China ist für Russland geopolitisch gesehen der Partner Nummer eins, und das ohnehin schon enge Verhältnis der zwei Riesen im Osten soll nach dem gegenseitigen Willen weiter verstärkt werden.
Die Vorsitzende des russischen Föderationsrates und Putins Vertraute Walentina Matwijenko besucht von Montag bis Mittwoch mit einer Delegation Peking, um an der Arbeit der interparlamentarischen Kommission für Zusammenarbeit der beiden Länder teilzunehmen und über regionale Kooperation zu sprechen.
Am Montag wurde sie von Staatspräsident Xi Jinping persönlich empfangen und überbrachte diesem eine schriftliche Botschaft von Kreml-Chef Wladimir Putin. „Er hat mich gebeten, Ihnen liebe Grüße und die besten Wünsche auszurichten“, sagte Matwijenko dabei. Putin erinnere sich noch sehr gut an Xis Besuch im März in Moskau, an ihre „langen, produktiven Verhandlungen“, fügte die 74-Jährige hinzu. Damals hatten Putin und Xi ein strategisches Abkommen für den Ausbau der strategischen Partnerschaft bis 2030 unterzeichnet.
Putins Gesandte Matwijenko: China ist „eine feste und freundliche Schulter“
Matwijenko wurde vom Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses (NPC), Zhao Leji, nach China eingeladen und von Präsident Xi persönlich empfangen. Für die amerikanische Finanzministerin Janet Yellen hatte Xi vorher keine Zeit gefunden, sie durfte lediglich mit seinem Premier und Ministern sprechen.
Das Ziel der interparlamentarischen Kommission ist eine Annäherung der beiden Länder in Fragen der Gesetzgebung. Wie Matwijenko in Peking betonte, würden die russischen und chinesischen Parlamentarier einen aktiveren „Austausch von Erfahrungen in der Gesetzgebungstätigkeit“ angesichts „neuer Herausforderungen und Bedrohungen“ anstreben. Es bleibt offen, was diese Annäherung zu China für Russland bedeuten kann. Vor dem Krieg galt der Staat laut Demokratieranking noch als moderate Autokratie; China dagegen schon als starke Autokratie. Die russische Beamtin erklärte später den Journalisten, Russland könne bei China auf „eine feste, zuverlässige und freundliche Schulter“ zählen. „Weder China noch Russland werden es zulassen, dass irgendjemand mit ihnen in der Sprache der Gewalt und Drohungen spricht“, warnte Matwijenko. Über den Ukraine-Krieg hätten die Seiten auch gesprochen, und man habe die Position Chinas zur Ukraine „mit Verständnis und Wertschätzung wahrgenommen“. Russland wisse chinesische Friedensbemühungen hoch zu schätzen.
Wie die chinesische Regierungsnachrichtenagentur Xinhua schreibt, habe Xi den Erfahrungsaustausch mit Russland im Bereich der Gesetzgebung und der öffentlichen Verwaltung unterstützt. Der chinesische Staatschef sprach sich ebenfalls dafür aus, dass Moskau und Peking auch in multilateralen Formaten wie der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und Brics aktiver zusammenarbeiten, die „Reform der globalen Governance“ vorantreiben und „die Interessen der Schwellen- und Entwicklungsländer“ schützen müssten. Mit anderen Worten: Peking will seinen wirtschaftlichen und geopolitischen Einfluss ausbauen und zeigt sich zumindest verbal bereit, auch Russland dabei mitmachen zu lassen.
China ist der eigentliche Profiteur der Russland-Sanktionen
Diese Offenheit des chinesischen Staates gegenüber Russland hat allerdings auch ein kaltblütiges Kalkül im Hintergrund, denn vor allem China ist der Gewinner der westlichen Sanktionen gegen Putins Russland. Auf dem russischen Automarkt setzen die Chinesen auf Expansion, übernehmen die ehemaligen Werke der westlichen Hersteller und füllen die Nischen, die ausländische Firmen nach ihrem Rückzug aus Russland hinterlassen haben. Nach Indien entfallen aktuell rund 35 Prozent der günstigen russischen Ölexporte auf das Land der Mitte.
China kauft Russland auch Stahl und Stahlprodukte ab, die die EU mit einem Embargo verbannt hatte, und importiert allmählich mehr Gas über die Gaspipelines „Kraft Sibiriens“. Diese Lieferungen kompensieren allerdings nicht die früheren russischen Gasexporte nach Europa, jedoch könnte in der Region perspektivisch eine Art neue Gasunion mit Kasachstan und Usbekistan entstehen. Der chinesische Yuan entwickelt sich in Russland zur ausländischen Währung Nummer eins. Rund 70 Prozent des Handels zwischen Russland und China finden nach Angaben des russischen Finanzministeriums bereits in Yuan und Rubel statt. Der Yuan bietet Russland eine einzigartige Möglichkeit, sich wie gewünscht vom US-Dollar zu entkoppeln, was auf der anderen Seite allerdings die Gefahr einer zunehmenden wirtschaftlichen Abhängigkeit von China birgt.




