- Die Ukraine hat am Montag „offensive Aktionen“ in einigen Frontabschnitten bestätigt und Geländegewinne nahe der zerstörten Stadt Bachmut bekannt gegeben.
- Der Kachowka-Staudamm wurde am Dienstagmorgen gesprengt
- 24 Dörfer in Staudamm-Region überflutet - Evakuierungen haben begonnen.
- IAEA: Kein „unmittelbares nukleares Risiko“ für AKW.
- Bundeskanzler Scholz: „Neue Dimension“ im Ukraine-Krieg erreicht.
- Wasser in Nowa Kachowka bereits um zwölf Meter angestiegen - Notstand ausgerufen.
- Der Kreml spricht von ukrainischer Sabotage – Wladimir Putin wird über jede Entwicklung informiert.
- Ukraine wirft Russland vor UN-Gericht unter anderem wegen Staudamm-Sprengung Staatsterrorismus vor.
- Der UN-Sicherheitsrat kommt noch am Dienstag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen.
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Dienstag, 6. Juni
Selenskyj: Lassen uns durch russische Dammsprengung nicht aufhalten
Die Ukraine wird sich laut Präsident Wolodymyr Selenskyj auch durch die Explosion des Staudamms am Dnipro im Süden des Landes nicht an der Rückeroberung besetzter Gebiete hindern lassen. „Die von russischen Terroristen verursachte Katastrophe im Wasserkraftwerk Kachowska wird die Ukraine und die Ukrainer nicht aufhalten“, sagte Selenskyj am Dienstag in seiner abendlichen Videobotschaft.
Nach Darstellung Selenskyjs diente die Sprengung des Staudamms dazu, die ukrainische Gegenoffensive auszubremsen. „Wir werden trotzdem unser gesamtes Land befreien“, kündigte er an. Solche Attacken könnten Russlands Niederlage nicht verhindern, sondern führten nur dazu, dass Moskau am Ende einen höheren Schadenersatz zahlen müsse. Der ukrainische Generalstaatsanwalt habe sich bereits an den Internationalen Strafgerichtshof mit der Bitte um eine Untersuchung der Explosion gewandt.
Den Menschen in der Region sagte Selenskyj derweil Hilfe zu. Die Regierung tue alles, um Hochwasseropfer zu retten und die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen.
Selenskyj präsentierte auch eine Begründung dafür, warum Russland die von ihr kontrollierte Halbinsel Krim mit solch einer Sprengung von der Wasserversorgung abschneide. Moskau hat sich seinen Angaben nach bereits darauf eingestellt, die seit 2014 annektierte Krim zu verlieren.
USA: Nicht sicher über Hintergründe der Staudamm-Zerstörung
Die USA haben keine gesicherten Erkenntnisse über die Hintergründe der Zerstörung des Kachowka-Staudamms – ein amerikanischer UN-Vertreter hält eine Sabotage durch Kiew aber für unwahrscheinlich. „Warum sollte die Ukraine so etwas ihrem eigenen Territorium und ihren eigenen Menschen antun, ihr Land überschwemmen und Zehntausende dazu zwingen, ihre Häuser zu verlassen? Das macht einfach keinen Sinn“, sagte der stellvertretende Botschafter Robert Wood am Dienstag vor der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Wood sagte, er hoffe, in einigen Tagen mehr Informationen zu dem offensichtlichen Angriff auf den Damm zu haben.
Russischer UN-Botschafter: Humanitäre Hilfe muss über Russland kommen
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms will Russland UN-Hilfskräfte nur dann auf das von Moskau kontrollierte Gebiet lassen, wenn sie über Russland dorthin reisen. „Sie weigern sich einfach, von der Russischen Föderation aus zu gehen“, sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja vor einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Zugang sei den Hilfskräften „erlaubt, sofern sie aus dem richtigen Gebiet einreisen.“ Nebensja ließ zudem durchblicken, dass er eine unabhängige Untersuchung zu den Hintergründen der Zerstörung befürworten würde. Die Ukraine beschuldigt Russland, den Damm gesprengt zu haben, dessen Zerstörung große Überflutungen verursacht hat. Moskau behauptet, dass ukrainische Truppen die Anlage beschossen hätten. Nach UN Angaben sind mindestens 16.000 Menschen in der Region durch Überschwemmungen obdachlos geworden.
THW schickt nach Zerstörung von Staudamm in Ukraine Wasserfilter in die Region
Nach der Explosion des Kachowka-Staudamms in der Ukraine hat das Technische Hilfswerk (THW) Hilfe zugesagt. Der ukrainische Katastrophenschutz (DSNS) erhalte 5000 Wasserfilter, teilte das THW am Dienstag in Bonn mit. Jeder dieser Filter stelle die Versorgung einer Familie mit sauberem Wasser sicher. Finanziert würden die Hilfsgüter vom Auswärtigen Amt.
„Mit der Lieferung der Wasserfilter leistet das THW einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Menschen, die in der Ukraine vor den Wassermassen fliehen mussten,“ erklärte THW-Präsident Gerd Friedsam.
Frankreich bietet Ukraine nach Damm-Zerstörung Hilfe an
Frankreich hat der Ukraine nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden des Landes Unterstützung angeboten. „Frankreich hält sich bereit, den ukrainischen Behörden Hilfe zu leisten, um auf die Folgen der teilweisen Zerstörung des Damms zu reagieren“, hieß es in einem Schreiben des französischen Außenministeriums vom Dienstagabend. Man sei wegen der humanitären und ökologischen Auswirkungen sowie der Folgen für die Sicherheit des Atomkraftwerks Saporischschja sehr besorgt. Die Zerstörung bezeichnete Frankreich als „besonders schwere Tat“. „Sie illustriert erneut die tragischen Konsequenzen eines Überfalls, für den Russland die alleinige Verantwortung trägt.“
Moskau wirft Kiew nach Dammbruch Terroranschlag gegen Zivilisten vor
Kurz vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrats hat das russische Außenministerium die Ukraine beschuldigt, den Kachowka-Staudamm zerstört zu haben. „Der Vorfall ist ein Terroranschlag, der sich gegen zutiefst zivile Infrastruktur richtet“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung der Behörde. Russland habe die Sitzung des UN-Sicherheitsrats initiiert, um die von Kiew ausgelöste große „humanitäre und ökologische Katastrophe“ zu verurteilen. Die Ukraine ihrerseits wirft Russland die Sprengung des Staudamms vor.
Laut dem Außenministerium in Moskau handelt es sich um eine geplante und gezielte Aktion des ukrainischen Militärs im Rahmen der eigenen Gegenoffensive. Kiew habe den Staudamm nicht nur beschossen, sondern den Wasserstand durch die vorherige Öffnung einer Schleuse am Oberlauf des Dnipro auf ein kritisches Niveau angehoben. Durch den Dammbruch würden die Landwirtschaft und das Ökosystem der Region Cherson geschädigt und die Wasserversorgung der Krim beeinträchtigt, so der Vorwurf aus Moskau.
Die 2014 von Russland annektierte Krim erhält Wasser aus dem Dnipro über einen Kanal. Wurde dieser nach 2014 zwischenzeitlich trockengelegt, so hat Russland nach der Besetzung des Kachowka-Staudamms auch den Kanal Richtung Krim für die Bewässerung der Halbinsel wieder geöffnet.
Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats noch am Dienstag
Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine sollte noch am Dienstag den UN-Sicherheitsrat in New York beschäftigen. Eine Dringlichkeitssitzung sei für 16 Uhr (22 Uhr MESZ) anberaumt worden, teilten Diplomatenkreise der Deutschen Presse-Agentur mit.
Tausende Menschen werden nach Zerstörung des Kachowka-Staudamms in Sicherheit gebracht
In der Ukraine wächst nach der teilweisen Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden des Landes die Angst angesichts der Überschwemmungen und der Gefahr eines möglichen Atom-Unfalls. Ukrainische Behörden leiteten am Dienstag die Evakuierung von rund 17.000 Menschen ein. Auf der von Russland besetzten Seite des Flusses Dnipro sollten weitere 25.000 Anwohner fortgebracht werden. Nach Angaben des ukrainischen Innenministers, Igor Klymenko, wurden 24 Ortschaften überschwemmt.
Der Chef der Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, warnte unterdessen vor den Folgen für die Kühlung des Atomkraftwerks Saporischschja.
USA nach Damm-Zerstörung: Wollen herausfinden, was genau passiert ist
Die US-Regierung erwartet nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine „erheblichen Schaden“ für die Menschen in der Ukraine und die Region. „Wir wissen, dass es Opfer gibt, darunter wahrscheinlich auch viele Tote, auch wenn es sich um erste Berichte handelt und wir das im Moment noch nicht beziffern können“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag im Weißen Haus. „Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend sagen, was passiert ist“, fügte er hinzu. US-Präsident Joe Biden sei am Morgen (Ortszeit) über die Ereignisse informiert worden.
Die Ukraine beschuldigt Russland, den Damm gesprengt zu haben, dessen Zerstörung große Überflutungen verursacht hat. Russland hat die Hoheit über das Wasserkraftwerk. Moskau behauptet hingegen, dass ukrainische Truppen die Anlage beschossen hätten. Auch die US-Regierung betonte am Dienstag, dass Russland während der Explosion die Kontrolle über das Wasserkraftwerk gehabt habe. „Wir versuchen immer noch zu beurteilen, was hier passiert ist“, machte Kirby gleichzeitig deutlich. Neben dem Verlust von Menschenleben könnte die Zerstörung des Kraftwerks auch verheerende Auswirkungen auf die Energiesicherheit der Ukraine haben, warnte er.
Südukrainischer Zoo nach Dammbruch überflutet – Tiere wohl tot
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine leiden auch viele Tiere unter den Überschwemmungen. So soll in der Stadt Nowa Kachowka ein Zoo mit etwa 300 Tieren überflutet worden sein, wie die Zeitung Ukrajinska Prawda am Dienstag berichtete. Die Besitzerin gehe davon aus, dass praktisch alle Tiere - darunter Affen, Esel und Ponys - bei der Flut getötet worden seien, hieß es weiter.
Auch in anderen Orten waren nach der Sprengung des Staudamms in den frühen Morgenstunden Tiere vom Hochwasser betroffen. Ein Online-Video zeigte etwa Schwäne auf einem überfluteten Platz vor einem örtlichen Rathaus. Auf einer anderen Aufnahme, die die ukrainische Polizei veröffentlichte, war ein Beamter zu sehen, der einen Hund aus dem Wasser rettete. Das ukrainische Innenministerium wies in einem Tweet darauf hin, dass bei einer Notfall-Evakuierung eventuell zurückbleibende (Haus-)Tiere nie angeleint oder in Käfigen eingesperrt sein sollten, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen.
Weitere am Dienstag geteilte Bilder und Videos zeigten außerdem ein aus dem Wasser gerettetes Rehkitz, Biber auf überfluteten Straßen von Cherson und Menschen, die Kühe vor dem steigenden Wasser retteten.
Moskau meldet Tod von über 70 Soldaten bei Angriffen
In einem seltenen Schritt hat die russische Armee am Dienstag den Tod von 71 ihrer Soldaten bei Einsätzen zur Abwehr ukrainischer Angriffe bekanntgegeben. „Seit drei Tagen hat das ukrainische Regime eine lange versprochene Offensive in verschiedenen Abschnitten der Front gestartet“, sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu. „Insgesamt wurden 71 Soldaten getötet und 210 verletzt.“ Moskau gibt nur selten Verluste in den eigenen Reihen bekannt.
Schoigu sagte zudem, mehrere Panzer und weitere Fahrzeuge sowie Artilleriegeschütze seien beschädigt worden. Seinen Angaben zufolge setzte die Ukraine seit Sonntag „eine große Menge an Ausrüstung und Kräften“ an verschiedenen Abschnitten der Front ein. „Die Angriffsversuche wurden vereitelt (...). Der Feind hat seine Ziele nicht erreicht, er hat hohe Verluste erlitten“, versicherte Schoigu.
Der russische Verteidigungsminister beschuldigte die ukrainischen Streitkräfte, für die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine verantwortlich zu sein. Durch die Zerstörung in dem von Russland besetzten Gebiet wurden umliegende Gebiete überflutet. Diese „Sabotage“ ziele darauf ab, „offensive Aktionen der russischen Armee in diesem Bereich der Front zu verhindern“, sagte Schoigu. Kiew wiederum warf Moskau vor, die Verantwortung für die Zerstörung des Staudamms zu tragen.
Auch Bundesamt sieht „keine unmittelbare Gefahr“ für AKW
Die Zerstörung eines Staudamms in der Süd-Ukraine stellt nach Einschätzung des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) für das nordöstlich davon gelegene Atomkraftwerk Saporischschja „keine unmittelbare Gefahr“ dar. Das teilte eine Sprecherin des BfS am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur mit. Das Atomkraftwerk sei nicht von Überschwemmungen betroffen, weil es flussaufwärts am Dnipro liege. Darüber hinaus sei das Kühlbecken des Atomkraftwerks „nicht vom abrupten Absenken des Wasserstandes bedroht“. Zuerst hatte die Funke Mediengruppe darüber berichtet.
Kiew fordert Dringlichkeitssitzung von UN-Sicherheitsrat
Nach der teilweisen Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der ukrainischen Region Cherson hat die Ukraine eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats gefordert. Die Ukraine bringe „die Frage des russischen Terroraktes“ zudem vor den Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), erklärte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Dienstag. Er forderte die EU und die G7-Staaten zudem auf, „neue, verheerende Sanktionen gegen Russland zu verhängen“.
EU: Hunderttausende Menschen bedroht – Unterstützungsangebot
Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine gefährdet nach Angaben der EU Hunderttausende Zivilisten. Betroffen seien etwa 80 Siedlungen, darunter auch die Gebietshauptstadt Cherson, teilten der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und der für Krisenmanagement zuständige Kommissar Janez Lenarcic am Dienstag mit. Zudem beeinflussten die sinkenden Wasserstände auch den Kühlwasser-Zugang des Atomkraftwerks Saporischschja.
Die beiden EU-Vertreter machten wie andere europäische Spitzenpolitiker Russland für die Zerstörung verantwortlich. Indem Russland das ordnungsgemäße Funktionieren der Sicherheits- und Sicherungssysteme des Atomkraftwerks gefährde, setze es seinen unverantwortlichen Atompoker fort, kritisierten Borrell und Lenarcic. Die Europäische Union verurteile diesen Angriff auf das Schärfste. Er stelle eine neue Dimension russischer Gräueltaten dar und könnte als Kriegsverbrechen gewertet werden.
Borrell und Lenarcic boten der Ukraine zudem Unterstützung der EU an. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen verfolge aktiv die Lage und stehe in engem Kontakt mit dem ukrainischen staatlichen Nothilfedienst, teilten sie mit. Man stehe bereit, um auf alle unmittelbaren Bedürfnisse einzugehen - einschließlich nach Nahrungsmitteln und Trinkwasser.
Ukraine: Wasserkraftwerk ist „komplett zerstört“
Nach der Explosion an dem russisch besetzten Kachowka-Staudamm im Süden der Ukraine ist das dortige Wasserkraftwerk nach ukrainischen Angaben „komplett zerstört“. Das Kraftwerk könne nicht wiederhergestellt werden, die Hydraulik sei weggeschwemmt worden, teilte der Leiter des ukrainischen Energiebetreibers Ukrhydroenergo, Igor Syrota, am Dienstag im ukrainischen Fernsehen mit.
Durch die teilweise Zerstörung des Staudamms sind nach Angaben des ukrainischen Innenministers, Igor Klymenko, 24 Ortschaften überschwemmt worden. „Rund eintausend“ Bewohner seien bereits aus den betroffenen Zonen weggebracht worden, die Evakuierung laufe weiter.
Keine „unmittelbare Gefahr“ für AKW Saporischschja
Nach der Zerstörung des südukrainischen Kachowka-Staudamms besteht laut Internationaler Atomenergiebehörde (IAEA) keine unmittelbare Gefahr für das nordöstlich gelegene Atomkraftwerk Saporischschja. In dem von Russland besetzten AKW würden jedoch Maßnahmen zum Weiterbetrieb der Kühlsysteme getroffen, die normalerweise mit dem aufgestauten Wasser gespeist werden, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi am Dienstag in Wien.
„IAEA-Experten am Atomkraftwerk Saporischschja beobachten die Situation genau“, teilte Grossis Behörde auf Twitter mit. „Keine unmittelbare Gefahr am Kraftwerk.“ Auch ein Sprecher des russischen Atomkonzerns Rosenergoatom sagte der Agentur Interfax, das AKW - das ebenso wie der Kachowka-Staudamm am Fluss Dnipro liegt - sei nicht betroffen.
UN-Gericht befasst sich mit Klage der Ukraine
Die Ukraine hat Russland vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen wegen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Staatsterrorismus vorgeworfen. Der ukrainische Sonderbotschafter Anton Korynevych sprach am Dienstag vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag von einem gezielten Angriff auf die Zivilbevölkerung und die Umwelt. Kiew machte Moskau abermals auch für den Abschuss des Passagierfluges MH17 im Jahr 2014 verantwortlich, bei dem 298 Menschen ums Leben kamen.
Seit 2014 unterstütze Moskau eine „Kampagne von Einschüchterung und Terror“ gegen die Ukraine, sagte der Botschafter. Jüngstes Beispiel sei der Angriff auf den Staudamm. „Russlands Taten sind die eines terroristischen Staates.“ Moskau wiederum beschuldigt die Ukraine, hinter der Sprengung des Staudamms in der Nacht zum Dienstag zu stecken.
Das UN-Gericht in den Niederlanden befasst sich seit Dienstag mit einer Klage der Ukraine gegen die russische Aggression. Kiew hatte die Klage bereits 2017 eingereicht - lange vor dem russischen Überfall auf das Nachbarland im Februar vergangenen Jahres. Nach Darstellung der Ukraine hat die Aggression 2014 im Donbass und auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim begonnen, die Russland bis heute annektiert.
Die Rechtsvertreter der Ukraine legten den 16 Richtern im Friedenspalast Unterlagen vor, wonach Moskau gegen die Konvention zur Finanzierung von Terrorismus verstoße. So seien die pro-russischen Rebellen in der Ostukraine mit Waffen und Geld ausgestattet worden, obwohl Moskau wisse, dass zivile Ziele angegriffen werden.
Baerbock macht Moskau verantwortlich für Umweltkatastrophe
Außenministerin Annalena Baerbock hat Russland für die Überflutungen nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine verantwortlich gemacht. „Für diese menschengemachte Umweltkatastrophe gibt es nur einen Verantwortlichen: der verbrecherische Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine“, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei ihrer Lateinamerika-Reise im brasilianischen São Paulo. „Mit dem Kachowka-Damm wird ein ziviler Staudamm in Nähe eines Kernkraftwerks als Kriegswaffe missbraucht und das Leben der Menschen in der Umgebung in höchste Gefahr gebracht.“
Baerbock versicherte, dass in der Bundesregierung „mit Hochdruck“ an einem genauen Lagebild gearbeitet werde. Dies geschehe in enger Abstimmung mit der Ukraine, den anderen Staaten der Siebener-Gruppe der großen westlichen Industrienationen (G7) und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Die Ukraine beschuldigt Russland, den Damm gesprengt zu haben. Moskau behauptet, dass ukrainische Truppen die Anlage beschossen haben. Die Angaben der beiden Kriegsparteien konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Kreml spricht von ukrainischer Sabotage
Entgegen anderslautender Berichte aus Kiew und dem Westen hat der Kreml die Ukraine der Zerstörung des wichtigen Staudamms im russisch besetzten Nowa Kachowka beschuldigt. „Wir erklären offiziell, dass es sich hier eindeutig um eine vorsätzliche Sabotage der ukrainischen Seite handelt, die auf Befehl (...) des Kiewer Regimes geplant und ausgeführt wurde“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag. Beweise für die Anschuldigungen legte er nicht vor. Präsident Wladimir Putin werde über alle Entwicklungen informiert, sagte Peskow.
Die Ukraine und auch viele westliche Beobachter sind hingegen überzeugt, dass die russischen Besatzer die Staudamm-Anlage am frühen Morgen selbst gesprengt haben - möglicherweise, um so die geplante ukrainische Gegenoffensive zu behindern. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte: „Das ist ja auch etwas, das sich einreiht in viele, viele der Verbrechen, die wir in der Ukraine gesehen haben, die von russischen Soldaten ausgegangen sind.“
Russische Besatzer rufen Notstand aus
Angesichts der folgenschweren Explosion am Staudamm in der südukrainischen Stadt Nowa Kachowka haben die russischen Besatzer dort den Notstand ausgerufen. Das Wasser sei bereits um zwölf Meter angestiegen, sagte der von Russland eingesetzte Bürgermeister Wladimir Leontjew am Dienstag im russischen Staatsfernsehen.
„Die Stadt ist überflutet.“ Auch das an den Staudamm angrenzende und völlig zerstörte Kraftwerk stehe unter Wasser. Auf der russisch besetzten Seite des Flusses Dnipro sind Leontjews Aussagen zufolge insgesamt 600 Häuser in drei Ortschaften von den schweren Überschwemmungen betroffen.
Auch ukrainische Medien verbreiteten Videos, die zeigen, wie die russisch besetzte Stadt unter Wasser steht.
Nova Kakhovka is going under water. pic.twitter.com/V3U9CI4wRC
— NEXTA (@nexta_tv) June 6, 2023
Olaf Scholz zu Staudamm-Sprengung: „Neue Dimension“ im Krieg erreicht
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht in der teilweisen Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der ukrainischen Region Cherson eine „neue Dimension“ des Ukraine-Kriegs. Die Beschädigung des Damms sei etwas, „das zu der Art und Weise passt, wie Putin diesen Krieg führt“, sagte Scholz am Dienstag beim „Europaforum“ des WDR in Berlin. Es sei eine Entwicklung, „die wir mit Sorgfalt und mit Sorge betrachten“.
Auch EU-Ratspräsident Charles Michel zeigt sich angesichts der schweren Explosion an dem Staudamm bestürzt. „Schockiert über den beispiellosen Angriff auf den Nowa-Kachowka-Staudamm“, schreibt er auf Twitter. „Die Zerstörung ziviler Infrastruktur gilt eindeutig als Kriegsverbrechen – und wir werden Russland und seine Stellvertreter zur Rechenschaft ziehen.“ Er werde das Thema beim EU-Gipfel Ende Juni ansprechen und mehr Hilfe für die überfluteten Gebiete vorschlagen, schreibt er weiter. „Meine Gedanken sind bei allen von der Katastrophe betroffenen Familien in der Ukraine.“
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußert sich auf Twitter: Der Vorfall gefährde Tausende Zivilisten und verursache schwere Umweltschäden. „Dies ist eine ungeheuerliche Tat, die einmal mehr die Brutalität von Russlands Krieg in der Ukraine demonstriert.“
Ähnlich äußerten sich Vertreter der Regierung in Estland und Litauen. Estlands Außenminister Margus Tsahkna nannte die Zerstörung des Staudamms auf Twitter „Ökozid“, welches „zu enormen wirtschaftlichen Schäden und der Vertreibung Tausender Menschen“ führen werde. Russland müsse wegen seiner Kriegsverbrechen vor ein Sondertribunal gestellt werden.
Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis schrieb: „Terroristen hören erst auf, wenn sie gestoppt werden. Sie verhandeln mit nichts anderem als mit Gewalt. Sie verursachen riesige Katastrophen ohne Reue. Ich sage es noch einmal: Ein dauerhafter Frieden in Europa erfordert einen ukrainischen Sieg sowohl auf dem Schlachtfeld als auch vor Gericht. Nichts anderes wird funktionieren.“
Ukrainisches Innenministerium besorgt: „Das Wasser steigt“
Nach der Sprengung des Wasserkraftwerks Kachowka sind die Evakuierungen aus dem Gebiet Cherson am Dienstagmorgen voll im Gange, wie das Innenministerium mitteilt.
„Das Wasser steigt. Die Situation wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Straßen zu einigen Siedlungen nicht befahrbar sind“, so das Ministerium.
Rund 80 Siedlungen seien vor Überschwemmungen bedroht, wobei die meisten von ihnen unter russischer Besatzung stehen. Man sei besorgt um die Bevölkerung, die sich „im vorübergehend besetzten Teil am linken Ufers des Dnipro befindet, da das Leben russischer Terroristen keinen Wert hat“, sagte Innenminister Ihor Klymenko.
Selenskyjs Berater Podoljak: Russland will Gegenoffensive aufhalten
Kiew nennt ein klares Motiv für die Sprengung des Staudammes: Russlands Ziel sei es, Hindernisse für die geplante ukrainische Großoffensive zu schaffen. Das schreibt Präsidentenberater Michailo Podoljak auf Twitter.
Dies sei der Versuch, das Ende des Krieges hinauszuzögern und ein vorsätzliches Verbrechen. Umgesetzt habe die Sprengung des Wasserkraftwerks nach ersten Erkenntnissen die 205. Motorisierte Schützeneinheit der russischen Armee, sagt Podoljak. Russland müsse umgehend international als Terrorstaat eingestuft werden, „mit all den Konsequenzen“. Moskau wiederum gibt Kiew die Schuld.
#Russia blew up the dams of the #Kakhovka hydroelectric power plant. The purpose is obvious: to create insurmountable obstacles on the way of the advancing #AFU; to intercept the information initiative; to slow down the fair final of the war. On a vast territory, all life will be… pic.twitter.com/rFpkDbjyhj
— Михайло Подоляк (@Podolyak_M) June 6, 2023
Im Fernsehen fügt er hinzu, dass Russland mit dem Anschlag im umkämpften Gebiet Cherson die Initiative im Krieg wieder an sich reißen und die europäischen Staaten einschüchtern wolle.
Das Gebiet ist zum größten Teil von russischen Truppen besetzt, sie kontrollieren auch das Kraftwerk und damit den Füllstand im Stausee. Die Gebietshauptstadt Cherson ist unter ukrainischer Kontrolle.
Governeur von Cherson-Oblast: Evakuierungen im Gange
Die Häuser von rund 16.000 Menschen in der Region Cherson liegen in Gebieten mit „kritischem Überschwemmungsrisiko“, nachdem die russischen Streitkräfte das Wasserkraftwerk Kachowka in die Luft gesprengt haben, berichtete der Gouverneur der Region Cherson, Oleksandr Prokudin im Staatsfernsehen am Dienstagmorgen.
Wie gefährlich ist der Einsturz des Staudammes für das AKW Saporischschja?
Laut Internationaler Atomenergiebehörde (IAEA) besteht keine unmittelbare Gefahr für das nordöstlich gelegene Atomkraftwerk Saporischschja nach der Zerstörung des südukrainischen Kachowka-Staudamms. „IAEA-Experten am Atomkraftwerk Saporischschja beobachten die Situation genau“, teilt die Behörde auf Twitter mit. „Keine unmittelbare Gefahr am Kraftwerk.“
Auch ein Sprecher des russischen Atomkonzerns Rosenergoatom sagt der Agentur Interfax, das AKW - das ebenso wie der Kachowka-Staudamm am Fluss Dnipro liegt - sei nicht betroffen. Die Atom-Anlage ist infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine von russischen Truppen besetzt.
Wasserkraftwerk von Nowa Kachowka zerstört - Überflutungen gemeldet
Nach einer schweren Explosion am wichtigen Staudamm im südukrainischen Nowa Kachowka ist das angrenzende Wasserkraftwerk nach Angaben beider Kriegsparteien zerstört. Es sei „offensichtlich“, dass eine Reparatur nicht möglich sei, sagte der russische Besatzungsbürgermeister Wladimir Leontjew am Dienstag im russischen Staatsfernsehen. Auch der ukrainische Kraftwerksbetreiber sprach von einer kompletten Zerstörung der Anlage.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bezeichnete die Staudamm-Sprengung auf Twitter als „größte technische Katastrophe in Europa seit Jahrzehnten“. Das sei „ein abscheuliches Kriegsverbrechen“, der einzige Weg, Russland aufzuhalten sei Russland aus der Ukraine rauszuschmeißen
Russia destroyed the Kakhovka dam inflicting probably Europe’s largest technological disaster in decades and putting thousands of civilians at risk. This is a heinous war crime. The only way to stop Russia, the greatest terrorist of the 21st century, is to kick it out of Ukraine.
— Dmytro Kuleba (@DmytroKuleba) June 6, 2023
In der südlichen Region Cherson haben ukrainische Behörden Überflutungen gemeldet und mit der Evakuierung von Einwohnern begonnen. Mehrere Dörfer seinen „vollständig oder teilweise“ überflutet, teilte ein ukrainischer Beamter am Dienstag mit. „Etwa 16.000 Menschen befinden sich in der kritischen Zone am rechten Ufer“, erklärte der Leiter der Militärverwaltung von Cherson, Oleksandr Prokudin in einem Onlinedienst.
Kiew bezeichnet Zerstörung von Kachowka-Staudamm als „Ökozid“
Nach der Sprengung des Nowa Kachowka-Staudamms in der Ukraine hat der Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros, Andiy Yermak, den Vorfall als „Ökozid“ bezeichnet. Das geht aus einem Bericht von CNN hervor. „Die Russen werden für den möglichen Mangel an Trinkwasser für die Menschen im Süden der Region Cherson und auf der Krim sowie für die mögliche Zerstörung einiger Siedlungen und der Biosphäre verantwortlich sein“, sagte Yermak dem Bericht zufolge. Man müsse nun dafür sorgen, dass „der Feind“ auf internationaler Ebene bestraft wird. Ukraine und Russland geben sich gegenseitig die Schuld für die Sprengung.
Gesprengter Staudamm: Selenskyj beruft Sicherheitsrat ein
Selenskyj hat nach der Explosion am Kachowka-Staudamm den nationalen Sicherheitsrat einberufen. „Wasserkraftwerk Kachowka. Ein weiteres Kriegsverbrechen, begangen von russischen Terroristen“, schrieb Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak am Dienstag im Onlinedienst Telegram. „Der Präsident hat den Nationalen Sicherheitsrat einberufen“, fügte er hinzu.
Der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, warnte, innerhalb von fünf Stunden könne der Wasserstand eine kritische Höhe erreichen. Kiew und Moskau machten sich am Dienstagmorgen gegenseitig für den Vorfall mit potenziell gravierenden Folgen verantwortlich.
Russian terrorists. The destruction of the Kakhovka hydroelectric power plant dam only confirms for the whole world that they must be expelled from every corner of Ukrainian land. Not a single meter should be left to them, because they use every meter for terror. It’s only… pic.twitter.com/ErBog1gRhH
— Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) June 6, 2023
Kachowka-Staudamm gesprengt: Kiew und Moskau beschuldigen einander
Im von Russland besetzten Teil der südukrainischen Region Cherson ist nach Angaben der Kriegsparteien ein wichtiger Staudamm nahe der Front schwer beschädigt worden. Kiew und Moskau machten sich am Dienstagmorgen gegenseitig für den Vorfall mit potenziell gravierenden Folgen verantwortlich. Das ukrainische Einsatzkommando Süd teilte mit, die russischen Besatzer hätten den Damm in der Stadt Nowa Kachowka selbst gesprengt. Der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, warnte, innerhalb von fünf Stunden könne der Wasserstand eine kritische Höhe erreichen.
Auf der linken Seite des Flusses Dnipro, wo auch die von den Ukrainern befreite Gebietshauptstadt Cherson liegt, sei mit Evakuierungen begonnen worden. „Das Ausmaß der Zerstörung, die Geschwindigkeit und Menge des Wassers sowie die wahrscheinlichen Überschwemmungsgebiete werden gerade bestimmt“, erklärte Prokudin.
Die russischen Besatzer hingegen machten ukrainischen Beschuss für die Schäden am Kachowka-Staudamm verantwortlich. „Das Wasser ist gestiegen“, sagte der von Moskau eingesetzte Bürgermeister in Nowa Kachowka, Wladimir Leontjew, staatlichen russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Bislang gebe es aber keine Notwendigkeit, Zivilisten in Sicherheit zu bringen. Die Angaben beider Seiten konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Explosionen in Kiew in der Nacht - Ukrainische Truppen rücken im Osten vor
In der Nacht zum Dienstag hat es Berichten zufolge erneut landesweit Luftalarm in der Ukraine gegeben. In den frühen Morgenstunden waren in verschiedenen Bezirken der Hauptstadt Kiew heftige Explosionen zu hören, wie Ukrajinska Prawda berichtete. Laut Militärverwaltung und Bürgermeister Vitali Klitschko sei die Luftabwehr aktiviert worden, so das Internetportal.
Die ukrainischen Streitkräfte führen nach eigenen Angaben Offensivoperationen entlang der Ostfront durch. Die ukrainischen Truppen rückten in Richtung Orichowo-Wasyliwka und Paraskowiwka vor sowie 100 bis 700 Meter in Richtung Iwaniwske und Klischiwka. Das kündigte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maliar auf Telegram, wie der Kyiv Independent berichtet. In einer früheren Telegram-Botschaft hatte Maliar gesagt, dass sich das ukrainische Militär auf breiter Front in Richtung Bachmut bewege.
Montag, 5. Juni
Wolodymyr Selenskyj meldet sich zu Wort
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Erfolge der Truppen seines Landes gelobt, die diese ukrainischen Angaben zufolge nahe der zerstörten Stadt Bachmut erzielt haben. „Gut gemacht, Krieger“, sagte Selenskyj am Montag in einer Videobotschaft. „Wir sehen, wie hysterisch Russland auf jeden Schritt reagiert, den wir dort machen, auf alle Stellungen, die wir einnehmen.“ Selenskyj sagte weiter, „der Feind weiß, dass die Ukraine gewinnen wird“.
Selenskyj hatte sich zuvor bereits im Online-Nachrichtendienst Telegram zu Wort gemeldet: „Der russische Terror muss jeden Tag und jede Nacht in jeder Region unseres Landes, am Himmel jeder ukrainischen Stadt und jedes Dorfes besiegt werden“, schrieb er, ohne direkt zu bestätigen, ob die Gegenoffensive begonnen hat. „Wenn ein Angriff russischer Terroristen für die Terroristen scheitert, wird ihre Niederlage langfristig zur Quelle unserer Sicherheit“, so Selenskyj.
Ukrainische Kampfverbände testen die russischen Verteidigungslinien
Die Ukraine hat am Montag „offensive Aktionen“ in einigen Frontabschnitten bestätigt und Geländegewinne nahe der zerstörten Stadt Bachmut im Osten des Landes bekannt gegeben. „In einigen Sektoren führen wir offensive Aktionen aus“, erklärte die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Malijar im Onlinedienst Telegram. Das Gebiet rund um Bachmut bleibe „das Zentrum der Kämpfe“ und dort verzeichne die Ukraine Erfolge, fügte sie hinzu.
Bei den Angriffen handelt es sich einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge um sogenannte „Probing Attacks“, also Test-Attacken auf die feindlichen Linien. An ihnen sind nach russischen Angaben zwei bis drei Bataillone, also etwa eine Brigade der ukrainischen Armee beteiligt. Ukrainische Kampfverbände testen demnach die russischen Verteidigungslinien im Süden des Landes.
Russischer Militärblogger berichtet von ukrainischen Erfolgen
Der prominente, dem Kreml nahestehende Militärblogger Semyon Pegov, auch bekannt unter dem Pseudonym Wargonzo, erklärte, dass der ukrainische Feind bei einem Angriff in Novoselivka-Ugledar in der von Russland besetzten Region Donezk „einige Erfolge“ erzielt habe. Das berichtet Sky News. In den Regionen Saporischschja und Donezk eröffneten sie südlich der Stadt Welyka Nowosilka gleich mehrere Fronten, heißt es weiter. Ukrainische Truppen seien mehrere hundert Meter vorgedrungen.

Die Nachrichten aus dem Gebiet seien „stündlich alarmierender“. Wargonzo behauptet dem Bericht zufolge, die ukrainischen Streitkräfte hätten es geschafft, in die Außenbezirke von Nowodonezk (etwa 60 Meilen südlich von Nowoseliwka, ebenfalls in Donezk) vorzudringen. Es fänden „heftige Kämpfe“ um die Kontrolle der Siedlung statt. Er fügt hinzu: „Die Lage spitzt sich zu. Der Angriff ist viel ernster als gestern“.
Russischer Kommandeur meldet Sichtung von Leopard-Panzern
Berichte von russischen Frontoffizieren nähren aber den Verdacht, dass Moskau mit seinen Angaben nicht die Realität darstellt. Feldkommandeur Alexander Chodakowski schrieb von einer „schweren Lage“ zwischen den Ortschaften Nowodonezke und Welyka Nowosilka. Die Ukraine versuche, die Schwachpunkte der Verteidigung zu erfassen. „Erstmals haben wir in unserem taktischen Raum Leoparden gesehen“, schrieb er auf Telegram.
Die aus Deutschland stammenden Kampfpanzer Leopard sind Teil der westlichen Waffenlieferungen an Kiew. Am Morgen hatte Chodakowski, ein Kommandeur der prorussischen Separatisten, mitgeteilt, die Aktionen der Ukrainer werden „von Erfolg begleitet“.
Ukraine weist Berichte über Gegenoffensive in Donezk zurück
5. Juni: Die Ukraine wies die Darstellung über eine Gegenoffensive in der Donezk-Region zurück. Derartige Berichte sollten nur von den russischen Verlusten nahe der Stadt Bachmut ablenken, erklärt Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maliar. Zwar gingen die ukrainischen Streitkräfte an einigen Teilen der Front in die Offensive, schreibt sie auf Telegramm. Sie wies jedoch die Darstellung zurück, dies sei Teil eines größeren Vorstoßes. Die Gegend um Bachmut bleibe das „Epizentrum“ der Kämpfe.
Russland will die Gegenoffensive abgewehrt haben
Russland will laut eigenen Angaben die große Gegenoffensive Kiews abgewehrt haben. Mehr als 900 Ukrainer seien an allen Frontabschnitten binnen 24 Stunden gefallen, teilte Armeesprecher Igor Konaschenkow am Montag in Moskau mit. Allerdings wecken Berichte von russischen Offizieren an der Front Zweifel an diesen Zahlen. Kiew bestätigte die Verluste nicht und sprach von einer Desinformationskampagne, um die Ukrainer zu demoralisieren. Unabhängig lassen sich derartige Angaben zumeist nicht überprüfen.
„Der Feind hat seine gesteckten Ziele nicht erreicht“, sagte Sprecher Konaschenkow. Allein an zwei Orten an der Front habe das ukrainische Militär 300 Soldaten verloren, behauptete er und sprach von insgesamt mehr als 900 toten Ukrainern.
Kiew kündigt seit Monaten eine Gegenoffensive an, um die von Russen besetzten Gebiete im Osten des Landes zu befreien. Diese Aktion – mehr als 15 Monate nach dem russischen Angriff auf das Nachbarland – habe am Sonntagmorgen begonnen, sei aber erfolglos geblieben, behauptete Moskau.
Britischer Geheimdienst: Russische Drohnen-Offensive eher erfolglos
Im Mai flog Russland nach Einschätzung britischer Geheimdienste mehr als 300 Angriffe mit sogenannten Kamikaze-Drohnen gegen Ziele in der Ukraine. Das sei die bisher „intensivste Nutzung dieser Waffe“ gewesen, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Russland versuche vermutlich, die Ukraine zum Einsatz wertvoller, moderner Flugabwehrraketen zu bringen. Doch betonte das Ministerium: „Es ist unwahrscheinlich, dass Russland besonders erfolgreich war: Die Ukraine hat mindestens 90 Prozent der ankommenden Drohnen neutralisiert, hauptsächlich mit ihren älteren und billigeren Flugabwehrwaffen und mit elektronischen Störsendern.“
Das gelte auch für ein weiteres wahrscheinliches russisches Ziel: Angriffe auf die ukrainischen Streitkräfte weit hinter der Front. „Aufgrund seiner mangelhaften Zielerfassungsprozesse ist Russland jedoch nach wie vor sehr ineffizient, wenn es darum geht, solche dynamischen Ziele aus der Distanz zu treffen“, hieß es weiter.

















