Essen & Gesundheit

Bas Kast: Die vier wichtigsten Ernährungsregeln, um gesund zu bleiben

Was sollte man beachten, wenn man gesund und schlank sein oder werden will? Der Bestsellerautor Bas Kast hat viel recherchiert und weiß, worauf es ankommt.

Salat ist gesund, umso mehr, wenn er mit wirklich gutem Olivenöl kredenzt wird. 
Salat ist gesund, umso mehr, wenn er mit wirklich gutem Olivenöl kredenzt wird. EcoPimStudio/imago

Präzise, unterhaltsam, fundiert und verständlich: „Der Ernährungskompass“ von Wissenschaftsjournalist Bas Kast ist ein Bestseller der Ernährungsliteratur und machte den Autor fast schlagartig berühmt. 2018, im Jahr der Buchveröffentlichung, wurde es als Wissenschaftsbuch des Jahres ausgezeichnet; bis heute hat es sich millionenfach verkauft, wurde in 20 Sprachen übersetzt.

Für sein Werk hat er unzählige Studien ausgewertet und miteinander verglichen, hat herausgefunden, was es mit den Kalorien wirklich auf sich hat und worauf man achten sollte, wenn man gesund sein oder bleiben möchte.

Vieles von dem, was Bas Kast notiert hat, empfehlen auch Ernährungsmedizinerinnen und -mediziner. Dennoch fühlt es sich manchmal an wie ein Dschungel aus Hinweisen und Ratschlägen, die nur schwer zu verstehen und noch schwerer zu befolgen sind. Zudem widersprechen sich Studien häufig.

Bas Kast ist es gelungen, wichtige Erkenntnisse herauszuarbeiten und so aufzuschreiben, dass man Lust bekommt, sich nun doch endlich mal gesünder zu ernähren – weil er erklärt, warum das so wichtig ist und was ungesundes Essen mit dem Körper macht. Das Buch steckt voller Tipps und Tricks. Hier sind die wichtigsten für eine optimale Ernährung.

Regel 1: Spüren Sie, wann Sie satt sind

Viele von uns essen mehr, als sie sollten. Und zu viel vom Falschen. Das liegt unter anderem daran, dass es uns so gut schmeckt. Chips beispielsweise sind einfach wahnsinnig lecker, und es fällt uns deshalb schwer, mit dem Knabbern aufzuhören – und das gilt auch für die meisten Fertiggerichte und Fast Food. Also essen wir zu viel davon, was aber nicht nur ein Problem in Bezug auf die aufgenommenen Kalorien ist, sondern auch, was die Zusammensetzung des Essens angeht (siehe unten).

Wer sich dauerhaft falsch ernährt, wird sehr wahrscheinlich dick. Und das kann ein Problem sein, denn durch Übergewicht werden Folgeerkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Probleme begünstigt. Darüber hinaus kann ein wahrer Teufelskreis in Gang gesetzt werden, wie Bas Kast schreibt: „Übergewicht kann mit einer Entzündung in jenem Hirnareal (Hypothalamus) einhergehen, das unser Sättigungsgefühl hervorruft. Es ist, als wäre das Gehirn ‚verschnupft‘. Der Hypothalamus kann die Sättigungssignale des Körpers nicht mehr ‚riechen‘. Die Folge: Wir sind hungrig, obwohl, ja gerade weil wir übergewichtig sind.“

Überhaupt sorgt Übergewicht – genauer gesagt: die Fettdepots im Körper, vor allem am Bauch – dafür, dass Entzündungsprozesse entstehen und angefeuert werden. Die Folgen sind vielfältig, teils dramatisch, mitunter aber auch kaum beziehungsweise erst spät spürbar.

Darum raten Fachleute wie Bas Kast zu einer entzündungshemmenden Ernährung auf Basis von Omega-3-Fettsäuren. Diese „wirken entzündungshemmend und können so auch bei Übergewicht helfen“, so der deutsch-niederländische Autor. „Der ‚Hirnschnupfen‘ wird gelindert, das Sättigungszentrum des Gehirns reagiert wieder auf die Sättigungssignale, das Hungergefühl lässt nach.“

In der Folge kann man sein Gewicht reduzieren. Beschwerden nehmen ab, man fühlt sich wieder besser. „Gute Omega-3-Quellen sind: Walnüsse, Chia- und Leinsamen, Rapsöl und vor allem fettiger Fisch. Alternativ, als zweite Wahl: Omega-3-Kapseln (Fisch-, Krill-, Algenöl)“, zählt Kast auf. An anderer Stelle schreibt er, dass das Fleisch von „frei lebenden, grasgefütterten Tieren (…) mehr Omega-3-Fettsäuren enthält als das leider übliche ‚Industriefleisch‘“.

Regel 2: Wissen Sie genau, was Sie essen

Und damit wären wir auch schon beim nächsten wichtigen Punkt, der dem 50-Jährigen am Herzen liegt: Essen Sie möglichst nur Dinge, die Sie selbst zubereitet haben und von denen Sie wissen, was drin steckt. „Meiden Sie (…) Lebensmittel, die erfunden wurden, um Ihre Instinkte auszutricksen. In der Praxis heißt das (…): Verzichten Sie auf jede Form von Industrie-Food“, rät Bas Kast.

Das heißt konkret: keine TK-Pizza, keine Fertigsoßen, keine Ruck-zuck-Pfannengerichte aus der Tüte, keine Streichwurst, keine Fruchtjoghurts – die Liste der stark verarbeiteten Lebensmittel ist sehr lang, wenn man einmal drüber nachdenkt. Und sie steckt leider voller Versuchungen.

Bas Kast bei einer Lesung in Essen.
Bas Kast bei einer Lesung in Essen.APress/imago

Besser sei es, Lebensmittel quasi marktfrisch zu kaufen und sich daraus ein Gericht zu zaubern. Also: Nicht das fertig marinierte Steak mitnehmen, sondern ein Stück Fleisch sowie die einzelnen Zutaten wie Kräuter, Zitronen, Tomatenmark. „Essen Sie echtes, natürliches Essen. Je natürlicher, desto besser“, so der Autor. „Sprich, alles, was direkt aus der Natur kommt. Alles, was ohne Zutatenliste auskommt, meist sogar – von Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen und Kräutern einmal abgesehen – ohne Verpackung.“

Gut für uns ist „jedes Gemüse also, jedes Obst. In moderateren Mengen auch Fisch und Fleisch. (…) In erster Linie ist es das, worauf Sie im Supermarkt gleich beim Eingang treffen“, so Bas Kast. Doch nicht alles, was verarbeitet ist, ist automatisch schlecht für unseren Stoffwechsel. Ausnahmen sind beispielsweise Vollkornbrot, Joghurt und Käse, die durchaus auf unseren Speiseplan gehören. Als Faustregel gilt laut Kast: „Üblicherweise handelt es sich bei den gesunden verarbeiteten Lebensmitteln um solche mit einer jahrtausendelangen Tradition.“

Regel 3: Kalorie ist nicht gleich Kalorie

„Was die Sättigung betrifft, ist eine Kalorie nicht immer eine Kalorie“, weiß Bas Kast. Das trifft insbesondere auf getrunkene Kalorien zu, die der Körper sozusagen anders bewertet und im Prinzip nicht in seine Bilanz aufnimmt. Wir können mit Getränken relativ schnell die gleiche Kalorienmenge aufnehmen wie bei einer vollständigen Mahlzeit – satt sind wir deswegen noch lange nicht; im Gegenteil: Der Magen knurrt trotzdem, und wir essen. So nehmen wir mehr Kalorien zu uns als nötig.

Kalorien sind Energie, und als Energielieferanten gelten Kohlenhydrate, zu denen auch Zucker gehört, Fette sowie Proteine, also Eiweiße. Letztere bringen aber nicht nur reine Energie, sondern werden zwingend zum Aufbau und Erhalt all unserer Körperzellen gebraucht. Wir bestehen aus Eiweißen, und folglich brauchen wir sie auch, um gesund zu bleiben. Bas Kast bezeichnet die Proteine folgerichtig als Baumaterial für unseren Körper, Fette und Kohlenhydrate als Stromlieferanten.

„Die größten Zuckerlieferanten in unserer Ernährung sind die Erfrischungsgetränke, wie Cola, Fanta, Spezi & Co., aber auch die vielen populären ‚Energy Drinks‘ und selbst die 100-%-Fruchtsäfte“, schreibt Kast. „Sie alle enthalten nicht nur unverhältnismäßig viel Zucker. In ihrer flüssigen Form befördern sie den Zucker noch dazu mit einer Geschwindigkeit in unsere Blutbahn, als hätte man uns eine Infusion gelegt.“

Zucker habe zur Folge, dass sich die gesundheitsfördernden Bakterien im Darm minimieren, die tendenziell krank machenden sich hingegen vermehren, zitiert der Autor eine israelische Studie: „Diese Störung des Mikrobiom-Gleichgewichts hat Folgen nicht bloß für unseren Dickdarm, sondern wirkt sich auf unseren gesamten Körper negativ aus. Vor allem führt das Ungleichgewicht dazu, dass wir Glukose im Blut nicht mehr so gut verarbeiten können – die erste Stufe auf dem Weg zur Zuckerkrankheit.“

Gesundheitsfördernde Bakterien lieben beispielsweise Ballaststoffe, die hauptsächlich in Gemüse, Obst sowie in Vollkornprodukten enthalten sind. Mit Zucker und auch einfachen Kohlenhydraten, wie sie in Weißmehlprodukten (Schrippe, Nudeln) stecken, unterstützen wir deren Gegenspieler.

Vielmehr sollten wir Folgendes wissen und beachten: „Eiweiß sättigt eindeutig besser als Fett und Kohlenhydrate. Wenn Sie abnehmen wollen, versuchen Sie also, etwas mehr Eiweiß (…), beispielsweise in Form von Joghurt, Quark (der sehr viel Eiweiß enthält), Fisch und Meeresfrüchten, Nüssen, Samen und insbesondere allen Hülsenfrüchten (die vielen verschiedenen Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Linsen), zu sich zu nehmen.“ Die Kalorien aus Eiweiß haben aus ernährungsphysiologischer Sicht eine bessere Bilanz.

Wobei Bas Kast versucht, das Fett zu rehabilitieren, das in den vergangenen Jahrzehnten reichlich in Verruf geraten ist und verteufelt wurde: „Das Fett, das wir essen, macht weder zwangsläufig unseren Körper fett, noch ist Fett generell schädlich. Bei Insulinresistenz hilft eine fettreiche Ernährung besser beim Abnehmen als die klassische Low-Fat-Diät. Außerdem sind viele fettreiche Nahrungsmittel schlicht und einfach gesund – oft weitaus gesünder als die schnellen Kohlenhydrate, die wir an ihrer Stelle essen, wie Kartoffeln, Reis und Weißbrot.“

Überrascht? War Bas Kast auch, als er das bei seinen Recherchen herausfand: „Zahlreiche Nahrungsmittel mit hohem Fettanteil sind ausgesprochen heilsam. Wir sollten mehr davon essen! Einige Beispiele sind: hochwertiges Olivenöl, Nüsse, Avocados und sogar dunkle Schokolade, die immerhin zu über 50 Prozent aus Fett (Kakaobutter) besteht. Dann wären da natürlich noch die besonders segensreichen Omega-3-Fette, die sich in Vollkornprodukten, in Chia- und Leinsamen, Walnüssen und Rapsöl befinden, vor allem jedoch in fettigem Fisch, wie Lachs, Hering, Makrele, Sardine und Forelle.“

Tipp: In gutem Olivenöl stecken viele der sogenannten Polyphenole. Das sind pflanzliche Schutzstoffe, die die Olive unter anderem vor Hitze und Pilzbefall schützen, so Kast. Studien deuten darauf hin, dass Olivenöl eine heilende und jung machende Wirkung besitzt, was an den enthaltenen Polyphenolen liegt. Diese schmecken bitter und pfeffrig-stechend, sie kratzen in der Kehle – daran erkennen Sie ein gutes Olivenöl.

Vorsicht ist jedoch bei Transfetten geboten, wie der Autor betont: „Sie entstehen bei dem Versuch, ungesättigte Fettsäuren, die ja ein flüssiges Öl bilden, auf künstliche Weise zu härten, sodass am Ende des Fließbands eine streichfeste Margarine herauskommt. (…) Transfette haben sich als geradezu toxisch herausgestellt. Nicht nur lassen sie unsere Zellhüllen versteifen. Sie wirken sich auch maximal ungünstig auf unsere Blutfettwerte aus.“ Und das wiederum erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Transfette, wie sie in vielen Fertigprodukten (Pommes, Kekse, Donuts, Chips, Pizza etc.) stecken, fördern Entzündungsprozesse und „gehören außerdem zu den wenigen Fetten, die auch wirklich fett machen“, bilanziert Bas Kast. Und sie erhöhen das Sterblichkeitsrisiko.

Regel 4: Achten Sie auf die Uhrzeiten

Unser Körper, und somit auch unsere Verdauung, folgt natürlicherweise dem Tag-Nacht-Rhythmus. Geregelt wird das über Hormone, deren Ausschüttung wiederum eine Reaktion auf das Licht ist, üblicherweise auf das Tageslicht draußen. Wer abends jedoch lange fernsieht oder auf das Handy schaut, gaukelt seinem Körper vor, es sei noch hell, und bringt den Takt durcheinander.

Wenn es dunkel wird, schüttet unser Körper das müde machende Schlafhormon Melatonin aus, Tageslicht hingegen hemmt die Bildung, ebenso künstliches UV-Licht und die blauen Lichtanteile von Fernseher, Computer, Tablet und Smartphone.

„Auch die insulinbildenden Zellen der Bauchspeicheldrüse sind mit Empfangsmolekülen (‚Rezeptoren‘) für Melatonin ausgestattet: Sobald Melatonin an diese Antennen andockt, wird die Ausschüttung von Insulin gehemmt“, schreibt Kast. „Die Bauchspeicheldrüse schläft gewissermaßen ein. Die Folge ist eine eingeschränkte Blutzuckerregulierung am späten Abend und in der Nacht. Schaufeln wir zu später Stunde, während die Bauchspeicheldrüse schlummert, einen Berg Kartoffeln in uns hinein, zirkulieren die Glukosemoleküle aufgrund der schwachen Insulinausschüttung länger durch unser Blut als sonst – mit der Gefahr, dass sie unseren Körper von innen ‚verkleben‘.“

Und weiter: „Gibt man Testpersonen die identische Mahlzeit, einmal am Morgen und einmal am Abend, fällt die körperliche Reaktion völlig anders aus (…). Morgens in der Früh ist zum Beispiel unsere Insulinempfindlichkeit am höchsten. Der Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit ist deshalb morgens am geringsten. Nährstoffe, insbesondere Kohlenhydrate, lassen sich so morgens am besten ‚wegstecken‘. Im Laufe des Tages lässt unsere Blutzuckerkontrolle dann immer mehr nach. Aus Sicht des Blutzuckers ist es am Abend so, als würden wir – bei objektiv gleicher Mahlzeitgröße – eine doppelt so große Mahlzeit futtern. Überspitzt gesagt, verwandeln wir uns am späten Abend in einen temporären Diabetespatienten. Gerade Kohlenhydrate werden jetzt zum Problem.“

Es kommt also nicht nur darauf an, was und wie viel wir essen, sondern auch, wann und in welchem Rhythmus wir es essen. Insbesondere die festen Zeitfenster haben sich in der Ernährungsmedizin als Gesund- und Schlankmacher etabliert. Auch Bas Kast plädiert für das sogenannte Intervallfasten, vor allem auch deshalb, weil es den Tag-Nacht-Rhythmus unterstützt und somit den Schlaf verbessert – denn wenn der Körper mit Verdauen beschäftigt ist, beeinträchtigt das unsere Schlafqualität.

Er notiert: „Obwohl ich weiß Gott kein Ass der Selbstdisziplin bin, fällt es mir meist nicht allzu schwer, mich daran zu halten. Ich esse also meist in (einem) 12-Stunden-Zeitfenster. Die restlichen 12 Stunden faste ich. Wenn ich in etwas strengerer Stimmung bin und das eine oder andere angesammelte Speckpolsterchen loswerden will, verkürze ich das Zeitfenster auf 9 bis 19 Uhr. (…) Letztlich am wichtigsten aber ist, dass Sie einen Rhythmus finden, der zu Ihrem Alltag passt und mit dem Sie selbst gut leben können.“

Bas Kast: Der Ernährungskompass – Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung. 336 Seiten, Penguin-Verlag, 16 Euro