Analyse

Wettrüsten: New York Times befürchtet Krieg mit China

Die New York Times hat am Sonntag eine erschreckende Analyse über die chinesisch-amerikanischen Beziehungen veröffentlicht.

Bild einer amerikanisch-japanischen Militärübung von März 2023
Bild einer amerikanisch-japanischen Militärübung von März 2023www.imago-images.de

Die New York Times hat am Sonntag eine Reportage über den Pazifischen Ozean und die geopolitische Entwicklung in Asien publiziert, die zugleich die Sorge der USA vor einer militärischen Auseinandersetzung mit China zum Ausdruck bringt. Berichtet wird in dem Text unter anderem von einem Stützpunkt der USA, der sich auf einer der drei großen Inseln des Commonwealth im Pazifischen Ozean befindet (Tinian). Die Reportage beschreibt die militärische Aufrüstung des Stützpunkts – ein Umstand, der die Autoren an den Zweiten Weltkrieg und die damalige Eskalationsspirale erinnert. Zusammen mit japanischen Piloten, die während des Zweiten Weltkriegs noch als Feinde der USA galten, würden die USA jetzt gemeinsam Übungen organisieren, schreibt die New York Times.

In dem Text heißt es pointiert: „Asien und der pazifische Raum steuern auf eine unruhige Zeit der Aufrüstung zu, in der alte Konflikte und unmittelbare Risiken nachklingen. Aufgeschreckt durch Chinas militärische Aufrüstung und die wachsende territoriale Bedrohung – und angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und den drängenden Zweifeln an der Entschlossenheit der USA – stocken die Nationen in der gesamten Region ihre Verteidigungsbudgets, die gemeinsame Ausbildung, die Waffenproduktion und die Infrastruktur ihrer Truppen auf.“

China werde immer selbstbewusster

Früher sei der gemeinsame Handel wichtig gewesen, der China mit den USA und dem Westen verbunden habe. Diese Zeit sei nun vorbei. China werde selbstbewusster und verfolge eine eigene Strategie. Die Beziehungen zwischen China und dem Westen seien so schlecht wie in den vergangenen 50 Jahren nicht mehr, schreibt die New York Times.

Die Autoren schätzen die Lage so ein, dass das kürzlich stattgefundene Treffen zwischen Chinas Präsident Xi Jingping und Russlands Präsident Wladimir Putin den Machtanspruch Chinas in der Welt im Allgemeinen und in der Region im Konkreten unterstreichen würde. Im Text heißt es, dass vieles dafürspreche, dass China bald den autonomen Inselstaat Taiwan unter seine Kontrolle bringen möchte. Die USA würden ganz klassisch antworten und vor allem mit militärischer Aufrüstung und der Aufrüstung ihrer Partner reagieren, also mit Abschreckung. Als Beispiel erwähnen die Autoren die Rüstungspläne Japans und Australiens, aber auch die militärischen Pläne der Philippinen und Indiens werden nicht ignoriert. Auch die Aufrüstung Taiwans sei im Sinne der USA.

Die Chinesen werden militärisch immer stärker

Die Autoren bezweifeln, ob diese Bemühungen ausreichen werden, um Chinas expansiven Kurs zu stoppen. China würde nämlich ebenfalls aufrüsten und kontrollierte Provokationen durchführen, um die Amerikaner und ihre Alliierten von der chinesischen Entschlossenheit zu überzeugen. Zugleich würden viele asiatische Länder nicht mehr auf die Durchsetzungskraft der Amerikaner vertrauen.

In dem Text heißt es: „Viele Länder hoffen, dass die Verstärkung ihrer Streitkräfte die Supermacht China davon abhalten wird, noch weiter vorzudringen. Aber deren Aufrüstung spiegelt auch das schwindende Vertrauen in die Vereinigten Staaten wider. Der Krieg in der Ukraine hat (...) die materiellen Möglichkeiten der USA geschwächt. In vielen asiatischen Hauptstädten zweifelt man an der Fähigkeit des amerikanischen Militärs, sich anzupassen und Chinas Vormarsch zu stoppen. Man macht sich Sorgen darüber, was die aktuelle Politik der USA bewirken wird: eventuell den Albtraum einer Überreaktion auf chinesische Provokationen oder – einen militärischen Rückzug.“

Was aktuell passiert, sei eine tektonische Verschiebung der Mächte, schreibt die New York Times. „Das Gleichgewicht der Kräfte verschiebt sich rasant. Und das liegt nicht nur an China“, sagt Shivshankar Menon der New York Times, Indiens nationaler Sicherheitsberater von 2010 bis 2014. Es werde höhere Risiken geben in einer Zeit des Wandels. Die New York Times schreibt, dass dies auch an den wirtschaftlichen Schwierigkeiten Chinas liege, der wachsenden Konkurrenz in Asien und einer alternden Bevölkerung. China werde mächtiger, würde aber auch über immer mehr Mitspieler verfügen, etwa Indien und Indonesien. Während die USA ihre militärischen Ausgaben weltweit streuen müssten, würden die wachsenden Ausgaben von China sich auf Asien konzentrieren. Dabei würden die Chinesen militärisch immer stärker. Sie hätten gute Militärtechnik und würden technologisch immer weiter aufrücken.

Ära der globalen Aufrüstung

Die New York Times schreibt: „Jüngste Äußerungen von US-Befehlshabern – wonach es bis 2027 oder sogar 2025 zu einem Krieg kommen könnte – und die kampfbereiten Äußerungen der chinesischen Führung verstärken die Sorge (bezüglich eines militärischen Konflikts, Anm. d. Red.). Qin Gang, der chinesische Außenminister, warnte diesen Monat, dass ein Konflikt zwischen seinem Land und den Vereinigten Staaten unvermeidlich sei, wenn Washington ‚weiterhin diesen falschen Weg einschlägt‘.“ China werfe den USA Eskalation vor. Andere Länder wie Singapur würden das Gleiche den Chinesen vorwerfen. Sicher sei nur, dass im Grunde alle Länder der Welt ihre Militärausgaben erhöhten, selbst das sich ehemals als pazifistisch deklarierende Japan. Es sei eine Ära der globalen Aufrüstung angebrochen, schreibt die New York Times.

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