Fragebogen Berlin

Hanno Koffler über Berlin: „Ich wollte nie nach Friedrichshain“

In unserem Hauptstadt-Fragebogen erzählt „Babylon Berlin“-Star Hanno Koffler, warum ihm Charlottenburg am Herzen liegt, er aber dennoch ganz woanders landete.

Eine Metropole wie Berlin müsse sich besser um die Alten kümmern, findet Hanno Koffler. 
Eine Metropole wie Berlin müsse sich besser um die Alten kümmern, findet Hanno Koffler. Matthias Bothor

Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?

In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie eher meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.

Diesmal hat der Schauspieler Hanno Koffler unsere Fragen beantwortet, der zur Darstellerriege von „Babylon Berlin“ gehört. Der 43-Jährige spielt in der Erfolgsserie den Berliner SA-Führer Walther Stennes, der den Putsch gegen die NS-Parteiführung wagt. Ab 1. Oktober wird die vierte „Babylon Berlin“-Staffel in der ARD ausgestrahlt, aber so lange müssen Fans des Berliner Schauspielers nicht warten.

Koffler ist bereits am Montag (25. September) im neuen ZDF-Fernsehfilm „Das bleibt unter uns“ in einer Hauptrolle zu sehen – und hat demnächst noch viele weitere Projekte auf dem Zettel. Im Berlin-Fragebogen spricht er ausführlich über die Stadt, in der er mit seiner Frau, der Regisseurin Mia Maariel Meyer, und der gemeinsamen Tochter wohnt. Und zwar ausgerechnet in Friedrichshain, wo er doch eigentlich nie hinwollte. 

1. Herr Koffler, seit wann sind Sie schon in der Stadt?

Ich bin tatsächlich ein geborener Berliner. West-Berliner. Bis zur Wende haben wir in der Knesebeckstraße in Charlottenburg gelebt. Dort bin ich auf die Schlüterschule gegangen. Kurz nach dem Mauerfall haben wir Berlin dann verlassen. Da war ich zehn. Mit 17 bin ich ohne meine Eltern wieder zurückgekommen.

2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?

Meine Lieblingsorte sind die Berliner Kinos. Meine Besuche sind zwar seltener geworden. Aber ich liebe die breite Auswahl an den ganz unterschiedlichen Kinos dieser Stadt, und ich liebe es, dass wir in Berlin wirklich fast jeden Film auch in der OmU-Fassung auf der Leinwand sehen können. Ich vergesse immer wieder, dass das ein absolutes Privileg der Großstadt ist.

3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?

In die Natur. Ins Berliner Umland. Brandenburg. Märkisch-Oderland. Ich bin zwar ein Stadtmensch, aber ohne die Natur würde ich eingehen.

4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?

Ehrlich gesagt wollte ich nie nach Friedrichshain. Alle meine Freunde wohnten damals dort, in der Zeit ihres Studiums, während ich als Einziger eine Wohnung in Kreuzberg hatte und arbeiten ging. Ich hab immer beteuert, dass mich keine zehn Pferde nach Friedrichshain kriegen. Inzwischen lebe ich seit fast acht Jahren hier.

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Gordon Muehle/ZDF
Zur Person
Hanno Koffler gab 2003 sein Kinodebüt im Medizin-Thriller „Anatomie 2“. Sein Schauspielstudium am Max-Reinhardt-Seminar in Wien schloss er 2007 ab. Während des Studiums spielte er am Wiener Burgtheater unter der Regie von Klaus Maria Brandauer. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen „Krabat“, „Freier Fall“ und „Werk ohne Autor“. Für seine Rolle als Andreas Marquardt in Rosa von Praunheims Film „Härte“ (2015) wurde der gebürtige Berliner als bester männlicher Hauptdarsteller für den Deutschen Filmpreis nominiert. 

Eine Nominierung brachte ihm auch sein Auftritt im Drama „Die Saat“ ein, dessen Drehbuch er gemeinsam mit seiner Frau geschrieben hat (abrufbar in der Arte-Mediathek). In „Das bleibt unter uns“ (Foto) spielt Koffler die Rolle des Alexander Nolding (Montag, 25. September um 20.15 Uhr im ZDF). Demnächst ist er auch in einem NDR-„Tatort“ mit Wotan Wilke Möhring zu sehen. Koffler hat aus einer früheren Beziehung eine Tochter, die in den USA lebt.

5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?

Nach wie vor das Jules Verne in der Schlüterstraße, das ist seit vielen Jahren mein Stammrestaurant. Allerdings ist es schon lange kein Geheimtipp mehr. Über die Jahre hat sich die Qualität herumgesprochen und ist auch in der Branche ein recht beliebter Ort, um sich bei einem guten Essen zu treffen. Den Besitzer des Jules Verne, Hassan, kannte ich schon als Neunjähriger, als er noch Pizzabäcker bei Ali Baba gleich um die Ecke war. Einmal die Woche war ich dort nach der Schule Minipizza essen. Und tatsächlich gibt es bei Ali Baba, wie ich finde, immer noch die beste Minipizza der Stadt.

6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?

Wenn mein Kind aus Amerika bei uns ist, schwärmt es immer von den „coolen Läden“ in Friedrichshain. Um den Boxhagener Platz und die Warschauer Straße kann man abseits der großen Shopping-Malls wirklich viel entdecken. Wer echte italienische Backwaren liebt, dem kann ich Backaro empfehlen – ein kleiner italienischer Bäcker in der Proskauer Straße, der von vier italienischen Brüdern mit ihren Freunden betrieben wird. Zuerst haben sie ihre Pizzeria Bye Bye Cavaliere eröffnet, und als das Geschäft lief, eröffneten sie ein paar Meter weiter die Straße hoch das kleine Café Backaro, in dem sie Backwaren anbieten, die sie selbst frisch im Ofen ihrer Pizzeria zubereiten.

7. Der beste Stadtteil Berlins ist … 

Für mich vielleicht wirklich Charlottenburg. Wenn ich in Charlottenburg bin, reise ich immer auch zurück in meine Kindheit und fühle mich zu Hause und auf eine ganz eigentümliche Weise irgendwie geerdet und beruhigt. Wenn man aus Friedrichshain kommt, wirkt Charlottenburg wie eine völlig andere Welt. Für mich eine Auszeit von Berlin in Berlin.

8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:

Was mich am meisten nervt, ist auch das, was ich am meisten liebe: die Berliner Schnauze. Diese kultivierte schlechte Laune in der Stadt. Manchmal würde eine gewisse oberflächliche gute Laune und Freundlichkeit allerdings auch ganz guttun.

9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?

Ich denke, dass es eine wichtige Aufgabe wäre, die Generationen miteinander zu verbinden. Dass man das Alter, den Tod und das Sterben irgendwie in das turbulente Leben einer großen Stadt wie Berlin integriert. Ich träume von einer Großstadt, in der Jung und Alt einen gemeinsamen Lebensraum haben und gleichzeitig jeder auch einen eigenen Raum hat, um mit den individuellen Bedürfnissen unbeschwert existieren zu können. Es müsste Anreize geben, dass wir auch in der Großstadt weiterhin Lust haben, Familien zu gründen und Kinder zu kriegen, weil es sonst womöglich schlecht aussehen könnte für die nächsten, immer älter werdenden Generationen – für die es gleichzeitig eine Perspektive geben müsste, wie sie in der Großstadt einen würdevollen Lebensabend verbringen können.

Die Zustände in den Berliner Alten- und Pflegeheimen sind katastrophal. Wo sollen denn die vielen alten Menschen hin? Wer sorgt für sie, wenn die Geburtenrate immer weiter sinkt? Es herrscht in der Stadt eine große Egomanie. Ich kenne viele, die über Kinder schimpfen und die Nase rümpfen über Familien, die mehr als nur ein Kind haben. Dabei wird aber vergessen, dass sich irgendjemand ja später mal um die Alten kümmern muss. Da muss dringend was getan werden. Das ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt.

10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?

Man sollte sich jedenfalls gut überlegen, zu welcher Jahreszeit man kommt. Der Winter in Berlin kann einem mental schon zusetzen. Besser im Sommer kommen und die ersten Bekanntschaften machen, damit man im Winter dann nicht allein ins Kino gehen muss.

11. Cooler als Berlin ist nur noch …

Berlin am Meer.