Partei-Klausur

Streit um Sahra Wagenknecht: Linke-Spitze spielt den Konflikt herunter

Am Sonntag gehen die Parteivorsitzenden nur auf Nachfrage auf den Streit ein – ohne den Namen der Abgeordneten zu erwähnen. Andere fordern ihren Ausschluss.

Ihre Rede im Bundestag am Donnerstag hat die Linke in Konflikte gestürzt: Sahra Wagenknecht.
Ihre Rede im Bundestag am Donnerstag hat die Linke in Konflikte gestürzt: Sahra Wagenknecht.imago stock&people

Die Vorsitzenden der Partei Die Linke sind sichtlich bemüht, die parteiinternen Auseinandersetzungen um die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht herunterzudimmen. Zwei Tage trafen sich Parteivorstand und Fraktionsspitze zur Klausur in Rathenow – dabei ging es auch um die umstrittene Rede Wagenknechts vergangene Woche im Bundestag. In ihrer Pressekonferenz nach der Klausur gingen die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan aber nur auf Nachfrage auf den Konflikt ein – ohne den Namen der Abgeordneten zu erwähnen.

Janine Wissler rief die Partei einmal mehr dazu auf, Geschlossenheit zu wahren. Die Partei sei eine historische Errungenschaft, sagte sie: „Ich appelliere an alle, dieses Projekt nicht infrage zu stellen.“ Martin Schirdewan verwies darauf, dass man gemeinsam mit der Fraktionsspitze getagt und „gemeinsame Aufgaben“ definiert habe. Die Äußerungen „von einigen Mitgliedern“ sollten den Fokus auf die geplanten Aktionen im kommenden Herbst nicht konterkarieren, wünschte er sich.

Sahra Wagenknecht hatte am Donnerstag im Bundestag für die Linke zum Thema Energie und Klima gesprochen. Das war in der Fraktion bereits im Vorfeld umstritten gewesen, da sie nicht im entsprechenden Ausschuss sitzt. In weiten Teilen lag ihre Rede völlig auf der politischen Linie der Linke-Mehrheit: So geißelte sie die unzureichenden Entlastungen für die Bürger und dass die Regierung viel zu wenig dagegen unternehme, dass die Energiekonzerne Milliardengewinne einfahren, während viele Bürger nicht wüssten, wie sie finanziell über den Winter kommen.

Allerdings hatte sie auch einen Stopp der Sanktionen gegen Russland gefordert und der Bundesregierung vorgeworfen, dass diese „einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun gebrochen“ habe. Den russischen Angriff auf die Ukraine erwähnte sie nicht. Gegen diese Rede hatte sich noch am Donnerstag der stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Berlin gewandt und getwittert, dass Wagenknecht nicht für die Linke spreche und ihr Täter-Oper-Umkehr vorgeworfen.

Erst einen Tag später folgte die Parteispitze mit einer Kritik und erklärte, dass „Abgeordnete, die für die Fraktion reden“, die beschlossenen Positionen der Linkspartei vertreten müssten. Wenn Wagenknecht dies nicht guten Gewissens tun könne, dann sollte jemand anderes reden, so die Parteichefs. So ähnlich klang das auch am Sonntag wieder.

In einem offenen Brief haben Landtagsabgeordnete der Linken aus Sachsen und Thüringen Wagenknechts Ausschluss aus der Bundestagsfraktion gefordert. Die Abgeordneten Katharina König-Preuss, Henriette Quade und Juliane Nagel legten dabei auch den Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali den Rückzug nahe. Davon war am Sonntag in Rathenow nicht die Rede.

Die Lage ist einigermaßen heikel, denn die Bundestagsfraktion ist gespalten. Einige Linke-Abgeordnete waren Wagenknechts Rede ferngeblieben, um so nicht in die Verlegenheit zu geraten, applaudieren zu müssen. Andere liegen inhaltlich aber auf einer Linie mit ihr. So verteidigten die Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst und Alexander Ulrich ihre Fraktionskollegin und attackierten wiederum den Parteivorstand.

Klaus Ernst ist der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Klima und Energie. Seine Nominierung für diesen Posten hatte schon zu Beginn der Legislaturperiode für großen Streit gesorgt. Klaus liegt inhaltlich auf einer Linie mit Wagenknecht und fordert ebenfalls, die Verhandlungen mit Russland für Gaslieferungen wieder aufzunehmen und gleichzeitig die Sanktionen gegen das Putin-Regime zu beenden.

Der Streit kommt für die Partei äußerst ungelegen, da man sich gerade darauf vorbereitet, zu Großdemonstrationen gegen die Bundesregierung aufzurufen. Die „Heiße-Herbst-Kampagne“ mit Protesten gegen Preissteigerungen und zur geringen Entlastung der Bürger soll der Partei wieder Aufwind verschaffen. Begonnen haben die Proteste am vergangenen Montag mit Demonstrationen in Leipzig. Sahra Wagenknecht ist allerdings nach wie vor eine der populärsten Rednerinnen auf diesen Veranstaltungen. Im Wahlkampf war von Linke-Politikern zu hören, dass die Marktplätze voll seien, sobald sie angekündigt sei.