Es ist Kostümfest, Glücksspielveranstaltung und Familienausflug in einem: Zahlreiche Berlinerinnen und Berliner pilgerten am Ostersonntag traditionsbewusst zur Rennbahn Hoppegarten, um beim Saisonauftakt dem Pferdesport zu huldigen. Und der außergewöhnlichen Atmosphäre des Tages.
Ohne gut gefüllte Champagnergläser oder orangefarbene Aperitifs geht es auch in diesem Jahr nicht. Küsschen links, Küsschen rechts, die charmante Begrüßung darf besonders unter den festlich Gekleideten nicht fehlen, „Ascot-Vibes“, würden Jüngere sagen. Die Damen kommen mit entsprechendem Hut oder Fascinator, andere haben sich Blumen ins Haar gesteckt, alltäglich will hier heute niemand sein, es ist ja auch der Saisonauftakt auf Berlins Galopprennbahn und ein besonderer Tag. Die Herren tragen Panama-Hut, Pullunder und fancy Sonnenbrille.
Gar nicht schnöselig
Jonah, Benjamin und Johannes, alle 23, verkörpern an diesem Tag den modernen Dandy. Sie haben sich bereits im Vorfeld Gedanken über ihre Outfits gemacht, die Kleidung fein säuberlich am Tag zuvor herausgelegt, um dann sehr schick mit Champagnerflasche in der Hand und Zigarette im Mundwinkel vor den Toren der Galopprennbahn Hoppegarten zu erscheinen. „Wir sind eigentlich gar nicht so schnöselig, wie wir aussehen“, sagen die jungen Berliner.

Vielmehr geht es ihnen um den Spaß. Dazu gehöre eben auch stilvolle Kleidung an diesem Tag. Als Wetteinsatz hat jeder der drei Freunde 50 Euro in den Topf geworfen, mögliche Gewinne wollen sie brüderlich teilen. Für einen vor dem Einlass wartenden älteren Herren scheint es indes ein Wettrennen gegen die Zeit zu werden. Er bedeutet seinem Gesprächspartner am Telefon mit Dringlichkeit in der Stimme: „Kannst du mir noch einen Fuffi mitbringen?“

Trotz einstelliger Temperaturen strömen die Berliner und Berlinerinnen am Sonntagvormittag zur Rennbahn. Sie kommen mit dem Motorrad, mit dem Fahrrad, meist zu Fuß, einige mit Kinderwägen, in denen Picknickkörbe liegen. Neben den insgesamt zehn Pferderennen bieten die Veranstalter – passend zu Ostern – ein familientaugliches Rahmenprogramm mit Hüpfburg, Mini-Karussell und Food-Trucks an. Das Blasorchester Hastetöne aus Berlin sorgt auf der Rückseite der Tribünen für die musikalische Begleitung.
Die intelligentesten Pferde überhaupt
„Musik“ ist dann auch bei den einzelnen Rennen drin. Um 12.20 Uhr wird der Preis von Birkenstein ausgetragen. Kerstin Marten, mit Fernglas, und ihre Tochter Franziska stehen hinter dem Schutzgeländer auf der Wiese. Sie sind extra aus Schwerin angereist. Marten ist früher selbst geritten, allerdings nur Bauernrennen, wie sie lächelnd betont. „Mich interessieren hier die Vollblutpferde, das sind die intelligentesten Pferde überhaupt“, sagt Marten. Wetten wolle sie heute auch noch, bei den nächsten Rennen dann, denn den Preis von Birkenstein über 2000 Meter Distanz hat gerade das Pferd Salvina mit Reiter Rene Piechulek gewonnen.
Einer der am höchsten dotierten Preise bei der Saisoneröffnung ist der Preis des Gestüts Lünzen & Friends. Insgesamt 25.000 Euro Preisgeld werden hier ausgelobt. Jonah, Benjamin und Johannes haben 20 Euro auf Möwe gesetzt. Die fünfjährige Stute, deren Mitbesitzer Schauspieler Florian Martens ist, wird von Roland Dzubasz vor Ort auf dem Gelände Hoppegarten trainiert. Zwar gewann das Pferd Nano Nagle mit Reiter Pierre Bazire die Kategorie des Stutenrennens, Dastan Sabatbekov belegte mit Möwe jedoch den dritten Platz.

Für Jonah, Benjamin und Johannes bedeutet das immerhin eine Verdopplung der gesetzten 20 Euro. „Ich wette jetzt nur noch auf die Pferde, deren Namen ich am geilsten finde“, sagt Benjamin. Den Preis von Dahlwitz, das zweite mit 25.000 Euro Preisgeld dotierte Rennen, sollte später am Ostersonntag etwas überraschend der viermalige Champion, Jockey Eduardo Pedroza, mit seinem Wallach Panjari gewinnen. Überraschend, denn als Favorit über die Distanz von 2000 Metern hatte eigentlich Best of Lips mit seinem Reiter Martin Seidl gegolten.




