Fragebogen Berlin

Riccardo Simonetti: „Berlin ist viel genormter, als man denkt“

Unser Berlin-Fragebogen: Der Moderator Riccardo Simonetti kam aus Bayern hierher und fragt sich mittlerweile, ob Berlin wirklich die freigeistigste Stadt Deutschlands ist.

Liebt die Vielfalt an queeren Geschäften, Bars und Restaurants: Riccardo Simonetti.
Liebt die Vielfalt an queeren Geschäften, Bars und Restaurants: Riccardo Simonetti.Ariel Oscar Greith/ZDF

Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?

In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie lieber meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.

Diesmal hat der Autor und Moderator Riccardo Simonetti unsere Fragen beantwortet, der 2019 vom Forbes Magazin zu den „30under30“, also den 30 einflussreichsten Menschen unter 30 gewählt wurde. In Bad Reichenhall geboren und aufgewachsen, gründete der Entertainer im Alter von 16 Jahren den Blog „The Fabulous Life of Ricci“, der der Startschuss für seine spätere Karriere sein sollte. 

Seit dieser Woche ist der 30-Jährige wieder als Moderator der Show „Glow Up“ im Einsatz, die unter zehn Make-up-Artists das größte Talent des Landes sucht. Für Simonetti ein Herzensthema: „Für mich ist Make-up eine Sprache, mit der man sich ausdrücken kann, ohne den Mund aufzumachen“, sagt er. „Als Mann, der sich schminkt, stellt man in der heutigen Zeit immer noch eine Provokation dar, und unsere Gesellschaft sollte anfangen, diesen Menschen zuzuhören. Deshalb bin ich auch so dankbar für eine Show wie diese. Das hätte ich zu meiner Zeit als Teenager auch schon gerne gehabt.“

In unserem Fragebogen erzählt Simonetti, warum es ihn vor fast zehn Jahren von der Isar an die Spree zog und wieso es ihm in Schöneberg besonders gut gefällt.

1.           Herr Simonetti, seit wann sind Sie schon in der Stadt?

Ich bin in einer bayerischen Kleinstadt aufgewachsen. Von dort aus ging es zuerst nach München, und dann bin ich 2014 von Bayern nach Berlin gezogen, wo ich mir erhofft habe, mehr ich selbst sein zu können. Ich hatte ja schon vorher immer wieder Zeit in der Hauptstadt verbracht.

2.           Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?

Das Café am Neuen See im Tiergarten. Ich liebe die Ruderboote, und wenn man Glück hat, entdeckt man sogar eine Schildkröte.

3.           Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?

Ich glaube, da habe ich es mir zu Hause so gemütlich gemacht, dass ich meine Wohnung an so einem Tag nicht verlassen möchte.

4.           Welche Ecken der Stadt meiden Sie?

Grundsätzlich erst mal keine – in Berlin kann man sich zum Glück ja aussuchen, wo und mit wem man sein möchte. Ich mag auch die untypischen Ecken der Stadt. Was ich eher nicht ansteuere, sind die klassischen Touristen-Hotspots. Die sind schön, da zieht es mich als Berliner allerdings nicht so hin.

Infobox image
Gerald Matzka/dpa
Zur Person
Riccardo Simonetti kam 1993 im oberbayerischen Bad Reichenhall zur Welt. Mit 14 moderierte er seine eigene Radiosendung, mit 16 spielte er im Jugend­ensemble des Salzburger Landes­theaters.

In München arbeitete er unter anderem beim Bayerischen Rundfunk und dem Magazin InStyle. Bis 2019 betrieb er seinen Blog, auf dem er über Modetrends, Events und Reisen schrieb, aber auch gesellschaftskritische Themen aufgriff. Simonetti ist regelmäßig zu Gast in TV- Shows und moderiert seit 2021 seine eigene Sendung im WDR. Sein drittes Buch „Mama, ich bin schwul“, das er gemeinsam mit seiner Mutter geschrieben hatte, wurde zum Spiegel-Bestseller. 

Simonetti setzt sich für Gleichberechtigung und Toleranz ein. Er unterstützt diverse karitative Projekte und gründete mit der Riccardo Simonetti Initiative seinen eigenen gemeinnützigen Verein. 2021 war er LGBT*-Sonderbotschafter des Europäischen Parlaments. 

Die zweite Staffel von „Glow Up – Deutschlands nächster Make-up-Star“ startete am 7. September. Die Folgen sind in der ZDF-Mediathek abrufbar und laufen wöchentlich donnerstags um 20.15 Uhr bei ZDF Neo.

5.           Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?

Das chinesische Restaurant Aroma in der Kantstraße – eher unauffällig, dafür aber sehr lecker.

6.           Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?

Das große Picknweight Vintage Warehouse. Da findet man immer was.

7.           Der beste Stadtteil Berlins ist …

Schöneberg hat für mich mitunter die schönsten Ecken, und ich liebe die Vielfalt an queeren Geschäften, Bars und Restaurants. Ansonsten ist für mich das SchwuZ eine absolute Institution in Sachen queerer Kultur in Berlin. Dort habe ich privat schon oft gefeiert, aber auch zum Beispiel mein letztes Buch „Mama, ich bin schwul“ bei einem Event präsentiert.

8.           Das nervt mich am meisten an der Stadt:

Der lange Winter.

9.           Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?

Die Stadt ist inzwischen auch viel genormter, als man denkt. Berlin wird oft als die freigeistigste Stadt Deutschlands bezeichnet. Aber ist sie das? Oder sind hier nicht eigentlich viele Leute auch schon wieder einer gewissen Norm entsprechend? Als ich nach Berlin gezogen bin, war die Stadt bunt und kreativ, es gab so viele Individuen – ich würde mir wünschen, dass das wieder etwas mehr zum Vorschein kommt.

10.         Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?

Man sollte sich fragen, was man selbst der Stadt zu bieten hat, bevor man sie sein Zuhause nennen möchte.

11.         Cooler als Berlin ist nur noch …

Los Angeles vielleicht?