Energie

AKW-Abschaltung: Bundesregierung betont sichere Energieversorgung

Der Atomausstieg in Deutschland ist längst beschlossen. Doch die Debatte darum geht weiter. Bayerns Ministerpräsident sieht noch kein Ende der Kernenergie.

Atomkraftwerk in Lingen: Die Debatte um den Atomausstieg nimmt kein Ende.
Atomkraftwerk in Lingen: Die Debatte um den Atomausstieg nimmt kein Ende.osnapix/imago

Kurz vor dem bevorstehenden Atomausstieg hat die Bundesregierung die Sicherheit der Energieversorgung auch ohne Atomkraft betont. „Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland ist und bleibt gewährleistet; sie ist auch im internationalen Vergleich weiterhin sehr hoch“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag. Trotz der Abschaltung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke am Samstag sieht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) noch kein Ende der Kernenergie in Deutschland.

Die Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim und Emsland gehen am Samstag vom Netz. Sie trugen zuletzt nur einen kleinen Teil zur Stromerzeugung bei. Die Betreiber haben die Stilllegung bereits vorbereitet. Eigentlich hätte der Atomausstieg schon zum Jahreswechsel erfolgen sollen; wegen der Energiekrise beschloss die Bundesregierung aber eine Verschiebung der Abschaltung um dreieinhalb Monate.

„Mit dem Abschalten der letzten drei Atomkraftwerke brechen wir auf in ein neues Zeitalter der Energieerzeugung“, betonte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). „Gemeinsam haben wir es geschafft, die Füllstände in den Gasspeichern hoch zu halten und neue Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten zu errichten“, hieß es weiter von Seiten Habecks. „In 2030 wollen wir 80 Prozent des Stroms hier in Deutschland aus erneuerbaren Energien erzeugen.“

Söder zum Atomausstieg: „Wir glauben, das ist nicht das letzte Wort“

„Wir glauben, das ist nicht das letzte Wort“, sagte hingegen CSU-Chef Söder bei einem Besuch des Atomkraftwerks Isar 2 bei Landshut. Mit guten Ideen und guten Konzepten seien Kernkraftwerke wieder aktivierbar. „Ehrlicherweise glaube ich, dass wir möglicherweise schon im Winter wieder eine neue Debatte führen“, sagte er.

Söder kündigte an, landesrechtlich alles dafür zu unternehmen, eine mögliche Wiederinbetriebnahme der Kernkraft zu ermöglichen. Sein Bundesland verhalte sich natürlich zu dem vom Bund beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie rechtstreu. Es gebe aber landesrechtlich eine Reihe von Fragen, was wann und wie abgeschaltet werde. Hier werde seine Regierung tätig werden. „Im Moment“ sei das Ende der Atomenergie aber irreversibel, räumte Söder ein.

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch mahnte derweil ein Ende der Diskussionen an. Immer wieder die Debatte hochzuziehen, hemme den Ausbau der erneuerbaren Energien, sagte er in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv. „Da müssen wir jetzt den Schwerpunkt in dieser Koalition drauflegen und nicht auf rückwärtsgewandte Debatten“, betonte Miersch mit Blick auf die FDP, die den Ausstieg wie die Union kritisch sieht.

Bundesamt: Uns „stehen noch mindestens weitere 60 Jahre bevor“

Unterdessen begrüßten das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) das Abschalten der Akw, machten jedoch auf die anstehenden Herausforderungen aufmerksam. Nach den gut sechs Jahrzehnten, in denen die Atomenergie zur Stromerzeugung genutzt wurde, „stehen noch mindestens weitere 60 Jahre bevor, die wir für den Rückbau und die langzeitsichere Lagerung der Hinterlassenschaften benötigen werden“, erklärte BASE-Präsident Wolfram König.

König machte auf die radioaktiven Abfälle aufmerksam, die aus dem Betrieb der deutschen Atomkraftwerke resultieren. Dabei handele es sich um 1900 Behälter in derzeit 16 Zwischenlagern. „Die Endlagerung in tiefen geologischen Schichten bietet dafür die nach wie vor sicherste Lösung“, erklärte er.

BfS-Präsidentin Inge Paulini betonte, der Atomausstieg sei „ein klarer Zugewinn an Sicherheit in Deutschland“. „So lange in unmittelbarer Nachbarschaft jedoch weiterhin Kernkraftwerke in Betrieb sind oder gar neu geplant werden, sind die Risiken der Kernkraft nicht gebannt“, fügte sie jedoch hinzu. Demnach sind sieben Akw-Standorte weniger als hundert Kilometer von Deutschland entfernt.

Angesichts dessen warnte der Chef der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), Uwe Stoll, vor einem Mitspracheverlust Deutschlands beim Betrieb von Atomkraftwerken im Ausland. Vor allem bei den Akw in Grenznähe wolle sich Deutschland ein Mitspracherecht in Belangen der Sicherheit erhalten, sagte er dem Focus.