Kriminalität in Berliner Parks

Partys, Gewalt, Drogen: Warum schließen wir unsere Parks nicht nachts?

Um die Kriminalität einzudämmen, schließen viele Metropolen Europas nachts ihre Parks. Berlin nicht. Wieso eigentlich? Und bleibt es dabei?

Juli 2020: Die Polizei räumt die Hasenheide, in der 5000 Personen illegal feiern.
Juli 2020: Die Polizei räumt die Hasenheide, in der 5000 Personen illegal feiern.Morris Pudwell

Nächtliche Partys im James-Simon-Park, Vermüllung im Tiergarten oder Drogen im Görlitzer Park: Ständig gibt es Beschwerden und immer wieder muss die Polizei anrücken.

Um Partys und Kriminalität in Berliner Parks einzuschränken, könnten sie nachts geschlossen werden. Guckt man sich in Europa um, ist die Idee nicht neu. Ob Paris, Mailand oder London – viele Metropolen schließen einen großen Anteil ihrer Parkanlagen in der Nacht. Berlin jedoch nur das Tempelhofer Feld. Und die beiden zahlungspflichtigen Anlagen Gärten der Welt und Britzer Garten.

Senat: Naturerleben darf nicht an Uhrzeiten geknüpft sein

Parks müssen über Nacht aufbleiben, erklärt ein Sprecher der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. Denn sie dienen dazu, um – insbesondere gesundheitliche - Nachteile eines hochverdichteten steinernen Stadtraumes auszugleichen. „Daraus ergibt sich ein möglichst diskriminierungsfreier Zugang für möglichst viele Menschen zu diesen Anlagen, zumal Erholung und Naturerleben nicht an Uhrzeiten geknüpft sind.“

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist das gängige Politik in Berlin: Parks haben keine Zäune oder Mauern. Ausnahmen wie der Görlitzer Park, der früher ein Bahnhof war, bestätigen die Regel. Ein flächendeckender Umbau brächte gleich mehrere Schwierigkeiten mit sich. Es würde viel Geld kosten und man würde den Berlinern bürgerliche Freiheiten nehmen, die sie gewohnt sind. Praktischer Widerstand wäre vorhersehbar. Soll heißen: Die Berliner klettern über Zäune und Mauern, um sich ihren Park zurückzuerobern. 

Die Senatsverwaltung räumt mit der Rund-um-die-Uhr-geöffnet-Politik verbundene negative Folgen ein. Um diese zu kontrollieren und zu mildern, habe das Land jedoch mehrere Initiativen gestartet, die die Anlagen schützen und pflegen, sowie mehr Wertschätzung erreichen sollen. „Dazu zählen etwa die Parkmanager, die Initiative „Zusammen sind wir Park“ oder die verstärkte Reinigung bezirklicher Grünanlagen durch die BSR.“

Das Tempelhofer Feld sei ein „spezieller Fall“. Dieses Areal sei bereits vorher umzäunt gewesen, erklärt der Sprecher der Senatsverwaltung. Zudem müsse das Feld wegen seines Habitats zahlreicher geschützter Vogelarten über Nacht geschlossen werden.

Einheitliche Regelung für Berliner Parks nicht möglich

Auch Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GDP), sagt, eine Schließung der Berliner Parks mache wenig Sinn. Man könne für alle Parks in Berlin keine einheitliche Regelung finden. Die Hasenheide sei beispielsweise 57 Hektar groß, ein Zaun käme da nicht infrage. Außerdem seien nicht alle Parks an sich problematisch.

Der Görlitzer Park sei bekannt für die hohe Anzahl an Drogendelikten und Begleitkriminalität wie Körperverletzung. Dort beispielsweise liege die Kriminalität unter anderem an fehlender städtebaulicher Kriminalprävention, es gebe zu viele dunkle und vermüllte Ecken. Die Bezirke sollten die polizeilichen Empfehlungen zur städtebaulichen Kriminalprävention stärker beachten, erklärt Jendro. Beim Görlitzer Park würde man seit Jahren mehr Beleuchtung, das Einreißen von Mauern und Kürzen von Büschen fordern.

Eine Schließung würde die Probleme im „Görli“ nicht lösen

Eine nächtliche Schließung könne man in Erwägung ziehen, sagt Jendro. Diese würde aber die Probleme nicht vollständig beheben. Die Kriminalität sei schon lange nicht mehr auf den Görlitzer Park beschränkt. Die Dealer und Suchtkranken befänden sich längst auch im kompletten Wrangelkiez. 

Auch mehr Polizeipräsenz kann die Probleme nicht beheben. Diese sorge laut Jendro „an jedem Ort in erster Linie für eine Verdrängung oder gar Ausdehnung, wie wir sie zum Beispiel am Görlitzer Park erleben“. Stattdessen bräuchte es mehr Konsumräume, Beratungsmobile, Präventionsprogramme – aber auch Repression, wenn es um Kriminalität gehe.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat für Freitag, den 8. September, zu einem „Sicherheitsgipfel“ eingeladen, nachdem im Juni mehrere Männer eine Frau im Görlitzer Park vergewaltigt hatten. Bei dem Gipfel soll ein Maßnahmenpaket für mehr Sicherheit diskutiert werden. Dies könnte beispielsweise eine mögliche Schließung und eine permanente Videoüberwachung des Görlitzer Parks sein. Die Gewerkschaft hofft, dass hier „endlich mal besprochen wird, wer welche Aufgaben in der Stadt übernimmt“ – die Polizei könne nicht immer kommen, „wenn’s blutig wird und die Probleme nicht mehr zu übersehen sind“. Wichtig sei, dass alle Verantwortlichen an einem Strang ziehen.