Energie

Rosneft Deutschland unter Treuhandverwaltung: Ölversorgung gesichert?

Lange haben die Mitarbeiter der PCK-Raffinerie in Schwedt um ihre Arbeit gebangt. Jetzt schreitet der Bund ein, um den Betrieb zu sichern.

Die Anlagen der Erdölraffinerie auf dem Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH abends beleuchtet. (Archivbild)
Die Anlagen der Erdölraffinerie auf dem Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH abends beleuchtet. (Archivbild)dpa/Patrick Pleul

Zur Sicherung des Betriebs der Raffinerien in Schwedt, Karlsruhe und Vohburg stellt die Bundesregierung die Rohölimporteure Rosneft Deutschland (RDG) und die RN Refining & Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Zudem sollen im Rahmen eines Zukunftspakets zur Sicherung des Standorts Schwedt in den kommenden Jahren eine Milliarde Euro investiert werden. Das teilte Robert Habecks (Grüne) Bundeswirtschaftsministerium am Freitagmorgen in Berlin mit.

Mit der Treuhandverwaltung werde einer „drohenden Gefährdung der Energieversorgungssicherheit begegnet“, hieß es aus dem Ministerium. Die Bundesnetzagentur übernehme ab diesem Freitag die Kontrolle über Rosneft Deutschland und damit auch über den jeweiligen Anteil in den drei Raffinerien PCK Schwedt, MiRo (Karlsruhe) und Bayernoil (Vohburg). Die Treuhandverwaltung ist zunächst auf sechs Monate befristet. Die Kosten dafür haben die betroffenen Unternehmen zu tragen.

Schwedt von russischer „Druschba-Pipeline“ abhängig

Hintergrund der Entscheidung ist ein Öl-Embargo, dass die EU wegen des Ukraine-Kriegs gegen Russland verhängt hat und das, nach einer sechsmonatigen Überbrückungszeit, am 1. Januar 2023 greift. Beschlossen worden war die Sanktion bereits Anfang Juni. PCK hatte zunächst dagegen protestiert und eine Ausnahme für seine Raffinerie gefordert, die Bundesregierung lehnte dies jedoch ab.

Der russische Betreiber Rosneft hat nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wenig Interesse an einer Abkehr von russischem Öl. Rosneft Deutschland vereine insgesamt rund zwölf Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität auf sich und sei damit eines der größten erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland. Zuletzt seien allerdings Zentrale Dienstleister wie Zulieferer, Versicherungen, Banken und IT-Unternehmen nicht mehr zu einer Zusammenarbeit mit Rosneft bereit gewesen.

Die PCK Raffinerie in Schwedt ist bislang von der Belieferung mit russischem Erdöl über die „Druschba-Pipeline“ abhängig. Sie gilt als wirtschaftliche Säule der Region um Schwedt und versorgt große Teile des deutschen Nordostens mit Treibstoff. Mit der Übernahme der deutschen Rosneft-Töchter werde daher auch„ die Kraftstoffversorgung in Ostdeutschland, vor allem in der Region Berlin-Brandenburg“ gesichtert, teilte SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz am Freitag mit.

Scholz: 1200 Arbeitsplätze in Schwedt gesichert

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete den Schritt als „weitreichende energiepolitische Entscheidung zum Schutz unseres Landes“. Russland sei kein zuverlässiger Partner mehr. Das geplante Zukunftspaket des Bundes werde zudem alle 1200 Arbeitsplätze in Schwedt sicherstellen und die Raffinerie dabei unterstützen, die Versorgung mit Öl auf alternativen Lieferwegen zu bewerkstelligen. Niemand in der PCK-Raffinerie müsse sich um seinen Arbeitsplatz Sorgen machen, betonte der Kanzler.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach indes auch von einer Neuausrichtung am Industriestandort Schwedt. Mit diesem Tag beginne die klimaneutrale Transformation, sagte der Regierungschef bezugnehmend auf ein zusätzlich geplantes „Transformationspaket“. Geplant sei etwa ein Wandel hin zu „grünem“ Wasserstoff. So werde gleichzeitig sichergestellt, dass der Standort „auch in Generationen nachhaltig betrieben wird“, fügte Woidkes Parteigenossin Hubertz hinzu.

Auch aus der Opposition gab es Zustimmung für die Entscheidung der Bundesregierung. „Es ist absolut richtig, dass wir unabhängig von Russland werden, auch beim Öl“, sagte CDU-Politiker Jens Spahn am Freitag. Er erwarte nun Konsequenz in der Einhaltung von Zusagen für PCK: „Die Raffinerie in Schwedt muss dann notfalls auch ab sofort ohne Öl aus Russland weiterlaufen können – damit die Versorgung für Ostdeutschland gesichert bleibt“, so der stellvertrende Unionsfraktionchef.

Bund sucht Alternativen zu russischem Öl

Zur Loslösung von russischen Öllieferungen und Umstellung auf andere Lieferanten sollen laut Bundeswirtschaftsministerium nun die Hafeninfrastruktur in Rostock und die Pipeline von Rostock nach Schwedt ausgebaut werden. Darüber hinaus seien Öllieferungen über eine Pipeline vom Hafen des polnischen Danzig nötig, insbesondere bis die Pipeline aus Rostock ausgebaut sei. Dies wolle die polnische Regierung aber erst ermöglichen, wenn die russischen Gesellschafter nicht mehr im Boot sind.

Rechtliche Grundlage der Treuhandverwaltung ist eine Regelung im Energiesicherungsgesetz. Demnach ist dieser Schritt möglich, wenn das Unternehmen andernfalls seine dem Gemeinwesen dienenden Aufgaben nicht erfüllen kann und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht. Gegen die Entscheidung kann binnen eines Monats Klage erhoben werden.