Musik-Skandal

Vorwürfe gegen Till Lindemann: Jetzt reagieren auch Rammstein-Coverbands

In ihren Shows imitieren Tribute-Bands wie Völkerball, Stahlzeit und Meinstein die brachialen Auftritte ihres Vorbilds Rammstein. Was sagen sie zu den aktuellen Geschehnissen?

Nein, das sind nicht Rammstein, sondern die Coverband Völkerball, hier bei einem Auftritt vor zwei Jahren in der Brita-Arena Wiesbaden. Völkerball haben sich jetzt zur Causa Rammstein geäußert.
Nein, das sind nicht Rammstein, sondern die Coverband Völkerball, hier bei einem Auftritt vor zwei Jahren in der Brita-Arena Wiesbaden. Völkerball haben sich jetzt zur Causa Rammstein geäußert.Bobo/Imago

Sie heißen Stahlzeit, Feuerengel, Völkerball, Meinstein, Stammheim, Weissglut oder Die Bestien. Und sie alle haben eines gemeinsam: Es handelt sich um Tribute- und Coverbands, die bei ihren Konzerten die Lieder ihres Vorbilds Rammstein spielen. Sie kostümieren sich wie die echten Rammstein-Mitglieder und imitieren auch die Show, so gut es geht. Zwar reichen Pyro-, Sound- und Lichttechnik nicht an das bombastische Original heran, viele Fans verehren die Coverbands dennoch.

Bands, die in diesen Zeiten natürlich ebenfalls mit den Vorwürfen befasst sind, die seit Ende Mai gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann erhoben wurden. Wie das Vorbild touren zwar auch die Tribute-Bands weiterhin und versuchen, ihren Fans eine gute Show zu liefern.

Doch wie geht das, wenn auf der einen Seite die Anschuldigungen mehrerer Frauen im Raum stehen, die teils beängstigende Situationen bei Rammstein-Aftershowpartys schildern. Wenn die Berliner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Lindemann eingeleitet hat. Wenn auf der anderen Seite Lindemann die Vorwürfe gegen sich zurückweist und für ihn bis zum Abschluss der Ermittlungen natürlich die Unschuldsvermutung gilt.

Völkerball: „Wir verurteilen jede Form von Gewalt und Missbrauch“

Das Thema treibt auch die Coverbands und deren Fans um, man kann das auf Social Media und in Fanforen nachlesen. Auf Anfrage der Berliner Zeitung wollte sich bislang nur eine der Gruppen zur Thematik äußern. Die Band Stahlzeit teilte am Mittwoch mit, sie habe die Medienberichte selbstverständlich verfolgt, „allerdings haben wir keinerlei Einblicke in mögliche Geschehnisse außerhalb der künstlerischen Tätigkeit der Gruppe Rammstein. Wir können dazu keine Stellung nehmen.“

Als Band zolle man dem künstlerischen Bühnenwerk Tribut. Stahlzeit stünden „schon immer für Toleranz und Respekt und verurteilen Übergriffigkeiten jedweder Art, unabhängig davon, wo oder wie diese stattfinden“. Ihnen gegenüber gebe es keine Vorwürfe, man freue sich auf die kommenden Konzerte, die alle wie geplant stattfinden – so auch am 25. November in der Berliner Columbiahalle. „Tatsächlich stellen wir in den letzten Wochen eine verstärkte Ticketnachfrage fest“, heißt es in der Antwort der Band an die Berliner Zeitung.

Andere Rammstein-Tribute-Bands haben via Social Media Statements abgegeben. So schrieben Völkerball bei Instagram: „Aufgrund der aktuellen Situation möchten wir Euch über unsere Kanäle direkt mitteilen, was uns wichtig und selbstverständlich ist: Wir verurteilen jede Form von Gewalt und Missbrauch. Wir machen unser Ding aus Liebe zur Musik und schauen auch aktuell nach jeder Show in tausende glückliche Gesichter.“

Völkerball gibt es seit 2008, benannt haben sie sich nach einem Livealbum von Rammstein. Die Shows sind regelmäßig ausverkauft; gerade standen sie in Koblenz auf der Bühne, in den kommenden Wochen stehen Auftritte bei Festivals und Open Airs auf dem Programm. Völkerball bezeichnen sich als „authentischste Rammstein-Tribute-Show“, mehr als 500 Shows habe man in ganz Europa bereits gespielt, steht auf der Website.

Auf Facebook schiebt die sechsköpfige Combo aus Koblenz, die auch eigene Kompositionen veröffentlicht, noch eine Information hinterher: „Da wir als Band Völkerball bisher kein Statement zum Thema Missbrauch auf Rammstein-Konzerten abgegeben haben, hat man uns (darunter auch in der Presse) einige unfaire Dinge vorgeworfen. Wir werden aktuell zum Teil stark kritisiert, nur weil wir die Musik von Rammstein spielen. Wir finden das ziemlich verrückt. Da wir nicht aufhören werden, Rammstein-Tribute-Shows so gut wir können auf die Beine zu stellen, und wir es ungerecht finden, deshalb Vorwürfe gemacht zu bekommen, möchten wir hier einfach ein paar Dinge klarstellen. Wir verurteilen Gewalt und Missbrauch. Wir wünschen einfach allen eine tolle Zeit auf unseren Konzerten. Das ist alles.“

Für ihre Statements bekamen Völkerball viel Zuspruch. Wie alle Coverbands leben auch die Rammstein-Tributes vom Erfolg und dem gleichzeitigen Sich-Rarmachen des Originals. Metallica, Kiss und ABBA haben welche, die Beatles, Queen und AC/DC. Rammstein aber hat in den vergangenen Jahren besonders viele Cover- und Tribute-Bands auf den Plan gerufen, die zwischen Plauen und Bad Dürkheim unermüdlich unterwegs sind, kleine Bühnen und größere Hallen bespielen. 

Tributes, die sich ausschließlich einem Interpreten widmen, wurden in den 90er-Jahren zum Trend. Sie konzentrieren sich – im Gegensatz zu Coverbands, deren Augenmerk nicht so stark auf Authentizität liegt – in erster Linie auf das perfekte Nachahmen einer bekannten Band. Dabei beschränken sie sich nicht nur aufs Kopieren der Musik, sondern eifern ihren Vorbildern auch im äußeren Erscheinungsbild nach.

Nahbar und günstig: Der Erfolg von Tribute-Bands begann in den 90ern

Auftritte von Tribute-Bands sind immer auch Shows von Fans für Fans. Beim Publikum entsteht bestenfalls die Illusion, Konzerte des Originals zu besuchen. Konzerte, die wie im Falle von Rammstein immer seltener und immer unbezahlbarer werden. Und die stets gleich ausverkauft sind, sobald die Tickets in den Handel gehen. Deshalb spielen gute Tribute-Bands wie Stahlzeit heutzutage in ausverkauften Hallen und vor mehreren Tausend Besuchern. Längst haben sie eine eigene treue Fanbase.

Das gilt auch für die Band Meinstein aus Barcelona, die am Dienstagabend ebenfalls zu den aktuellen Geschehnissen Stellung nahm. In einem langen Instagram-Video äußert sich Frontmann und Sänger Erik Segel. Aufgrund der Ereignisse der letzten Wochen, die Rammstein direkt betreffen, sei man „gezwungen, diese Mitteilung aufzunehmen, um zu erklären, wie die Situation gerade ist und wie sie uns als Band beeinflusst“.

Es verstehe sich von selbst, „dass wir bei Meinstein jede Form von Missbrauch ablehnen und verurteilen, unabhängig davon, wer ihn begeht, wer ihn erleidet und unter welchen Umständen“. Dieser Fall sei jedoch komplex geworden, da er nun in den Händen der Justiz liege und nur durch polizeiliche und gerichtliche Ermittlungen gelöst werden könne. „Es gibt also nicht viel, was wir oder ihr von zu Hause aus tun können, außer zu warten, und das Warten wird schwierig sein, denn diese Prozesse dauern sehr lange. Und bis dahin werden wir nicht wissen, was wir davon halten sollen.“

Die Band wünsche sich natürlich, „dass nichts davon wahr ist, denn Rammstein ist etwas sehr Wichtiges, das unser Leben in vielerlei Hinsicht geprägt hat, und wir wären sehr enttäuscht, wenn das alles wahr wäre“. Als Meinstein fungiere das Projekt seit elf Jahren, die Mitglieder lebten zwar für, aber nicht von der Musik, jeder habe seinen eigenen Job.

Segel, der Till Lindemann schon mit 13 vor dem Spiegel imitierte und mit der Musik von Rammstein Deutsch lernte, sagt, es gebe „eine Menge Besorgnis über dieses Thema, man kann es in den letzten Proben spüren, die wir hatten. Wir tun nichts anderes als darüber zu reden, aber wir setzen unsere Instrumente ein und wir spielen Rammstein in diesem Raum und die Leidenschaft, die wir fühlen, wenn wir ihre Songs spielen. Es ändert sich nichts, denn wir sind der Meinung, dass gute Kunst unter allen Umständen gute Kunst ist, und deshalb spielen wir weiterhin mit der gleichen Leidenschaft wie immer, wir machen einen Unterschied zwischen Arbeit, Person und ihren Aktionen.“

Das Statement der Band, die vor allem in spanischen Clubs auftritt, endet mit den Worten: „Aus all diesen Gründen wollen wir mitteilen, dass wir das, was wir tun, so lange tun werden, wie es uns erlaubt ist, denn wir haben noch viele Termine vor uns. Wir wollen sie alle wahrnehmen, bis alles geklärt ist.“