Es war ein recht kurzer Besuch, den Charles III. und seine Camilla der wohl berühmtesten Sehenswürdigkeit des Landes abstatteten. Etwa 30 Minuten lang begrüßten der britische König und seine Frau am Mittwochnachmittag ab 15 Uhr ihre Fans vor dem Brandenburger Tor. Etwa 1000 Zuschauer empfingen das Königspaar mit Applaus und Jubel, als es am Pariser Platz einem Rolls-Royce entstieg. Für den König und die Königin-Gemahlin ist es der erste internationale Staatsbesuch ihrer Regentschaft.
Für die wartenden Berliner gestaltete sich das Aufeinandertreffen knapp: Ein paar Hände schütteln, Geschenke entgegennehmen, die vielen papiernen Großbritannienflaggen in der Menge bestaunen – und schon waren sie wieder weg, die Royals. Da sich die beiden aufteilten, um – einer zur Linken und einer zur Rechten eines abgesperrten Mittelgangs – den Berlinerinnen und Berlinerinnen „Hello“ zu sagen, herrschte mitunter Enttäuschung unter den Fans, die gerne einen Händedruck von beiden erwischt hätten. Unsere Autorin konnte Camilla die Hand schütteln – ein schneller, nicht zu fester Griff der Finger, dann zog die Königin mit ihren Hofdamen weiter.
Die Royals in Berlin
Der ganze Boulevard Unter den Linden war schon seit dem Vormittag mit unzähligen britischen Fahnen dekoriert. Die offizielle Begrüßungszeremonie für das Königspaar am Pariser Platz war für 15 Uhr angesetzt und ist tatsächlich auch pünktlich gestartet, begleitet vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender; auch Großbritanniens Außenminister James Cleverly war gekommen. Die direkte Begegnung mit den Bürgerinnen und Bürgern Berlins soll der Wunsch des Königs selbst gewesen sein. Bereits vor der Zeremonie gab es für die wartenden Fans Unterhaltung: Eine Band der Bundeswehr spielte eine Reihe deutscher Märsche, britische Pomp-Hits wie „Rule Britannia“, und auch ein Medley aus den James-Bond-Filmen.
Schon am Morgen entspann sich am Brandenburger Tor eine typisch britische Szene: Eine lange Warteschlange bildete sich vor dem blauen Zelt für die Sicherheitskontrolle vor dem Einlass zum Pariser Platz. Es dauerte etwa zwei Stunden, bis die Wartenden von der russischen Botschaft bis zum Zelt vorgerückt waren. Gegen 13.30 Uhr sagte ein Polizist der Berliner Zeitung, etwa 300 Personen hätten bislang die Kontrollen passiert. Zum Glück war das Wetter alles andere als das, was man normalerweise in Verbindung mit Großbritannien bringt: Es blieb trocken, die Sonne schien zwischenzeitlich, in der Ferne glänzte die Goldelse an der Siegessäule.

Vor allem ein Glück für die anstehenden Royal-Fans, denn als die Sicherheitskontrolle gegen 11.20 Uhr startete (deutlich später als die angekündigte Startzeit von 10.30 Uhr), standen die ersten Berlinerinnen und Berliner bereits zwei Stunden an. Unter den Wartenden war Jan Prinz aus Erkner. Er beschreibt sich als lebenslanger England-Fan: Als Kind der Sechziger war er schon immer Fan der Beatles, er reist regelmäßig nach England für die Spiele des FC Liverpool, dessen Sportjacke er zum Anlass des königlichen Besuchs trägt. „Ich bin zwar kein Royalist“, sagte er, „aber ein Interesse für das Königshaus habe ich schon.“ Er findet, die Monarchie habe dem britischen Volk über schwierige politische Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte Halt und Stärke gegeben – vor allem die verstorbene Queen.

Eine zusammengebastelte Fahne für den Königsempfang
Bei Gelegenheit wollte Jan Prinz dem König die Geschichte der großen britischen Fahne erzählen, die er bei sich trug. „Ich habe sie zur Fußball-WM 1990 selbst gebastelt – aus einer SED-Fahne, einer FDJ-Flagge und Bettlaken“, erzählte er. Das konnte er bereits Prinz Philip, dem Ehemann der verstorbenen Queen, beim Besuch des königlichen Paares in Deutschland 1992 erzählen. Der Prinzgemahl fand die Geschichte der Fahne „ganz lustig“, so Jan Prinz.

Rund um die Schlange war die Straße Unter den Linden für den Autoverkehr gesperrt. Ansonsten blieb die Szene typisch Berlin: Einige Anstehende kauften sich einen Döner oder ein Berliner Kindl, um sich die Zeit in der Schlange zu vertreiben, ein Mann verteilte Papp-Kronen von Burger King. Im Hintergrund war das Geschrei einer Frau zu hören – sie wollte dagegen protestieren, dass die etwa 20.000 Euro teure Übernachtung von Charles und Camilla im Hotel Adlon mit Steuergeldern bezahlt wird. Doch es störte die Royal-Fans anscheinend nicht: Sie freuten sich auf das Königspaar, die Vorfreude packte sie alle.
Als die Sicherheitskontrolle begann, stand Beate Henke bereits 90 Minuten an. Zuvor war sie noch zweieinhalb Stunden mit der Bahn aus ihrer ostwestfälischen Heimat angereist. Sie hatte sich zum Anlass des Besuchs herausgeputzt, trug einen Damenanzug und einen Fascinator, wie beim Royal Ascot. „Schon seit dem Tod von Lady Diana 1997 bin ich ein großer Fan der britischen Königsfamilie“, sagte sie.
Seitdem ist sie zu mehreren königlichen Veranstaltungen nach Großbritannien gereist: Das Tribute-Konzert für Diana 2007, die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton 2011, und noch im vergangenen Jahr zum 70. Thronjubiläum der Queen. Anders als viele Diana-Fans, die aus Treue zur Ex-Frau des Königs nichts mit ihm und Camilla anfangen können, findet Henke, sie seien ein ganz „homogenes und stabiles Paar“.
Die 66-Jährige hoffte, Charles und Camilla das Geschenk geben zu können, das sie aus der Heimat mitgebracht hat: eine Kaffeetasse aus ihrer Kommune Espelkamp. Sie wollte Charles auch eine möglichst lange und gesunde Regentschaft wünschen: Denn der König habe viel zu tun. „In seiner Familie sowie auch politisch in Großbritannien gibt es schon vieles zu bewältigen“, sagte sie. Sie denkt an den andauernden Streit mit Harry und Meghan, die Missbrauchsvorwürfe gegen Charles’ Bruder Andrew.
Die britischen Royals erfahren noch immer große Zustimmung
Immer wieder belegen Studien zur Beliebtheit des Königshauses unter den Briten, die Royals genießen noch relativ große Zustimmung bei ihren Untertanen. Doch die Generationen sind gespalten. Zur Zeit des Thronjubiläums der Queen im vergangenen Juni befürworteten 86 Prozent der Briten über 65 die Monarchie, bei den 18- bis 24-Jährigen waren es lediglich 33 Prozent.

Dazu zählt wohl auch die 25-jährige Britin Georgina Thorpe, die seit drei Jahren in Berlin lebt. „Es ist eine große Ehre für Deutschland, dass der König hier seinen ersten Staatsbesuch als Monarch antritt“, sagte Thorpe. Sie sei großer Fan der Royals und wolle diesen „geschichtlichen“ Moment selbst miterleben. Die Flüge nach Hause für die Krönung von Charles am 6. Mai seien zwar zu teuer. „Ich finde, der König macht schon einen guten Job, auch wenn es noch sehr früh ist“, sagte sie. „Er hat mir immer ein bisschen leid getan, dass er sein ganzes Leben auf diesen Job warten musste.“
















