Die Erinnerung ist gelöscht, und die Videoaufzeichnung zeigt die Szene eines im Pferderennsport durchaus gewöhnlichen Sturzes. Am 3. Juli 2020, kurz nach 19 Uhr, fiel der tschechische Spitzenjockey Filip Minarik im letzten Rennen des Tages auf der Galopprennbahn in Mannheim vom Pferd – und kam erst nach vier Wochen Koma wieder zu Bewusstsein.
Die bloßen Karrieredaten des 1975 in Prag geborenen Jockeys Filip Minarik lesen sich wie die Schlaglichter einer steilen und lange währenden Erfolgsgeschichte. 1769 Rennen hat Minarik gewonnen, das erste bereits mit 16 Jahren. In 14 Rennen der Gruppe 1, der Champions League des Pferdesports, hat er als Sieger das Geläuf verlassen, für wechselnde Rennstallbesitzer hat er mehr als 24 Millionen Euro Preisgeld kassiert. Insgesamt viermal, 2005, 2011, 2016 und 2017, war er deutscher Champion, den Titel erhält, wer in einer Rennsaison die meisten Siege erzielt.
Ein Jockey auch für die wilden Ritte
Alles Geschichte? Wenn Filip Minarik am Sonntag auf die Galopprennbahn Hoppegarten zurückkehrt, ist sicher auch eine Portion Wehmut dabei, denn er wird nie wieder ein Rennen reiten, auch wenn er sich dank seiner Zähigkeit, unterstützt durch die unbedingte Zuneigung seiner Familie von seinen schweren Verletzungen wieder erholt hat.
Filip Minarik wird fortan als Botschafter seines Sports in Erscheinung treten. Einer, der alle Rennphasen durchlebt und manchmal auch durchlitten hat, möchte werben für eine Sportart, die seit Jahren um die Gunst von Zuschauern ringt, denen der Wettkampf schneller Pferde fast schon exotisch erscheint.
Trotz der imponierenden Bilanz stehen Minariks Erfolge im Zeichen harter Arbeit. Es war kein Zufall, dass er seine schweren Verletzungen auf der eher unbedeutenden Bahn in Mannheim erlitt. Es sei immer ein Teil seiner Karriere gewesen, sagt Minarik ohne Reue, nahezu alle Engagements anzunehmen, auch die finanziell wenig attraktiven. Mehrfacher Champion war er eben auch durch die wilden Ritte in Mannheim und Bad Harzburg geworden.



