schwellenländern durchgesetzt.
Hinzu komme die Dominanz des US-Dollars im internationalen Währungssystem, „nach dem Motto der USA: unsere Währung, euer Problem“, sagte Langhammer. Unter der letzten großen Finanzkrise 2008, die das Epizentrum in den Vereinigten Staaten hatte, hätten viele Entwicklungsländer und Schwellenländer gelitten. Deshalb versuchten die Brics ein Gegengewicht in den monetären Beziehungen aufzubauen. Dies sei allerdings sehr schwer: „Die Summe schwacher Währungen schafft zusammen noch keine starke Währung“, fasste Langhammer zusammen. Handel zwischen zwei Staaten in Alternativwährungen zum US-Dollar abzuwickeln, könne funktionieren. Jedoch auch nur so lange, bis die Ungleichgewichte in den Handelsbeziehungen nicht zu groß würden.
Deutsche Politiker sind wenig begeistert
Führende deutsche Politiker beobachten den Gipfel in Johannesburg mit Argwohn. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am Dienstag vor einer Zusammenarbeit mit Russland gewarnt: Es nutze nichts, wenn es Brics-intern eine enge Zusammenarbeit mit Putin gebe, „der zugleich das Getreideabkommen im wahrsten Sinne des Wortes bombardiert, wo dann Länder wie Brasilien oder auch Südafrika mit darunter leiden“.
In der SPD hat man hingegen insbesondere Verständnis für eine Reform des internationalen Finanzsystems. Der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Nils Schmid, sagte der Berliner Zeitung: „Die SPD setzt sich schon seit langem für gerechte Wirtschaftsbeziehungen in der Welt, vor allem mit dem globalen Süden, ein.“ Neben einer fairen Handelspolitik gehören dazu auch eine ausgewogene Gestaltung und bessere Regulierung der internationalen Finanzmärkte. Die globalen Finanzmärkte sollten die gestiegene Bedeutung des globalen Südens abbilden. Jedoch seien offene und tief integrierte Finanzmärkte eine zentrale Voraussetzung dafür, dass eine Währung weltweite Bedeutung erhalte. „Gewachsene wirtschaftliche Bedeutung allein reicht dafür nicht aus. Insofern sind nationale Währungen wie der Renminbi davon noch weit entfernt“, so Schmid.
CDU und CSU halten wenig von den Brics-Plänen. „Die Versuche der Brics-Staaten, sich als Gegengewicht zu den G7-Staaten zu etablieren, sind bisher nicht von Erfolg gekennzeichnet. Zu groß ist das Misstrauen gegenüber China“, erklärte der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt. Die G7-Staaten sollten mit den „demokratischen“ Staaten, die Mitglieder der Brics sind oder werden wollen, die Zusammenarbeit etwa in Form von Freihandelsabkommen ausbauen. „Es ist jede Anstrengung wert, eine Spaltung der Staatengemeinschaft zu verhindern“, erklärte Hardt.






