Polizei

Sicherheitsgipfel in Berlin: Was Schwarz-Rot jetzt dringend erledigen muss

Für die Verbesserung der Sicherheit der Bürger Berlins, wäre bereits viel gewonnen, wenn der Koalitionsvertrag umgesetzt würde. Unsere Tipps für die To-do-Liste des Senats.

Polizeieinsatz im Görlitzer Park, Polizisten kontrollieren einen Mann, der im Verdacht steht, mit Drogen gehandelt zu haben.
Polizeieinsatz im Görlitzer Park, Polizisten kontrollieren einen Mann, der im Verdacht steht, mit Drogen gehandelt zu haben.dts Nachrichtenagentur/Imago

An diesem Mittwoch gab es bei der Berliner Polizei Buttercremetorte mit Zuckerguss. Auch Apfelschorle und Kaffee standen bereit. Bei der Feier in der Polizeidienstelle in Biesdorf wurde eine neue Einsatzhundertschaft der Bereitschaftspolizei ins Leben gerufen. Jetzt hat Berlin nicht mehr 16, sondern 17 Hundertschaften, die den täglichen Einsatzdienst in den Abschnitten unterstützen sollen.

Es gibt nur einen Schönheitsfehler: Die Einheit startet mit einem Personaldefizit. Statt der vorgeschriebenen 125 Dienstkräfte hat sie nur 88.

Laut Gewerkschaft der Polizei wurde sie zulasten der bestehenden Einsatzhundertschaften aufgebaut, wo Personal und Fahrzeuge abgezogen wurden. „Leider merken wir auch heute den typischen Berliner Stil“, sagt GdP-Vize Stephan Kelm.

Kai Wegner: Sicherheitsgipfel in Berlin am 8. September

Und so gibt es allseits die Befürchtung, dass der für Freitag, 8. September, vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) angekündigte Sicherheitsgipfel jenen „Berliner Stil“ haben könnte, der sich stets als Kulissenschieberei zeigte und der leeren Botschaft, man packe die Probleme an. Deshalb an dieser Stelle unsere Empfehlungen für Freitag:

Für die Verbesserung der Sicherheit der Bürger Berlins wäre bereits viel gewonnen, wenn die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt würden.

Ausstattung: CDU und SPD vereinbarten unter anderem, die Ausstattung der Polizei zu verbessern, etwa die Schutzausrüstung. Der Fuhrpark soll „möglichst klimaneutral“ ausgebaut und Elektrofahrzeuge sollen angeschafft werden. Statt die Welt vor dem Klimakollaps zu retten, sollte die Koalition erst einmal Berlin retten. Im täglichen Dienst fehle es den Beamten an allem, beklagen Personalvertreter. Das gehe bei der richtigen Kleidung los und ende bei den Funkwagen. Die hätten inzwischen zwar ein Laptop an Bord, richtig viel anfangen lasse sich damit aber nicht. Stattdessen bräuchte jeder Polizist auf der Straße ein mobiles Endgerät – wie die Waffe als persönliche Ausstattung –, um bei Personenabfragen Zugang zum Informationssystem Poliks und anderen Datenbanken zu haben und Fahndungslisten gleich vor Ort zu haben.

Die Bundespolizei ist längst flächendeckend mit Fast-ID-Geräten ausgestattet. Seit 2006 können so auch im Streifendienst Fingerabdrücke gescannt und mit der BKA-Datenbank abgeglichen werden. In Berlin gibt es nur wenige Geräte. Deshalb müssen die Beamten mit Verdächtigen zu den Dienststellen fahren und viele (klimaschädliche) Kilometer zurücklegen.

Bodycams: Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir führen unverzüglich, dauerhaft und flächendeckend Bodycams für Polizei, Feuerwehr und Ordnungsämter ein, um für eine bessere Dokumentation und mehr Transparenz der Einsätze zu sorgen.“ Linke und Grüne hatten das Einschalten der Kameras, die sowohl das Verhalten des Polizisten als auch seines „polizeilichen Gegenübers“ dokumentieren, in Wohnräumen verboten. Dabei passieren gerade bei Fällen häuslicher Gewalt die meisten Übergriffe. Um auch hier mitschneiden zu können, wollen CDU und SPD das Polizeigesetz ändern.

Staatsanwälte vor Ort: Beide Parteien wollen für kriminalitätsbelastete Orte regionalisierte Staatsanwälte als Ansprechpartner der Polizei bestimmen. Sie sollen die Strafverfahren zentral und prioritär bearbeiten. Eine gute Idee, die viel Bürokratie und Informationsverlust verhindern würde.

Was ist aus dem „Gipfel gegen Jugendgewalt“ geworden?

Auch an anderer Stelle braucht es behördenübergreifende Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung – etwa beim Kampf gegen Clan-Kriminalität mit einer angepassten Gewerbeordnung und besserer Vermögensabschöpfung. Zusammenarbeit, bei der Datenschutzbedenken nicht mehr im Weg stehen dürfen, braucht es zwischen Behörden auch bei der Jugendkriminalität. Und was ist eigentlich aus dem „Gipfel gegen Jugendgewalt“ nach den Silvesterkrawallen geworden, den die damals noch Regierende Bürgermeisterin im Februar medienwirksam ins Leben gerufen hatte?

Staatsanwaltschaft und Gerichte: Es wird noch immer gefaxt und per Dienstpost verschickt. Noch immer gibt es Verfahren, die Jahre dauern. Weil Personal fehlt, weil die Ausstattung der Staatsanwaltschaft schlecht ist, weil zu viel Dienst nach Vorschrift gemacht wird. Das zeigt ein Verfahren, das in dieser Woche gegen drei angeblich korrupte Polizisten begann. Die Vorwürfe stammen aus dem Jahr 2016. Ermittlungsverfahren müssen zügiger ablaufen.

Bezahlung: Polizisten und Feuerwehrleute sollten so gut bezahlt werden wie in anderen Bundesländern auch. Das stärkt den Anreiz, nach Berlin zu kommen. Das bloße Schaffen von Planstellen reicht nicht.

Vermüllung: Wo eine Gegend verwahrlost ist, hat man das Gefühl, dass der Staat sich zurückgezogen hat. In den 1980er-Jahren haben amerikanische Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen dem Verfall von Stadtgebieten und einer steigenden Kriminalitätsrate nachgewiesen. Laut der Broken-Windows-Theorie muss ein zerbrochenes Fenster schnellstmöglich repariert werden, um weitere Zerstörungen zu verhindern und damit den Eindruck, sich in einem rechtsfreien Raum zu befinden. Ein zerbrochenes Fenster, das nicht repariert werde, sei ein Zeichen dafür, dass es niemanden interessiere, was in der Umgebung passiert. Dazu muss man nicht unbedingt durch den Görlitzer Park laufen. Ein Spaziergang über den verdreckten Alexanderplatz oder den Park am Marx-Engels-Forum genügt auch. Die BSR ein bisschen zu ertüchtigen, reicht nicht.

Integration: Berlin ist ein Magnet für Menschen aus aller Herren Länder. Und somit steigt auch die Zahl der Straftaten von Zuwanderern. 18.754 Delikte weist die Berliner Kriminalstatistik für das vergangene Jahr aus – das sind 1867 mehr als im Vorjahr. Vor allem die Zahl der Diebstähle, Körperverletzungen und Rauschgiftdelikte ist hoch. Hier muss der Staat konsequent vorgehen und gegebenenfalls Straftäter zügig abschieben. Mit dem Begriff „Zuwanderer“ meinen die Statistiker Asylbewerber im laufenden Verfahren und abgelehnte Asylbewerber, die aber nicht abgeschoben werden können, sowie Kontingent- und Bürgerkriegsflüchtlinge und Menschen, die sich unerlaubt in Deutschland aufhalten. Die Statistiker weisen darauf hin, dass sie keine Aussagen zum Anteil der deutschen Tatverdächtigen mit Migrationshintergrund machen können wegen fehlender Erfassungskriterien.

Ehrlichkeit: Junge Männer neigen eher zu Straftaten als ältere Männer oder Frauen. Wenn viele der zugewanderten jungen Männer auch noch aus patriarchalischen und gewalttätigen Milieus stammen, muss man sich nicht darüber wundern, dass der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen bei Körperverletzungen und Messerangriffen in den vergangenen Jahren angestiegen ist. Staat, Sozialarbeit und Schule müssen in den migrantisch geprägten Milieus die demokratischen Werte dieser Gesellschaft vermitteln. Die Politik sollte nicht mehr länger den „rosa Elefanten“ ignorieren, der mitten im Raum steht. Maximale Transparenz und Ehrlichkeit wären eigentlich nötig, damit die AfD nicht länger von diesem Thema profitiert.