Das Strandbad Wannsee ist mein absoluter Lieblingsort in Berlin, besonders an so heißen Tagen wie derzeit. Ich reise meist mit leichtem Gepäck: Buch, Handtuch, Wasserflasche und etwas Geld. Für die Sommerserie der Berliner Zeitung mache ich ein Experiment: Was kann ich mit einem Zwanziger alles anfangen?
Dank Deutschlandticket ein paar Euro mehr in der Tasche
Ein Glück, dass ich das Deutschlandticket für 49 Euro monatlich besitze, so wie viele andere Berliner auch, sonst müsste ich für meine einstündige Fahrt mit Bus und S-Bahn zur Station Nikolassee schon drei Euro ausgeben. Die Bahn kommt und schon startet mein Trip. Meine Urlaubslektüre – „Harry Potter und der Halbblutprinz“ – lesend, fällt mir ein: Ich sollte das Ticket für das Strandbad schon vorab online kaufen. Die Erfahrung hat mich gelehrt: Kaufst du online, dauert es nur ein paar Minuten; kaufst du vor Ort, verschenkst du bis zu einer halben Stunde Zeit. Doch bei meinem Onlineeinkauf machte mir die Berliner Zeitung einen Strich durch die Rechnung: Die 20 Euro müssen bar ausgegeben werden. So vertiefte ich mich wieder in mein Buch und „freute“ mich auf die bevorstehende Wartezeit.
Warum ich mit 24 noch ein Kinderbuch lese? Das kann ich in der Zwischenzeit kurz erklären. Noch nie habe ich die Filme gesehen, noch nie konnte ich bei Gesprächen über Professor Albus Dumbledore oder Lord Voldemort mithalten, noch nie wusste ich über die Herkunft Harrys Narbe Bescheid. Da sagte ich mir: Diese große Wissenslücke muss endlich gefüllt werden. So begann ich vor vier Jahren mit dem ersten Buch – ich weiß, ich könnte schneller lesen, aber während des Studiums war meine Abendlektüre eher finanzwirtschaftlicher Basis – und bin jetzt beim sechsten Teil angekommen, wo sich alle über die Rückkehr Voldemorts sorgen. Mal sehen, wie es dieses Mal für Harry ausgeht.
Endlich angekommen an der Station, spaziere ich mit den anderen Badelustigen aus der S-Bahn in Richtung Strandbad. Auf halber Strecke steht Andis Imbiss easy rider – ein Muss für jeden Currywurst-Liebhaber. Aber vor dem Schwimmen schlage ich mir ungern den Bauch voll, ich halte mir diese Option noch offen. Zum Beispiel die vegane Currywurst mit Pommes frites und veganer Mayonnaise für 6,50 Euro. Ist abgespeichert.
Lange Wartezeiten machen meinem Budget nichts aus – immerhin sind sie kostenlos
Schon von weitem kann ich mein Unglück sehen: drei lange Schlangen, jede Menge Luftmatratzen und dazu noch die knallende Hitze. Ganz rechts dürfen die Besitzer eines Online-Tickets anstehen und deren Wartezeit ist wie vorausgedacht deutlich kürzer. Egal. Meine Vorfreude lasse ich mir jetzt nicht verderben. Ich stelle mich brav an und hole die 20 Euro aus der Tasche.

Übrigens gibt es für die Sparfüchse unter uns auch einen kostenlosen Strand am Wannsee. Hier muss man nur rechtzeitig abbiegen und ein bisschen durch den Wald über Stock und Stein laufen. Doch aufgepasst: Das ist nichts für jedermann. Wer ungern den Geruch von Cannabis in der Nase hat oder laute Musik und Zigarettenstummel im Sand – der muss bezahlen. Heute gehe ich lieber in den bezahlten Bereich und nehme dort auch die Wartezeit in Kauf.
20 Minuten später habe ich endlich ein Tagesticket: 5,50 Euro ohne Ermäßigung. Schade, dass ich kein Student mehr bin, denn dann hätte ich noch zwei Euro mehr für ein Eis zur Verfügung. Immerhin: Ich bin am Strand, abschalten und das Wetter genießen.
Vor der Hitze gewappnet – ganz gleich ob Strandkorb oder Sonnenschirm
Als ich mich gerade wieder Harry Potter widmen will, merke ich, dass ich keinen Sonnenschirm mehr habe. Wer sich einen Sonnenschirm ausleihen möchte, muss nur drei Euro dafür hinlegen, plus zehn Euro Pfandgebühr. Nicht weit davon: der Strandkorbverleih.
Ich besitze noch ganze 14,50 Euro – ein Strandkorb (acht Euro plus zwei Euro Pfand) ist da auf jeden Fall drin. Dabei habe ich noch nie einen gemietet, ich dachte immer, das machen nur ältere Leute. Aber bei dem Wind ist das sowieso die viel geschütztere Variante. Und auch kurzfristig besser für meinen Geldbeutel. Aus 14,50 Euro werden also zeitweise 4,50 Euro.

Strandbad Wannsee: Trotz vollem Strand in Urlaubslaune?
Weißer Strand, wolkenfreier Himmel, spannendes Buch. Zum Glück habe ich gegen den Durst mir selbst Wasser mitgebracht, denn mein verbliebenes Geld benötige ich später noch für den großen Hunger am Imbissstand.
Wer sich für das Strandbad Wannsee entscheidet, dem sollte von vornherein bewusst sein, dass mit den langen Schlangen am Eingangsbereich auch ein voller Strand einhergeht. Für mich ist das aber genau das Richtige: Ich mag es, viele Menschen um mich herum zu haben, finde die ein oder andere Geschichte des Nachbarn interessant und finde immer eine nette Person, die, während ich schwimme, auf meine Sachten achtgibt.
150 Seiten, drei Badegänge und ein Nickerchen später macht sich meine Magengrube bemerkbar: Ich bin hungrig. So packe ich nach meinem vierstündigen Aufenthalt im Strandbad meine wenigen Habseligkeiten zusammen, erhalte die Pfandgebühr zurück und verlasse mit 6,50 Euro meinen Lieblingsort.






