Musik

Rammstein-Drummer bricht als Erster das Schweigen: „Till hat sich seine eigene Blase geschaffen“

Erstmals äußert sich mit Christoph Schneider ein Bandmitglied nach den schweren Anschuldigungen gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann.

Christoph Schneider (r.) mit seiner Band bei einer Filmpremiere 2015 in Berlin
Christoph Schneider (r.) mit seiner Band bei einer Filmpremiere 2015 in BerlinChristina Kratsch/Imago

Es hat lange gedauert, aber nun hat sich erstmals ein Bandmitglied von Rammstein zu den Vorwürfen gegen den Frontmann Till Lindemann geäußert. Es handelt sich um den Schlagzeuger Christoph Schneider, 57 Jahre alt, geboren in Ost-Berlin und von Anfang an in der Band dabei. Bislang hatten Rammstein immer nur gemeinsame Statements abgegeben.

Schneider schreibt nun auf seinem Instagram-Profil: „Liebe Leute, ich möchte meine persönlichen Emotionen und Gedanken mit euch teilen. Die Anschuldigungen der letzten Wochen haben uns als Band und mich als Menschen tief erschüttert. Euch Fans sicherlich ebenfalls. Ich fühle mich wie im Schock durch die Dinge, die in den sozialen Medien und der Presse über unseren Sänger geteilt und gedruckt wurden. Dies ist für uns Bandmitglieder und die Crew ein Auf und Ab der Emotionen.“

Weiter schreibt der Drummer, der seinem Bandkollegen Flake zufolge als diszipliniertestes und uneitelstes Mitglied der Band gilt: „Nein, ich glaube nicht, dass etwas strafrechtlich Relevantes (wie z.B. der Einsatz von KO-Tropfen) passiert ist. Nein. Ich glaube nicht, dass etwas Verbotenes vor sich ging, habe so etwas nie beobachtet und dergleichen auch von niemandem aus unserer hundertköpfigen Crew gehört. Alles, was ich von Tills Partys mitbekommen habe, waren erwachsene Menschen, die miteinander gefeiert haben. Und trotzdem sind anscheinend Dinge passiert, die – wenn auch rechtlich ok – ich persönlich nicht in Ordnung finde.“

Gewisse Strukturen seien gewachsen, heißt es in dem langen Statement weiter, „die über die Grenzen und Wertvorstellungen der restlichen Bandmitglieder hinausgingen. Es ist uns auch deshalb wichtig, dass Tills Partys nicht mit unseren offiziellen Aftershowpartys verwechselt werden.“

Dieses Bild stammt von Alena Makeevas Instagram-Account. Es zeigt die „Casting-Direktorin“ mit Schneider.
Dieses Bild stammt von Alena Makeevas Instagram-Account. Es zeigt die „Casting-Direktorin“ mit Schneider.Instagram/alena_makeeva

Der 60-jährige Frontmann Lindemann habe sich „in den letzten Jahren von uns entfernt und sich seine eigene Blase geschaffen. Mit eigenen Leuten, eigenen Partys, eigenen Projekten. Das hat mich traurig gemacht, definitiv. Ich glaube Till, wenn er uns sagt, dass er seinen privaten Gästen stets eine schöne Zeit bereiten wollte und will. Wie diese Gäste sich das genau vorgestellt hatten, unterscheidet sich jedoch anscheinend in einigen Fällen von seinen eigenen Vorstellungen. Die Wünsche und Erwartungen der Frauen, die sich jetzt gemeldet haben, wurden wohl nicht erfüllt.“

Ihren Aussagen zufolge hätten sich die Frauen „unwohl gefühlt, am Rande einer für sie nicht mehr kontrollierbaren Situation. Das tut mir leid für sie und ich spüre Mitgefühl. Es ist mir dennoch wichtig, etwas Objektives zu betonen: Jedem Gast im Backstagebereich steht es frei, wieder zu gehen.“ Alle Flaschen seien versiegelt und würden vor den Augen der Gäste frisch geöffnet oder sie würden diese selbst öffnen, betont Schneider.

Kommentare der Rammstein-Fans gespalten: Erzwungen oder ehrlich?

Man wolle, dass sich alle Gäste wohl und sicher fühlen. „Das ist unser Standard. Deshalb tut es mir leid zu hören, dass dies manche nicht so empfunden haben.“ Schneider richtet das Wort auch an Shelby Lynn, die Nordirin, die mit ihrem Twitter-Post Ende Mai die Causa Rammstein ins Rollen gebracht hatte. „Sie hätte ein tolles Konzert und einen wunderschönen Abend verdient gehabt“, schreibt der Musiker.

Er wünsche sich ein besonnenes Reflektieren und Aufarbeiten, auch in seiner Band. Weder Victim Blaming sei richtig, noch Frauen Mitte 20 die Fähigkeit abzusprechen, selbstbestimmt über ihre Sexualität zu entscheiden. Schneiders Posting endet mit dem Satz: „Wir stehen zusammen.“ Damit seien ausdrücklich alle sechs Rammstein-Mitglieder gemeint.

Die ersten Reaktionen in den Kommentaren fallen unterschiedlich aus. „Das Statement wirkt mehr als gezwungen auf mich. Du warst in meiner Jugend ein großes Vorbild an den Drums! Mit diesem passiven Verhalten und der Billigung des Machtmissbrauchs, welcher bereits auf der Hand liegt, zerstört ihr euer Erbe!“, schreibt ein User. Andere bedanken sich für „das offene und ehrliche Statement“.


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