Sorgenkind RBB. Die Landesrechnungshöfe Berlin und Brandenburg haben am Freitag erneut Reformen und einen umfassenden Sparkurs beim Rundfunk Berlin-Brandenburg angemahnt. In mehreren Teilprüfungen haben die beiden Rechnungshöfe die wirtschaftliche Lage, die Vergütung der Spitzenpositionen und die Gremienstruktur des RBB untersucht. Ihr Resümee: Es gibt in allen Bereichen großen Veränderungsbedarf.
„Der RBB hat lange über seine Verhältnisse gelebt“, sagte die Präsidentin des Berliner Rechnungshofes, Karin Klingen. Im Untersuchungszeitraum von 2017 bis 2021 hätten die Aufwendungen des Senders in allen Jahren über den Erträgen gelegen. „Aus Sicht des Rechnungshofes hat der Sender ein Liquiditätsdefizit wie eine Bugwelle vor sich hergeschoben“, sagte sie. Die geplanten Einsparungen von 49 Millionen Euro in den Jahren 2023 und 2024 müssten strikt umgesetzt werden. In der Vergangenheit sei das oft nicht der Fall gewesen.
Der Rechnungshof Berlin hat bei den Beraterverträgen, die der RBB abschloss, stichprobenartig 18 Fälle im Volumen von insgesamt zwei Millionen Euro untersucht. Man habe sich dabei auf Verträge konzentriert, die jeweils unter der EU-Beschaffungsschwelle von 215.000 Euro lagen und daher nicht ausgeschrieben werden mussten. „Dabei sind gravierende Mängel festgestellt worden“, so Klingen. In drei Viertel aller Fälle habe es Unregelmäßigkeiten gegeben, indem Verträge etwa ohne Wettbewerbsverfahren und ohne Preisvergleich abgeschlossen wurden.
„Es gab oft kein Vier-Augen-Prinzip, auch die Kontrolle war oft fehlerhaft“, sagte Klingen. Auch Aktenführung und Dokumentation seien in weiten Teilen unzureichend gewesen. Auch bei der Kreditaufnahme für das bis vor Kurzem noch geplante neue Medienhaus habe der RBB keine Informationen darüber gegeben, dass der Betrag von 125 auf 185 Millionen Euro gestiegen sei. „Die finanziellen Folgen dieser Transaktion hat der RBB nicht überblicken können.“ Grundsätzlich, so Klingen, habe man eine „ungewöhnliche Unordnung im Personalwesen“ vorgefunden.
Bei der Vergütung der Spitzenkräfte unterstützen die Rechnungshöfe ausdrücklich die Bemühungen des neuen Verwaltungsrates, deren Gehälter zu deckeln. Die Bezahlung der Intendantin sei seit Jahren „jenseits des Üblichen“ gewesen, hieß es am Freitag. Dies sei möglich gewesen, weil dem RBB dabei keine Grenzen gesetzt waren. Das müsse sich ändern, so Klingen.
Da der RBB keinem Wettbewerb unterliege, die Spitzenkräfte auch keine Haftungsrisiken eingingen, sei die Orientierung an Tarifen des Öffentlichen Dienstes adäquat. Das aktuelle Konzept für die außertarifliche Bezahlung von Spitzenkräften, das Interimsintendantin Katrin Vernau vorgelegt hat, wird daher als ungeeignet erachtet. Der Verwaltungsrat hat eine Entscheidung darüber in seiner jüngsten Sitzung ausgesetzt.
Für die Intendantin hält der Rechnungshof eine Bezahlung von 180.000 Euro pro Jahr für angemessen, das entspricht der Besoldungsstufe B11 im Öffentlichen Dienst. Hier werden zum Beispiel Staatssekretäre beim Bund oder der Präsident des Bundesrechnungshofes eingeordnet. Gehälter für die Direktoren müssten deutlich darunter liegen, so die Prüfer. Sie liegen derzeit bei 200.000 Euro pro Jahr, sollten laut Rechnungshof aber zwischen 140.000 und 180.000 Euro angesiedelt sein. Die höchste tarifliche Einstufung beim Sender beläuft sich derzeit auf knapp 140.000 Euro.
Die – zu hohen – Tarifgehälter wurden dieses Mal nicht untersucht. Der Rechnungshof verweist auf seine Untersuchung von 2018, in der dies bereits vermerkt wurde. Konsequenzen hat es seither aber keine gegeben.
Der Landesrechnungshof Brandenburg untersuchte die Gremienstruktur und schlägt Änderungen bei der Zusammenarbeit und Kompetenzverteilung von Rundfunkrat und Verwaltungsrat vor. So sollte der Verwaltungsrat künftig gemeinsam mit dem Rundfunkrat den Intendanten oder die Intendantin wählen bzw. abberufen können.
Nicht sinnvoll sei es auch, dass nur der Rundfunkrat den Wirtschaftsplan des Senders beschließt, der vom Verwaltungsrat bisher lediglich geprüft wird. Die Kompetenz zur Feststellung des Jahresabschlusses sollte sogar vollständig zum Verwaltungsrat wandern. Außerdem hat die Geschäftsleitung des Senders laut Rechnungshof einen zu großen Einfluss auf die Abschlussprüfung. Hier müsse künftig der Verwaltungsrat Verantwortung übernehmen, beginnend bei der Auswahl des Abschlussprüfers. Der Verwaltungsrat sollte überdies die Kompetenz bekommen, jene Direktoren zu wählen, die nicht fürs Programm verantwortlich sind.
Misslich findet Christoph Weiser, dass sich im derzeitigen Staatsvertrag keine Festlegung einer allgemeinen Sorgfaltspflicht mit entsprechenden Schadensersatzregelungen findet. Der Verwaltungsrat müsse seine Aufgabe ernster nehmen. „„Daran hat es bisher gefehlt“, so Weiser. Für den Rundfunkrat wiederum mahnt er eine größere Staatsferne an. So sollten Funktionsträger von Parteien nicht Mitglied sein. Im aktuellen Rundfunkrat betrifft das Anne Helm (Linke) und Raed Saleh (SPD), die beide Fraktionsvorsitzende ihrer Partei im Abgeordnetenhaus sind.
Der Sitzungsmodus des Verwaltungsrats solle von zwei auf einen Monat wechseln, Teilnahme für die Mitglieder Pflicht sein und die Arbeit insgesamt professionalisiert werden. Bisher sei noch nicht einmal geregelt, ob und wann die Mitglieder die Sitzungsvorlagen erhalten.
Der Staatsvertrag solle explizit regeln, dass dem Verwaltungsrat künftig mindestens ein Jurist mit Befähigung zum Richteramt angehört sowie ein Wirtschaftsprüfer. Die grundlegenden Qualifikationen, die Mitglieder des Verwaltungsrates haben müssen, waren auch bisher schon vorhanden, so Weiser. Es sei die Arbeitsweise, die professionalisiert werden müsse. So soll aus dem Ehrenamt für die acht Mitglieder ein Nebenamt werden, das mit 2000 bis 3000 Euro vergütet werden könnte.






