Migration

Geld für private Seenotretter: CDU schließt sich Italiens Kritik an Baerbock an

Der Streit über die Seenotrettung überschattet den heutigen Berlin-Besuch des italienischen Außenministers. Auch aus der CDU kommt deutliche Kritik.

Das Ministerium von Annalena Baerbock (Grüne) will Projekte an Land und auf dem Mittelmeer fördern. 
Das Ministerium von Annalena Baerbock (Grüne) will Projekte an Land und auf dem Mittelmeer fördern. Fabian Sommer/dpa

Die staatliche Finanzierung privater Seenotretter sorgt nicht nur für Spannungen zwischen Deutschland und Italien. Nun verschärft auch die Union den Ton gegenüber Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). „Es kann nicht sein, dass Frau Baerbock nach Lust und Laune einzelne Seenotretter auswählt, die der deutsche Steuerzahler finanzieren soll“, sagt der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), der Berliner Zeitung.

Im November 2022 hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossen, dass die private Seenotrettung zum ersten Mal mit staatlichem Geld unterstützt werden soll. Demnach sollten von 2023 bis 2026 jährlich zwei Millionen Euro an United 4 Rescue fließen. Das Bündnis, so die Idee damals, würde das Geld dann an einzelne Organisationen weitergeben, die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer an Bord nehmen. Zwischenzeitlich entschied das Auswärtige Amt jedoch, dass es selbst über die Vergabe entscheiden will. Das hatte auch unter Seenotrettern für Ärger gesorgt.

Seenotrettung von Flüchtlingen: Aus Italien kommt deutliche Kritik

Wenn der italienische Außenminister Antonio Tajani an diesem Donnerstag Baerbock in Berlin besucht, wird Migration das zentrale Thema sein. Vor einigen Tagen erst hatte Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geschrieben, in dem sie die staatliche Unterstützung von Seenotrettungsorganisationen scharf kritisiert.

„Ich habe mit Erstaunen erfahren, dass Ihre Regierung, ohne sich mit der italienischen Regierung abzustimmen, beschlossen hat, erhebliche Mittel für Nichtregierungsorganisationen bereitzustellen, die an der Aufnahme von irregulären Migranten auf italienischem Gebiet und in der Rettung im Mittelmeer arbeiten“, heißt es in dem Schreiben an Scholz, über das mehrere Medien berichteten. EU-Mitglieder, die Italien angesichts steigender Flüchtlingszahlen helfen wollten, sollten sich besser auf „strukturelle Lösungen“ wie die Zusammenarbeit mit Transitländern konzentrieren.

Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (links) besuchte Giorgia Meloni kürzlich die italienische Insel Lampedusa.
Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (links) besuchte Giorgia Meloni kürzlich die italienische Insel Lampedusa.Cecilia Fabiano/LaPresse/AP/dpa

Der italienische Außenminister bezeichnete es als „ein wenig seltsam, dass die Bundesregierung eine in Italien tätige deutsche Nichtregierungsorganisation unterstützt“. Er kündigte an, bei seinem Besuch in Berlin mit Baerbock darüber sprechen zu wollen. „Will die Bundesregierung, dass alle Migranten in Italien anlanden?“, fragte Tajani am Sonntag im italienischen Fernsehsender Rai3.

CDU-Politiker Throm: Seenotretter können auch Afrika ansteuern

Die italienische Regierung sieht in der Seenotrettung einen sogenannten Pull-Faktor, der Flüchtlinge zur gefährlichen Fahrt über das Mittelmeer ermutigt. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Menschen an Italiens Küste ankommen, forderte Meloni zuletzt mehr Unterstützung von der EU, kündigte aber auch selbst ein härteres Vorgehen an. Vor einem Jahr hatte die rechte Politikerin im Wahlkampf versprochen, die Migration über das Mittelmeer massiv einzuschränken.

Zuletzt hat das Land einen deutlichen Anstieg ankommender Flüchtlinge registriert. Seit Jahresbeginn sind laut italienischem Innenministerium mehr als 130.000 Migranten in Italien angekommen – also bereits fast doppelt so viele wie im Jahr 2022. Allein an der Küste der Insel Lampedusa landeten im September mehr als 10.000 Flüchtlinge.

Währenddessen fordert die Unionsfraktion, dass die deutschen Seenotretter nicht nur die europäischen Küsten ansteuern. „Seenotrettung ist ein Gebot der Menschlichkeit, eine Weiterreise nach Europa ist es nicht unbedingt“, sagt der CDU-Abgeordnete Throm. „Wer einen Schiffbrüchigen rettet, muss ihn zum nächsten sicheren Hafen bringen. Das ist nicht zwingend Europa, sondern kann sehr wohl auch in Nordafrika sein. Daran sollten sich die Seenotretter halten, sonst werden sie sehenden Auges zum verlängerten Arm der Schleuser.“

Geld für Seenotretter: Baerbocks Ministerium will dabei bleiben

Trotz der deutlichen Kritik aus Italien will man im Auswärtigen Amt an der Finanzierung der Organisationen festhalten. Auf Anfrage der Berliner Zeitung verweist ein Sprecher des Ministeriums auf die Entscheidung des Bundestags vom vergangenen November.

Das Ziel sei, sowohl die private Seenotrettung auf See als auch Projekte an Land für gerettete Flüchtlinge zu fördern. „Uns haben mehrere Zuwendungsanträge erreicht. Die Prüfung der Anträge ist in drei Fällen bereits abgeschlossen. Eine Auszahlung der Mittel steht in diesen Fällen in Kürze bevor“, sagte der Sprecher.

Beschlossen sind demnach Zahlungen an die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio – die Menschen in Italien versorgt – sowie an die Organisationen SOS Humanity und Sea Eye. Letztere sollen das Geld für Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer erhalten. „Der Umfang der Projektförderung liegt jeweils zwischen 300.000 und 800.000 Euro“, sagt der Ministeriumssprecher – er kündigt an, dass weitere Bescheide oder Verträge folgen würden, „sobald alle erforderlichen Schritte dafür erfolgt sind“.


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