Film

Allein unter Stars: Was ich inkognito bei einem Berliner Promi-Event erlebte

Im Hotel Zoo Berlin wurden die Nominierten für den Deutschen Schauspielpreis bekannt gegeben. Unsere Autorin war dabei – und hat versucht, mit berühmten Gästen anzubändeln.

Jubel, Trubel, Heiterkeit: Am Tisch von Eugen Bauder im Hotel Zoo steigt die Stimmung.
Jubel, Trubel, Heiterkeit: Am Tisch von Eugen Bauder im Hotel Zoo steigt die Stimmung.Eventpress/imago

Ich will Schauspielerin werden.“ So antworten viele junge Mädchen auf die Frage, was sie einmal werden wollen. Auch ich hatte stets den Traum, berühmt zu werden, ganz oben mitzuspielen. Am Dienstagabend wurde dieser Traum zumindest gefühlt wahr. Da nämlich wurden die Nominierten für den Deutschen Schauspielpreis 2023 bekannt gegeben. Und ich war dabei, inkognito sozusagen, nicht als Reporterin am roten Teppich oder so.

Aber nicht falsch verstehen, nominiert wurde ich natürlich nicht. Doch konnte ich mich ein bisschen als Teil der Community fühlen im Hotel Zoo Berlin am Kurfürstendamm, das schon Mitte des vergangenen Jahrhunderts ein luxuriöses Übernachtungslager war für die schillernden Gäste der Berliner Filmfestspiele. Allerdings: So groß die Begeisterung und die Aufregung am Dienstagabend waren, so schnell stellte sich mir auch die Frage: Passe ich da überhaupt rein?

Angekommen am Hotel, warteten schon viele Fotografen auf die Stars. Pose hier, Pose da – ein routiniertes Eintreffen der bekannten Gäste. Eigentlich hätte ich mir an dieser Stelle einen Spaß erlauben können: einfach so tun, als ob auch ich ein Sternchen wäre, mich hinstellen vor die Fotografen, hübsch lächeln, vielleicht ein bisschen winken.

Alles nur Pose

Abgekauft hätten es mir die Fotografen vielleicht, ist ja alles eine Frage des Auftretens. Als Schauspielerin müsste ich außerdem niemandem erklären, wer ich bin: Im Showbusiness läuft es anders, da kennt man sein Gegenüber – und wenn nicht, dann tut man einfach so.

Die Passanten an der Einkaufsmeile aber, so merke ich, interessiert herzlich wenig, wer da gerade am Hoteleingang posiert. Auch ich als Promi-Enthusiastin blieb überraschend entspannt, obwohl ich sonst sofort Herzrasen bekomme, wenn es heißt: Die Stars kommen!

Drinnen in der aufgedonnerten Location fällt mir auf: Hier ist niemand allein, man kennt sich, steht zusammen und quatscht. Gut für die Gäste aus der Branche, schlecht für Zaungäste wie mich. Zu wem soll ich mich stellen? Etwa zu Schauspielern wie Tom Beck, Wilson Gonzalez Ochsenknecht und Cristina Do Rego? Traue ich mich nicht. Also stehe ich da, mit einem Glas in meiner Hand, verlegen. 

Als hätte Hans-Werner Meyer (ein Traum von Mann, zumindest für meine Mutter) es gerochen, hält er mir seine Hand entgegen. „Hallo, ich bin der Hans“, stellt er sich vor. Perplex reiche ich ihm die Hand: „Guten Abend, ich bin Chiara“, sage ich, wohl wissend, dass er meinen Namen sicher gleich wieder vergessen wird. Und tatsächlich bleibt es auch bei der Vorstellung, ein Gespräch ergibt sich nicht.

Hoch die Tassen: Hans-Werner Meyer stößt mit seinen Kolleginnen auf einen netten Abend an.
Hoch die Tassen: Hans-Werner Meyer stößt mit seinen Kolleginnen auf einen netten Abend an.Eventpress/imago

Während ich in einem wunderschönen Saal des Hotels stehe, läuft Schauspieler Eugen Bauder mit zwei Gläsern an mir vorbei. „Oh, gleich zwei Getränke“, sage ich ein bisschen spitz zu ihm. Er muss lachen: „Ja, ich dachte, das eine wäre Wasser“ – und schon ist auch er weitergezogen, zurück zu seinen Freunden. Wieder kommt es nicht zum Gespräch. Ganz so schlimm finde ich das nicht, denn ich liebe es, zu beobachten. Vor allem, wenn es sich um Prominente handelt.

Angekratzte Oberflächen

In Berlin, wo viele Promis leben und unterwegs sind, werde ich dafür belächelt. In Thüringen, meiner Heimat, kennt man die Schauspieler jedoch nur aus dem Fernsehen, der Glotze, der Röhre. Sie sind eine Art Illusion, Idealbild, Ikone. In der Hauptstadt ist man indes abgebrüht, trifft einmal die Woche Matthias Schweighöfer beim Joggen im Park oder Heike Makatsch beim Einkaufen im Supermarkt. Da ist solch eine Bekanntgabe der Nominierten des Deutschen Schauspielpreises, der voraussichtlich im Herbst dieses Jahres vergeben wird, doch auch nichts anderes als Alltag, oder?

Für mich jedenfalls nicht. Große Erwartungen an den Abend hatte ich trotzdem nicht, weil ich dachte, das ich ihn eher aus der Vogelperspektive erleben würde. Doch meine recht pessimistische Einstellung änderte sich schnell, als mich plötzlich eine Schauspielerin ansprach. 

„Bist du auch allein hier?“, fragt mich die Frau, nachdem sie genaustens analysiert hat, dass ich ebenso unbeholfen in der Gegend herumstehe wie sie. „Ist das so offensichtlich?“, entgegne ich – und schon sind wir im Gespräch. Ins Fettnäpfchen trete ich dann allerdings auch relativ schnell, beim zweiten Satz nämlich.

Ich frage die Schauspielerin, die ich eben nicht erkenne, ob sie auch Journalistin sei. „Nein, ich bin Schauspielerin“, antwortet sie glücklicherweise recht locker. Sie steht gelegentlich für eine Krimiserie vor der Kamera, wie ich erfahre, und sie freut sich über unsere Bekanntschaft.

Gesucht und gefunden – so könnte man unsere Liaison des Abends bezeichnen, immerhin weicht mir die Schauspielerin, deren Namen ich nicht preisgeben werde, nicht mehr von der Seite. „Ich mag solche Veranstaltungen gar nicht“, erzählt sie mir. „Ohne dich wäre ich schon längst nach Hause gegangen, denn was soll ich sonst hier.“

Sie ist sehr sportlich gekleidet, was ich erfrischend finde zwischen all den Schickimickis. Meine neue Freundin aber fühlt sich underdressed. Ich kann das nachvollziehen, denn bei vergangenen Veranstaltungen war ich diejenige, die nicht ins Bild passte. An diesem Abend aber wollte ich in der Masse nicht auffallen, also habe ich mich paradoxerweise wie ein bunter Vogel angezogen, natürlich trotzdem getreu dem festgesetzten Dresscode: „Summer Chic.“

Gesittet in den Sitzen: Wilson Gonzalez Ochsenknecht hockt brav an seinem Tisch.
Gesittet in den Sitzen: Wilson Gonzalez Ochsenknecht hockt brav an seinem Tisch.Eventpress/imago

Das erste Mal fühle ich mich an diesem Abend gesehen und wertgeschätzt, fast schon prominent. Ich müsse mich ja nicht als Pressevertreterin outen, meint auch die Schauspielerin an meiner Seite. Wenn Prominente erfahren, dass man von den Medien ist, meiden sie einen entweder oder fangen an zu posieren.

„Das, was du hier siehst, ist alles nur oberflächlich“, sagt meine Begleiterin. Umso glücklicher bin ich, sie kennengelernt zu haben, denn sie zeigt ein wirkliches Interesse an einer Unterhaltung mit mir. Wir plaudern über die Fassade der Branche und das Leben als Berühmtheit.

Nominiert für den Deutschen Schauspielpreis 2023 – dabei wollte sie gar nicht bleiben

Auch wenn uns alterstechnisch 25 Jahre trennen, haben wir bei vielen Themen ähnliche Ansichten. Als unser Gespräch so richtig Fahrt annimmt, werden schließlich die Nominierten verkündet. Und als wäre mein Abend nicht schon aufregend genug gewesen, gehört auch meine neue Freundin dazu. Ist sie überrascht? Auf jeden Fall – und fast wäre sie nicht mehr live dabei gewesen. 

Die Nominierten
  • Dramatische Hauptrolle: Thea Ehre in „Bis ans Ende der Nacht“, Gerhard Liebmann in „Eismayer“, Thomas Schubert in „Roter Himmel“, Liv Lisa Fries in „Babylon Berlin“ (Staffel 4), Sebastian Blomberg in „Bonn – Alte Freunde, neue Feinde“, Sebastian Koch in „Euer Ehren“
  • Dramatische Nebenrolle: Marie-Lou Sellem in „Knochen und Namen“, Amy Benkenstein in „Das Haus der Träume“ (Staffel 1), Vincent Redetzki in „Kleo“, Michael Klammer in „Das Lehrerzimmer“
  • Komödiantische Rolle: Matthias Brandt in „King of Stonks“, Julius Feldmeier in „Kleo“, Ulrike Kriener in „Einfach mal was Schönes“, Milena Tscharnke in „Einfach mal was Schönes“
  • Episodische Rolle: Cosmina Stratan in „Strafe – Subotnik“, Katharina Hauter in „Strafe – Der Taucher“, Charlotte Bohning in „Soko Köln – Der Wachtelkönig“, Ursula Werner in „Doktor Ballouz – Leere Seiten“
  • Duo: Laura Tonke und Yannik Heckmann in „Kranitz: Astrid & Mike – Der Junge hat Triebstau“, Seyneb Saleh und Yousef Sweid in „Munich Games“, Jella Haase und Dimitrij Schaad in „Kleo“
  • Nachwuchs: Bayan Layla in „Elaha“, Devrim Lingnau in „Die Kaiserin“, Ebru „Ebow“ Düzgün in „Strafe – Subotnik“, Soufiane El Mesaudi in „Hype“
  • Starker Auftritt: Franziska Wulf in „Sonne und Beton“, Haley Louise Jones in „Knochen und Namen“, David Ruland in „Strafe – Subotnik“, Victoire Laly in „Barcelona Krimi – Der längste Tag“
  • Synchronpreis Die Stimme: Ranja Bonalana, Claudia Lössl, Maresa Sedlmeier

„Du bist der Grund, warum ich noch hier bin und die Nominierung miterlebe“, sagt sie glücklich. Auch mich freut es, dass sie nicht mit dem Fahrrad nach Hause in Richtung Kreuzberg gefahren, sondern mit mir dageblieben ist. Die Kategorie ihrer Nominierung? Verrate ich nicht, sie soll ja in diesem Text unerkannt bleiben.

Außerdem zeigt die Geschichte ja auch ohne Namen, wie inspirierend Offenheit sein kann: Meine Angst, beim glamourösen Event allein in der Ecke zu stehen, war dank ihr ganz schnell verflogen.

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