Kaum ist Berlins neuer Kultursenator Joe Chialo (CDU) im Amt, steht ihm in seiner Stadt auch schon das umstrittenste Konzert seit vielen Jahren ins Haus: Roger Waters wird am 17. und am 18. Mai gleich zwei Mal in der Berliner Mercedes-Benz-Arena auftreten. Roger Waters, der Mann, der Pink Floyd mitgegründet hat. Aber eben auch der Mann, der durch seine kontroversen politischen Aussagen, insbesondere zu Israel, aber auch zur Ukraine, zu den USA und zu Russland, stark polarisiert. Auch im Interview mit der Berliner Zeitung. Für die einen ist er ein wacher, kritischer Zeitgenosse, für die anderen ein Antisemit. Wieder andere versuchen einfach, die Musik dieses Mannes zu genießen und sich nicht so sehr mit seiner Politik zu beschäftigen.
Geht das? Für Joe Chialo, den neuen Berliner Kultursenator, offenkundig nicht. Gegenüber der dpa hat er sich nun eindeutig zu Roger Waters positioniert: „Ein wertvolles Gut wie die Meinungs- und Kunstfreiheit darf niemals als Freibrief für Antisemitismus missbraucht werden“, so Chialo. In dieser Angelegenheit müssten „alle Berlinerinnen und Berliner zusammenstehen“.
Während andere durchaus darüber debattieren, ob Roger Waters legitime Israel-Kritik betreibe, handelt es sich in den Augen Joe Chialos klar um Antisemitismus: „Den Auftritt eines Künstlers wie Roger Waters, der Ballons in Schweineform mit Davidsternen aufsteigen lässt, verurteile ich auf das Schärfste“, sagte Chialo. „Denn diese Aktionen – genau wie die BDS-Kampagne, der er nahesteht – sind nichts anderes als antisemitisch.“
Chialo: „Solidarisch mit allen, die einen Auftritt von Waters in Berlin ablehnen“
BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen. Die Kampagne ruft zum umfassenden, auch kulturellen Boykott des Staates Israel wegen dessen Umgang mit den Palästinensern auf, den allerdings auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisieren. „Kritik an der Politik des Staates Israel kann durchaus legitim sein“, so Chialo zur dpa in Berlin. „BDS mit seinem Aufruf zu pauschalem Boykott auch israelischer Künstler und Wissenschaftler ist es nicht. Aus diesen Gründen bin ich solidarisch mit allen, die einen Auftritt von Roger Waters in Berlin ablehnen.“
Den Worten will Joe Chialo zudem Taten folgen lassen: Die Kulturverwaltung will laut Chialo eine Demokratie-Klausel in Förderbescheide einführen, „um antisemitische Veranstaltungen im Kulturbetrieb zu verhindern und Akteuren der BDS-Bewegung öffentliche Mittel zu entziehen“. Die Documenta Fifteen im vergangenen Jahr in Kassel bezeichnete Chialo als „warnendes Beispiel“. Einige der ausgestellten Arbeiten waren als antisemitisch kritisiert worden. Antisemitismus zu bekämpfen und Kunstfreiheit zu schützen, sei kein Widerspruch, so Chialo.
Gericht: „Eine an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnte Symbolik“
Da Roger Waters’ Shows privatwirtschaftlich organisierte Konzerte ohne öffentliche Förderung sind, blieben sie aber wohl von einer solchen neuen Demokratie-Klausel ohnehin unberührt. Selbst in Frankfurt, wo die dortige Festhalle indirekt in öffentlicher Hand ist sowie Stadt und Land Hessen das Konzert unterbinden wollten, gelang es Roger Waters vor Gericht, sein Recht zu spielen durchzusetzen. Er berief sich auf die Meinungs- und die Kunstfreiheit.
Das Gericht sah es so: Zwar bediene sich Roger Waters im Rahmen seiner Bühnenshow „offenkundig einer an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnten Symbolik“. Gerade vor dem historischen Hintergrund der Frankfurter Festhalle möge die Bühnenshow daher als besonders geschmacklos zu bewerten sein. „Dies zu bewerten ist aber nicht Sache des Gerichts“, so eine Sprecherin. Entscheidend sei allein, dass der Auftritt von Waters nicht die nationalsozialistischen Gräueltaten verherrliche oder relativiere oder er sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziere. Und das scheint nicht der Fall zu sein.
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