Mobilität

Verkaufsschlager für 49 Euro: So viele Berliner haben das Deutschlandticket schon

Die BVG freut sich über Zehntausende Neukunden. Bald könnten eine halbe Million Ticketnutzer in ihrer Kartei stehen. Doch viele Kunden denken noch nach. 

Die U-Bahn ist Berlins wichtigstes Verkehrsmittel. Eine U7 fährt am Richard-Wagner Platz ein.
Die U-Bahn ist Berlins wichtigstes Verkehrsmittel. Eine U7 fährt am Richard-Wagner Platz ein.Sabine Brose/imago

Die Vertriebsleute arbeiten am Anschlag, das Computersystem musste ausgebaut werden. Doch das neue Deutschlandticket beschert den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) nicht nur Mühen, sondern offenbar auch zusätzliche Kundschaft. Seit dem Verkaufsstart am 3. April konnte die BVG bereits rund 32.000 Neukunden für das Deutschlandticket gewinnen, teilte Markus Falkner, der Sprecher des Landesunternehmens, der Berliner Zeitung am Donnerstag auf Anfrage mit. Am Freitag wurden sogar schon 34.000 Neukunden gemeldet. Sie alle sind neu als Stammkunden im System. „Jeden Tag werden es mehr“, sagte Falkner. „Wir freuen uns über die bisher große und positive Resonanz.“

Etwas mehr als zwei Wochen noch, dann können die Menschen in Deutschland von einer besonderen Tarifinnovation profitieren: Der 1. Mai ist der erste Geltungstag des Deutschlandtickets. Mit dem neuen Stammkundenangebot darf man für 49 Euro im Monat den Nah- und Regionalverkehr in allen Bundesländern nutzen. Das Jahresabo gilt in Berliner U-, S-, Straßenbahnen und Bussen, aber auch in der Regionalbahn nach Rheinsberg, im Molli-Dampfzug nach Kühlungsborn oder in den Dresdner Elbfähren – um nur einige Beispiele zu nennen. Zu haben ist es als Chip- und Handyticket.

Wer zunächst nur schnuppern möchte: Das Deutschlandticket kann monatlich gekündigt werden, die Kündigung muss bis zum 10. Tag des Vormonats erfolgen. Allerdings ist es als persönliches Ticket nicht auf andere Menschen übertragbar, und man darf anders als zum Beispiel bei der Umweltkarte keine weiteren Reisenden gratis mitnehmen. Nur Kinder bis zum Alter von sechs Jahren werden kostenlos mitbefördert. Deshalb denken auch in Berlin und Brandenburg viele Kunden derzeit offenbar noch darüber nach, ob sie ihrem jetzigen Ticket treu bleiben – oder zum Deutschlandticket wechseln.

Zwei U-Bahnen in Hellersdorf. Die BVG ist das größte kommunale Nahverkehrsunternehmen in Deutschland.
Zwei U-Bahnen in Hellersdorf. Die BVG ist das größte kommunale Nahverkehrsunternehmen in Deutschland.Jürgen Ritter/imago

Ein Umweltkarten-Abo für Berlin kostet mindestens 64,50 Euro im Monat

Das spiegelt sich auch in den Zahlen der BVG, des größten kommunalen Nahverkehrsunternehmens in Deutschland. Derzeit hat die BVG rund 1,05 Millionen Abonnements in ihrem Bestand, berichtete Markus Falkner. In circa 550.000 Fällen handelt es sich um 29-Euro-Tickets. Dabei handelt es sich um Abos, deren Preis seit Oktober auf Wunsch des Senats verringert wurde.

„Neben den Umweltkarten Berlin AB wurden auch die Abonnements der 10-Uhr-Karten sowie die Firmentickets für den Gültigkeitsbereich Berlin AB auf 29 Euro abgesenkt“, erklärte der BVG-Sprecher. Die Besitzer müssen aktiv werden, wenn sie das Deutschlandticket haben wollen. Von den 29-Euro-Abos sind bislang 190.000 auf das neue Angebot umgestellt worden, so Falkner. Das sind etwas mehr als ein Drittel.

Die Gesamtzahl der Buchungen für das Deutschlandticket wurde am Freitag mit 330.000 beziffert. Rein rechnerisch nähere sich das Landesunternehmen bei diesem Thema bereits der halben Million, hieß es. „Der Grund: Die rund 100.000 Firmentickets bei der BVG werden bis Mai noch automatisch auf den neuen Tarif umgestellt, sind in den Zahlen von diesem Freitag aber noch nicht enthalten“, hieß es.   

Wer nichts unternimmt und sein Umweltkarten-Abo nicht rechtzeitig auf das Deutschlandticket umstellt, zahlt ab 1. Mai automatisch den regulären, höheren Preis. So wird für Umweltkarten, deren Geltungsbereich sich auf das Berliner Stadtgebiet beschränkt, monatlich mindestens 64,50 Euro fällig. Dafür können die Ticketinhaber aber weiterhin die günstigen Mitnahmeregelungen nutzen. Womit rechnet die BVG, wie viele Abokunden werden sich gegen das Deutschlandticket entscheiden?

„Die Erwartung der BVG ist, dass sich die Mehrheit der heutigen Kunden und Kundinnen mit Umweltkarten für das Deutschlandticket entscheidet“, antwortete BVG-Sprecher Markus Falkner. „Wahrscheinlich wird ein Teil der Kunden und Kundinnen den Wechsel zum Deutschlandticket auch noch zu Juni und Juli vollziehen“ – mit Verzögerung also.

Großer Andrang – in Kundenzentren ist mit Wartezeiten zu rechnen

Um den Wechsel zu erleichtern, sind die Kauffristen verlängert worden. Normalerweise müssen Aboverträge immer bis zum 10. des Vormonats abgeschlossen werden, damit sie pünktlich zum Beginn des folgenden Kalendermonats in Kraft treten können. „Da das Deutschlandticket bei der BVG sehr beliebt und gefragt ist, machen wir eine Fristverlängerung möglich“, bekräftigte Markus Falkner.

„Online kann das Deutschlandticket mit Startdatum 1. Mai noch bis zum 20. April bei der BVG bestellt werden“, so der Sprecher. „Die Online-Frist bis zum 20. des Monats soll auch in den kommenden Monaten gelten.“ Auch die S-Bahn Berlin handhabt das so, wie ein Bahnsprecher sagte.

Hier werden Sie geholfen … Das BVG-Kundenzentrum in der Holzmarktstraße in Mitte.
Hier werden Sie geholfen … Das BVG-Kundenzentrum in der Holzmarktstraße in Mitte.Emmanuele Contini/imago

In den Kundenzentren von BVG und S-Bahn ist das Deutschlandticket als Chipkarte (nicht als Handyticket) auch danach noch zu bekommen – bis zum Monatsende. Wegen des großen Andrangs sollten Kunden aber Wartezeiten einkalkulieren.

Wer sich für das Handyticket entscheidet, kann das Deutschlandticket für Mai sogar noch bis zum 30. April kaufen. Dies gilt sowohl bei der BVG als auch bei der Deutschen Bahn. „Das Ticket wird nach Kauf unmittelbar im DB Navigator bereitgestellt“, erklärte der Bahnsprecher.

Computersystem musste angepasst werden

Allerdings stellten Interessenten in den vergangenen Tagen immer wieder fest, dass es im Internet Probleme gab. So war die BVG-Webseite zeitweise nicht erreichbar. Weil es so viele tarifliche Neuerungen und Änderungen gab, waren fortlaufend Anpassungen an Vertriebssystemen erforderlich, erklärte Falkner. „Im Fokus stand dabei vor allem, für unsere Stammkunden und Stammkundinnen einen maximal einfachen Wechsel ins Deutschlandticket zu ermöglichen. Zur Umsetzung dieser Verbesserungen durch unseren Dienstleister musste das System mehrmals kurz in den Wartungszustand gesetzt werden. Mittlerweile ist dieser Prozess abgeschlossen.“