Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagt Nein zu Gas- und Ölheizungen. Und was schlägt er den Deutschen als Alternative vor? Wärmepumpen. Sie sind in Neubauten Heizungsmittel Nummer eins.
In den letzten fünf Jahren hat ihre Anzahl im Wohnungsneubau stetig zugenommen. Im ersten Halbjahr 2022 hat ihr Anteil laut Daten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sogar erstmals die 50-Prozent-Marke überschritten. Aber nicht nur in Neubauten sind sie beliebt, auch beim Wohnungsbestand haben Wärmepumpen in den letzten fünf Jahren Fahrt aufgenommen.
Wärmepumpen werden beliebter, so wie Habeck es will
Warum reden jetzt alle von Wärmepumpen? Weil es die offensichtlichste Lösung ist, wenn es nach der 65-Prozent-Pflicht der Ampel-Regierung geht. Das heißt: Ab dem 1. Januar 2024 müssen sowohl in Neu- als auch in Bestandsbauten neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dann ist Schluss mit den neuen Gas- und Ölheizungen. Die bestehenden Heizungen sollten nach dem Ablauf der Betriebszeit von 30 Jahren gegen Alternativen ausgetauscht werden.
Hier spricht sich Habeck für Wärmepumpen und Fernwärme aus. Bei der Fernwärme sind wir allerdings noch weit weg von den gewünschten zwei Dritteln erneuerbarer Energie. Laut dem BDEW wurde sie im Jahr 2021 in Deutschland nur zu rund 17 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt – der Rest mittels fossiler Energieträger.
Da nicht alle Haushalte von den im Bestand bisher dominierenden Gasheizungen auf die Wärmepumpen umsteigen können, hat Habecks Wirtschaftsministerium für die Fernwärme im Entwurf zum neuen Gebäudeenergiegesetz deswegen eine Ausnahme von der 65-Prozent-Regel vorgesehen. Doch die Zukunft gehört den Wärmepumpen, meint auch die Verbraucherzentrale Brandenburg.
Die grüne Lösung: Hybrid-Wärmepumpen für Bestand und Neubau
Den Mythos, Wärmepumpen seien für alte Wohnungen und Häuser nicht geeignet, widerlegen vor allem die Hersteller. Zwar seien die Pumpen ideal für den Neubau und sanierte (und gut gedämmte) Bestandsgebäude, sagt die Sprecherin der Bosch Home Comfort Group (früher: Bosch Thermotechnik), Anne Kaletsch, der Berliner Zeitung, jedoch gebe es auch für den unsanierten und nicht noch nicht gut gedämmten Gebäudebestand eine Lösung: Wärmepumpen-Hybride.
Das Unternehmen ist einer der führenden deutschen Wärmepumpen-Hersteller. Diese Wärmepumpen-Hybride, erzählt Kaletsch, bestehen aus einem fossilen Brennwertgerät und einer kleineren Wärmepumpe und vereinen so die Leistungskraft und Zuverlässigkeit eines bewährten Wärmeerzeugers mit dem Einsatz erneuerbarer Energien.
Ein Hybrid-Heizung decke bis zu 80 Prozent des Heizbedarfs allein über die Wärmepumpe ab. Die Heizleistung des Gas- oder Öl-Brennwertkessels diene hier überwiegend als Unterstützung bei niedrigen Außentemperaturen. Die Anschaffungskosten für die Hybridlösung seien gemessen an den Listenpreisen günstiger als eine große alleinige Wärmepumpe. Außerdem müssten keine Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle vorgenommen werden, so die Bosch-Sprecherin. Energieexperten sehen in solchen hybriden Heizungen eine Lösung vor allem für Häuser mit technischen Einschränkungen, darunter mit Gasetagenheizungen.
Wärmepumpen erfüllen bereits die 65-Prozent-Pflicht
Aus einer eingesetzten Kilowattstunde (kWh) elektrischer Energie können drei Kilowattstunden Wärme generiert werden, erzählt seinerseits der Kommunikationsmanager Jörg Schmidt vom Heiztechnik-Unternehmen Viessmann, einem weiteren Hersteller von Wärmepumpen, der Berliner Zeitung. Diese zusätzlichen zwei Kilowattstunden werden klimaneutral aus der Umgebung gewonnen. „Damit sind wir schon über den geforderten 65 Prozent“, so Jörg Schmidt. „Wenn man dann auch noch grünen Strom nehmen würde, wäre man bei 100 Prozent.“
Daneben können die neuen Wärmepumpen eine Wassertemperatur von 70 Grad herstellen. Damit braucht man laut Viessmann keine Fußbodenheizung mehr, um eine Wärmepumpe nutzen zu können. „Das heißt, auch in alten Gebäuden kann man eine Wärmepumpe einbauen und kriegt das Haus trotzdem zu wirtschaftlichen Konditionen warm“, so Schmidt. Kritiker von Wärmepumpen weisen allerdings darauf hin, dass der sogenannte Faktor drei (eine Einheit Strom für drei Einheiten Wärme) bei den Luftwärmepumpen bei niedrigeren Temperaturen unter null Grad sinke bzw. der Stromverbrauch steige.
Können die Wärmepumpen-Hersteller der Nachfrage gerecht werden?
Der Wärmepumpenstand von derzeit etwa einer Million installierten Wärmepumpen in Häusern soll nach einem Plan der Bundesregierung bis zum Jahr 2030 auf vier bis sechs Millionen Wärmepumpen erhöht werden. Verteilt auf acht Jahre ergibt das jährlich mindestens 500.000 neue Wärmepumpen. Das ist ein sportlicher Wert, wenn man im Auge behält, dass im letzten Jahr nach Viessmann-Informationen insgesamt 235.000 Wärmepumpen in Deutschland verkauft wurden.
Um den Anforderungen der Bundesregierung gerecht zu werden, haben sich die Hersteller bereits 2022 dazu verpflichtet, ab 2025 gemeinsam jährlich 500.000 Wärmepumpen zu fertigen. Dazu haben sie gemeinsam mit der Bundesregierung eine Absichtserklärung führender Wärmepumpenhersteller unterzeichnet. Auf diese Weise wollen die größten deutschen Hersteller Bosch, Stiebel Eltron, Vaillant und Viessmann die geforderte Stückzahl sogar übertreffen.
Für die Umsetzung hat der Viessmann-Konzern bereits über 200 Millionen Euro in eine neue Fabrik im polnischen Legnica investiert. „Dort sollen die Außeneinheiten der Pumpen gefertigt werden, wohingegen die Inneneinheiten in unserer Fabrik in Allendorf gebaut werden“, so der Viessmann-Sprecher. Auch die anderen Hersteller haben vergleichbare Investitionen angekündigt: So baut Vaillant eine Fabrik in der Slowakei, Stiebel investiert in Deutschland und Bosch stärkt sein europäisches Standort-Netzwerk.
Defizite: Lieferengpässe bei Wärmepumpen bleiben vorerst bestehen
Auf die Frage, ob die Hersteller überhaupt lieferfähig sind, antwortet der Viessmann-Sprecher: „Bedingt durch die weltweiten Lieferengpässe haben wir auch bei dem einen oder anderen Wärmepumpen-Modell Lieferzeiten, das geht dem Wettbewerb aber genauso.“ Was die geforderte Stückzahl betreffe, so könne der Konzern sie aber „auf jeden Fall“ herstellen.
Der Hersteller Stiebel Eltron aus Niedersachsen nennt die massiven Steigerungsraten beim Absatz von Heizungswärmepumpen „eine Herausforderung“ für sich selbst und die gesamte Branche. Sowohl die Kapazitäten im Fachhandwerk als auch die Produktionskapazitäten seien im Moment extrem ausgelastet, sagt der Kommunikationsleiter Henning Schulz gegenüber der Berliner Zeitung.
„Neben Wärmepumpentypen, die direkt ab Lager verfügbar sind, gibt es auch Modelle, bei denen wir Lieferzeiten von einigen Monaten haben, in Einzelfällen und je nach Zubehör sogar bis zu zehn oder zwölf Monate.“ Trotz der Steigerung der Produktion um 45 Prozent im letzten Jahr sehe das Unternehmen bisher „leider keine wirkliche Entspannung“ auf dem Markt.
Auch bei Vaillant liegen die durchschnittlichen Lieferzeiten zwischen vier und sechs Monaten. Tendenziell rechne der Konzern aber mit einer Verkürzung der Zeiten. Auch Bosch bestätigt seinerseits längere Wartezeiten, hofft aber auf eine Besserung der Versorgungslage noch in diesem Jahr.
„Wir priorisieren zum Beispiel Systeme, die wir komplett liefern können, damit die Installateure diese Baustellen effizient abarbeiten können und die knappen Kapazitäten im Handel konzentriert bleiben“, heißt es. Allerdings zeigt sich der deutsche Fachkräftemangel besonders bei den Installateuren bzw. Handwerkern: Dass sie für die Wärmepumpen-Wende dramatisch fehlen oder nicht das nötige Wissen hätten, haben bereits mehrere Energieexperten bemängelt.
Kaskade: Wärmepumpen auch in Mehrfamilienhäusern möglich
Eine moderne Wärmepumpe für den Neubau hat laut Viessmann eine Leistung von neun Kilowatt. Es kann aber auch größer gedacht werden, denn es gibt Wärmepumpen mit einer Leistung von bis zu 600 Kilowatt. Damit könnte auch ein Mehrfamilienhaus beheizt werden. Die Hersteller gehen aber noch weiter.
„Was man außerdem noch machen kann, ist, wie wir es nennen, die Kaskade“, sagt Schmidt von Viessmann. Wenn selbst eine große Wärmepumpe mit 600 Kilowatt Leistung nicht ausreichen würde, könnte man auch zwei einbauen. Mit der Leistung von 1,2 Megawatt könne man durchaus beispielsweise ein Krankenhaus oder Altenheim wärmen. Auch der Vaillant-Konzern stimmt dieser Logik zu, nach der mehrere Wärmepumpen einfach in Reihe geschaltet werden können. Voraussetzung sei eine fachgerechte Planung durch einen Fachhandwerker.
Strom von Solardachanlagen auch für Wärmepumpen verwenden?
Den Wärmepumpen sind anscheinend keine Grenzen gesetzt, denn nicht nur die Reihenschaltung ist möglich – auch die Kopplung mit Solaranlagen schafft grüne Energie. Verbraucher können ihre Wärmepumpe im Neubau oder in der Altbausanierung mit eigenem Strom versorgen. Stellt man dann noch einen Stromspeicher dazu, kann die Wärmepumpe auch nachts mit dem Strom aus dem Speicher arbeiten. Auch im Altbau ist ein derartiges System möglich, solange die Häuser gedämmt sind, sagt der Vertreter des Viessmann-Konzerns.
Die Handhabung sei kinderleicht. Das System könne mit der Vernetzung eines Smartphones mit einem Tablet und einem Computer verglichen werden. So ähnlich funktioniere auch die Kopplung von Wärmepumpe, Stromspeicher und Fotovoltaikanlage.
Der Hersteller Vaillant beschreibt, dass die Energiemanagement-Software automatisch entscheide, wann der beste Zeitpunkt sei, den Solarstrom für die eigene Immobilie zu nutzen, und wann es sinnvoll sei, diesen ins Netz einzuspeisen. Damit lasse sich in allen Wetterlagen eine maximale Eigenverbrauchsquote erzielen, die dem Nutzer die größte Kostenersparnis bringt. So könnten bis zu 50 Prozent des Heizstrombedarfs mit selbst erzeugter Energie abgedeckt werden.
Der Staat fördert bereits den Umstieg auf neue Heizungen
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat noch nicht genauer erklärt, wie und in welchem Umfang der Staat die Verbraucher im Zusammenhang mit dem neuen Plan unterstützen will. Es gibt allerdings bereits ein Förderprogramm des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Mit ein bisschen Glück stößt man auf der Webseite des Amtes auf die aktuellen Zuschüsse, die der Staat beim Umstieg auf erneuerbare Energien gewährt.
Für Wärmepumpen gibt es derzeit einen Grundfördersatz von 25 Prozent. Beim Austausch einer betriebsfähigen Öl-, Gasetagen-, Gaszentral-, Kohle- oder Nachtspeicherheizungsanlage wird zusätzlich ein Bonus in Höhe von zehn Prozent gewährt. Gasheizungen müssen für den Heizungstausch-Bonus jedoch ein Mindestalter von 20 Jahren aufweisen.
Gift in Wärmepumpen: Wenn das Kältemittel zur Gefährdung wird
Außerdem werden neben einem Bonus für die ausgewählte Wärmequelle fünf Prozent Zuschuss gezahlt, wenn ein natürliches Kältemittel eingesetzt wird. Hintergrund ist, dass in den meisten Fällen das Kältemittel künstliche Gase der Stoffgruppe der Per- und Polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) beinhaltet. Diese sogenannten F-Gase sind äußerst giftig und können vor allem bei der Entsorgung von Wärmepumpen austreten.
Bei einer hybriden Heizung aus einer Wärmepumpe und fossilen Brennwerten erhält man ebenfalls 25 Prozent Zuschuss, sagt der Energieberater für die Verbraucherzentrale Brandenburg, Harald Lacher. Auch beim Anschluss an ein Fernwärmenetz unterstützt der Staat die Hauseigentümer – sogar mit 30 Prozent.
Das hört sich zwar vorerst gut an, jedoch belaufen sich die verbleibenden Kosten dann immer noch auf vier- bis fünfstellige Beträge, wenn man sich allein die Preise für Wärmepumpen anschaut. Geht man aber von Kosten in Höhe von 50.000 Euro für ein Zweifamilienhaus im Altbau aus, wenn man sich für eine gute Erdwärmepumpe inklusive der Dämmungs- und Einbaumaßnahmen entscheidet, müssen zwei Haushalte aktuell grob geschätzt doch 32.500 Euro davon selbst übernehmen. Kein Wunder, dass viele Verbraucher fürchten, ab 2024 diese Aufwendungen nicht stemmen zu können.









