Kommentar

Bei den Landtagswahlen wird auch über Scholz’ Ukraine-Kurs abgestimmt

Führende Köpfe der SPD reihen Fehler an Fehler – und vergreifen sich bei ihrer Selbstverteidigung im Ton. Das könnte sich sehr schnell rächen.

Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, im Landtag von Schwerin.
Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, im Landtag von Schwerin.dpa

Vor einigen Tagen gab es mal einen kurzen Hoffnungsschimmer für die gebeutelte SPD. Der Generalssekretär Kevin Kühnert twitterte über eine Bespitzelungsaffäre der CDU. Adenauer ließ die SPD zehn lange Jahre durch einen eingeschleusten Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes ausspionieren.

Kühnert forderte per Tweet und Interview die Aufarbeitung des Machtmissbrauchs des ersten deutschen Kanzlers. Das deutsche Watergate, das erst jetzt aufgedeckt wurde, liegt aber leider schon sechs Jahrzehnte zurück – zu lang, um in diesen Tagen einen echten Skandal zu entfachen.

In diesen Tagen interessiert die Öffentlichkeit zum Leidwesen der Genossinnen und Genossen ein ganz anderer Machtmissbrauch einfach mehr. Es geht dabei um die nun wohl ehemalige Hoffnungsträgerin der Partei, Manuela Schwesig. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern hatte sich in den vergangenen Jahren vehement für die Errichtung der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 eingesetzt, die bekanntlich in ihrem Bundesland enden sollte.

Sie befand sich damit durchaus im Einklang mit führenden Politikerinnen und Politikern der großen Koalition, die Kanzlerin eingeschlossen. Doch seitdem das umstrittene Projekt nach dem Überfall des Putin-Regimes auf die Ukraine tot ist, kommen immer mehr dubiose Vorgänge ans Licht. Bei den meisten geht es um die vor einem Jahr gegründete und eher zwielichtige Stiftung Klima- und Umweltschutz MV.

Kungeleien, Ungereimtheiten und nun vielleicht sogar ein Steuerstrafverfahren – Manuela Schwesig hatte in den vergangenen Tagen vieles zu erklären. Aufgeklärt ist dabei noch wenig, doch Schwesig versichert, dass sie im Amt bleiben will.

Die SPD hat aber noch weitere Probleme. Die Partei macht in diesen Tagen Erfahrungen mit allen möglichen Facetten missglückter Rechtfertigung. Meist geht es um zu große Putin-Nähe und meist verrutscht dabei der Unterton. Er gerät dann zu sehr ins Selbstgerechte – als würde die Zurückweisung von Anschuldigungen glaubhafter, wenn sie nur besonders brüsk vorgetragen wird. So geißelte der frühere Außenminister Sigmar Gabriel im Gastbeitrag für den Spiegel die Ausladung des Bundespräsidenten aus der Ukraine als „beispiellos“ und rückte Kritik an der deutschen Russland-Politik in die Nähe von Verschwörungserzählungen. Danach fuhr er zu Gerhard Schröder, der immer noch auf Putins Gehaltsliste steht, und tauschte sich mit ihm aus.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich wiederum schulmeistert Ausschuss-Vorsitzende der Regierungskoalition, die sich in der Ukraine selbst ein Bild von der Lage machten, während der Bundespräsident das nicht durfte. Und der Kanzler selbst? Olaf Scholz wurde lange nicht gesehen und selten gehört. Dann lädt er zur Pressekonferenz und präsentiert nichts Neues. Erst mal keine schweren Waffen für die Ukraine. Sanktionen? Gucken wir mal. Beide Punkte werden hinterher präzisiert, aber nicht vom Regierungschef, sondern von seinen Ministern. Falls dahinter eine Strategie steckt, ist sie gut verborgen.

Die schlechte Performance der SPD hinterlässt bereits Spuren. Es gibt nämlich, trotz der dramatischen Weltlage, im Mai auch noch zwei Landtagswahlen. In Schleswig-Holstein wird der Amtsinhaber der CDU wohl bestätigt werden. Das war schon lange klar. In Nordrhein-Westfalen, dem größten deutschen Bundesland, gibt es laut Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Kann die SPD nicht liefern, könnte es mit ihrem Höhenflug nach der Saar-Wahl schnell vorbei sein.