Verkehr

Die hässlichsten U-Bahnhöfe Berlins: Das sind die Favoriten der Leser

Im Untergrund fallen Fliesen von den Wänden, bröselt der Beton, stören Graffiti das Bild. Fahrgäste müssen noch Jahre warten, bis sich das marode Bild ändert.

Graffiti und roher alter Beton: Der U-Bahnhof Grenzallee an der U7 in Neukölln ist kein angenehmer Ort. In der 1930 eröffneten Station mussten alle Wandfliesen entfernt werden.
Graffiti und roher alter Beton: Der U-Bahnhof Grenzallee an der U7 in Neukölln ist kein angenehmer Ort. In der 1930 eröffneten Station mussten alle Wandfliesen entfernt werden.Sabine Gudath

Berlin - Nackter Beton, Graffiti, Bauschäden, funzlige Beleuchtung: In Berlin gibt es nicht wenige U-Bahnhöfe, in denen sich Fahrgäste unbehaglich fühlen. Nachdem die Berliner Zeitung im Wettbewerb um die hässlichste unterirdische Station der Stadt aussichtsreiche Kandidaten vorgestellt hatte, fragten wir unsere Leserinnen und Leser nach ihren Favoriten. Die Antworten sind eindeutig.

„Mein scheußlichster U-Bahnhof ist Schloßstraße, der wohl schon gefühlt seit Jahrzehnten in diesem Zustand ist“, schreibt Rita Fries-Krüger aus Berlin. „Wenn ich dort aus- oder einsteigen muss, gruselt es mich immer.“ Keine Frage: Für diese Nutzerin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ist die vorletzte Station der U9 in Steglitz ein unwirtlicher Ort.

Abstimmungen mit dem Denkmalschutz erforderlich

In der Tat: Wer von der gleichnamigen Einkaufsstraße in diesen U-Bahnhof hinabsteigt, fühlt sich wie in einem Bunker, den man zugedröhnten Sprayern überlassen hat. „Uwe + Birgit forever“: Diese mit einem Herzchen eingerahmte Liebesbotschaft ist noch das mit Abstand netteste Graffiti. Ansonsten dominiert unruhiges Stakkato aus meist unleserlichen Buchstabenfolgen, mit denen Sprayer auch anderswo in Berlin versuchen, optische Duftnoten zu hinterlassen. Die meisten Schmierereien prangen auf rohem Beton, auf dem helle Flecken Schäden markieren. Seitdem die feuergefährlichen Wandpaneele aus Pressspan entfernt worden sind, hat der 1974 eröffnete U-Bahnhof Schloßstraße den unbeschwerten Charme des Entstehungsjahrzehnts verloren.

Immerhin: „In absehbarer Zeit werden die Betonflächen im U- Bahnhof saniert“, sagt Markus Falkner, Sprecher der BVG. „Dies ist eine der größten und kompliziertesten Einzelmaßnahmen der vergangenen Jahre. Hinzu kommt, dass der U-Bahnhof Schloßstraße 2017 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Somit wurden im laufenden Prozess umfangreiche Umplanungen und Abstimmungen mit den Denkmalbehörden notwendig.“ Bis die Anlage ihre Bunkeranmutung verliert, werde noch einige Zeit vergehen: „Eine Fertigstellung des gesamten Bahnhofs ist für 2024 vorgesehen.“

Wie in einem Bunker – oder einem Keller. Der U-Bahnhof Schloßstraße von 1974 hat viele farbige Elemente, mit denen Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte die Station an der U9 in Steglitz einst gestaltet hatten, verloren.
Wie in einem Bunker – oder einem Keller. Der U-Bahnhof Schloßstraße von 1974 hat viele farbige Elemente, mit denen Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte die Station an der U9 in Steglitz einst gestaltet hatten, verloren.Sabine Gudath

Vom Südwesten in den Süden Berlins. „Am meisten wurmt mich der Zustand des U-Bahnhofs Grenzallee auf der U7“, berichtet Helmut Krüger aus Potsdam, der in Berlin arbeitet. „Dort wurden vor über vier Jahren aus Sicherheitsgründen sämtliche Kacheln abgestemmt, weil einige davon ins Gleisbett gefallen waren.“ Der Bahnhof mache einen „erbärmlichen, wüsten und elend beschmierten Eindruck“.

In der 1930 eröffneten Station in Neukölln seien die Fliesen hinter den Gleisen „aufgrund der damals verwendeten Baustoffe“ abgefallen, erklärt BVG-Sprecher Falkner. „Um die Ursache herauszufinden, waren aufwendige bautechnische Untersuchungen notwendig. Daraus wurde dann ein Sanierungskonzept erstellt.“ Da der Bahnhof unter Denkmalschutz steht, sei eine enge Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt sowie der Unteren Denkmalbehörde erforderlich. „Ohne deren Zustimmung kann die Maßnahme ganz schlicht gesagt nicht stattfinden.“

All diese Maßnahmen und Genehmigungen sind mittlerweile erstellt beziehungsweise erteilt, so Falkner weiter. „In diesem Jahr soll es losgehen.“ Der Zeitplan sehe vor, dass die Arbeiten circa ein Jahr andauern. Warum dauern sie so lange? „Um die Einschränkung für die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten, finden die Arbeiten ausschließlich in der nächtlichen Betriebspause statt – also in einem Zeitfenster von rund zwei Stunden“, so der Sprecher. Der barrierefreie Ausbau habe bereits begonnen: „Der Aufzug soll nach aktuellem Zeitplan im zweiten Quartal 2022 in Betrieb gehen.“

Der U-Bahnhof Kottbusser Tor wurde umfangreich saniert. Doch in der 1928 eröffneten Tunnelstation an der U8 wurden weitere Schäden entdeckt. Grund sind laut BVG Ausführungsmängel beim Bau des U-Bahnhofs.
Der U-Bahnhof Kottbusser Tor wurde umfangreich saniert. Doch in der 1928 eröffneten Tunnelstation an der U8 wurden weitere Schäden entdeckt. Grund sind laut BVG Ausführungsmängel beim Bau des U-Bahnhofs.Sabine Gudath

Marc Plagemann lenkt den Blick auf eine 1966 eröffnete Tunnelstation an der U6 in Tempelhof. „Ein U-Bahnhof, der dringender Sanierung bedarf, ist die Station Ullsteinstraße“, berichtet er. „Schmutziger Gesamteindruck, Fahrtrichtung Alt-Tegel ist großflächig der obere Teil der Fliesen weggebrochen. Man blickt auf nackten Beton.“ Die ockergelben Fliesen im Bahnhof seien „verdreckt und schmutzig schwarz“.

„Einer der kompliziertesten Bahnhöfe überhaupt“

„Das ist baulich einer der kompliziertesten Bahnhöfe überhaupt“, erläutert Markus Falkner von der BVG. „Der 1966 eröffnete U- Bahnhof Ullsteinstraße liegt nämlich im Brückenbauwerk des Senats und ist untrennbar mit jenem verbunden.“ Damit der Tunnel abgedichtet werden kann, seien daher langwierige Abstimmungen mit der Brückenbauabteilung des Senats notwendig, die für ihre Brücke ebenfalls Arbeiten plant. Inzwischen habe die BVG damit begonnen, das Projekt vorzubereiten. 2026 sollen die Arbeiten abgeschlossen werden.

Es sind nicht die einzigen Berliner U-Bahnhöfe, in denen sich Fahrgäste unbehaglich fühlen. Auch die Stationen Adenauer- und Hermannplatz an der U7 haben einen Platz auf dieser Liste verdient. Im östlichen Zugangsbereich des U-Bahnhofs Frankfurter Allee (U5) schauen die Fahrgäste auf rostige Deckenträger und diverse Kabelanlagen, berichtet Michael Müller, einer von ihnen. „Die übriggebliebene Deckenfläche ist mit zahlreichen Flicken aus Rigipsplatten übersät. Das muss man einfach mal gesehen haben.“ Die Station Jannowitzbrücke an der U8 befinde sich „seit nunmehr gut 32 Jahren im Dauer-Baustellenmodus und hat damit den unvergleichlich größeren BER haushoch überflügelt“.

Ein Mann schläft im U-Bahnhof Adenauerplatz in Charlottenburg. Auch in der Station an der U7, die 1978 ans Netz ging, schauen die Nutzer auf nackte Betonwände.
Ein Mann schläft im U-Bahnhof Adenauerplatz in Charlottenburg. Auch in der Station an der U7, die 1978 ans Netz ging, schauen die Nutzer auf nackte Betonwände.Sabine Gudath

175 U-Bahnhöfe gibt es bei der BVG – eine gewaltige Aufgabe, sie alle in Schuss zu halten. Wie berichtet, hat sich nach Jahren des Sparens ein Rückstau aufgebaut, der für die westlichen Bezirke Berlins mit 1,55 Milliarden Euro und für die östlichen Bezirke mit 190 Millionen Euro beziffert worden ist. Nicht selten ist es so, dass sich nach erfolgten Sanierungen weitere Schäden offenbaren – wie im 1928 eröffneten Tunnelbahnhof Kottbusser Tor an der U8. Dort muss bis Herbst 2022 Deckenbeton saniert werden.

BVG-Nutzer Helmut Krüger erwartet, dass auch weitere jüngere U-Bahnstationen erneuert werden müssen. „Mein Eindruck und meine persönliche Prognose ist, dass das mit allen Bahnhöfen der 1960er- und 1970er-Jahre so sein wird, soweit sie nicht – eher wohl die Ausnahme – bislang auf glückliche Weise saniert worden sind.“