Seine Mannschaft, also die Mannschaft des 1. FC Union Berlin müsse sich in diese Saison erst noch „reinarbeiten“, hatte Trainer Urs Fischer unmittelbar vor der Partie beim SV Darmstadt 98 gesagt. Sie müsse sich auf dem Platz noch finden, da man ja nicht mehr und nicht weniger als neun neue Spieler zu integrieren habe. Das mit dem „Reinarbeiten“ kann aber auch durch andere Faktoren zu einer komplizierten Sache werden. Zum Beispiel durch einen Schiedsrichter, der einen aus nur schwer nachvollziehbaren Gründen früh in eine Unterzahlsituation bringt - und damit dem Gegner in die Karten spielt.
Aaronson sieht die Gelb-Rote Karte
Die Rede ist in diesem Fall von Patrik Ittrich, der am Böllenfalltor das Spiel zwischen dem Champions-League-Teilnehmer und dem Aufsteiger zu leiten versuchte. Der in der 21. Minute Union-Profi Brenden Aaronson mit einer Gelb-Roten Karte des Feldes verwies und die Fischer-Elf tatsächlich für einen paar Minuten aus der Fassung brachte.
Ein erstes Mal Gelb für Ballwegschlagen, wobei es sich doch eher um ein Ballwegschieben handelte (5.), ein zweites Mal Gelb für ein „Stempeln“ des Gegenspielers, was schlimmer aussah, als es wirklich war. Eine eindringliche Warnung an Aaronson hätte allemal ausgereicht. Aber nein! Fischer tobte - zu Recht, musste gleich noch mit ansehen, wie die Gastgeber drei Minuten nach Ittrichs Eingriff durch Marvin Mehlem das 1:1 erzielte.
Aber: Fischers Team hat Charakter, hat allem Anschein noch einen Tick mehr Klasse als in vergangenen Saison. Zudem verfügt sie über herausragende Einzelspieler, wie sich an diesem Sonnabendnachmittag am Böllenfalltor zeigte. So siegten die Unioner trotz der erschwerten Bedingungen und infolge einer beeindruckenden Leistung 4:1, stehen nach zwei Spieltagen in der Tabelle wieder da, wo sie in der Vorsaison eigentlich immer standen, nämlich ganz oben.
Juranovic glänzt als Vorlagengeber
Auch dank Robin Gosens, der bei seinem Startelfdebüt gleich mal zwei Tore erzielte. In der vierten Minute auf geradezu fantastische Art und Weise: geschickte Ballannahme zwei Meter vor dem gegnerischen Strafraum, mit einer Körpertäuschung samt kurzem Hacken an einem Gegenspieler vorbei, dann mit Absicht ein Schuss durch die Beine von Darmstadts Christoph Klarer, sodass Keeper Marcel Schuhe ohne jede Chance blieb.
In der 34. Minute mit jeder Menge Wucht per Kopf nach einem Freistoß von Josip Juranovic. Also auch das kann der 15-Millionen-Euro-Mann. Treffer Nummer drei steuerte in der 39. Minute wiederum Kevin Behrens bei. Ebenfalls per Kopf - was sonst. Den Assist durfte auch in diesem Fall Juranovic für sich in Anspruch nehmen. So wie beim 4:1 durch Danilho Doekhi (65.).

Fischer hatte im Vergleich zur Vorwoche und dem Auftaktsieg gegen Mainz hinsichtlich der Startelf zwei Veränderungen vorgenommen. So kamen für Christopher Trimmel und Jérôme Roussillon auf den Flügeln eben Juranovic und Gosens von Beginn an zum Einsatz. Und da daher weder der verletzte Rani Khedira noch Trimmel als Träger der Spielführerbinde infrage kamen, durfte Doekhi das Amt des Kapitäns ausüben.
Letztgenannter war jedenfalls nach der frühen Führung zusammen mit Robin Knoche und Diogo Leite damit beschäftigt, die erste Angriffe der Lilien ins Leere laufen zu lassen. Das gelang ohne größere Komplikationen, bis Ittrich seinen bereits ausführlich beschriebenen Beitrag zum turbulenten Spielverlauf leistete. Knoche machte beim Gegentreffer nicht die beste Figur, ließ sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen.
Die Abwehr ist zumeist Herr der Lage
In der zweiten Hälfte war die Abwehr der Eisernen zumeist Herr der Lage, auch weil die Kollegen mit großem Fleiß mitarbeiteten. Alex Kral zum Beispiel, der im zentralen Mittelfeld den Raum beherrschte, aber auch Sheraldo Becker, der nach Aaronsons Platzverweis aus taktischen Gründen für David Datro Fofana ins Spiel gekommen war, sich in der Rückwärtsbewegung für keinen Meter und keinen Zweikampf zu schade war, bis auch er aufgrund einer Verletzung ausgewechselt werden musste (63.). Zwei Minuten zuvor hatte Frederik Rönnow bei einer Chance von Braydon Manu mit einer bravourösen Tat das 2:3 verhindert.

Neben Kevin Volland, der für Becker eingewechselt wurde, brachte Fischer in der 64. Minute mit Aljoscha Kemlein (für Aïssa Bilal Laïdouni) und Jordan Siebatcheu (für Behrens) noch zwei frische Kräfte ins Spiel. Und durfte Sekunden später mit ansehen, wie Doekhi nach einem weiteren Juranovic-Eckball per Kopf das Spiel zugunsten seiner Mannschaft entschied.




