TV-Kritik

Franziska Giffey bei „Markus Lanz“: So hat sie Kai Wegner ausgetrickst

Die (noch) Regierende Bürgermeisterin Berlins zeigte sich selbstbewusst. Sie verriet ganz offen, dass es am Ende mit den Grünen und Bettina Jarasch nicht mehr ging. Die TV-Kritik.

Franziska Giffey bei Markus Lanz am 13. April 2023.
Franziska Giffey bei Markus Lanz am 13. April 2023.Screenshot ZDF Mediathek

Markus Lanz hatte seinen Spaß. Am Donnerstag hatte er sich allem Anschein nach das Ziel gesetzt, mit allen nur erdenklichen Mitteln aus Franziska Giffey, der (noch) Regierenden Bürgermeisterin Berlins, alles herauszupressen, was nur geht. Das heißt: Die Frage zu beantworten, warum sie in der Hauptstadt mit der CDU regieren will und nicht mit den Grünen und den Linken, nicht mit Bettina Jarasch, obwohl sie bei einem Verzicht den Chefposten verliert. Ein Widerspruch?

Franziska Giffey ließ sich nicht beirren. Sie lächelte, sie wich aus, sie antwortete diplomatisch mit dem typischen „Wissen Sie...“, um sich mit jenen Füllwörtern eine Millisekunde Bedenkzeit bis zur eigentlichen Antwort zu erspielen. Und immer wieder betonte sie gebetsmühlenartig, dass sie das Beste für die Stadt wolle, die besten Lösungen für die problematische Sicherheitslage, die Wohnungsnot, die drohende Armut in Berlin. „Es geht um etwas Größeres,“ sagte Franziska Giffey. Es gehe nicht um sie.

Die SPD könnte viele Posten in Berlin besetzen

Doch stimmte das? Moderator Lanz zweifelte und ließ nicht locker. Er wollte wissen: Ist der Verzicht auf den Bürgermeisterposten wirklich so selbstlos von Giffey? Die Regierende Bürgermeisterin hatte gute Argumente parat, warum es nicht anders ginge. Wahlkämpfe seien Wahlkämpfe und Koalitionsverhandlungen eben etwas ganz anderes. Und mit der CDU könne man die Ziele der SPD besser erreichen als mit den Grünen. 

Tatsächlich wies Markus Lanz ganz richtig darauf hin, dass es der SPD gelungen sei, beim Koalitionspapier, über das jetzt die SPD-Basis abstimmen soll, zehn Posten im Senat zugunsten der Sozialdemokraten auszuhandeln. Genauso viele wie die CDU. Wie geht das? Hat sich die Union darauf eingelassen, weil Kai Wegner unbedingt Bürgermeister werden will? 

„Lassen Sie Herrn Bröcker doch mal ausreden“

Franziska Giffey deutete an, dass sie ihren neuen Partnern klar gemacht hat, dass starke sozialdemokratische Positionen im Koalitionspapier die SPD-Basis eher dazu bewegen könnten, für die unbeliebte Große Koalition zu stimmen. 

Michael Bröcker, Chefredakteur von „The Pioneer“, artikulierte seinen Respekt für das Verhandlungsgeschick von Giffey und wies darauf hin, dass die Bürgermeisterin allen Gerüchten zufolge geradezu körperliche Schmerzen beim Gedanken verspüren würde, mit Bettina Jarasch von den Grünen weiter zu kooperieren. So sei die Liaison mit der CDU zustande gekommen. Die Kamera war plötzlich nicht mehr auf Giffey gerichtet. Man hörte sie nur lachen. Markus Lanz ging dazwischen und wollte wissen, ob das denn so stimme, diese Ablehnung gegenüber Jarasch. Giffey sagte nichts. Dann erwiderte sie auf die hartnäckigen Nachfragen von Lanz nur das hier: „Lassen Sie Herrn Bröcker doch mal ausreden.“

Giffey griff die Frage nach der Konkurrenz zu den Grünen direkt auf

Der Journalist analysierte ganz richtig, dass das Koalitionspapier eigentlich kaum christdemokratische Akzente hat. Die markigen CDU-Sprüche über eine unkontrollierte Migration, die vielen Integrationsprobleme in Berlin, den Failed-State-Status – dieses konservative Problembewusstsein fand kaum Eingang ins Koalitionspapier. „Eigentlich müsste die CDU-Basis eine Abstimmung organisieren“, so Bröcker. „Da gäbe es ziemlich viel Gegenwind.“ Selbst das Vergesellschaftungsrahmengesetz sei im Programm enthalten. „Geschickt gemacht, politisch sehr klug,“ sagte er kopfnickend Richtung Giffey.

Die Politikerin griff die Frage nach der Konkurrenz zu den Grünen nun direkt auf. Sie gab zu, dass die Beziehung zu Jarasch am Ende wirklich angespannt war. „Es war ein erbitterter Kampf. Das ist ganz klar. (...) Jarasch wollte, dass die Grünen stärkste Kraft werden. Ab diesem Moment war die Zusammenarbeit schwierig.“

Ob Giffey in der neuen Regierung Bausenatorin wird?

Der Journalist Bröcker verwies darauf, dass die SPD sich stärker von den Grünen insgesamt distanzieren wolle, weil es die linke Konkurrenzpartei sei. Die Grünen wollen die Sozialdemokraten verdrängen. „‚Wir sind die moderne Linke‘, sagen die Grünen. Es geht darum, die Grünen klein zu halten. Es geht um die Wiederwahl von Olaf Scholz,“ sagte Bröcker. Giffey widersprach nicht.

Ob Giffey in der neuen Regierung Bausenatorin wird? Die Regierende Bürgermeisterin wollte sich nicht festlegen. Sie sagte aber, dass neben dem Klimawandel die Wohnungsnot eines der größten Probleme Berlins sei. Man könnte nun sagen, dass die Wichtigkeit, die sie der Wohnungsnot zuschreibt, auch ein Indiz für ihre Zukunft in der neuen Regierung ist.

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