Wer heute für 1000 Euro Miete in Berlin eine Wohnung sucht, bekommt dafür im Schnitt deutlich weniger Wohnfläche als vor zwei Jahren. Das geht aus einer Untersuchung des Internetportals Immowelt hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Während es im Jahr 2021 für 1000 Euro Kaltmiete in der Bundeshauptstadt im Schnitt eine Bestandswohnung mit 97 Quadratmetern gab, sind heute für denselben Betrag nur noch 87 Quadratmeter zu haben – also zehn Quadratmeter weniger.
„Dafür verantwortlich ist der ungebrochen starke Zuzug in die Hauptstadt, der im vergangenen Jahr durch Geflüchtete aus der Ukraine noch verstärkt wurde“, heißt es in einer Mitteilung von Immowelt. In der Folge seien die Angebotsmieten in Berlin seit 2021 so stark gestiegen wie in kaum einer anderen untersuchten Stadt.
Immowelt hat für 70 ausgewählte Städte die Angebotsmieten vom September 2021 und 2023 verglichen. Datenbasis waren Mietpreise für Wohnungen, die bei Immowelt angeboten wurden. Ermittelt wurden die Quadratmeterpreise für Wohnungen, die 75 Quadratmeter groß sind, in den 1990er-Jahre errichtet wurden und die sich im ersten oder zweiten Stock befinden.
In Berlin hat sich im Vergleich der Großstädte die Wohnfläche, die es für 1000 Euro gibt, am stärksten verringert. In Hamburg bekommen Mieter für ein Budget von 1000 Euro heute durchschnittlich 91 Quadratmeter Wohnfläche – das sind fünf Quadratmeter weniger als vor zwei Jahren. In München und Köln ist die Wohnfläche im selben Zeitraum um jeweils drei Quadratmeter gesunken. In der Domstadt können sich Wohnungssuchende heute für 1000 Euro Kaltmiete eine Bestandswohnung mit 83 Quadratmeter leisten. In München gibt es für die gleiche Summe lediglich 59 Quadratmeter – so wenig wie in keiner anderen untersuchten Stadt.
„Der starke Anstieg der Angebotsmieten führt zu einer sinkenden Mobilität auf dem Wohnungsmarkt, da sich ein Wechsel in eine andere Immobilie finanziell immer seltener lohnt“, sagt der Immowelt-Geschäftsführer Felix Kusch. Selbst ein Umzug in eine kleinere Wohnung sei nicht zwangsläufig mit einer Kostenersparnis verbunden. „Insbesondere ältere Menschen bleiben daher in ihren vergleichsweise preiswerten geräumigen Wohnungen, auch wenn sie den Platz vielleicht eigentlich nicht mehr benötigen“, so Kusch.
Am größten ist das Minus in Schwerin
Am stärksten fallen die Einbußen bei der Wohnfläche in mehreren günstigen Städten aus. Allerdings erhalten Wohnungssuchende dort trotz der deutlichen Rückgänge für ein Budget von 1000 Euro immer noch vergleichsweise geräumige Wohnungen. Am größten ist das Minus in Schwerin: Vor zwei Jahren bekamen neue Mieter in der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns für 1000 Euro noch 149 Quadratmeter Wohnfläche. Heute gibt es für das gleiche Budget theoretisch noch 134 Quadratmeter – 15 Quadratmeter weniger. In der Realität sind derart große Wohnungen allerdings selten zu finden. Die meisten Mieter beziehen kleinere Wohnungen und geben in den preiswerten Städten folglich deutlich weniger als 1000 Euro für die Kaltmiete aus.
Außer in Schwerin müssen Wohnungssuchende laut Immowelt auch in mehreren anderen Städten eine beträchtliche Verringerung der Wohnfläche hinnehmen. So ist der für 1000 Euro leistbare Wohnraum in Hagen am Rande des Ruhrgebiets verglichen mit 2021 um 14 Quadratmeter gesunken. Das ist der zweitstärkste absolute Rückgang in der Analyse. Außer Hagen verzeichnen in Nordrhein-Westfalen auch Remscheid, Mönchengladbach und Bottrop zweistellige Quadratmeter-Einbußen.
Das Gleiche gilt für die norddeutschen Städte Bremerhaven und Osnabrück sowie für Cottbus, Halle (Saale) und Magdeburg im Osten Deutschlands. Vergleichsweise deutlich fällt das Minus auch in Leipzig aus: Mit einem Budget von 1000 Euro bekommt man dort derzeit neun Quadratmeter weniger Wohnfläche als vor zwei Jahren. Angesichts des vergleichsweise niedrigen Preisniveaus können sich Wohnungssuchende für diese Summe aber immer noch 136 Quadratmeter leisten.
In einigen Städten gibt es mehr Wohnfläche für das gleiche Geld
In einigen Städten erhalten Mieter heute sogar mehr Wohnfläche für ihr Geld. Das liegt daran, dass die Angebotsmieten dort momentan niedriger liegen als 2021. Insbesondere in einigen hochpreisigen Städten sind die Mietpreise leicht gesunken – die Grenze des Bezahlbaren scheint dort vorerst erreicht. Das ist etwa in Frankfurt am Main der Fall, wo Wohnungssuchende heute für 1000 Euro Kaltmiete 83 Quadratmeter Wohnfläche bekommen – das ist ein Quadratmeter mehr als vor zwei Jahren.
Dieselbe Wohnfläche wie vor zwei Jahren gibt es in Stuttgart: Angesichts nahezu unveränderter Angebotsmieten können Wohnungssuchende für 1000 Euro Kaltmiete weiterhin eine Bestandswohnung mit 78 Quadratmetern Wohnfläche beziehen. In zwei anderen hochpreisigen Großstädten Baden-Württembergs erhalten Mieter derzeit mehr Wohnfläche als 2021: In Freiburg liegt der Zugewinn bei zwei Quadratmetern, in Heidelberg sind es vier Quadratmeter. Ein Plus von jeweils einem Quadratmeter gibt es in Bonn, Wolfsburg und Braunschweig.
Der Berliner Mieterverein (BMV) sieht die Entwicklung kritisch. „Wie man es dreht und wendet, ob man den Wohnungsmarkt von der realen Mietentwicklung oder vom Wohnflächenkonsum her betrachtet - die Mieten in Berlin steigen weiter, deutlicher sogar als in anderen Großstädten und es herrscht große Ratlosigkeit, wie diesem Anstieg begegnet werden kann“, sagt BMV-Geschäftsführerin Wibke Werner. Dass die börsennotierte Vonovia, Deutschland größtes Wohnungsunternehmen, auf Grund der gestiegenen Zinsen und hohen Baukosten sämtliche neuen Bauprojekte einstellt, zeige, „dass es nicht verfängt, allein auf den Neubau zu setzen“, so Werner. „Es braucht zwar Neubau, aber gezielt und ausgerichtet auf den Bedarf der Berliner:innen, das heißt im bezahlbaren Segment und mit angemessenen, nachgefragten Wohnflächen.“



