Der Journalismus hat ein Problem, denn er versteht sich häufig nicht mehr als kritisch-objektive Instanz, sondern als Vollstrecker einseitiger Interessen und Meinungen. So ein Journalismus weigert sich, die Komplexität der Welt zu spiegeln, sondern will propagieren, tendenziös und interessengeleitet berichten, die Wahrheit nivellieren. Das jüngste Beispiel für diese Art von Journalismus hat nun die Taz vorgelegt, mit einem Bericht über die Berliner Zeitung (12.7.2025), der es verdient, in Wikipedia als Beispiel für tendenziösen Journalismus aufgenommen zu werden – als Exempel, das offenbart, warum das Vertrauen in die Medienlandschaft in Deutschland sukzessive schrumpft.
Welche Unwahrheiten verbreitet der Taz-Artikel? Der Autor des Textes will den Beweis erbringen, dass die Berliner Zeitung ein autokratenfreundliches Blatt sei, das von fremden Mächten finanziert werde, während ein dubioser Verleger sich autoritär in den Redaktionsalltag einmische und dort nach Gutdünken schalte und walte – als gäbe es keine Chefredaktion. All das ist falsch. Anstatt ein luzides, allumfassendes Bild der Berliner Zeitung zu zeichnen, ist der Text der Taz auf Vernichtung ausgelegt – auf die Vernichtung eines Verlegers, einer Redaktion und auf die Diskreditierung eines Konkurrenzmediums,das jeden Tag hart dafür kämpft, seine Leser mit unvoreingenommenem Journalismus zu begeistern und fair zu informieren. Und das mit wachsendem Erfolg.
Macht der Erfolg der Berliner Zeitung die Konkurrenz nervös? Auch wenn es die Taz nicht glauben mag: Unser Erfolg erklärt sich allein durch unsere Publizistik, durch harte Arbeit und interessante Berichterstattung. Verlag und Verleger nehmen kein Geld von Dritten, wir sind unabhängig, auch von der Erwartungshaltung anderer.
Wie lassen sich die Irritationen bei unseren Gegnern also erklären? Die Berliner Zeitung ist ein laufendes journalistisches Experiment, das es im deutschsprachigen Raum, ja vielleicht weltweit kein zweites Mal gibt. So wie es die Taz, gegründet 1978 als selbstverwaltetes Medium, auch einmal war. Während westdeutsche Verlage Millionen scheffelten, der Boulevard die Meinungen prägte und Journalismus als Gatekeeper von Machtstrukturen fungierte, schufen die Gründer eine Zeitung im Kontrast zum Raubtierjournalismus ihrer Zeit. Heute, wo fast alle Medien mit Geldschwierigkeiten zu kämpfen haben und sich gern vom ÖRR, der Regierung, von NGOs oder von Milliardären wie Bill Gates querfinanzieren lassen, ist eine selbstgetragene, wirtschaftlich komplett unabhängige Zeitung wie die Berliner ein heftiger Kontrast. Und den will man bekämpfen?
Die Russlandberichterstattung der Berliner Zeitung
In unserer Redaktion treffen Menschen mit verschiedenen Biografien und politischen Einstellungen aufeinander. Die Vielfalt der Meinungen und Perspektiven gibt es so kein zweites Mal in einem Medium. Wir stehen für ideologiefreien Journalismus, für einen respektvollen Austausch von Argumenten, für den Dialog. Grundlage unserer Zusammenarbeit ist der Gedanke, dass ein fairer, hassfreier Austausch von Meinungen gesellschaftlichen Fortschritt ermöglicht, der in einer komplexer werdenden Welt den Weg für das demokratische Austarieren von verschiedenen, teils sich widersprechenden Interessen ebnet. Es ist ein Austausch, der in unseren Augen alternativlos erscheint. Wir betrachten den dialektischen Anspruch unserer Publizistik als einzigen Weg, damit eine demokratische Gesellschaft bei wachsender Polarisierung auf Dauer gedeihen, ja überleben kann.
Unsere Russlandberichterstattung ist das beste Beispiel für diesen Ansatz, was die Taz leider ignoriert. In der Berliner Zeitung veröffentlichen Autoren, die sich politisch diametral gegenüberstehen. Unser Russland-Experte Alexander Dubowy stellt mehrmals die Woche seine Perspektiven vor, die auf der Analyse basieren, dass Wladimir Putin einem imperialen Impuls folgt und nur mit größter militärischer Entschiedenheit bei seinem Expansionskurs gestoppt werden kann. In der Berliner Zeitung publizieren aber ebenso Autoren, die Deutschland für seinen mangelnden diplomatischen Einsatz kritisieren, die wachsende Aufrüstung der EU anprangern oder der Auffassung sind, dass die alleinige militärische Unterstützung der Ukraine ohne den Einsatz diplomatischer Mittel in eine Sackgasse führt: zu einer militärischen Eskalation und einem langen Krieg mit Russland, mit unklarem Ausgang für die Ukraine und unzähligen Opfern auf allen Seiten.
Ein manipulatives Bild über die Berliner Zeitung
Die Chefredaktion der Berliner Zeitung geht von einem mündigen Leser aus, der sich seine Meinung über Putins Russland und den Krieg in der Ukraine auf Basis aller zugänglichen Information und Perspektiven frei und unabhängig bilden und für sich elaborieren kann. Wir wollen nicht belehren, propagieren, manipulieren. Wir wollen informieren, den Austausch verschiedener Meinungen pflegen, die Kraft der Argumente für sich sprechen lassen. Das macht unsere Publizistik offensichtlich für eine täglich wachsende Zahl von Lesern interessant.
Dass die Ansicht unseres Verlegers pars pro toto mit der gesamten Berichterstattung der Berliner Zeitung verwechselt wird, zeugt von der defizitären Auffassungsgabe unserer Kritiker. Daher können wir den aktuellen Artikel der Taz über unsere Publizistik kaum ernst nehmen, weil sich die Taz nicht einmal ansatzweise die Mühe macht, das Gesamtbild der Berliner Zeitung zu betrachten. Stattdessen zeichnet sie ein einseitiges, manipulatives Bild, das den Mechanismen von Propaganda ähnelt und sich damit, um es ironisch auf die Spitze zu treiben, Kreml-Techniken bedient. Denn auch Kreml-Propaganda ist auf die Nivellierung von Widersprüchen und auf das Malen eines tendenziösen Bildes aus, das politischen Interessen folgt, damit der Leser die widersprüchliche Wahrheit ja nicht zu Gesicht bekommt.
Wir sind hier, um Gewissheiten zu hinterfragen
Die Berliner Zeitung lehnt solch einen tendenziösen Journalismus ab. Er ist zerstörerisch und zersetzend. Wir versuchen in unserem Blatt jeden Tag, alle Widersprüche und konträre Meinungen auszuhalten. Auch die Taz ist kein homogenes Gebilde. Das sehen wir vor allem mit Blick auf ihre Israel- und Gaza-Berichterstattung. Unsere intellektuellen Kapazitäten reichen dafür aus, um die Widersprüche in der Israel-Berichterstattung innerhalb der Taz-Redaktion zu erkennen. Warum ist es wiederum der Taz nicht möglich, das ebenfalls mit Blick auf die Berliner Zeitung zu tun? Holger Friedrich fördert die vorurteilsfreie Publizistik der Berliner Zeitung. Ist die Medienlandschaft dank ihm und der Berliner Zeitung nicht reicher, vielfältiger und auch kritischer geworden?
Wir sind hier, um Gewissheiten zu hinterfragen, polarisierende Meinungen aufeinanderprallen zu lassen, Perspektiven miteinander in Beziehung zu setzen, Lösungen für komplizierte Probleme zu diskutieren – und den Lesern dadurch Lust am Journalismus zu machen. Die Möglichkeit, so einen Journalismus zu leben, macht Deutschland demokratisch und Russland und China zu Autokratien. Schießen wir mit unserer Perspektivvielfalt manchmal über die Stränge? Vielleicht. Aber in einer Zeit, in der Echokammern und politische Vereinzelung den gesellschaftlichen Austausch bedrohen, sehen wir es manchmal als unsere Pflicht an, die Gesellschaft kräftiger als andere Medienhäuser aufzurütteln und mit unerwarteten Gedanken zu überraschen. Damit unsere Demokratie lebendig bleibt. Dafür werden wir gehasst und geliebt. Und das ist auch gut so. Kritik ist erlaubt, nur sollte sie gerecht sein und einer demokratischen Kultur auch würdig. Für uns ist klar: Die Taz hat in ihrem übelwollenden Bericht zur Berliner Zeitung diesen Anspruch nicht erfüllt.
Transparenzhinweis: Die Taz hat dem Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, einen Fragenkatalog zu seiner Tätigkeit als Verleger und zur Publizistik der Berliner Zeitung geschickt. Die Fragen zeigten die Tendenz, dass der recherchierende Journalist nicht an Antworten interessiert war, sondern dass der Kern seiner Geschichte über den Verleger bereits feststand. Daher hat die Chefredaktion empfohlen, die Fragen öffentlich zu beantworten. Hier können Fragen und Antworten von Holger Friedrich auf den Fragenkatalog als PDF-Datei heruntergeladen werden.
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