Auf die Fahrgäste der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) kommen harte Tage zu. So ruft die Gewerkschaft Verdi zu einem weiteren Warnstreik auf - der fünften Arbeitsniederlegung im laufenden Tarifkonflikt. Am 26. und 27. März sollen U-Bahnen, Straßenbahnen und die meisten Linienbusse in Berlin erneut stillstehen, hieß es am Freitag. Zuvor hatte Verdi hat die Verhandlungen über einen neuen Entgelt-Tarifvertrag für die rund 16.600 Beschäftigten des Landesunternehmens für gescheitert erklärt. Vom 26. März bis 4. April soll es eine Urabstimmung über einen unbefristeten Erzwingungsstreik geben.
„Die Arbeitgeber hatten 40 Tage und sechs Verhandlungsrunden Zeit, ein einigungsfähiges Angebot vorzulegen. Für weitere Streiks tragen sie die Verantwortung", sagte Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt am Freitagnachmittag. Das sei eine „völlig unverständliche und nicht nachvollziehbare Reaktion“, entgegnete die BVG. Das Unternehmen forderte eine Schlichtung. Es kritisierte den neuen Warnstreik: Verdi reagiert „destruktiv. Das macht man nicht.“ Ein weiterer Streik auf dem Rücken der Berlinerinnen und Berliner wäre ein Unding.

Das sechste Treffen mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband, das am Freitag um 10 Uhr begonnen hatte, hatte gegen 15 Uhr geendet – zwei Stunden früher als geplant.
Um 16 Uhr kam die Verdi-Tarifkommission zusammen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Mit dem Scheitern der Verhandlungen startet Verdi die Vorbereitung einer Urabstimmung über unbefristete Streikmaßnahmen, hieß es am Nachmittag. Von den teilnehmenden Gewerkschaftsmitgliedern müssten mindestens 75 Prozent zustimmen, was aber als wahrscheinlich gilt. Der erste Ausstand dieser Art seit 2008 könnte danach im April beginnen. Während der laufenden Tarifrunde bei der BVG hatte es bisher vier Warnstreiks gegeben.
2026 steht die nächste Tarifauseinandersetzung bei der BVG an
Erst vor kurzem hatte die Gewerkschaft ihr 40-Tage-Ultimatum bekräftigt. Es lautet: Falls die Arbeitgeberseite bis 21. März kein akzeptables Angebot vorlegt, werde eine Urabstimmung über einen unbefristeten Streik in die Wege geleitet. Bei einem solchen Ausstand bekommen Verdi-Mitglieder Streikgeld, die Bezahlung pausiert.
„Wir bleiben berechenbar und kompromissbereit“, betonte Verdi-Verhandlungsführer Arndt am Freitagnachmittag. „Klar ist aber: Am Ende muss ein Ergebnis stehen, das die Kaufkraft der Kolleginnen und Kollegen sichert.“ Die Gewerkschaft bedauere das Scheitern der Verhandlungen, die im Januar 2025 begonnen haben. „Erneut hat die BVG ein Angebot verweigert, welches die Reallöhne der Beschäftigten sichert und ihre Leistungen angemessen honoriert“, sagte Arndt. „Die Kolleginnen und Kollegen brauchen eine Lohnerhöhung, die die extremen Preissteigerungen der vergangenen Jahre ausgleicht. Das bisherige Angebot der BVG ist weit davon entfernt.“
2026 steht die nächste Tarifauseinandersetzung bei der BVG an
Die bei Verdi organisierten Beschäftigten bei der BVG fordern monatlich 750 Euro mehr sowie 300 Euro Fahrdienst- beziehungsweise Wechselschichtzulage, 200 Euro Schichtzulage und ein 13. Monatsgehalt als Weihnachtszuwendung. „Bei der Höhe der Entgeltsteigerung hat sich die BVG erneut nicht genug bewegt, das ist der Knackpunkt“, erläuterte Arndt. „Sie ist bei der Bezahlung Schlusslicht im Vergleich zu allen anderen Verkehrsbetrieben. Das werden die Kolleginnen und Kollegen nicht länger hinnehmen.“
Die sehr gute Beteiligung an Warnstreiks in dieser Woche habe deutlich gemacht, dass die Belegschaft hinter ihren Forderungen steht. „Mehr als 6.000 BVG-Beschäftigte haben am Donnerstag vor dem Roten Rathaus ein klares Signal gesendet“, berichtete der 39 Jahre alte Gewerkschaftssekretär. „Die Arbeitgeber haben es ignoriert.“
Die BVG-Mitarbeiter zeigten auch auf die Politik, heißt es auf einem Verdi-Flugblatt. „Sie muss jetzt handeln und ihrer Verantwortung gerecht werden. Wir halten den Druck aufrecht“, so Manuel von Stubenrauch, Straßenbahnfahrer und Mitglied der Verdi-Tarifkommission. Der Zusammenhalt in der Belegschaft sei „einmalig". Der Verdi-Mann deutete an, dass es 2026 weitergeht: „Wie kämpfen dieses Jahr für bessere Löhne und nächstes Jahr für bessere Arbeitsbedingungen.“
Das Landesunternehmen teilte mit, dass die Verhandlungsrunde am Freitag „ergebnislos beendet und vertagt“ worden sei. „Die BVG steht für Gespräche weiter zur Verfügung“, hieß es. Der nächste Verhandlungstermin sei für den 10. April vereinbart.
BVG zeigt sich enttäuscht: keine Kompromissbereitschaft bei Verdi
Die BVG hatte gehofft, dass es während der sechsten Runde zu einer finalen Einigung kommt. Sie haben mit ihrem vierten Angebot eine „sehr gute“ Offerte vorgelegt, die über zwei Jahre Verbesserungen um 13,6 Prozent, für das Fahrpersonal um bis zu 17,2 Prozent vorsieht. So sollte die monatliche Grundvergütung für alle Beschäftigten bis März 2026 um insgesamt 375 Euro steigen. Das sei ein Angebot, das im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld seinesgleichen sucht, teilte die BVG mit. Mit ihm sei das Unternehmen an die Grenze des wirtschaftlich Machbaren gegangen. Das Gesamtvolumen des vorliegenden Angebots beläuft sich bei einer Laufzeit von 24 Monaten auf rund 250 Millionen Euro.
„Es lag an Verdi, sich endlich zu bewegen und den Ball aufzunehmen. Im Verlauf der Verhandlung ist jedoch deutlich geworden, dass es auf Gewerkschaftsseite keinerlei Bewegung gibt und Verdi weiter an der realitätsfremden und nicht finanzierbaren Forderung von insgesamt 30 Prozent/750 Euro pro Monat mehr Gehalt festhält“, hieß es. Die Gewerkschaft halte stur an ihren im Oktober 2024 veröffentlichten Forderungen fest.
Auch bei dem jüngsten Treffen sei keine Kompromissbereitschaft erkennbar gewesen. „Dabei muss nun allen klar sein, dass eine weitere Erhöhung des Angebots durch die BVG nur mit gravierenden Auswirkungen auf Mitarbeitende und Fahrgäste einhergehen kann“, mahnte das Unternehmen.
Schlichtung des Tarifstreits könnte nächste Woche beginnen
Um weiteren Schaden und neue Streiks für Berlin abzuwenden, ruft die BVG die Gewerkschaft Verdi auf, den bestehenden Tarifkonflikt schnellstmöglich über eine Schlichtung zu lösen. Das hat es bei einem Tarifkonflikt beim größten kommunalen Nahverkehrsbetrieb in Deutschland noch nicht gegeben. „Es gilt jetzt im Sinne aller Mitarbeitenden und der Fahrgäste, den Tarifkonflikt auf diesem Weg gemeinsam zu lösen. Aus Sicht der BVG können die Schlichtungsgespräche bereits Mitte kommende Woche starten“, so die BVG.
Verdi hatte sich bisher abwartend gezeigt. „Über eine Schlichtung müssten wir intern erst mal diskutieren“, hatte Verhandlungsführer Arndt in dieser Woche mitgeteilt. Den Vorschlag der BVG, eine Schlichtung einzuleiten, werde die Gewerkschaft prüfen und zeigt sich für Gespräche bereit, hieß es am Freitagabend. „Wir bleiben gesprächsbereit und sind an einer schnellen Lösung interessiert. Jetzt ist auch der Berliner Senat gefragt, endlich Verantwortung zu übernehmen und die Finanzierung angemessener Löhne bei der BVG sicherzustellen. Nur so lässt sich eine weitere Eskalation der Tarifauseinandersetzung verhindern“, sagte Jeremy Arndt.
Der Fahrgastverband IGEB erneuerte bei Bluesky ebenfalls am Freitag seine Forderung, die BVG-Nutzer zu entschädigen, für zukünftige Streiksituationen verbindliche Notfahrpläne einzurichten und den Nahverkehr zukunftsfest zu finanzieren.
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