Mobilität

Mehr Kriminalität im Osten Berlins: So gefährlich sind die U- und S-Bahnhöfe

Längst nicht alle S-Bahnhöfe haben Videokameras, und keiner hat eine Notrufsäule. Ein CDU-Politiker fragte den Senat und bekam interessante Antworten.

Leere Gänge und die Ungewissheit: Wer biegt da gleich um die Ecke? Manche Menschen empfinden Bahnstationen als Angsträume. Der U-Bahnhof Kurfürstendamm in Charlottenburg.
Leere Gänge und die Ungewissheit: Wer biegt da gleich um die Ecke? Manche Menschen empfinden Bahnstationen als Angsträume. Der U-Bahnhof Kurfürstendamm in Charlottenburg.Michael Schulz/imago

Sind Berlins U- und S-Bahnhöfe sicherer oder unsicherer geworden? Viele Berliner würden jetzt antworten, dass sich die Lage verschlechtert hat. Doch nun zeigen Zahlen der Polizei, dass der subjektive Eindruck von den objektiven Daten abweicht. „Die Kriminalität an Berliner Bahnhöfen ist seit 2019 insgesamt rückläufig“, teilte Staatssekretärin Silke Karcher (Grüne) auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Danny Freymark hin mit.

Doch die Antwort zeigt auch, dass die Kriminalität in einigen Ostbezirken gestiegen ist – und dass viele S-Bahnhöfe keine Videoüberwachung haben.

Stammfahrgäste sind es gewohnt, dass in der U- und S-Bahn viele unterschiedliche Menschen aufeinandertreffen. Nicht immer sind es angenehme Personen, Wohnungslose und Bettler fallen auf. Doch anders als in anderen Städten sind die öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin zumindest in der Innenstadt und Teilen der Außenbezirke auch abends gut besucht. Meist fühlt man sich nicht allein.

Wer nur selten Bahn und Bus nutzt oder auf wenig frequentierten Strecken im Außenbereich unterwegs ist, fühlt sich dagegen nicht selten unsicher. Die im Landespressedienst veröffentlichten Senatsdaten zeigen nun, dass das Sicherheitsgefühl und die Datenlage auseinanderklaffen können.

Staatssekretärin Karcher hat aufgelistet, wie viele Straftaten die Berliner Polizei an Berliner U- und S-Bahnhöfen registriert hat. Danach wurden im Jahr 2019 insgesamt 31.777 Delikte aufgenommen. Corona führte dazu, dass die Zahl im Jahr 2020 auf 26.508 sank. Im Jahr darauf ging die Kriminalität noch weiter zurück, 23.570 Straftaten wurden damals bearbeitet. Im vergangenen Jahr, als sich das Leben nach Corona wieder normalisierte, nahmen sie wieder leicht zu. Trotzdem lagen sie 2022 „insgesamt unter dem Vorpandemieniveau“, so die Senatspolitikerin. Die Polizei registrierte 23.836 Straftaten in Berliner U- und S-Bahnhöfen – ein Rückgang um ein Viertel.

In Treptow-Köpenick nahm die Kriminalität auf Bahnhöfen um 50 Prozent zu

Auffällig ist, dass die drei Bezirke, in denen Bahnhofskriminalität zugenommen hat, alle im Osten von Berlin liegen. In Marzahn-Hellersdorf stieg die Zahl der registrierten Straftaten auf 1353 – im Vergleich zum letzten Vorpandemiejahr 2019 ist das ein Zuwachs um rund ein Viertel. In Lichtenberger Stationen hat die Berliner Polizei im vergangenen Jahr 1350 Delikte aufgenommen, eine Zunahme um fast 40 Prozent. Noch stärker war der Anstieg in Treptow-Köpenick. Dort wurden im vergangenen Jahr 1183 Delikte festgestellt, fast die Hälfte mehr als drei Jahre zuvor.

Karcher weist darauf hin, dass Daten der Bundespolizei, die grundsätzlich für die S-Bahnhöfe zuständig ist, in die Liste nicht aufgenommen wurden. „An S-Bahnhöfen begangene Straftaten werden nur erfasst, sofern ihre Bearbeitungszuständigkeit bei der Polizei Berlin liegt“, heißt es einschränkend. Daten der Bundespolizei liegen für das vergangene Jahr noch nicht vor. Zuvor zeigten sie einen leichten Anstieg. Doch weil die Zahl der gemeldeten Straftaten aus deren Bereich in der Regel deutlich niedriger ist als die der Landespolizei, bleibt es unterm Strich beim positiven Trend.

„Notrufsäulen gehören nicht zum Sicherheitskonzept der DB“

Danny Freymark fragte den Senat auch, mit welcher Technik die Bahnhofsbetreiber für Sicherheit sorgen. Heraus kam, dass die landeseigenen Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) alle 175 U-Bahn-Stationen mit Notrufsäulen ausgestattet haben. Dagegen verfügen die Stationen der S-Bahn, die der bundeseigenen Deutschen Bahn (DB) gehört, nicht über solche Einrichtungen. „Notrufsäulen gehören nicht zum Sicherheitskonzept der DB“, berichtete Staatssekretärin Karcher. Sie sind weder durch Vorschriften gefordert, noch wurden sie von den Ländern bestellt, so die Politikerin. Die DB setze darauf, dass Fahrgäste per Mobiltelefon mit Polizei oder Feuerwehr direkt in Kontakt treten.

Auch wenn es um Videotechnik geht, handeln BVG und DB unterschiedlich, geht aus der Antwort hervor. So seien alle U-Bahnhöfe des Landesunternehmens BVG mit einer solchen Technik ausgestattet, so der Senat. Dagegen verfügen nur 22 der 132 S-Bahnhöfe in Berlin über eine Videoüberwachung. Für sieben weitere S-Bahn-Stationen im Stadtgebiet sei die Ausstattung mit Videokameras geplant. Der Einsatz dieser Technik zur Kriminalitätsbekämpfung obliege der Bundespolizei, nicht der Bahn, berichtete Karcher. Wo Kameras installiert werden, werde nach „polizeifachlichen Kriterien“ entschieden. Dabei spielen die Zahl der Fahrgäste und der Zughalte sowie die Polizeistatistik eine Rolle.

Unabhängig davon wurden auf 88 S-Bahnhöfen Kameras installiert, die bei der Zugabfertigung eingesetzt werden. Auch deren Bilder werden aufgezeichnet und bei Bedarf von der Bundespolizei ausgewertet. Allerdings sagen S-Bahner, dass diese Videotechnik meist nur die Bahnsteigkanten ins Visier nimmt. Was auf dem Bahnsteig passiert, nehmen sie größtenteils nicht auf.