Royaler Besuch

König Charles im Bundestag: Überall gibt es Kooperation mit den Deutschen, nur im Fußball nicht

Auf Bündnis-Mission: Am zweiten Tag seines Staatsbesuchs in Deutschland hielt König Charles III. als erster Monarch überhaupt eine Rede im Bundestag.

König Charles III. im Deutschen Bundestag
König Charles III. im Deutschen BundestagWolfgang Kumm/dpa

Der König trägt blau und Friedrich Merz auch. Es ist der zweite Tag des Staatsbesuchs des britischen König Charles III. Er vollgepackt mit Programm - noch voller als schon der Tag zuvor. Das Highlight diesmal: Der König spricht im Deutschen Bundestag. Es ist der erste König vor dem deutschen Parlament. Eine Tatsache, die der Linken-Fraktion überhaupt nicht gefällt. Die stellvertretende Parteivorsitzende Ates Gürpinar boykottiert deshalb die Rede.

Aber ob diese Information den König erreicht? Ob es ihn interessiert? Seine Mission scheint an diesem Tag eine andere zu sein. Es geht um die Erneuerung eines Bündnisses.

Charles trägt mit seiner Kleidung an diesem Tag die britischen Nationalfarben zur Schau - rot, weiß, blau. Staatstragend. Das war erwartbar, beim CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz kann es Zufall sein oder Gewohnheit. Vielleicht ist es aber auch der Anlass. Auffällig viele Abgeordnete sind an diesem Tag im blauen Anzug erschienen, so wie viele Frauen am Tag zuvor auf dem Pariser Platz im königsblauen Kostüm. 

Dieser Staatsbesuch ist mit Erwartungen aufgeladen. Seit Großbritannien die Europäische Union nach der Brexit-Entscheidung verlassen hat, hat es viel Streit zwischen den Regierenden auf der Insel und dem Rest von Europa gegeben. Charles‘ Deutschlandbesuch geht das Gerücht voraus, er sei entsendet worden, um die Scherben aufzusammeln und die Risse ein wenig zu kitten. 

Sollte es so sein, hat Charles an diesem Tag vieles richtig gemacht. „Es ist eine große Ehre, heute bei Ihnen zu sein. Meiner Frau und mir bedeutet es sehr viel, heute bei Ihnen zu sein“, sagt Charles. Es sind seine ersten Worte. Er spricht auf Deutsch – recht verständlich. Nur bei einigen wenigen Wörtern muss man sich denken, was wohl gemeint ist. Auch das Rätselraten über die Deutschkenntnisse des Monarchen gehört bei diesem Staatsbesuch dazu. Hat Charles doch unter anderem deutsche Wurzeln, auf mütterlicher wie auch auf väterlicher Seite.

Darum geht es aber an diesem Tag nicht. Jedenfalls nicht in der Rede. Die Abstammung wird zur Hintergrundmelodie. Charles spricht über andere deutsch-britische Verbindungen. Die gläserne Kuppel des Reichstags sei ein Symbol, sagt Charles. Von hier aus könnten die Bürger dem Parlament bei der Arbeit zuschauen.

Das Gebäude sei aber auch ein guter Ort, um über die Freundschaft zwischen Großbritannien und Deutschland zu sprechen. Kaum ein anderes repräsentiere so sehr die Geschichte des 20. Jahrhunderts. „Es demonstriert selbst, was unsere beiden Länder verbindet.“ 1933 in Brand gesetzt, 1945 schwer beschädigt und in den 1990er-Jahren von einem britischen Architekten als Parlamentsgebäude des wiedervereinigten Deutschlands umgebaut. Das sei gelebte Demokratie.

Wenn der noch ungekrönte König an diesem Tag persönlich wird, geht es um seine Mutter. Auch sie wird in dieser Rede zu einem Ausdruck der Beziehung Großbritanniens zu Deutschland. „Meine Mutter wusste um die vielen Beziehungen zwischen Briten und Deutschen. Vielleicht ist das der Grund, warum sie einen besonderen Platz im Herzen der Deutschen hatte“, sagt Charles. Er dankt den Menschen in Deutschland für ihre Anteilnahme nach dem Tod von Queen Elizabeth II.

Besonders aufmerksam verfolgen die Abgeordneten jenen Teil der Rede, in dem es um die aktuelle Situation in Europa geht – den Frieden in Europa. Frieden und Freiheit seien bedroht, sagt der König. Die Geißel des Krieges sei zurück. Die Sicherheit Europas und die demokratischen Werte seien bedroht.

Dies ist der Höhepunkt der Rede dieses ersten Monarchen vor dem deutschen Parlament. Es geht um ein Zusammenrücken. Denn es gebe Hoffnung, sagt Charles. „Wir können Mut schöpfen aus unserer Einigkeit bei der Verteidigung der Ukraine.“

Er hebt die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Großbritannien hervor und erinnert daran, dass die beiden Länder militärisch eng zusammenarbeiten und auch ein gemeinsames Bataillon hätten. Deutschland und das Vereinigte Königreich hätten eine wichtige Führungsrolle in Europa übernommen. „Der Entschluss Deutschlands, der Ukraine so große militärische Unterstützung zukommen zu lassen, ist überaus mutig, wichtig und willkommen.“ Damit hat er dann auch noch etwas ausgesprochen, das auf der Regierungsbank direkt hinter ihm und von Kanzler Olaf Scholz, der Charles direkt gegenübersitzt, sicher gern gehört wird. 

Viele Dinge verbinden Deutschland mit Großbritannien

Zwischendurch wechselt Charles immer mal wieder ins Englische. Aber zumeist spricht er deutsch. Mitunter geht es bei diesem doch sehr staatstragenden Ereignis sogar  munter zu. In wenigen Wochen werde bei seiner Krönungsfeier Musik des deutschen Komponisten Georg Friedrich Händel gespielt werden. Briten kämen aber auch gern nach Berlin kommen – wegen der Nachtclubs.

Immer wieder applaudieren die Abgeordneten. Großes Gelächter gibt es, als Charles die in Deutschland überaus beliebte Fernsehsendung „Dinner for One“ zitierte. „Same procedure as every year.“ Es geht aber auch um erbitterte Gegnerschaft, allerdings nur beim Fußball. In der Wissenschaft dagegen sieht Charles herausragende und vor allem wegweisende Kooperationen.

Das Vereinigte Königreich und Deutschland verbindet einiges. Jedenfalls haben die Redenschreiber erstaunlich viele solcher kleinen Verbindungsstücke gefunden und in dieser Rede zu einem langen Zopf verflochten. Charles erwähnt viele positive Beispiele, aber er spart auch die düstere Vergangenheit nicht aus. Am Freitag will er das Denkmal zur Erinnerung an die Kindertransporte nach Großbritannien während des Nationalsozialismus besuchen. Auch darauf weist der König in seiner Rede hin.

König Charles III. spricht am zweiten Tag seiner Deutschlandreise im Bundestag. 
König Charles III. spricht am zweiten Tag seiner Deutschlandreise im Bundestag. Kay Nietfeld/dpa

Besuch eines Mahnmals

Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte den König bereits ganz zu Beginn mit einer Erinnerung an den Beitrag Großbritanniens bei der Befreiung vom Nationalsozialismus begrüßt und ebenfalls auf diesen Besuch hingewiesen. „Großbritannien wurde für die Deutschen ein Freund und Unterstützer der Wiedervereinigung“, sagte Bas. 

Charles formuliert aus all diesen Verbindungsstücken dann am Ende einen Gedanken, der in die Zukunft führen soll. Die lange und besondere Geschichte der beiden Länder enthalte noch viele ungeschriebene Kapitel. „Lassen Sie uns diese mit einem unermüdlichen Streben nach einer besseren Zukunft füllen.“

Nach seiner Rede erheben sich die Abgeordneten. Sie applaudieren lange. Eines Königs würdig.