Für viele Berliner Vonovia-Mieter war die Heizkostenabrechnung für das Jahr 2022/2023 ein Schock. Vierstellige Nachforderungen, unerklärlich hohe Verbräuche – und ein Unternehmen, das sich offenbar systematisch bereichert: Gemeint ist die G+D Gesellschaft für Energiemanagement mbH, ein Joint Venture von G+E GETEC Holding GmbH und Deutsche Wohnen, an dem Vonovia zu 49 Prozent beteiligt ist.
Eine Berliner Mieterin, die anonym bleiben möchte, berichtet, sie hätte über 1800 Euro nachzahlen sollen – obwohl sie in den Wintermonaten verreist war. Auch den Nachbarn seien Unregelmäßigkeiten aufgefallen. „Dann haben wir uns hingesetzt – und alles durchgerechnet“, berichtet sie. „Ich sagte: Leute, mit dem Preis stimmt doch was nicht. Zwischen den ausgewiesenen Verbrauchswerten und den abgerechneten Kosten bestand eine auffällige Diskrepanz.“
Die mutmaßliche Betrugsmasche ist perfide: Die G+D verweist in der Abrechnung auf den sogenannten EGIX-Preisindex. Doch laut einem Gutachten des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzvereins (AMV) ist diese Praxis rechtswidrig. Denn der EGIX bildet lediglich Börsenpreise ab – nicht aber reale Wettbewerbs- beziehungsweise Anbieterpreise. „Ein Index allein reicht nicht, um eine marktgerechte Preisbildung nachzuweisen“, heißt es im Gutachten. Derzeit laufen vier Musterklagen vor dem Landgericht Berlin – Urteile stehen noch aus.
Linke-Politiker Niklas Schenker fordert Gesetzesreform
Besonders frustrierend für die Mieter: Der zuständige Ablesedienst Ista verweigert bislang die vollständige Offenlegung der realen Verbrauchsdaten. „Wir kommen einfach nicht an unsere Zahlen“, sagt die Mieterin. „Dabei ist das doch unser Recht, zu erfahren, was wir eigentlich zahlen sollen.“ Die geforderte Nachzahlung habe sie bislang nicht beglichen. Eine Nachbarin habe nun Klage eingereicht, sie selbst zögert noch, rechtlich gegen Vonovia vorzugehen. „Vielleicht warte ich einfach, bis die mich verklagen – die wollen ja was von mir.“
Für Niklas Schenker, wohnungspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, ist der Fall exemplarisch. „Die Mieter sind offenbar einem dreisten Geschäftsmodell zum Opfer gefallen“, sagt er. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass Vonovia und andere Konzerne versuchen, über die Heizkostenabrechnung Kosten auf die Mieter umzulegen, die ihnen oft gar nicht entstanden sind.“ Viele Mieter schreckten aus Angst oder Unkenntnis davor zurück, sich zu wehren. „Es braucht mehr Transparenzvorgaben für Heizkostenabrechnungen. Preisanpassungsklauseln sorgen für massive Kostenbelastung. Hier ist eine gesetzliche Reform überfällig.“
Die Vorwürfe gegen Vonovia kommen zu einem heiklen Zeitpunkt. Seit Monaten steht der Konzern in der Kritik, Mieterhöhungen mit einem frei erfundenen Mietspiegelmerkmal begründet zu haben – mehrere Gerichte erklärten diese Praxis bereits für unzulässig. Nun zieht auch die Politik Konsequenzen: Der Berliner Senat hat das Unternehmen wegen wiederholten Fehlverhaltens aus dem Wohnungsbündnis ausgeschlossen. Jetzt droht dem Unternehmen ein Heizkostenskandal. „Was die da machen, ist kriminell“, sagt die Mieterin. „Wir sind kein Einzelfall – das ist flächendeckender Betrug.“
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