Jahrzehnte verbrachte der Monarch damit, zu warten. Mangelnde Geduld kann man König Charles III. also wirklich nicht vorwerfen.
Im Mai ist es dann endlich so weit: Charles Philip Arthur George Mountbatten-Windsor wird zum König von Großbritannien und Nordirland sowie weiterer 14 Staaten des Commonwealth gekrönt. Die Feier soll entgegen sonstiger Gepflogenheiten des britischen Hochadels wenig opulent ausfallen.
Geduld scheint der künftige englische König auch beweisen zu müssen, bis er die Beliebtheitswerte seiner im vergangenen Jahr verstorbenen Mutter Elizabeth II. erreicht haben wird. Die Begeisterung über den Besuch des Königs und seiner Gattin Camilla in Berlin kann man wohl als verhalten bezeichnen.
Gerade mal 1000 Menschen wollten das blaublütige Paar am bewölkten und ungemütlichen Mittwochnachmittag am Brandenburger Tor sehen. Queen Elizabeth II. winkte immerhin knapp eine Million zu, als diese 1965 West-Berlin besuchte.
Dabei hatte Deutschland wirklich alles an Pomp aufgeboten, um die Bedeutung des Besuchs des britischen Königs hervorzuheben: Bundespräsident Steinmeier hieß die Gäste, flankiert von einer Ehrenformation, aufs Wärmste willkommen und betonte die Freundschaft beider Länder, von denen sich ja das eine vor drei Jahren aus der EU verabschiedet hat.
Das große Besteck ausgepackt
Am Abend packte der Bundespräsident dann das große Besteck aus und lud zum Staatsbankett nach Bellevue bei gebeiztem Karpfen mit Erfurter Blumenkresse, Backpflaume und ostfriesischem Schwarztee und 130 Gästen aus Politik, der Wirtschaft und der Kunst.
Darunter Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ehemaligen Bundespräsidenten Gauck und Köhler, Tote-Hosen-Sänger Campino und „Let’s Dance“-Jurorin Motsi Mabuse, die das königliche Paar zu ihren Fans zählen darf. Nicht anwesend: Bundeskanzler Olaf Scholz, der mit Hinweis darauf, dass er an solchen Anlässen nie teilnehme, absent blieb.
Was ist der Grund für einen Besuch in dieser Größenordnung, zumal vor der offiziellen Krönung, die einen Antrittsbesuch durchaus gerechtfertigt hätte? Zum einen sicherlich die Bekräftigung der gemeinsamen Solidarität mit der Ukraine. Der andere, schnödere Grund dürfte sein, dass der Brexit nicht so gut läuft, wie erhofft. Da schickt der britische Premier Rishi Sunak zum Aufwärmen der abgekühlten deutsch-britischen Beziehung schon mal das Königspaar vor.
Am Donnerstag dann das obligatorische Bad in der Menge, König Charles betrachtet bester Laune ein paar deutsche Kartoffeln auf dem Biomarkt am Wittenbergplatz, mehr Händeschütteln und Charmeoffensive, bevor der Monarch, der als 13-Jähriger Deutschland zum ersten Mal besuchte, als erster König im Deutschen Bundestag eine Rede halte durfte. An einem Ort also, der der Monarchie nicht ferner sein könnte.
Auch hier betont Charles, wie wichtig die Freundschaft mit Deutschland ist und wie bedeutsam der Zusammenhalt, nachdem die Geißel des Krieges zurück sei. Weiterhin lobte Charles in seiner mal launigen, mal ernsthaften deutsch-englischen Ansprache Berlin für seine Kultur und als Dauer-Destination britischer Touristen, die gemeinsam mit den Amerikanern den größten Anteil ausländischer Besucher ausmachen.
Standing Ovations und Kritik von der Linken
Nach einer halben Stunde dann Standing Ovations aller Parteien, obwohl es im Vorfeld der Bundestagsrede viel Kritik daran gegeben hatte, vor allen von der Linken, deren Parteivorsitzende Janine Wissler die Frage aufwarf, warum ausgerechnet ein nicht gewähltes Staatsoberhaupt in einer demokratischen Institution wie dem Bundestag sprechen darf und soll. Ein berechtigter Einwand, den bis jetzt auch niemand so recht zu entkräften wusste.













